• Keine Ergebnisse gefunden

Mittwoch (Vormittag), 5. Juni 2013

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Mittwoch (Vormittag), 5. Juni 2013"

Copied!
6
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Sitzungstitel7 2013.0073 1

Der Grosse Rat des Kantons Bern

Le Grand Conseil du canton de Berne

Mittwoch (Vormittag), 5. Juni 2013

Volkswirtschaftsdirektion

20 2013.0073 Postulat 020-2013 Imboden (Bern, Grüne) Grüne Wirtschaft: Lebensmittelverluste im Kanton Bern verringern

Vorstoss-Nr: 020-2013

Vorstossart: Postulat

Eingereicht am: 21.01.2013

Eingereicht von: Imboden (Bern, Grüne) (Sprecher/ -in)

Weitere Unterschriften: 8

Dringlichkeit:

Datum Beantwortung: 24.04.2013

RRB-Nr: 509/2013

Direktion: VOL

Grüne Wirtschaft: Lebensmittelverluste im Kanton Bern verringern

Der Regierungsrat wird gebeten, zusammen mit den Akteurinnen und Akteuren der Lebensmittelkette mit geeigneten Mitteln die Lebensmittelverluste im Kanton Bern zu verringern:

1. Zusammen mit allen Beteiligten der Lebensmittelkette, u. a. mit den Grossverbrau- chern, der Gastronomie, der Lebensmittelverarbeitung, dem Handel und den landwirt- schaftlichen Produzentinnen und Produzenten usw., Massnahmen zu ergreifen, die im Kanton Bern die Lebensmittelverluste reduzieren

2. Haushalte im Kanton Bern mit Sensibilisierungskampagnen zur Verringerung von Le- bensmittelverlusten zu motivieren (z. B. Information, Broschüren usw.)

3. Die Zusammenarbeit mit Fachorganisationen und Organisationen wie «Tischlein deck dich» zu suchen (z. B. existierender Ratgeber von «Tischlein deck dich»).

Begründung:

Es wird geschätzt, dass in der Schweiz ein Drittel der Lebensmittel weggeworfen wird.

Dies betrifft die vermeidbaren Verluste und misst sich an der gesamten landwirtschaftlichen Produktion. Die Verluste entstehen in allen Gliedern der Lebensmittelkette. Fast die Hälfte der Verluste fallen in den Haushalten und in der Gastronomie an: Pro Person landen hier täglich 320 Gramm einwandfreie Lebensmittel im Abfall. Dies entspricht fast einer ganzen Mahlzeit. Lebensmittelverluste bezeichnen alle Lebensmittel, die für die menschliche Ernährung produziert werden, aber irgendwo zwischen Feld und Konsum verlorengehen und folglich nicht verzehrt werden.

Ungeniessbare Teile, wie Rüstabfälle, Knochen oder Kaffeesatz, sind dabei nicht inbegriffen. Neben Haushalten, Grossverbrauchern und Gastronomie (50 % der Verluste) sind in der Lebensmittelkette auch Verarbeitung und Handel (30 %) und die landwirtschaftliche Produktion (20 %) betroffen.

Die unabhängige Informations- und Dialogplattform www.foodwaste.ch und der WWF- Schweiz haben den aktuellen Stand des Wissens über Lebensmittelverluste in der

(2)

Schweiz in diesem umfassenden Bericht zusammengefasst.1 Der Bericht zählt konkrete Handlungsoptionen für die verschiedenen Akteurinnen und Akteure der Lebensmittelkette auf.

Die hohen Lebensmittelverluste haben weitreichende Auswirkungen auf Natur und Mensch. Die Produktion von Lebensmitteln verursacht 30 Prozent aller Umweltbelastungen. Werfen wir Lebensmittel in den Abfall, werden knappe Ressourcen, wie Wasser, Böden und fossile Energieträger, unnötig belastet. Weggeworfene Lebensmittel verursachen in der Schweiz Mehrkosten in Milliardenhöhe und belasten das Haushaltsbudget und die Staatsausgaben unnötig. Gleichzeitig verknappt eine durch Verluste erhöhte Nachfrage das weltweite Angebot an Lebensmitteln, während die Ernährungssicherheit vieler Menschen nicht garantiert ist.

