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Archiv "Professor Dr. Jürgen Peiffer" (22.04.1976)

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Magazine des Palastes und Zeichen des Minos

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

FEUILLETON

Weit in der tiefdunklen See liegt ein Land, das Kreta genannt wird.

Reich ist das Land und lieblich und allseits umspült von den Wellen.

Es rühmt sich das Land, der Städte neunzig zu haben, über die eine davon herrschte

Minos als König.

Freund durft' er sich nennen des allmächtigen Zeus ...

Homer, Odyssee Als wir vor rund zwölf Jahren von Heraklion, der kretischen Haupt- und Hafenstadt, zu den Evansschen Ausgrabu.ngen nach Knossos fuhren, wurde die Reise- gesellschaft, der wir uns ange-

schlossen hatten, von einer jungen Griechin geführt. Sie hieß Daphne, war auf Kreta geboren und neben anderen Sprachen der deutschen überraschend gut mächtig. Unter- wegs zitierte sie, überaus belesen, ein Wort ihres großen Landsmanns Nikos Kazantzakis, des 1957 in Freiburg (Breisgau) verstorbenen Dichters und Goethe-Übersetzers aus Heraklion.

„Das Geheimnis Kretas ist tief", so lautete es. „Wer seinen Fuß auf die Insel setzt, spürt eine seltsame Kraft in die Adern dringen und die Seelen weiten. Dies Geheimnis ent- hüllte sich noch großartiger von PERSONALIA

I> die Information durch den Haus- arzt für Angehörige der Grund- schicht von größerer Bedeutung ist als für Angehörige der unteren und oberen Mittelschicht und daß I> die Inanspruchnahme der ange- botenen Vorsorgemaßnahmen in enger Wechselbeziehung steht zum Grad der Informiertheit über allge- mein-medizinische Fragen und über Erbkrankheiten im besonde- ren.

Frau Prof. Theile appellierte an alle Verantwortlichen (Ärztewie Pädago- gen), so die Information über die- sen Bereich der Vorsorgemedizin vor allem gegenüber der sozia- len Grundschicht zu verbessern, deren „Präventivbewußtsein" am schwächsten entwickelt sei. Nur dann sei es möglich, die Sprach- barrieren und Verständigungs- schwierigkeiten speziell dieses Personenkreises abzubauen und hier zu einem besseren Gesund- heitsverhalten zu kommen. Den verschiedenen Pressemedien, der Öffentlichkeitsarbeit, der Schule, aber auch der Ärzteschaft selbst falle hier eine bedeutende Aufgabe zu.

Anläßlich der Verleihung des „Hu- feland-Preises" durch den Vor- standsvorsitzenden der Colonia Versicherungen, Dieter Wendel- stadt, plädierte Professor Dr. med.

Kurt Hartung, Ordinarius für Human- biologie an der Pädagogischen Hochschule Berlin, für verstärkte Maßnahmen zur Verbesserung der Situation des Schulkindes. DÄ

Professor Dr. med. Paul Christ, Lei- tender Arzt der Abteilung III der Klinik für Innere Medizin des Städ- tischen Krankenhauses in Frank- furt/Main-Höchst, vollendete am 5.

Februar 1976 sein 60. Lebens- jahr. PB Professor Dr. Jürgen Peiffer, Pro- fessor für Neuropathologie an der Universität Tübingen, wurde zum Vorsitzenden der Wissenschaftli- chen Kommission des Wissen- schaftsrates gewählt. WR

Vom Geheimnis Kretas

Willi Fehse

1192 Heft 17 vom 22. April 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Das Geheimnis Kretas

dem Tage an, als eine bunte, viel- seitige Kultur voller Adel und ju- gendlichem Glanz aufgedeckt wur- de, die bis dahin in der Erde ver- steckt gelegen hatte ... "

Das etwa 26jährige Mädchen stu- dierte Archäologie. Ihr Vater lebte als Arzt in Athen. Er war ein Freund des Professors aus Oxford, Sir Arthur Evans, gewesen. Als Kind hatte Daphne noch den gro- ßen Altertumsforscher kennenge- lernt. Sie wußte zu erzählen, daß er, einem an dit zufolge, beinahe Medizin studiert hätte, bevor er sich der Archäologie zuwandte.

