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In Syrien könne der Beschwerdeführer auch nicht mehr leben, weil dort der Krieg ausgebrochen sei und sie keine Unterkunft hätten.

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(1)

Gericht BVwG

Entscheidungsdatum 22.12.2014

Geschäftszahl L514 2011641-1

Spruch

L514 2011641-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Mariella KLOIBMÜLLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Irak, vertreten durch RA Dr. Lennart BINDER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.08.2014, Zl. 830265804/1623618 RD Oberösterreich, beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Irak moslemischen Glaubens, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 02.03.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. Hiezu wurde er am 04.03.2013 von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt.

Im Rahmen dieser Befragung führte der Beschwerdeführer hinsichtlich seines Fluchtgrundes aus, dass er den Irak im Jahr 2006 verlassen habe, weil er von den Mitgliedern der Mahdi Armee und der Al Bader Organisation bedroht worden sei. Er und seine Familie hätten in weiterer Folge in Syrien als Flüchtlinge gelebt.

Der Beschwerdeführer habe einen wichtigen Posten in der ehemaligen irakischen Regierung inne gehabt. Als die Saddam-Regierung im Jahr 2003 gestürzt worden sei, hätten die Schiiten das Sagen gehabt. Diese hätten Listen von den ehemaligen Beamten geführt und diese der Reihe nach getötet. Anfangs hätten die Amerikaner einige Leute geschützt, dann sei es gefährlich geworden und der Beschwerdeführer sei gezwungen gewesen, mit seiner Familie zu fliehen. Sie hätten nur noch in einem sunnitischen Stadtviertel wohnen können und seien auch dort nicht mehr in Sicherheit gewesen.

In Syrien könne der Beschwerdeführer auch nicht mehr leben, weil dort der Krieg ausgebrochen sei und sie keine Unterkunft hätten.

(2)

Am 16.04.2013 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen (AS 137 ff).

Dabei gab er zunächst zu seiner gesundheitlichen Situation befragt an, dass er einen Operationstermin wegen seiner Krampfadern habe und auch an Problemen mit der Halswirbelsäule leide. Zur Behandlung dieser Beschwerden nehme er Medikamente ein.

Weiters brachte der Beschwerdeführer medizinische Unterlagen aus Österreich sowie ein UNHCR Papier in Vorlage.

Weiters wurde vom Beschwerdeführer ausgeführt, dass er in XXXX bis 2003 bei der Atombehörde gearbeitet habe. Als XXXX 2003 gefallen sei, habe er bis 2006 als Taxifahrer seinen Lebensunterhalt verdient. Die Lage sei immer schlimmer geworden und seien deshalb viele Leute aus dem Irak geflohen.

Eines Tages habe der Beschwerdeführer einen Anruf von seinem Bruder erhalten, der ihm mitgeteilt habe, er solle nicht mehr nach Hause kommen, sondern besser zu seinen Schwiegereltern gehen. Sein Bruder habe ihm weiters berichtet, dass ein Kollege aus dem Atomzentrum, der im gleichen Viertel gelebt habe, getötet worden sei und es eine Liste mit Namen gebe, welche gesucht werden würden. Auf dieser Liste würden sich die Namen aller Personen befinden, die im Atomzentrum tätig gewesen seien und sei der Beschwerdeführer einer davon.

Daraufhin habe sich der Beschwerdeführer entschieden, mit seiner Familie den Irak zu verlassen und nach Syrien zu fahren.

Als er sich bereits in Syrien aufgehalten habe, habe der Beschwerdeführer telefonisch von seinem Bruder erfahren, dass ein weiterer Kollege getötet worden sei. Ein Offizier habe dem Bruder des Beschwerdeführers mitgeteilt, dass die Al Mahdi Mitglieder wissen würden, dass alle Personen, die bei der Atombehörde tätig gewesen seien, den Irak bereits verlassen hätten. Die Al Mahdi Miliz habe auch eine Liste mit den Namen dieser Personen im Computer gespeichert und auch an allen Grenzen bekannt gegeben. Zu diesem Zeitpunkt habe der Beschwerdeführer erkannt, dass er nicht mehr in den Irak zurück könne.