Antwort des Regierungsrates

Die ausreichende Produktion von Nahrungsmitteln stellt weltweit eine grosse Herausforde- rung dar. Die Reduktion von Lebensmittelverlusten kann einen Beitrag zur Ernährungssi- cherheit leisten. In den letzten Jahren ist diese Thematik international, aber auch in der Schweiz, verstärkt ins Bewusstsein von Wissenschaft, Öffentlichkeit sowie öffentlichen und privaten Organisationen gedrungen.

Die Ursachen für Lebensmittelverluste sind vielschichtig. Von der Produktion über den Handel bis zum Konsum spielen zahlreiche Faktoren eine Rolle. Verschiedene Studien zeigen, dass die Verluste vermindert werden können. Der Agrarbericht 2012 des Bundes- amtes für Landwirtschaft gibt in Kapitel 1.2.4 eine Übersicht über erste Erkenntnisse und Aktivitäten. Die Bundesämter für Landwirtschaft, Umwelt, Gesundheit und Veterinärwesen haben 2012 eine Projektgruppe ins Leben gerufen, zu der 2013 auch die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) gestossen ist. Die Ämter wollen die Thematik der Reduktion der Lebensmittelabfälle gemeinsam angehen, das Grundlagenwissen erwei- tern sowie im Dialog mit den Marktpartnern und der Zivilgesellschaft Aktivitäten prüfen. Die Sensibilisierung der Öffentlichkeit ist mit der Veranstaltung lanciert worden, die anlässlich des Welternährungstages im Oktober 2012 vom schweizerischen nationalen FAO-Komitee (CNS-FAO) durchgeführt wurde.

Der Regierungsrat begrüsst Bestrebungen zur Schliessung der vorhandenen Wissenslü- cken und zur Erarbeitung von Lösungsmöglichkeiten. Die laufenden Arbeiten zeigen deut- lich, dass sich das Problem der Lebensmittelverluste nicht auf den Kanton Bern be- schränkt. Es ist sinnvoll, dass kantonale Massnahmen zur Verminderung der Problematik nicht isoliert beschlossen, sondern im Rahmen der nationalen und internationalen Arbeiten angegangen werden. Ein Alleingang würde Produktion und Handel im Kanton Bern einsei- tig belasten und zu unverhältnismässigen Verwaltungskosten führen.

Der vorliegende Vorstoss wurde in der Form eines Postulats eingereicht. Der Regierungs- rat soll damit beauftragt werden abzuklären, ob drei explizit genannte Massnahmen gegen Lebensmittelverluste im Kanton Bern umgesetzt werden können.

Der Bund hat sich wie erwähnt organisiert, um mit allen beteiligten Stellen gemeinsam Lösungen zu erarbeiten und Massnahmen zu ergreifen. Der Regierungsrat begrüsst die- ses Vorgehen und geht davon aus, dass sich auch kantonale Stellen in geeigneter Form an entsprechenden Arbeiten beteiligen können. Dabei wird auch die Möglichkeit bestehen, die im Vorstoss genannten Massnahmen einer vertieften Prüfung zu unterziehen. Der Re- gierungsrat ist insofern bereit, das Postulat anzunehmen.

1Lebensmittelverluste in der Schweiz – Ausmass und Handlungsoptionen, Oktober 2012. unter:

www.foodwaste.ch

(3)

Junisession 2013 2013.0073 3

CONVERT_e02c0b58e88c441f83e16d35e5238880 13.06.2013

Der Regierungsrat beantragt:

Annahme

Präsident. Der Regierungsrat beantragt Annahme des Postulats. Wird das Postulat aus dem Rat bestritten? – Das ist der Fall. Frau Imboden hat das Wort. Offenbar geht es um die Abschreibung, die man verlangen wird. – Zuerst redet die Postulantin, die Fraktionssprechenden anschliessend.

