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Sitzungstitel7 2013.0556 1

Der Grosse Rat des Kantons Bern

Le Grand Conseil du canton de Berne

Mittwoch (Vormittag), 5. Juni 2013

Polizei- und Militärdirektion

28 2013.0556 Motion 122-2013 OAK (Rhyn, Zollikofen)

Vernehmlassung Kanton Bern an Bund zum NDG – Keine Beschränkung der kantonalen Oberaufsicht beim Nachrichtendienst

Vorstoss-Nr: 122-2013

Vorstossart: Motion

Eingereicht am: 03.05.2013

Eingereicht von: OAK (Rhyn, Zollikofen) (Sprecher/ -in)

Weitere Unterschriften: 0

Dringlichkeit:

Datum Beantwortung: 22.05.2013

RRB-Nr: 661/2013

Direktion: POM

Vernehmlassung Kanton Bern an Bund zum NDG – Keine Beschränkung der kanto- nalen Oberaufsicht beim Nachrichtendienst

Der Regierungsrat wird beauftragt, sich in der Vernehmlassung des Kantons Bern an die Bundesbehörden zur gegenwärtig laufenden Änderung des Nachrichtendienstgesetzes (NDG) dahingehend zu äussern,

1. dass die in Artikel 69 des NDG-Entwurfs vorgesehene Beschränkung der parlamentarischen Oberaufsicht auf die GPDel des Bundes zu streichen ist,

2. dass die kantonale Dienstaufsicht und die kantonale Oberaufsicht sowohl de jure als auch de facto uneingeschränkt möglich bleiben müssen,

3. dass eine Regelung geschaffen wird, die keine blinden Flecken in der Aufsicht zulässt und nicht im Widerspruch steht zum Grundsatz, dass die kantonale Oberaufsicht gleich weit geht wie die Dienstaufsicht (Akzessorietätsprinzip).

Begründung:

Der Staatsschutz ist als Verbundaufgabe zwischen Bund und Kantonen organisiert. Der Bund verfügt über eine ausschliessliche und umfassende Regelungskompetenz, während die Kantone die Aufgaben im Auftrag des Bundes vollziehen. Es handelt sich beim Staats- schutz um einen äusserst sensiblen Bereich, der zwingend einer lückenlosen Kontrolle und Aufsicht bedarf. Im Kanton Bern wird die Dienstaufsicht gegenwärtig durch den Poli- zei- und Militärdirektor ausgeübt. Nach längerem Ringen und einem von der OAK in Auf- trag gegebenen Gutachten, das eine Beschränkung der kantonalen Oberaufsicht als unzu- lässig taxierte, konnte im Kanton Bern erst vor kurzem ein Weg gefunden werden, dank welchem die OAK ihre parlamentarische Oberaufsicht nun ausüben kann.1

Der Entwurf des Nachrichtendienstgesetzes (NDG) sieht nun vor, dass die Dienstaufsicht wie bis anhin bei den Kantonen verbleiben soll. Zugleich soll die parlamentarische Ober- aufsicht künftig aber ausschliesslich durch die Geschäftsprüfungskommission des Bun- desparlaments wahrgenommen werden. Eine kantonale Oberaufsicht durch das Parlament ist gemäss Vortrag des Gesetzesentwurfs nicht vorgesehen.

Dadurch besteht aus Sicht der Oberaufsichtskommission das grosse Risiko, dass sich im

1 Vgl. dazu den Tätigkeitsbericht der OAK 2012

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Geschäfts-Nr.: 2013.0556 Seite 2/6

sensiblen Bereich des Staatsschutzes aufsichtsfreie Räume etablieren können. Die GPDel des Bundes wird auf Grund ihrer personellen Ressourcen faktisch nicht in der Lage sein, die Einhaltung der gesetzlichen Rahmenbestimmungen im Zusammenhang mit dem Staatsschutz in allen 26 Kantonen zu überwachen. Damit droht, dass keine wirksame poli- tische Kontrolle mehr vorhanden ist. Die Tatsache, dass Teile der Verwaltung unbeauf- sichtigt agieren können, ist aus staatsrechtlicher Sicht nicht haltbar. Dass es sich dabei nicht einfach um ein theoretisches oder formaljuristisches Problem handelt, zeigen die handfesten unerwünschten Auswirkungen, welche die mangelnde Aufsicht über den Staatsschutz in letzter Zeit gehabt haben: Im Kanton Basel-Stadt sind mehrere Kantons- parlamentarier, nachdem ein Medium in ihrem Herkunftsland über die Wahlresultate be- richtet hatte, allein aufgrund ihrer Herkunft fichiert worden. Eine Untersuchung der GPDel hat zudem ergeben, dass zu viele und unzulässige Daten gesammelt worden sind.2