Um 1900 habe der Gelehrte in Knossos die Ausgrabung der „bun- ten, vielseitigen Kultur" begonnen, von der er in „The palace of Minos at Knossos" und in „Scripta Mi- noa" oder dem aus dem Nachlaß herausgegebenen zweiten Band des Werkes Bericht erstattete. Sei- ne Methoden seien übrigens, bei aller Bewunderung, in der Fach- welt nicht unangefochten geblie- ben. So habe beispielsweise die Kritik herausgefordert, daß Evans die zinnober- und purpurrot bemal- ten Säulen, die bekanntlich aus Ze- dernholz gewesen seien, um der größeren Haltbarkeit willen in Be- ton und Alabaster erneuern ließ.

Im Vorübergehen machte uns Daphne mehrmals auf Einzelheiten aufmerksam. Als sie durch die Säu- lenhallen, Gemächer, Magazine, Kammern und Lichthöfe des laby- rinthischen Palastes schlenderte, dessen Fresken der Schweizer Ma- ler Gilliöron im Auftrag ihres Ent- deckers so restauriert hat, daß man sich jedenfalls von der sinnen- frohen Eleganz, Schönheit und Ge- nußfreudigkeit dieser ältesten abendländischen Kultur und Zivili- sation ein Bild machen kann, be- wunderte ich mit meiner Frau nicht nur Daphnes erstaunliche Sach- kenntnis, sondern auch die Begei- sterung, mit der sie das goldene Zeitalter, die klassische Frühzeit Kretas zu schildern wußte. Immer wieder mußte ich an Goethes hu- manistisches Wort denken: Das Beste an der Geschichte ist der Enthusiasmus, den sie erregt.

Der Schriftsteller Willi Fehse vollendet am 16. Mai das 70. Lebensjahr. Er wur- de in Kassieck in der Altmark geboren, studierte u. a. in Berlin, schrieb Thea- terkritiken, Gedichte, den Roman um Josef Kainz „Romeo im Tingeltangel"

(1964), Novellen, Essays („Liebeserklä- rung an Europa", 1969) und Hörspiele.

Er ist auch bekannt durch seine Ge- schichten- und Anekdotenbücher („Blü- hender Lorbeer", 1953; „Die Hausme- dizin", 1971) und als Herausgeber von Anthologien. Seit 1959 ist Willi Fehse Mitglied des PEN-Clubs. Zur diesjäh- rigen Buchmesse im Herbst erscheint sein neuer Roman „Der Sonnenjüng- ling" DÄ

Daphne war das, was man eine Patriotin nennt. Man hörte es aus ihren Worten heraus, als sie davon sprach, daß Kreta, das alte Kaphtar der Bibel, nach dem Untergang der Minoer achäisch und dorisch un- terwandert, von den Römern be- zwungen und dann abwechselnd, bei dauerndem Widerstand, byzan- tinisch, arabisch, genuesisch, ve- nezianisch und türkisch beherrscht wurde, bis es an der Wende des neunzehnten Jahrhunderts endlich den Anschluß an Griechenland fand, den es lange angestrebt hat und wohin es nach seinem Volks- charakter gehört ...

In diesem Zusammenhang fiel auch ein Hinweis auf die deutsche Be- satzungszeit, die nach der Erobe- rung der Mittelmeerinsel durch Students Fallschirmjäger von 1941

bis 1945, also rund vier Jahre, währte. Ein kretischer Handstreich wurde erwähnt, bei dem man einen hohen Offizier, einen deutschen Oberst oder General, wenn ich nicht irre, in das Idagebirge ver- schleppte und später gegen Gefan- gene und Widerständler austausch- te. Solche Berichte flocht unsere junge Reiseführerin aber nur bei- läufig in ihre Erklärungen ein.

Doch bekam ihre Stimme dann ei- nen besonderen Klang, und einige von uns wollten dabei sogar lange prüfende Blicke aus Daphnes Au- gen aufgefangen haben, Blicke aus fragenden großen Augen, die bei lebhaftem Feuer tiefschwarz wie ihre von einem Tuch umschlunge- nen und hochgerafften Haare er- schienen.