Natalie Imboden, Bern (Grüne). Ich war kurz unsicher, weil mich interessierte, ob der Inhalt oder nur die Abschreibung bestritten sei. Anscheinend ist es nur die Abschreibung, doch umschreibe ich kurz das Anliegen des vorliegenden Postulats. Idared, Jonagold und Glockenäpfel sind solche Äpfel (Die Rednerin zeigt dem Rat zwei Äpfel). Es sind zwar einheimische Bio-Äpfel, die man in Bern kau- fen kann, die jedoch die Qualitätsanforderungen der Grossverteiler wahrscheinlich nicht erfüllen würden, weil sie zu klein sind und möglicherweise irgendwo ein kleines «Näggi» haben. Lebensmit- tel sind kostbar. Ein solcher Apfel wird 36-mal in grossen Maschinen fotografiert, elektronisch ver- messen und daraufhin beurteilt, ob er zu klein, zu gross und schön genug ist, um in den Laden zu kommen. Die Reduktion von Lebensmittelverlusten ist eines der Probleme, die dieses Postulat the- matisieren möchte. Aufgrund einer Studie des WWF weiss man, dass ein Drittel der Lebensmittel, die in der Schweiz verkauft, aber auch produziert werden, verloren geht. Sie werden argumentieren:

«Klar, schält man eine Banane, kann man die Schale logischerweise nicht gebrauchen.» Dieser unbrauchbare Teil ist im Drittel schon nicht mehr enthalten. Sehr viel geht verloren, weil man die Lebensmittel nicht sachgerecht aufbewahrt, weil die Konsumentinnen und Konsumenten Wünsche haben, die nicht mit der Realität übereinstimmen, aber auch, weil die Verarbeitungsindustrie Abfälle generiert. An die Adresse der verarbeitenden Industrie, der Bauern, richte ich bewusst, dass es hier grossmehrheitlich und vorrangig um die Kundinnen und Kunden geht, die den grössten Anteil der Lebensmittelverluste verursachen.

Wir sind froh und danken der Regierung, dass sie bereit ist, das Postulat entgegenzunehmen und dieses Thema, das relativ breit diskutiert wird, auch auf den Kanton Bern bezogen zu beleuchten.

Ebenfalls danken wir dafür, dass die verschiedenen Bundesämter – von der Landwirtschaft über den Verbrauch bis zur Gesundheit – involviert sind und Überlegungen anstellen, was sich dagegen tun liesse. Alle an der Lebensmittelkette Beteiligten sind gefordert, in erster Linie die Haushalte. Da hat die Politik klar die Möglichkeit, mit Sensibilisierungskampagnen darauf aufmerksam zu machen.

Weiter stehen der Handel und die produzierenden und verarbeitenden Bereiche in der Verantwor- tung, die je zu einem geringeren Teil an den Lebensmittelverlusten beteiligt sind.

«Tonnenweise Essen im Abfall» war die Überschrift eines Artikels in der Tageszeitung «Der Bund»

vom 25. März 2013. Ich glaube, wir alle hier im Rat sind uns dessen bewusst, dass Lebensmittel, die aufwändig unter Einsatz von Ressourcen produziert werden, nicht im Abfall, nicht in der Biogas- anlage und auch nicht per se im Kompost landen, sondern der existenziellen Ernährung dienen sol- len. Wie gesagt, sind wir froh, dass die Regierung das Postulat annehmen will. Wir appellieren an Sie, es nicht abzuschreiben, weil wir die Resultate dieser Arbeiten erfahren möchten. Wie vorher angeführt wurde, ist auch der Kanton Bern als starker Landwirtschaftskanton involviert. Ich fände es gut, wenn die vorgängigen Voten der SVP mit der Mahnung, die Landwirtschaftspolitik ernst zu nehmen, die wir mit unserem Abstimmungsentscheid unterstützten, auch hier zum Tragen kämen und man ein Signal aussenden würde, dass dies im Kanton Bern ein Thema ist. Der Bund soll tätig werden; der Regierungsrat bestätigte, dass Bern sich einklinken und seine Erfahrungen einbringen wolle. Danach wird sich klar zeigen, wo Handlungsbedarf besteht. Ich bitte Sie, das Postulat zu un- terstützen. Lebensmittel sind kostbar, dazu gilt es Sorge zu tragen.

Präsident. Die Fraktionssprechenden kommen zu Wort.