Im oben erwähnten Gutachten von 2011 hat Staatsrechtsprofessor Markus Müller überdies festgehalten: «Gegen einen Ausschluss der kantonalen Oberaufsicht in Staatsschutzbe- langen spricht auch, dass die kantonale Dienstaufsicht uneingeschränkt gewährleistet ist.

Gleiches sollte zweckmässigerweise für die parlamentarische Oberaufsicht gelten, welche der verwaltungsinternen Kontrolle auf dem Fuss folgt».3 Diese Aussage in Bezug auf das sogenannte Akzessorietätsprinzip, also den Grundsatz, dass die Aufsicht der kantonalen Oberaufsicht gleich weit geht wie die kantonale Dienstaufsicht, hat nach wie vor Gültigkeit, da die Dienstaufsicht gemäss Vernehmlassungstext weiterhin bei den Kantonen angesie- delt bleiben soll.

Antwort des Regierungsrats

Zu Ziff. 1 und 2

Die Oberaufsichtskommission (OAK) verlangt die Beibehaltung der kantonalen Oberauf- sicht. Sie ist aus verschiedenen Gründen entschieden gegen den Vorschlag des Bundes, im Entwurf zum neuen Nachrichtendienstgesetz (E-NDG) die Oberaufsichtstätigkeiten ausschliesslich beim Bund (GPDel) anzusiedeln.

Die in der Motion erwähnten Aufsichtstätigkeiten lassen sich in die Bereiche Dienstaufsicht (verwaltungsinterne Kontrolle) und Oberaufsicht (politische Kontrolle) unterscheiden. Die Dienstaufsicht über die Tätigkeiten des kantonalen Staatsschutzdienstes wird nach gel- tendem Recht bereits ausschliesslich durch den Kanton bzw. durch die Polizei- und Mili- tärdirektion wahrgenommen (Art. 35 der Verordnung vom 4. Dezember 2009 über den Nachrichtendienst des Bundes, V-NDB; SR 121.1). Mit dem neuen NDG wird weiterhin an der ausschliesslichen kantonalen Dienstaufsicht festgehalten wie auch an der Tatsache, dass die Mitarbeitenden des kantonalen Staatsschutzdienstes dem kantonalen Dienstrecht unterstehen (Art. 70 Abs. 1 E-NDG). Das neue NDG sieht somit bei der Dienstaufsicht keine Beschränkung der kantonalen Zuständigkeit vor.

Der Staatsschutz fällt in die umfassende Rechtssetzungskompetenz des Bundes. Somit kann der Bundesgesetzgeber grundsätzlich sämtliche Details der Aufsicht, inklusive die Oberaufsicht über die kantonalen Staatsschutzbehörden, regeln.4 Mit Artikel 69 E-NDG stellt der Bundesgesetzgeber klar, dass die parlamentarische Oberaufsicht über den Voll- zug des E-NDG künftig bei der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) der Eidgenössi- schen Räte liegt. Er schafft damit die im bisherigen Recht fehlende klare Zuständigkeitsre- gelung für die Oberaufsicht auf Gesetzesstufe. Die bisher subsidiäre Verantwortung des Bundes wird mit dem E-NDG zur primären und ausschliesslichen Oberaufsichtskompe- tenz. Den Bundesbehörden werden damit die Oberaufsichtsrechte über die kantonalen Vollzugsbehörden eingeräumt.

2 Vgl. den Bericht der GPDel «Datenbearbeitung im Staatsschutzinformationssystem ISIS» vom 21.06.2010.

Im Internet findet sich der Bericht unter http://www.admin.ch/ch/d/ff/2010/7665.pdf.