Der Prinz von Knossos

Wir waren inzwischen in dem vor- mals schon kanalisierten und mit Warmwasser beheizten Megaron der Königin und im Thronsaal des Priesterfürsten Minos gewesen, hatten in anderen Räumen die far- big rekonstruierten Wandmalereien mit den Stieren bewundert, über deren langgestreckte Rücken sich Jünglinge spielerisch hinweg- schwangen, und kamen jetzt über Stufen und Treppenaufgänge zu der „größten Kostbarkeit des Pala- stes", wie unsere anmutige Reise- leiterin sagte, zu dem Fresko des Prinzen von Knossos.

Wenn Daphne vorher meiner Frau, mir und anderen gern Fragen be- antwortet hatte oder unermüdlich in ihren Schilderungen gewesen war, verstummte ihr Redefluß nun unvermittelt. Mit einer Gebärde bat sie um Ruhe. Sie wollte das Kunst- werk zunächst schweigend auf uns wirken lassen. Tatsächlich machte das Stuckrelief des von einem Schmetterling umgaukelten, le- bensgroßen Jünglings, der in mäd- chenhafter Schönheit, hochbeinig und schmalhüftig, durch ein Lilien- feld schreitet und eine wundervolle

Federkrone auf dem lang herab- wallenden Haar trägt, mit seinen Pastellfarben einen bezwingenden

1194 Heft 17 vom 22. April 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Minoische Kultur, Fundort Knossos Fotos (2): Ellstein Bilderdienst Spektrum der Woche

Aufsätze • Notizen Das Geheimnis Kretas

Eindruck. Eine Zeitlang wagte nie- mand zu sprechen.

„Dieselben Federkroneh gab es übrigens im prähistorischen Ameri- ka", meinte Daphne dann erklä- rend zu uns. Ihre Worte spielten auf die kühnen Hypothesen an, wo- nach das Seefahrervolk der Kreter Jahrtausende vor Kolumbus über den Atlantik hinaus gelangt ist und seine Kultur friedlich auf den Erd- teil dahinter übertragen hat. Wir kannten diese Theorien aus einem Aufenthalt in Mexiko und sagten es

Daphne.

„Ayy " , machte die Studentin, unwillkürlich in einen Ausruf verfal- lend, den ihre Muttersprache gern im Erstaunen gebraucht. „Ayy ayy ..."

Minoer und Indios

Sie zog die Brauen empor, und während sich ihr Gesicht, das ganz den Goldton griechischen Marmors hatte, mit einem Lächeln bedeckte, wohl zum erstenmal, seitdem wir sie kennenlernten, entwickelte sich nun ein Gespräch über die Ge- meinsamkeiten zwischen den Kul- turen der Minoer und Indios, spe- ziell der Mayas, die in entscheiden- dem Maß beide durch die Kenntnis des Stucks, einer Mischung aus Gips, Kalk und Sandstein, geprägt wurden.

Es gab bei beiden Völkern verblüf- fende Übereinstimmungen in der Schrift oder bei der Behand- lung von Krankheiten. Hat man doch dort wie hier z. B. Schädel gefunden, die in grauen Zeiten von den eingeborenen Ärzten trepa- niert worden waren — was alles darauf hinzudeuten scheint, daß Kunst und Wissenschaft in Yucatan wie auf Kreta einmal verwandt und von demselben geistigen Stand ge- wesen sind.

Meine Frau und ich hatten nach dieser Unterhaltung Daphnes Ver- trauen gewonnen. Sie blieb an un- serer Seite, als uns der Bus nach der Besichtigung der Ausgrabun-

gen wieder nach Heraklien gebracht hatte. Er parkte nicht weit vom Ar- chäologischen Museum — auf dem Großen Freiheitsplatz, der im Halb- rund von den Resten der venezia- nischen Festungswerke, von Grün- anlagen und von Basaren umgeben ist.

Die Reisegesellschaft begann sich hier vorübergehend aufzulösen.