Alfred Gerber, Gohl (SVP). Die SVP-Fraktion dankt Ihnen allen ganz herzlich, dass Sie vorhin die Motion Iseli unterstützt haben. Auch ich war Bauer, respektive arbeitet heute mein Sohn im Bergge- biet als Bauer; auch ich bin dafür, dass man gut zur Landwirtschaft schaut und ökologische Kriterien beachtet. Wir wohnen in einem Tourismusgebiet. Die Klientel schätzt es, dass wir zur Natur Sorge tragen, doch muss das finanziell abgegolten werden. Vielen Dank, dass Sie die Motion überwiesen haben. Zum Postulat: Die Landwirtschaft ist bezüglich der Art und Weise ihrer Produktion sehr in der Enge. Die Grossverteiler und Verarbeitenden verlangen von uns, dass alles genau dem Mass

(4)

Junisession 2013 2013.0073 4

entspricht. Rosenkohl beispielsweise darf drei Zentimeter Durchmesser haben. Ist er zu gross, wird er abgewiesen, und man muss selber schauen, wie man ihn verwerten kann. In diesem Postulat steht, das belaste die Umwelt – wieso, ist mir nicht klar. Anderes, beispielsweise auch Gurken, Kar- toffeln und derlei kann man natürlich den Kühen verfüttern, während man zu grossen oder sonst nicht genehmen Rosenkohl oder Salat vielleicht noch unterpflügen kann. Dass das noch die Umwelt belasten soll, finden wir nicht. Heute lässt sich vieles auch in Biogasanlagen verwerten.

Zu Ziffer 2: Information beziehungsweise Sensibilisierung für richtiges Verhalten im Umgang mit Essensresten und derlei ist schon richtig. Soll das aber über Flugblätter und Broschüren gesche- hen, die einem per Post ins Haus geliefert werden, ist das für mich ein Affront. Solches Material kommt nämlich mit der Post ins Haus, wird kurz angeschaut, nicht einmal gelesen, und landet un- mittelbar darauf im Papierkorb, weil es als Reklame taxiert wird. Aus meiner Sicht ist dieses Vorge- hen falsch. Bisweilen ist derartiges Informationsmaterial sogar in einer Plastikfolie verpackt, die die Umwelt noch zusätzlich belastet. Meiner Meinung nach wäre wichtig, dass Eltern die Kinder ani- mierten, ihren Teller leerzuessen oder nur so viel zu schöpfen, wie sie essen mögen. Das eine ist Sache der Eltern, die nicht per Post ins Haus kommen muss. Die Eltern könnten ihren Kindern auch zeigen, dass Essensreste in den Kühlschrank gestellt und am nächsten oder auch übernächsten Tag aufgewärmt immer noch gegessen werden können. Das wäre Kindererziehung, und wahr- scheinlich braucht es zusätzlich Elternerziehung, um das zu erreichen. Beobachte ich in Bern beim Mittagessen im Restaurant ein wenig, wie da gegessen wird und wie viel schliesslich auf dem Teller zurückbleibt, kommt es mir manchmal fast vor, als ob es Mode wäre, im Restaurant den Teller nicht leerzuessen. Oder gehört es sogar zum guten Ton? Meiner Ansicht nach können wir diese Proble- me weder hier noch über Broschüren oder Ähnliches lösen.

Häufig werden wir Landwirte mit dem Vorwurf konfrontiert, 30 Prozent der Umweltbelastung zu ver- ursachen. Vielleicht wird sich das bald ändern, wenn wir wegen ökologischer Auflagen weniger pro- duzieren können. Für mich sind Kampagnen mit Informationsbroschüren oder Ähnlichem gegen den achtlosen Umgang mit Lebensmitteln ein Affront. Vielleicht würde Propaganda im Fernsehen etwas nützen, weil diese eher beachtet wird, als ein Prospekt gelesen wird. Die SVP-Fraktion lehnt das Postulat einstimmig ab. Uns passt einfach nicht, dass man uns immer wieder Sachen anlastet, wo- für wir nichts können.

