DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
W
ieder einmal hat das Statistische Bundesamt vergleichende Statisti- ken über die Einkommen 1984 veröffentlicht. Wieder einmal kann die Presse ge- nüßlich berichten: „Selbstän- dige liegen mit Abstand vorne."Natürlich ist allen Verant- wortlichen im Statistischen Bundesamt vollständig klar, daß hier Unvergleichbares miteinander verglichen wird.
Einkommen der Beamten können allein aufgrund der
„totalen" sozialen Sicherheit der Beamten und ihrer Ange- hörigen weder mit Arbeiter- noch mit Angestelltenein- kommen verglichen werden.
Erst recht können solche Ein- kommen nicht mit den Ein- kommen Selbständiger ver- glichen werden, die aus ihrer ohnehin diskriminierend be- steuerten Lebensleistung alle
Beihilfe
zum Rufmord
M ■ IBIBIZZIP
Lebensrisiken persönlich tra- gen müssen und auch ihre Al- tersversorgung nicht auf dem Wege der allgemeinen Umla- ge über öffentliche oder ge- setzlich statuierte Zwangs- kassen erhalten.
Auch die Sachverständigen im Statistischen Bundesamt wissen, daß die Bildung von Durchschnittswerten im Be- reich der Einkommen der Selbständigen nur zu irrefüh- renden Annahmen führen kann, denn Durchschnitte entstehen jenseits jeder sozia- len Realität, wenn viele Kleinstzahlen mit wenigen Großzahlen gemischt und dann ein Durchschnitt aus der Retorte gezogen wird.
Insoweit sind ganz besonders nicht zu vergleichen die Ein- kommen der Selbständigen in den Freien Berufen, die in al- ler Regel auch keine Betriebs- vermögen als zusätzliche Da- seinssicherung haben, mit den Einkommen vor allem derjenigen gewerblich täti- gen Selbständigen, die zum Teil in erheblichem Maße Be- triebsvermögen auch zur Da- seinssicherung zur Verfügung haben.
Was also ist das Ergebnis:
Verbale, damit nicht weniger wirksame Munition für den Klassenkampf, die um so wirksamer ist, als diejenigen, die immer weniger leisten, auch immer mehr Zeit haben, Neidkomplexe zu entwickeln;
während die Selbständigen sich vielfach nicht einmal die Zeit nehmen, sich gegen ei- nen solchen statistischen Ruf- mord zu wehren. FM
A
brüstungsmaßnahmen und der Abbau von Ge- walt sind ebenso notwen- dig wie Schutzmaßnahmen für Leben und Gesundheit."So heißt es in einer Stellung- nahme, die die Bundesärzte- kammer zum 5. Medizini- schen Kongreß zur Verhinde- rung des Atomkrieges in Mainz herausgegeben hat.
Zu dieser Veranstaltung ist nachzutragen, daß der Präsi- dent der Bundesärztekammer, Dr. Karsten Vilmar, zu einer abschließenden Podiumsdis- kussion über das geplante Zi- vilschutzgesetz eingeladen worden war und seine Teil- nahme auch zugesagt hatte.
Die Veranstalter haben dann jedoch diese Podiumsdiskus- sion ausfallen lassen.
Was das „Anliegen", um ein beliebtes Wort zu nehmen, betrifft, so muß man zwei Din- ge auseinanderhalten. Die deutsche Sektion der „Inter- nationalen Ärzte für die Ver- hütung des Atomkrieges" be- tont, daß jede Vorbereitung
Was heißt
„Vorbereitung"?
auf einen solchen Krieg ge- fährlich sei, weil sie ihn
„machbar" erscheinen lasse.
Die Bundesärztekammer spricht sich in ihrer Stellung- nahme für eine „sachliche und objektive Aufklärung der Bevölkerung weltweit" aus.
Es heißt dann weiter: „Die verantwortlichen Politiker in aller Welt werden aufgefor- dert, diese allen Menschen gemeinsam drohenden Ge- fahren abzuwenden und der Humanität und der Achtung vor dem Leben in jeder Phase wieder Geltung zu verschaf- fen."
Das zweite ist die nun beson- ders Ärzte betreffende Frage, ob und wie sie Opfer eines et- waigen Einsatzes von Atom- waffen behandeln sollten.
Manche Ärzte unter den
Atomkriegsgegnern halten ei- ne Vorbereitung auf eine sol- che Behandlung — also auch die Aus- und Fortbildung für die dabei notwendigen Me- thoden — unter politischen Gesichtspunkten für falsch und gefährlich.
Demgegenüber steht in der Stellungnahme der Bundes- ärztekammer: „Die Verwei- gerung von ärztlichen Fortbil- dungs- und Vorbereitungs- maßnahmen auf Katastro- phen, Unglücksfälle, letztlich auch auf einen Verteidi- gungsfall, würde zu eindeuti- ger Verschlechterung der ärztlichen Versorgung der notleidenden Bevölkerung führen."
Das bedeutet: Die Einstufung in Dringlichkeitskategorien als Voraussetzung zur Bewäl- tigung eines Massenanfalls von Kranken oder Verletzten muß auf jeden Fall erfolgen, ganz unabhängig davon, wel- che Ursache dieser Massen- anfall hat. Und nur darum geht eigentlich der Streit. gb
Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 46 vom 13. November 1985 (1) 3389