3 Markus Müller / Christoph Jenni: Kantonale Aufsicht über die Staatsschutztätigkeit. Gutachten zuhanden der Oberaufsichtskommission des Grossen Rats des Kantons Bern, 28. März 2011; S. 24.

4 Müller / Jenni, Gutachten (s. Fussnote 3); S. 55

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Geschäfts-Nr.: 2013.0556 Seite 3/6

Die Ansiedlung der Oberaufsicht über den Staatsschutz auf Bundesebene hat den Vorteil, dass damit eine einheitliche Oberaufsichtspraxis für alle Kantone geschaffen würde.

Zudem ist zu beachten, dass die Strategie zur Gewährleistung der inneren Sicherheit der Schweiz durch den Bund festgelegt wird. Entsprechend steht es dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB) zu, den kantonalen Staatsschutzbehörden konkrete Aufträge zu erteilen. Damit sich bei der Aufsicht über die Auftragserteilung des Bundesorgans keine Abgrenzungsfragen ergeben, ist eine Ansiedlung der Oberaufsicht auf Bundesstufe zu begrüssen.

Zu Ziff. 3

Der im Gutachten zuhanden der OAK erwähnte Grundsatz der Akzessorietät der kantona- len Oberaufsichtsrechte kommt nur solange zur Anwendung, als keine klare gesetzliche Grundlage besteht, die von diesem Grundsatz abweicht. Artikel 69 E-NDG schafft eine solche Gesetzesgrundlage. Die Oberaufsicht soll demnach eine ausschliessliche Aufgabe des Bundes sein. Das ins Feld geführte Akzessorietätsprinzip findet in diesem Bereich keine Anwendung. Für kantonale Oberaufsichtsrechte bleibt im Staatsschutzbereich kein Raum mehr.

Die Beschränkung der kantonalen Oberaufsichtsbefugnisse im Staatsschutzbereich bedarf gemäss dem erwähnten Gutachten zuhanden der OAK einer formellen gesetzlichen Grundlage. Während das Gutachten die Rechtswirksamkeit des geltenden Artikel 35a V- NDB verneint hat, wird Art. 69 E-NDG die im Gutachten geforderte Zulässigkeitsvoraus- setzung zur Beschränkung der kantonalen Oberaufsichtsbefugnisse erfüllen.

Die neue Regelung im E-NDG schafft Klarheit und verhindert aufsichtsfreie Bereiche. Die Oberaufsicht des Bundes ist umfassend, genügend und stufengerecht. Der Bund ist auch der Ansicht, dass die personellen Ressourcen der GPDel genügen, um die Aufsichtstätig- keiten über die kantonalen Vollzugsbehörden wahrnehmen zu können. Der Regierungsrat sieht keinen Grund, warum diese Einschätzung falsch sein soll. Die Alternative wäre die Aufsplitterung der parlamentarischen Aufsicht auf 26 Kantone und den Bund, was kaum zu einer einheitlichen Aufsichtspraxis führen wird. Auch würde dies bedeuten, dass der NDB teilweise rechenschaftspflichtig gegenüber der kantonalen Aufsichtsorganen würde, was von der Systematik her gegen die Bundesverfassung verstösst.

Aus diesen Gründen empfiehlt der Regierungsrat, die Motion abzulehnen.

Der Regierungsrat beantragt:

Ablehnung

Hans-Jörg Rhyn, Zollikofen (SP), Präsident der Oberaufsichtskommission. Mit dieser Motion will die OAK Einfluss nehmen auf die Ausgestaltung der Vernehmlassungsantwort des Kantons Bern zum neuen Gesetz über den Nachrichtendienst des Bundes. Nach Artikel 79 Absatz 1 Buchstabe c der Kantonsverfassung ist der Grosse Rat befugt, zu Vernehmlassungen an Bundesbehörden Stel- lung zu nehmen. Unsere Stellungnahme zu diesem neuen Gesetz ist deshalb sinnvoll, weil die Zu- kunft der kantonalen parlamentarischen Oberaufsicht auf dem Spiel steht. Warum ist die kantonale Oberaufsicht über den Staatsschutz in Gefahr? Geht es nach dem Gesetzesentwurf des Bundes, soll die Oberaufsichtskommission, soll der Grosse Rat künftig nichts mehr zu sagen haben zu den Aktivitäten von Personen, die im Auftrag des Bundes auf dem Gebiet des Kantons Bern staats- schutzrelevante Daten sammeln. Diese Personen, die dem Polizeidirektor unterstellt und Teil der Berner Kantonsverwaltung sind, sollen der politischen Kontrolle des Grossen Rates komplett entzo- gen werden. Artikel 69 des Entwurfs für ein neues Nachrichtendienstgesetz hält nämlich fest: «Für die parlamentarische Oberaufsicht über die Tätigkeit des Nachrichtendienstes des Bundes und der kantonalen Vollzugsorgane zum Vollzug dieses Gesetzes ist ausschliesslich die Geschäftsprü- fungsdelegation unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 zuständig», also der Bund.

Die Geschäftsprüfungsdelegation des Bundes würde künftig also die Oberaufsicht über die Voll- zugsorgane aller 26 Kantone ausüben. Und zwar, wie es aussieht, mit denselben personellen Res-

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sourcen wie heute. Die Oberaufsichtskommission kann sich nicht vorstellen, wie die Geschäftsprü- fungsdelegation eine derart massive Erweiterung ihrer Aufgaben bewältigen können soll. Ohne starke Oberaufsicht besteht beispielsweise Gefahr, dass zu viele und unzulässige Daten gesammelt werden. Deshalb soll nach unserer Meinung die Geschäftsprüfungsdelegation wie gemäss bisheri- ger Praxis nur subsidiär zum Einsatz kommen. Vorrangig soll die Oberaufsicht über die kantonalen Vollzugsorgane durch uns und die anderen kantonalen Parlamente ausgeübt werden. Wir können davon ausgehen, dass andere Kantone sich zum Entwurf dieses Nachrichtendienstgesetzes gleich äussern werden.

Der Regierungsrat lehnt diese Motion ab. Er begründet seine Haltung damit, dass der Staatsschutz in die umfassende Rechtssetzungskompetenz des Bundes falle. Diese Kompetenz wird von uns gar nicht bestritten. Es ist korrekt, dass der Bundesgesetzgeber sämtliche Details der Aufsicht regeln kann. Die OAK ist aber entschieden der Meinung, dass der Bund dabei trotzdem gewisse rechts- staatliche Prinzipien berücksichtigen sollte und Dienstaufsicht und Oberaufsicht nicht völlig freihän- dig auf die verschiedenen staatlichen Ebenen verteilen kann. So hielt beispielsweise Herr Staats- rechtsprofessor Markus Müller einmal fest – ich zitiere, was bereits in der Motion steht: «Gegen einen Ausschluss der kantonalen Oberaufsicht in Staatsschutzbelangen spricht auch, dass die kan- tonale Dienstaufsicht uneingeschränkt gewährleistet ist. Gleiches sollte zweckmässigerweise für die parlamentarische Oberaufsicht gelten, welche der verwaltungsinternen Kontrolle auf dem Fuss folgt.» In Bezug auf die verwaltungsinterne Kontrolle, also die Dienstaufsicht, ändert sich mit dem neuen Gesetz über den Nachrichtendienst des Bundes überhaupt nichts. Die Dienstaufsicht soll im Kanton Bern weiterhin durch den Polizeidirektor ausgeübt werden. Das von Herrn Professor Müller erwähnte und erhobene Akzessorietätsprinzip – dass die Oberaufsicht der Dienstaufsicht folgen soll – wird demnach nicht hinfällig, nur weil der Bund beziehungsweise der Nachrichtendienst die Ein- schränkung der kantonalen Oberaufsicht explizit im Gesetz verankern will.