Vreni Kipfer-Guggisberg, Stettlen (BDP). Was will dieses Postulat? Dass der Regierungsrat mit den Akteuren der Lebensmittelkette im Kanton Bern versucht, die Lebensmittelverluste zu verrin- gern. Nach Schätzungen werden 30 Prozent der Nahrungsmittel in der Schweiz weggeworfen. Ei- nerseits werden dadurch Ressourcen wie Wasser, Böden und fossile Energieträger unnötig be- lastet, und anderseits verknappt eine durch Verluste erhöhte Nachfrage das weltweite Angebot an Nahrungsmitteln. Das ist ökonomisch, ökologisch und ethisch nicht vertretbar. Auf unserem Plane- ten sterben täglich Menschen, insbesondere Kinder, an Hunger und Unterernährung. Und wir wer- fen es einfach weg, wenn wir zu viel eingekauft haben, das Datum abgelaufen ist oder aus x ande- ren Gründen. 45 Prozent der Verluste fallen nämlich in den Haushalten an. Vor diesem Hintergrund müssen wir anerkennen, dass dieses Postulat sehr wichtig ist. Auch der Regierungsrat empfiehlt es zur Annahme.

Warum meinen wir von der BDP, man sollte es annehmen und gleichzeitig abschreiben? Der Bund tut bereits etwas. Die Bemühungen sind Teil des Aktionsplans «Grüne Wirtschaft». Verschiedene Bundesämter – Landwirtschaft, Umwelt, Gesundheit und Veterinärwesen – schlossen sich 2012 in einer Projektgruppe zusammen. 2013 stiess auch noch das Deza dazu. Es ist kaum sinnvoll, im Kanton ein eigenes Projekt zu lancieren. Nicht sinnvoll ist auch, immer wieder die aufgeblähte Ver- waltung zu kritisieren und dort Abbau zu fordern, während wir vom Parlament neue Aufgaben ertei- len, bezüglich derer wir informiert sind, dass auf Bundesebene bereits etwas im Tun ist. Persönlich möchte ich noch anfügen, dass das Wegwerfen von Nahrungsmitteln ein Zeichen unserer Wohlstandsgesellschaft ist. Der Chefredaktor des «Bund» sagt zu diesem Thema: «Wir arbeiten nicht mehr für unsere Nahrung, sondern vor allem für die Freizeit. Was wir heute essen, kostet we- nig und ist uns deshalb kaum etwas wert.» Ja, es ist doch so: Was nicht viel kostet, ist nichts wert.

Wir leben in einer Überflussgesellschaft, und die Politik soll es richten. Ich meine, dass wir Konsu- menten und Konsumentinnen es richten sollen, wir alle. Die BDP-Fraktion ist für Annahme des Pos- tulats, schlägt aber aufgrund der eben dargelegten Ausführungen dessen Abschreibung vor.

Niklaus Gfeller, Worb (EVP). Für uns in der EVP-Fraktion ist ein sorgfältiger Umgang mit Lebens- mitteln selbstverständlich. Lebensmittel sind zum Essen da und sollen dafür verwendet werden.

(5)

Junisession 2013 2013.0073 5

CONVERT_e02c0b58e88c441f83e16d35e5238880 13.06.2013

Deshalb haben wir sehr grosse Vorbehalte gegenüber Ideen, mit Lebensmitteln Treibstoff, Biogas und so weiter zu produzieren. Das widerspricht unseren ethischen Grundsätzen total. Das Postulat Imboden nimmt diese Haltung auf und versucht aufzuzeigen, wie die Regierung in diesem Sinn ak- tiv werden könnte. Die vorgeschlagenen Massnahmen sind es aus unserer Sicht wert, von der Re- gierung geprüft zu werden. Deshalb werden wir den Vorstoss als Postulat unterstützen.

Ruedi Sutter, Grosshöchstetten (FDP). Nach den vorangehenden Voten kann ich es kurz ma- chen. Die FDP-Fraktion begrüsst die Bemühungen der Eidgenossenschaft, das unerfreuliche The- ma der Lebensmittelverluste anzugehen und diese möglichst zu reduzieren. Verschiedene Bundes- ämter – sie wurden erwähnt – befassen sich in einer interdisziplinären Arbeitsgruppe mit genau die- ser Problemstellung. Deshalb erachtet die FDP es als nicht zweckmässig, in Zeiten von Sparpake- ten eine unnötige kantonale Doppelspurigkeit aufzubauen. Das Anliegen der Postulantin – das scheint mir entscheidend, wenn es um die Sache geht – ist erkannt. Es wird nicht bestritten und auf nationaler Ebene seit einem Jahr bearbeitet. Ich habe den Eindruck, man wolle hier eine offene Tü- re einrennen. Darum lehnen wir einen unnötigen kantonalen Alleingang und entsprechend das Pos- tulat ab.

