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„ Für die Radioastronomie könnte die Mondrückseite bald der einzig mögliche Forschungsstandort sein.

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Academic year: 2022

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© 2021 Wiley-VCH GmbH Physik Journal 20 (2021) Nr. 4

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tellen Sie sich vor, der Nachthimmel ist klar, aber Sie sehen keine Sterne, sondern nur das Umherschwirren von Satelliten – egal, wo Sie sind. Ein solches Szenario ist durch die Pläne, zehntausende Satelliten in „Mega- Konstellationen“ in der Erdumlaufbahn zu positionieren, durchaus realistisch. Die Auswirkungen wären nicht nur für die Astronomie katastrophal. Durch zunehmende Kol- lisionsgefahr wäre auch die Raumfahrt selbst gefährdet.

Momentan umkreisen rund 6000 Satelliten die Erde.

Doch Firmen wie SpaceX, OneWeb oder Amazon wollen die Anzahl der Satelliten dramatisch vervielfachen. Na- tionen wie China verfolgen ähnliche Pläne. SpaceX hat seit Mai 2019 rund 1000 Starlink-Satelliten gestartet, die durch Reflexionen des Sonnenlichts insbesondere nach dem Start am Himmel sichtbar sind. Objekte in höheren Bahnen wie bei OneWeb können dauerhaft am Nacht- himmel sichtbar sein.

Satelliten-Konstellationen sind nicht neu – und auch der Ärger mit ihnen nicht. In der Vergangenheit gab es meist Probleme für die Radioastronomie, wenn Systeme wie GLONASS und IRIDIUM entgegen internationaler Vereinbarungen in für die Astronomie geschützten Fre- quenzbändern gesendet haben.

Menschengemachte Signale, wie durch den Mobilfunk, beeinträchtigen radioastronomische Messungen. Neue Observatorien entstehen daher

in abgelegenen Gebieten. Doch selbst dort gibt es kein Entrin- nen vor störenden Satelliten, von denen schon wenige Dut- zend die astronomische For- schung beeinflussen oder gar verhindern können.

Jeder Satellit erscheint als künstlicher, mit seiner Bahn- bewegung über den Himmel ziehender Stern und behindert damit auch optische Beobachtungen erheblich. Betroffen sind insbesondere Studien des dynamischen Universums.

Auch unser irdisches Frühwarnsystem zur Überwachung potenziell gefährlicher Kleinkörper wäre beeinträchtigt.

Doch es geht auch um die Frage, ob künftige Generati- onen jemals einen ungestörten Sternenhimmel sehen und dessen Faszination erleben können. Amateurastronomie, Fotos von Nachtlandschaften und Himmelsobjekten wer- den betroffen sein. Die ökologischen Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt sind noch nicht absehbar.

Das Ziel der meisten geplanten Mega-Konstellationen besteht darin, weltweit Internetanbindungen bereitzustel- len. Wir alle sind uns der Bedeutung des Internets und der Entwicklungschancen durch die Anbindung weniger

privilegierter Regionen der Erde bewusst. Gleichwohl birgt der gewaltige Zuwachs an künstlichen Satelliten in der Erdumlaufbahn erhebliche Risiken, deren Folgen es verantwortungsvoll abzuwägen und zu reduzieren gilt.

Zudem gibt es erdgebundene technologische Alternativen, die deutlich weniger stören und oft leistungsstärker sind wie Glasfaserkabel oder terrestrische Funktechnologien.

Die Wirtschaftlichkeit von Mega-Konstellationen ist nicht bewiesen, ihr Schaden durchaus.

Manche Firmen wie SpaceX versuchen, Reflexionen zu minimieren. Dennoch sind die Satelliten für moderne, hochempfindliche Teleskope immer noch zu hell. Besten- falls sind kostspielige Gegenmaßnahmen notwendig, um weiter Forschung betreiben zu können. Für die Radio- astronomie könnte bald die Rückseite des Mondes der ein- zig mögliche Forschungs- standort im Sonnensystem sein.

Absprachen mit ein- zelnen Firmen sind nicht bindend und werden auch nicht von allen Anbietern umgesetzt oder respektiert.

Die Erfahrung zeigt hingegen, dass selbst bestehende bin- dende Regelungen teilweise ignoriert werden.

Die größte Schwierigkeit besteht darin, dass über die Starts einzelne Nationen entscheiden, die Konstellationen sich aber global auswirken. Diese Entwicklungen betref- fen uns alle und auch nachfolgende Generationen. Da- her gilt es, international verbindliche und durchsetzbare Absprachen zu erreichen. Am Ende stellt sich die Frage, wem der Weltraum beziehungsweise der Nachthimmel als menschliches Kulturgut und Forschungsobjekt gehört.

Die Antwort ist eigentlich klar: der gesamten Menschheit.

Gemeinsam müssen wir daran arbeiten, ihn zu erhalten.

Unsere Kinder und Enkelkinder werden es uns danken.

Die unter der Rubrik „Meinung“ veröffentlichten Texte geben nicht in jedem Fall die Meinung der DPG wieder.

Wem gehört der Himmel?

Große Satellitenkonstellationen behindern immer mehr nicht nur astronomische Messungen, sondern auch die Amateurfotografie.

Michael Kramer

Meine Meinung

„  Für die Radioastronomie könnte die Mondrückseite bald der einzig mögliche Forschungsstandort sein.

Prof. Dr. Michael Kramer ist Direktor am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn und Präsident der Astronomischen Gesellschaft.

MPI für Radioastronomie

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