Im Weiteren argumentiert der Regierungsrat, dass mit der Zuweisung der Oberaufsicht an die Kan- tone keine einheitliche Oberaufsichtspraxis garantiert sei. Interessant ist aber, dass dies bei der Dienstaufsicht, die ja auch künftig in der Kompetenz der Kantone liegen soll, überhaupt kein Thema ist. Hier stösst der Regierungsrat sich nicht an der Aufsplitterung der Aufsicht auf 26 Kantone und den Bund. Der Regierungsrat hält weiter fest, wenn die Entflechtung stattfinde, würden sich künftig keine Abgrenzungsfragen stellen. Wie Sie bereits gehört haben, wird es aber gar keine Entflechtung geben. Die Vollzugsorgane bleiben, gleich wie Dienstaufsicht, bei den Kantonen. Wollte man eine saubere Abgrenzung erreichen, müsste man die Vollzugsorgane in die Bundesverwaltung integrie- ren. Das hätte den Vorteil, dass tatsächlich alles in einer Hand läge: die Gesetzgebungskompetenz, der Vollzug und eben auch die Aufsicht. In einem solchen Fall wäre auch klar, wer die Haftung übernehmen müsste, falls eine Person aufgrund der Aktivitäten des Staatsschutzes zu Schaden käme, nämlich der Bund. Das ist heute alles andere als klar. Verwaltungsrechtsexperten sind der Meinung, dass der Kanton hafte, wenn beim Vollzug von Bundesrecht ein Schaden entstehen wür- de. Dazu gibt es noch keine Präzedenzfälle, die Sache ist rechtlich noch nicht völlig geklärt. Trotz- dem ist es stossend, dass der Kanton Bern künftig zwar keine parlamentarische Aufsicht mehr aus- üben dürfen soll, die Staatshaftung aber möglicherweise gleichwohl wird tragen müssen.

In den letzten Jahren kämpfte die OAK dafür, dass die parlamentarische Oberaufsicht über das kan- tonale Vollzugsorgan im Staatsschutz auf angemessene Art wahrgenommen werden kann. So nahm der zuständige Ausschuss im vergangenen Jahr an einer Inspektion des Polizeidirektors teil.

Dieses Jahr wurde der Ausschuss auf seinen Wunsch hin erstmals mit einer schriftlichen Berichter- stattung bedient. Obschon für die Einsicht in geheime Dokumente nach wie vor gewisse Einschrän- kungen bestehen und auch bestehen sollen, ist die OAK bestrebt, ihren Weg weiterhin zu verfolgen und auch beim Staatsschutz den Auftrag der politischen Kontrolle zu erfüllen.

Die OAK beschloss einstimmig, diese Motion einzureichen. Damit wollen wir erreichen, dass der Kanton Bern in der Vernehmlassung gegenüber dem Bund klar zum Ausdruck bringt, dass es auch künftig eine starke Oberaufsicht im Bereich des Staatsschutzes braucht, dass es keine blinden Fle- cken, keine aufsichtsfreien Räume geben darf und darum die kantonale Dienstaufsicht, aber auch die kantonale Oberaufsicht uneingeschränkt gewährleistet sein muss. Ich bitte den Rat, die Motion zu überweisen.

Präsident. Die Fraktionssprechenden kommen zu Wort.

Peter Studer, Utzenstorf (BDP). Eigentlich ist der Staatsschutz ja eine klassische Verbundaufgabe zwischen dem Bund und den Kantonen. Der Bund definiert die Beobachtungsaufträge und übergibt

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sie dem Nachrichtendienst, der den Ablauf in den einzelnen Kantonen bestimmt und koordiniert.

Doch liegt der Vollzug klar wieder bei den Kantonen. Die Dienstaufsicht ist ebenfalls bei der Polizei- direktion angesiedelt. Wir haben gehört, dass grundsätzlich die Geschäftsprüfungsdelegation – wohlverstanden auf Bundesstufe – zuständig ist, die Oberaufsicht wahrzunehmen.

Da es die politische Kontrolle der Oberaufsicht betrifft, frage ich mich schon, warum der Regie- rungsrat nicht von sich aus zur Überzeugung gelangt ist, auf das Parlament zuzugehen, das die Oberaufsicht eigentlich wahrnimmt. Es ist offensichtlich, dass man das entflechten muss. Die Dienstaufsicht liegt klar beim Regierungsrat, doch übt die Oberaufsicht klar die politische Kontrolle aus. Vorhin haben wir gehört, dass der Vollzug klar bei den Kantonen liegt. Falls aber beim Kan- tonspersonal Verfehlungen passieren, muss wieder die kantonale Oberaufsicht geradestehen. Dar- um ist uns von der BDP klar, dass wir die Motion in allen drei Ziffern unterstützen und für deren An- nahme plädieren. Denn auch mir ist nicht klar, wie die Geschäftsprüfungsdelegation in 26 Kantonen die Kontrolle ohne personelle Aufstockung wahrnehmen wollte. Werte Anwesende, auch wir von der BDP-Fraktion bitten Sie, diese Motion in allen drei Ziffern zu überweisen.