Antonio Bauen, Münsingen (Grüne). Wir haben bereits viel zu hören bekommen. Das Anliegen ist berechtigt. Ein Drittel hochwertiger Lebensmittel wird jährlich – unnötigerweise – weggeworfen, das ist sehr stossend. Stossend aus verschiedensten Gründen, nicht zuletzt auch aus ethischen. Wohl ist es, wie schon erwähnt wurde, ein Ausdruck unserer heutigen Wohlstandsgesellschaft mit über- höhten und teilweise konstruierten Qualitätsanforderungen, die nicht nur von uns, sondern überge- ordnet auch international definiert werden. Es ist stossend, wenn Lebensmittel weggeworfen oder anders verwertet werden müssen, weil sie nur einen Millimeter zu gross sind oder irgendein «Näg- gi» haben. Das gilt es zu erkennen und dementsprechend andere Wege zu finden. Vielleicht ist es aber auch ein Ausdruck der zu niedrigen Preisen für unsere landwirtschaftlichen Produkte. Man erhält sie einfach so – günstig –, braucht deshalb damit nicht sorgsam umzugehen und kann sie wegwerfen, wenn es einem nicht mehr so passt. Erwähnt wurde, dass 45 Prozent dieser Abfälle aus den Haushalten stammen, was aufzeigt, dass es ein gesellschaftliches Problem ist, das wir ange- hen müssen. Doch ist es eben nicht nur ein kantonales, sondern auch ein schweizerisches und in- ternationales Problem der Industriestaaten. Sinnvoll ist sicher nicht, wenn nur der Kanton allein et- was tut, sondern sinnvoll sind die in der Antwort des Regierungsrats aufgeführten Bemühungen des Bundes. Sie gilt es zu unterstützen. Dort kann der Kanton ein wenig mitfahren als Trittbrettfahrer, kann gute Ideen des Bundes übernehmen und muss hier nicht das Rad nochmals neu erfinden.

Kann er umsetzen und mit Information und Engagement, mit wachem Auge dabei sein, ist das si- cher gut. Natürlich können die Grünen klar hinter diesem Postulat stehen. Es vertritt ein wichtiges Anliegen, das in breiten Bereichen etwas zum Erhalt des Umweltschutzes, zum ressourceneffizien- ten Wirtschaften, zur grünen Wirtschaft beiträgt. Deshalb bitten wir Sie, dem Vorstoss als Postulat zuzustimmen und ihn nicht abzuschreiben, weil das Problem ja noch nicht erledigt ist.

Präsident. Herr Hügli kommt zu Wort. Gibt es weitere Fraktionssprecherinnen oder -sprecher? – Gibt es Einzelsprechende? – Nein, somit wird anschliessend die Postulantin zu Wort kommen. Herr Regierungsrat Rickenbacher verzichtet auf das Wort.

Daniel Hügli, Biel/Bienne (SP). Die SP-JUSO-PSA-Fraktion unterstützt das Postulat und will es auch nicht abschreiben. Wir haben jetzt von den verschiedensten Rednerinnen und Rednern ge- hört, weshalb das Anliegen anzugehen ist. Dass es so weit gekommen ist und Massnahmen ergrif- fen werden müssen, ist tatsächlich eine Folge der Konsumgesellschaft. Schauen wir uns in anderen Ländern um, wird dort bereits einiges unternommen, diesbezüglich sind wir noch ziemlich im Rück- stand. Beispielsweise liess ich mir sagen, in Deutschlands Selbstbedienungsrestaurants müsse man die Essensreste wägen und dafür noch etwas bezahlen. Das mag gewisse Gäste dazu anhal- ten, sich in Zukunft zu überlegen, ob sie nicht etwas weniger auf den Teller häufen wollen. Man kann also einiges unternehmen; es braucht etwas Fantasie, man kann sich umschauen in anderen Ländern, anderen Kantonen. Hingegen sind die Arbeiten sicher noch nicht abgeschlossen, wie auch der Regierungsrat in seiner Antwort schrieb. Darum müssen wir das Postulat annehmen und kön- nen es jedenfalls noch nicht abschreiben.