Nach 2007 seien viele Personen in den Irak zurückgekehrt. Eine Person, die der Beschwerdeführer in Syrien kennengelernt und die ebenfalls im Irak im Atomprogramm gearbeitet habe, sei ebenfalls in den Irak zurückgekehrt. Jedoch habe man ihn direkt an der Grenze festgenommen und vier Tage später sei er tot gewesen.

Genauso sei es einem anderen Mann gegangen, der in XXXX in der Militäranlage tätig gewesen sei. Der Beschwerdeführer sei sich sicher gewesen, dass es ihm bei einer Rückkehr in den Irak genauso gehen würde.

Als der Beschwerdeführer auch in Syrien nicht mehr habe leben können, habe er sich dazu entschlossen, nach Europa zu kommen.

Persönlich sei der Beschwerdeführer im Irak nie bedroht worden, da er sofort ausgereist sei. Zudem sei es als Sunnit sehr schwer, sich im Irak zu bewegen. Überall seien die Schiiten und würden sie den Beschwerdeführer erwischen wollen, da er für die Atombehörde gearbeitet und dadurch Saddam Hussein unterstützt habe. Die Leute, die unter Saddam Hussein beim Militär oder bei der Sicherheit gearbeitet hätten, würden besonders bedroht. Die Familie des Beschwerdeführers lebe nach wie vor in Syrien.

Im Irak frage niemand mehr nach dem Beschwerdeführer. Jedoch sei sein Name an der Grenze bekanntgegeben worden und könne er aus diesem Grund nicht in den Irak einreisen.

Abschließend wurden dem Beschwerdeführer vom Bundesasylamt Feststellungen der Behörde zu seinem Heimatland ausgehändigt und er darauf aufmerksam gemacht, dass er hiezu binnen 2 Wochen Stellung nehmen könne.

Am 23.04., 25.04., 21.05, 29.05., 02.07. und 20.08.2013 wurden dem Bundesasylamt weitere ärztliche Unterlagen des Beschwerdeführers übermittelt.

2. Mit Bescheid vom 07.08.2014, Zl. 830265804/1623618 RD Oberösterreich, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden BFA) den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab;

gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Irak der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

(3)

Beweiswürdigend wurde vom BFA ausgeführt, dass die vom Beschwerdeführer der Asylbehörde präsentierte Fluchtgeschichte tatsächlich als zu blass, wenig detailreich und zu oberflächlich und daher keinesfalls als glaubhaft zu qualifizieren gewesen sei.

Der Beschwerdeführer habe sich auf abstrakte und allgemein gehaltene Darlegungen beschränkt und keine konkreten oder detaillierten Angaben machen können. Jedoch entspreche es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Menschen wie er, die für ihr Leben einschneidende Erlebnisse hinter sich haben, sich sehr wohl auch an Einzelheiten erinnern und diese lange Zeit nicht vergessen und verarbeiten können.

Vielmehr habe der Beschwerdeführer auf die allgemeinen Probleme zwischen Sunniten und Schiiten im Irak verwiesen. Diesbezüglich habe er jedoch selber ausgeführt, dass von diesen Problemen alle Menschen gleich schlimm betroffen gewesen seien und niemand gewusst habe, wer warum getötet worden sei, egal ob Sunnite oder Schiite, Christ oder Kurde.

Dass der Beschwerdeführer zuletzt in Syrien aufgrund der Bürgerkriegssituation keine Sicherheit mehr gehabt habe, sei zwar nachvollziehbar, jedoch habe er nicht glaubhaft darlegen können, wieso er nicht in den Irak zurückkehren könne. So habe der Beschwerdeführer angeführt, dass es bereits 2007 ein Abkommen zwischen Syrien und dem Irak gegeben habe und viele Leute in den Irak zurückgekehrt seien. Aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage im Irak sei es zwar nachvollziehbar, dass auch Leute, die aus Syrien zurückgekehrt seien, in weiterer Folge im Irak getötet worden seien, jedoch sei es durch keine konkreten Hinweise belegt, dass es sich dabei vermehrt um Personen aus dem ehemaligen Atomprogramm des Irak handeln würde.

Aufgrund der derzeitigen Lage im Irak seien dem Beschwerdeführer jedoch der Status des subsidiär Schutzberechtigten und gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen gewesen.

Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 11.08.2014 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG dem Beschwerdeführer amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

3. Der bekämpfte Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 18.08.2014 ordnungsgemäß durch Hinterlegung zugestellt, wogegen mit Schreiben vom 25.08.2014 fristgerecht Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I erhoben wurde.