Christian Hadorn, Ochlenberg (SVP). Als OAK-Mitglied rollte ich in der SVP-Fraktion die ganze Geschichte auf, wie Hans-Jörg Rhyn, der Präsident der Oberaufsichtskommission, es eben ge- macht hat. Ich kann mich ganz kurz fassen. Wer die Oberaufsicht hat, muss sie ausüben, und wir haben uns klar entschieden, wer sie auch in Zukunft wahrnehmen sollte, nämlich wir vom Kanton.

Wir werden vom Bund beauftragt, den Nachrichtendienst zu führen, also wollen wir auch die Ober- aufsicht wahrnehmen. Sobald sie nämlich der Bund wahrnähme – das ist eins meiner Hauptargu- mente – würde die Schuld, falls Fehler passieren würden, gleichwohl beim Kanton bleiben. Dem- entsprechend beschlossen wir von der SVP, dieser Motion insgesamt zuzustimmen und zu veran- lassen, dass der Regierungsrat an der Vernehmlassung in dem Sinn teilnimmt, dass wir die Ober- aufsicht behalten wollen.

Andreas Blaser, Steffisburg (SP). Ich rede in dieser Sache für die SP-JUSO-PSA-Fraktion, aber auch als ehemaliger OAK-Präsident. Wie wir aus Erfahrung wissen, ist der Staatsschutz ein äus- serst sensibler Bereich in unserem Staat. Umso wichtiger ist eine lückenlose Kontrolle durch die Oberaufsichtsorgane, sowohl beim Kanton wie auch beim Bund. Nach jahrelangem Ringen mit dem Sicherheitsdirektor – wir kämpften miteinander darum, was Oberaufsicht und was Dienstaufsicht sei respektive wie die Dienstaufsicht oberbeaufsichtigt werden könne – erreichten wir aus meiner Sicht eine gute Lösung. Mit der heutigen Lösung können wir eigentlich dafür geradestehen, dass, solange die Daten beim Kanton sind, auch das kantonale Organ dafür verantwortlich ist, dass die Dienstauf- sicht gesetzesmässig ausgeübt wird. Mit der vorgeschlagenen Änderung des Datenschutzgesetzes des Bundes laufen wir Gefahr, dass die Geschäftsprüfungsdelegation – das wurde schon mehrmals gesagt – auch wegen fehlender Ressourcen die Aufgabe in 26 Kantonen gar nicht wird wahrneh- men können.

Diese Motion beauftragt den Regierungsrat, die Vernehmlassung zum Nachrichtendienstgesetz so zu verfassen, dass die kantonale Oberaufsicht in der heutigen Form bestehen bleibt. Aus meiner Sicht gilt der Grundsatz, dass nebst der Dienstaufsicht auch die Oberaufsicht in den Kanton gehört, solange die Personendaten beim Kanton aufbewahrt werden. Sonst riskieren wir blinde Flecken;

dann sind die Verantwortlichkeiten nicht mehr klar respektive bleiben beim Kanton, können aber nicht beaufsichtigt werden. Darum beantragt die SP-JUSO-PSA-Fraktion, die Motion in allen drei Ziffern zu überweisen.