Natalie Imboden, Bern (Grüne). Ich mache es kurz. Ich bin froh um die Diskussion, die wohl über

(6)

Junisession 2013 2013.0073 6

die Parteien hinweg gezeigt hat, dass es ein Thema ist, dass Lebensmittelverschwendung nicht gut ist und man dagegen Massnahmen ergreifen muss. Froh war ich vor allem auch über das Votum der BDP, die es sehr schön auf den Punkt brachte.

Zum Votum der FDP bezüglich Doppelspurigkeit: Genau das will ja dieses Postulat nicht, indem wir unterstützen, was der Regierungsrat vorschlägt. Wir wollen keine kantonale Arbeitsgruppe, sondern der Kanton soll sich an die nationale anbinden. Das heisst, man lässt sich informieren und bringt allenfalls selber gute Vorschläge ein. Deshalb finden wir den Vorschlag der Regierung sehr gut.

Schliesslich noch an die Adresse der SVP: Ich habe Verständnis dafür: Ist der Rosenkohl etwas zu gross geraten, ärgert es auch mich, wenn man ihn nach aufwändigem Anbau, in den man vielleicht noch viel Herzblut gesteckt hatte, letztlich nicht verkaufen kann, weil irgendein Grossverteiler ihn als einen Millimeter zu klein oder gross definiert. Gerade deswegen ist wichtig, es zu thematisieren; ich appelliere an die SVP, sich dem anzuschliessen. Ich hoffe, dass die nationale Arbeitsgruppe Vor- schläge einbringen wird, wie man dieses Rosenkohl-Problem angehen und aus der Welt schaffen kann. Daher wäre ich froh, wenn auch die SVP das Postulat unterstützen würde in dem Sinne, dass Lebensmittel wichtig sind, unsere Wertschätzung verdienen und folglich nicht verschwendet werden sollen. Wir sind froh, wenn Sie das Postulat im Sinn der Regierung annehmen und nicht abschrei- ben.

Präsident. Da ich auch gehört habe, das Postulat werde bestritten, führe ich zwei Abstimmungen durch, zuerst zur Überweisung, anschliessend zur Abschreibung.

Abstimmung

Der Grosse Rat beschliesst:

Annahme

Ja 80

Nein 52

Enthalten 0

Präsident. Sie haben das Postulat überwiesen. Wir stimmen über dessen Abschreibung ab.

Abstimmung

Der Grosse Rat beschliesst:

Abschreibung

Ja 81

Nein 55

Enthalten 1

Präsident. Das Postulat ist damit abgeschrieben.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Polizei- und Militärdirektion - Lotteriefonds: Genehmigung der Jahresrechnung 2012 Der Grosse Rat stimmt dem Kreditgeschäft

Rechenschaftsbericht 2008–2011 der Strategischen Ausschüsse der Fachhochschule Westschweiz (HES-SO) an die Mitglieder der Interparlamentarischen Aufsichtskommission

22 2013.0098 Interpellation 043-2013 Fuchs (Bern, SVP). Milchproduzenten in Not - was unternimmt der

Vernehmlassung Kanton Bern an Bund zum NDG – Keine Beschränkung der kantonalen Oberaufsicht beim Nachrichtendienst. Der

Damit wollen wir erreichen, dass der Kanton Bern in der Vernehmlassung gegenüber dem Bund klar zum Ausdruck bringt, dass es auch künftig eine starke Oberaufsicht im Bereich

Der Geschäftsbericht der Berner Fachhochschule ist

(...) Eine erfolgreiche und dynamische Universität ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für den Kanton.» Ich habe bereits letztes Jahr gesagt, dass wir, wenn wir weiterhin

Ob damit aber im Budget 2014 und in den Finanzplanjahren 2015–2017 genügend Mittel im Sinne der Motion zur Verfügung gestellt werden können, kann der Regierungsrat zum heutigen