Viele gingen bis zur Rückfahrt in den Hafen, eignen Abenteuern nach. Daphne ließ es sich aber nicht nehmen, uns mit einer klei- nen Gruppe durch das Museum zu geleiten. Dort besichtigten wir nun die Sammlungen unter den Glas- stürzen: die bronzenen Waffen, Ge- räte und Zeremonialbeile; die pati- nierten Vasen und Schalen; die Bildwerke und Schmuckstücke mit dem eingelegten Elfenbein und Edelmetall oder die Tongefäße, Terrakotten, Keramiken und Stuck- gemälde, die neben phantastischen Fabel- und Mischwesen immer wie- der den Delphin, Seeigel und Okto- pus als maritime Symbole zeigen.

Wenn uns in Knossos besonders das Reliefbild des Prinzen entzückt hatte, war es im Museum die Fa-

yence-Statuette der Schlangen- priesterin, der Schlangenkönigin, die jeden magisch anzog. Die Figur ist nicht sehr groß, dreißig oder vierzig Zentimeter vielleicht, leuch- tet aber in den lebhaftesten Far- ben. Nach der Mode der minoi- schen Hofdamen hat die Priesterin den Busen über dem falbelbesetz- ten weißen Reifrock antblößt. Um den kegelartig hohen Hut, auf dem ein Löwe thront, um Schultern, Leib, Hüfte und Arme winden sich Schlangen; Schlangen, wie sie auch bei den Mayas, Azteken und Chibchas religiöse Verehrung ge- nossen und der Erdgöttin geweiht waren.

Levantinisches Leben

Wir sind nachher noch in Beglei- tung Daphnes über den Markt He- raklions geschlendert. Pittoreskes levantinisches Leben tat sich dabei vor uns auf. Überall hielten Händler die Früchte des Landes feil. Einige nötigten uns die herrlichsten Blu- mensträuße auf. Wieder andere of- ferierten Geflügel, Fleisch und Fi- sche, Krebse oder Muscheln. Auch Kleidung, Spielzeug, sogar kleine

DEUTSCHES .ÄRZTEBLATT Heft 17 vom 22. April 1976 1195

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Das Geheimnis Kretas

Antiken wurden uns angeboten, die Antiken als garantiert echt. Doch hätten wir sie wohl auch als Falsifi- kate erkannt, wären wir nicht heim- lich von unserer Reiseführerin vor dem Erwerb gewarnt worden.

Was unsere Kauflust reizte, waren die grünen Jadesteinchen, die mehrere Bäuerinnen an den Ver- kaufsständen als Anhängsel am Hals trugen. Von Daphne diskret be- lehrt, entdeckten wir dieselben rät- selhaften Perlsiegel und Schriftzei- chen darauf , die wir schon auf manchen minoischen Kunstwerken im Museum bemerkt hatten und die auch die Amulette der Ureinwoh- ner Mexikos, Yucatans und Perus zierten. Obwohl uns die Griechin dolmetschend unterstützte, ging aber keine der Frauen auf unsere Angebote ein. Und schließlich ver- standen wir das auch. Solche Schmucksteine gelten als Glücks- bringer. Wer wird sich schon, sag- ten wir uns, von seinem Talisman trennen, und sei es auch für noch so viel Geld und gute Worte?

Als emanzipierte Studentin folgte uns die junge Griechin endlich gar in eines der Cafäs oder Cafänions, unbekümmert um die neugierigen oder verweisenden Blicke, die sie und meine Frau dafür ernteten;

denn hier sitzen in ihrer maleri- schen Nationaltracht nur Männer.

Nur sie trinken an den gußeisernen Tischchen Kaffee, einen öligen Li- kör oder ein Gläschen Makrodaph- ne und harzigen Landwein.

In dem Cafönion war es übrigens, wo uns Daphne verriet, daß ihr äl- tester Bruder während der deut- schen Besatzungszeit auf der Insel gefallen war. Gefallen an der Seite des berühmten englischen Archäo- logen Dr. John Pendleburry, der sich, als Kurator des Knossos-Pa- lastes und als erster Assistent sei- nes Entdeckers, Sir Arthur Evans, der kretischen Widerstandsbewe- gung angeschlossen hatte. Pendle- burry, fügte Daphne hinzu, wäre übrigens mehr dazu gemacht ge- wesen, Wunden zu heilen statt zu schlagen; denn ursprünglich hätte er wie sein Lehrer und Meister mit

dem Gedanken geliebäugelt, Arzt zu werden. „Der Krieg", sagte Daphne in Abwandlung des be- kannten Heraklit-Worts, „ist der Vater allen Unglücks ... " Sie zi- tierte noch einen Satz ähnlichen Sinnes aus den humanistischen Dichtungen ihres Landsmanns Ni- kol Kazantzakis`; und für einen Herzschlag trat dabei fast ein har- ter, zorniger Ausdruck in ihre schönen Augen. Dann wandte sie sich rasch zur Seite und wechselte das Thema.