Christoph Grimm, Burgdorf (glp). Die glp-CVP-Fraktion schliesst sich dem Vorschlag der OAK an. Wir behandelten die Thematik in der Kommission; wir sind der Meinung, die Oberaufsichtskom- mission sollte die Aufsicht unbedingt wahrnehmen können. Es entzieht sich der Logik, dass der Bund dem Kanton einen Auftrag erteilt, dieser aber seine Leute nicht überprüfen darf. Wir nehmen die Motion in allen drei Ziffern an. Im Übrigen haben wir eine solche Überprüfung ja schon durchge- führt. Sie verlief an sich gut, zwar in einem etwas engen Büro, es war ein wenig schwierig, aber zumindest konnten wir dort unsere Aufgabe wahrnehmen. Wir beantragen Ihnen, alle drei Ziffern der Motion anzunehmen, geht es hier doch um unsere Meinung in der Vernehmlassung und nicht um eine Gesetzesänderung. Vielen Dank für die Annahme!

Peter Bonsack, Kallnach (EDU). Ich rede für meine Fraktion und als OAK-Mitglied. Die Erfahrun- gen aus der Vergangenheit – Fichenaffäre Ende der Achtzigerjahre – haben das Vertrauen in den

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Staatsschutz massiv beeinträchtigt und die Notwendigkeit einer funktionierenden politischen Kon- trolle deutlich gemacht. Trotzdem gab es in der Zwischenzeit weitere Fälle. Im Kanton Basel-Stadt wurden mehrere Kantonsparlamentarier, nachdem ein Medium in ihrem Herkunftsland über die hie- sigen Basler Resultate berichtet hatte, allein aufgrund ihrer Herkunft fichiert. Zudem ergab eine Un- tersuchung der Geschäftsprüfungsdelegation, dass zu viele und unzulässige Daten gesammelt werden konnten.

Die Aufbauarbeit der OAK des Kantons Bern kam in den letzten Jahren im Dialog mit der POM zu- stande und konnte im Kanton Bern wieder eine parlamentarische Oberaufsicht über den Staats- schutz etablieren. Diese Bemühungen würden mit Artikel 69 des neuen NDG zunichte gemacht, weil die parlamentarische Oberaufsicht von der Geschäftsprüfungsdelegation des Bundes konzent- riert würde. Die kantonale OAK kann die Oberaufsicht besser erfüllen als die Geschäftsprüfungsde- legation des Bundes. Sie ist näher am Puls, deswegen sagt die EDU-Fraktion Ja in allen drei Ziffern zu dieser Motion.

Patrick Gsteiger, Eschert (EVP). Trente secondes pour vous dire qu'au sein du parti évangélique, nous craignons aussi certaines failles, si seuls la Confédération et son organe compétent surveillent le respect des dispositions concernant la protection de l'État dans les 26 cantons suisses. Il serait certainement bien que les pratiques soient unifiées, mais placées sous la responsabilité partagée de la Confédération et des cantons. Le domaine est très sensible, comme cela a déjà été dit ici, et le contrôle doit se faire de manière optimale par les cantons, qui eux-mêmes récoltent les données.

Donc, une majorité du groupe PEV soutiendra la motion dans ses trois points.

Rita Haudenschild, Spiegel (Grüne). Der Staatsschutz ist eine Verbundaufgabe von Bund und Kanton wie viele andere Aufgaben auch im Kanton Bern. Dass die OAK bei dieser Verbundaufgabe nicht die Aufsicht über die Dienstaufsicht, also über die verwaltungsinternen Abläufe im Kanton, haben soll, ist stossend. Ich bitte Sie deshalb, die Motion der OAK zu überweisen und dem Regie- rungsrat den Auftrag zu erteilen, sich in der Vernehmlassung entsprechend zu äussern. Die grüne Fraktion unterstützt die Motion der OAK. Merci auch für Ihre Unterstützung.

Hans-Jürg Käser, Polizei- und Militärdirektor. Dein Wort sei meines Fusses Leuchte und ein Licht auf unserem Weg! Ich habe verstanden, was der Grosse Rat will. Ich persönlich bin anderer Meinung, wie es auch in der Antwort des Regierungsrats ausgeführt ist. Wir sind einer von vielen Vernehmlassungspartnern, das ist Ihnen bekannt. Aber ich werde dafür sorgen, dass der Kanton Bern die Vernehmlassung im Sinn dieser Motion einreicht.

Präsident. Wir stimmen ab über die Motion der OAK.

Abstimmung

Der Grosse Rat beschliesst:

Annahme

Ja 118

Nein 4

Enthalten 6

Präsident. Sie haben die Motion angenommen.

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