M 098/2006 FIN 16. August 2006 47C Motion
1520 Widmer, Wanzwil (SVP)
Weitere Unterschriften: 3 Eingereicht am: 20.03.2006
Nebenbeschäftigungen der Regierungsmitglieder
Der Regierungsrat wird beauftragt, eine praktikable Rechtsgrundlage zu schaffen, damit ausscheidende Regierungsmitglieder zweckmässige und praxisnahe Abstimmungen zwischen bisheriger und neuer beruflicher Tätigkeit vereinbaren können. Artikel 17 des Gesetzes über die Organisation des Regierungsrates und der Verwaltung ist so zu gestalten, dass Übergangsregelungen in beschränkter Form zulässig und gesetzlich ausdrücklich vorgesehen sind.
Die Mitglieder des Regierungsrates dürfen heute weder ein anderes Amt des Kantons oder einer Gemeinde bekleiden noch einen andern Beruf oder ein Gewerbe ausüben. Sie dürfen den Verwaltungsorganen wirtschaftlicher oder gemeinnütziger Unternehmungen und Organisationen nur angehören, wenn es im Interesse des Kantons nötig ist.
Die Mitglieder des Regierungsrates sollen sich auch in Zukunft ausschliesslich ihrem Exekutivmandat widmen. Deshalb werden die Grundsätze von Artikel 17 des Organisationsgesetzes nicht in Frage gestellt.
Die Erfahrung zeigt, dass Regierungsmitglieder immer häufiger vor ihrem Pensionierungsalter aus der Exekutive ausscheiden und sich deshalb beruflich neu positionieren müssen. In den meisten Fällen überschneiden sich die bisherige und die neue Tätigkeit nicht. In jüngster Zeit hat das Parlament aber gleich zwei Ausnahmeregelungen treffen müssen. Regierungsrat Hans Lauri (Wechsel in den Ständerat) und Regierungsrat Mario Annoni (Wechsel in das Präsidium von Pro Helvetia) nahmen ihre neuen Tätigkeiten vor dem Ausscheiden aus dem Regierungsrat auf. Da die heutige Rechtsgrundlage keine Übergangsregelung kennt, mussten beide Fälle interpretiert und gesondert bewilligt werden.
Im Interesse einer grösseren Rechtssicherheit ist es sinnvoll, das Organisationsgesetz anzupassen. Die Revision soll klarere Verhältnisse schaffen und in beschränktem Ausmass Übergangsregelungen ermöglichen. Eine zu restriktive Regelung könnte dazu führen, dass rücktrittswillige Regierungsmitglieder ihr Amt wenige Monate vor ihrem geplanten Ausscheiden niederlegen, weil sie eine neue Aufgabe übernehmen. Die Folge wären Ersatzwahlen kurze Zeit vor Erneuerungswahlen.
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Antwort des Regierungsrates
Die Motion bezieht sich auf Artikel 17 des Gesetzes über die Organisation des Regierungsrats und der Verwaltung (OrG; BSG152.01), welcher den Mitgliedern des Regierungsrats untersagt, ein anderes Amt des Kantons oder einer Gemeinde zu bekleiden oder einen anderen Beruf oder ein Gewerbe auszuüben; im Weiteren dürfen die Mitglieder des Regierungsrats Verwaltungsorganen wirtschaftlicher oder gemeinnütziger Unternehmungen und Organisationen nur angehören, wenn dies im Interesse des Kantons nötig ist. Die Grundsätze dieser Regelung, die sicherstellt, dass sich die Mitglieder der Regierungsrats ausschliesslich ihrem Exekutivmandat widmen, werden von der Motion nicht in Frage gestellt. Verlangt wird jedoch die Schaffung einer praktikablen Rechtsgrundlage, damit Regierungsmitglieder, die aus ihrem Amt ausscheiden, zur Vorbereitung des Übergangs zu einer neuen beruflichen Tätigkeit während einer bestimmten Zeit vor ihrem geplanten Rücktrittstermin in beschränkter Form von den erwähnten Einschränkungen ausgenommen werden.
Wie der Motionär zu Recht ausführt, scheiden Regierungsmitglieder immer häufiger vor ihrem Pensionierungsalter aus der Exekutive aus und müssen sich deshalb beruflich neu positionieren. Dabei sind frühzeitige Vorbereitungen oft unumgänglich und müssen mitunter schon getroffen werden, während das Regierungsamt noch ausgeübt wird. Im Fall von Regierungsrat Annoni führte dieser Umstand zur Wahlbeschwerde betreffend die gleichzeitige Ausübung der Funktion als Regierungsmitglied und als Stiftungsratspräsident der Pro Helvetia, die vom Grossen Rat am 23. Januar 2006 beraten und abgelehnt wurde.
Zwar wurde die grundsätzliche Unvereinbarkeit der beiden Mandate festgestellt, aber auch anerkannt, dass die Ausübung eines Doppelmandats während einer kurzen Übergangsfrist mit dem geltenden Recht vereinbar ist (vgl. Tagblatt 2006 des Grossen Rates, S. 3 ff.).
Begründet wird diese Beurteilung mit dem Vorliegen einer Gesetzeslücke, die in freier Rechtsfindung auf der Basis der dem Erlass zu Grunde liegenden Wertungen und Zielsetzungen zu schliessen ist.
Auf eine gegen diesen Beschluss des Grossen Rats vom 23. Januar 2006 erhobene Stimmrechtsbeschwerde ist das Bundesgericht am 27. April 2006 nicht eingetreten.
Vor diesem Hintergrund ist in Übereinstimmung mit dem Motionär festzuhalten, dass es im Interesse einer grösseren Rechtssicherheit sinnvoll ist, die festgestellte Gesetzeslücke mit einer Anpassung des Organisationsgesetzes zu schliessen. Die neue Bestimmung soll Regierungsmitglieder, die ein Ausscheiden aus dem Amt planen, während einer kurzen, zeitlich beschränkten und allenfalls mit Bedingungen versehenen Übergangsfrist vor ihrem geplanten Rücktrittstermin von der Unvereinbarkeitsregelung nach Artikel 17 OrG ausnehmen.
Antrag: Annahme der Motion
An den Grossen Rat