Da uns noch eine gute Stunde bis zur Abfahrt des Busses blieb, wähl- ten wir einen Umweg zum Großen Freiheitsplatz. Er schlängelte sich durch die verwinkelte Altstadt He- raklions, wo auf allen Balkonen der schiefen und verwahrlosten Häuser Wäschestücke flatterten, zu einem Gartengelände. Das Gelände lief in einen offenen, mit Ginster, Busch- werk und hochstrebenden Ge- wächsen bestandenen Hang aus.

Die Flotte des Königs Minos Durch das Laubgezweig der Plata- nen und Olivenbäume sah man in der Ferne den Hafen Heraklions liegen. Hinter dem schaukelnden Gewirr der Dampfer, Jachten, Bar- kassen, Motor-, Fähr- und Fischer- boote gab er den Blick auf das Meer frei, auf die „tiefdunkle See"

Homers, in deren satter Bläue das Sonnenlicht glitzerte. Irgendwo dort unten an der Küste wiegte sich vor viereinhalbtausend Jahren auch die Flotte des Königs Minos auf den Wellen. Mit ihren vierhun- dert Trieren, Seglern und Kielschif- fen phönizischer Bauart bildete sie, nach Thukydides, die mächtigste Flotte der antiken Welt und einer Kultur, die mit ihren Geheimnissen und rätselhaften Zusammenhän- gen, mit ihren friedlichen Bezie- hungen unter den Völkern und Erd- teilen von englischen und griechi- schen Altertumsforschern ausge- graben und wieder veranschaulicht worden war ...

Langsam folgten wir einer schma- len Straße, die bald mehr einen

Feldweg, eine ausgewaschene fel- sige Regenrinne darstellte. Plötz- lich verhielten wir den Schritt. Wir standen vor fünf oder sechs Grä- bern, Soldatengräbern, wie wir so- fort erkannten. Auf den Holzkreu- zen hingen noch die zum Teil zer- speilten oder beschädigten Stahl- helme; darunter mehrere von der flachen Art der englischen und zwei von der vertrauten Form, wie sie die deutsche Wehrmacht ver- wandte.

War Daphne absichtlich mit uns hierher gegangen? Hing auch dies mit dem „Geheimnis der Insel" zu- sammen? War da noch etwas, das

„eindringen" und „die Seelen wei- ten" sollte? Beschatteten Gesichts sagte die Studentin: „Man wird die Gefallenen noch auf einen der Kriegerfriedhöfe umbetten, wie das mit den anderen schon geschehen ist." Und mit gesenkter Stimme be- schrieb sie uns die umfangreichen Kriegerfriedhöfe Kretas, auf denen

— wie anderswo auf der blutge- tränkten Erde — Freund und Feind friedlich nebeneinander ruhen.

Heimlich bückten wir uns bei ihren Worten zu den beschrifteten Holz- kreuzen hinunter. Wen hätte es noch überraschen können? Außer englischen und griechischen Na- men standen auch deutsche dar- auf ...

Nachher, als wir weitergingen, blieb Daphne etwas hinter uns zu- rück. Ich sah, daß die junge Patrio- tin und Pazifistin einige der Blu- men, die wir ihr vorhin an einem Marktstand geschenkt hatten, auf die Grabhügel legte, wobei sie kei- nen vergaß oder ausnahm. Offen- sichtlich wollte sie bei ihrem Tun aber nicht beobachtet oder befragt werden; und deshalb gaben wir uns den Anschein, als hätten wir beide, meine Frau und ich, nicht das geringste davon bemerkt.

Anschrift des Verfassers:

Willi Fehse Nonnenstieg 19 3400 Göttingen

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