Eingangs führte der Beschwerdeführer aus, dass er den angefochtenen Bescheid der Erstbehörde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens aufgrund fehlerhafter bzw. unzureichender Ermittlungen und mangelhafter Beweiswürdigung bekämpfe.

Weiters brachte er vor, dass er sowohl im Rahmen seiner Erstbefragung als auch seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt umfassende, detailreiche und schlüssige Angaben zu seinen Fluchtgründen gemacht und auch ein äußerst relevantes Beweismittel, nämlich das UNHCR Refugee Certificate, vorgelegt habe, welches bestätige, dass er im Falle einer Rückkehr in den Irak einer Bedrohung des Lebens oder seiner Freiheit ausgesetzt wäre und, dass ihm vom UNHCR der Status des anerkannten Flüchtlings gewährt worden sei.

Hätte die Behörde ein ordentliches Ermittlungsverfahren durchgeführt und eine richtige Beweiswürdigung getätigt, wäre sie zu der Feststellung gelangt, dass der Beschwerdeführer im Irak sowohl aufgrund der (ihm unterstellten) politischen Gesinnung als auch der Zugehörigkeit zur Volksgruppe bzw. der Religion der Sunniten einer asylrelevanten Verfolgung iSd GFK ausgesetzt sei. Selbst wenn es sich bei seinen Verfolgern um nichtstaatliche Akteure handle, sei der irakische Staat weder willens noch in der Lage, ihn vor diesen Verfolgern zu schützen. Auch sei eine innerstaatliche Fluchtalternative für den Beschwerdeführer nicht gegeben.

Weiters wurde vom Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt, sowie der Beschwerde zahlreiche, zum Teil bereits vorgelegte Unterlagen, beigefügt.

4. Mit Schreiben vom 30.11.2014 gab der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers das Vollmachtsverhältnis bekannt und ersuchte um baldige Durchführung einer Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesasylamtes.

(4)

2. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

2.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss. Gemäß Abs. 3 sind auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.

2.2. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B- VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z2).

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs.

1 Z 1 B-VG wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

2.2.1. Bisherige Judikatur zu § 66 Abs. 2 AVG

(5)

Bis zum 31.12.2013 war es dem Asylgerichtshof und davor dem Unabhängigen Bundesasylsenat gemäß § 66 Abs. 2 AVG möglich, den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückzuverweisen, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft war, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erschien. Abs. 3 leg. cit. legte fest, dass der Asylgerichtshof die mündliche Verhandlung und unmittelbarer Beweisaufnahme auch selbst durchführen konnte, wenn hiermit eine Ersparnis an Zeit und Kosten verbunden war.

Diesbezüglich hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnissen vom 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315 und Zl.

2000/20/0084, grundsätzliche Ausführungen zur Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG im Asylverfahren im Allgemeinen und durch den Unabhängigen Bundesasylsenat im Besonderen getätigt. Dabei hat er im letztgenannten Erkenntnis insbesondere ausgeführt, dass bei der Abwägung der für und gegen eine Entscheidung gemäß § 66 Abs. 2 AVG sprechenden Gesichtspunkte auch berücksichtigt werden muss, dass das Asylverfahren nicht nur möglichst kurz sein soll. Der Gesetzgeber hat zur Sicherung der Qualität des Asylverfahrens einen Instanzenzug vorgesehen, der zum Unabhängigen Bundesasylsenat und somit zu einer gerichtsähnlichen, unparteilichen und unabhängigen Instanz als besonderem Garanten eines fairen Asylverfahrens führt. Es kommt dem Unabhängigen Bundesasylsenat in dieser Funktion schon nach der Verfassung die Rolle einer "obersten Berufungsbehörde" (Art. 129c Abs. 1 B-VG) zu. Diese wird aber ausgehöhlt und die Einräumung eines Instanzenzuges zur bloßen Formsache degradiert, wenn sich das Asylverfahren einem eininstanzlichen Verfahren vor der Berufungsbehörde nähert, weil es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen sachgerecht einzugehen und brauchbare Ermittlungsergebnisse in Bezug auf die Verhältnisse im Herkunftsstaat in das Verfahren einzuführen.

Im bereits zitierten Erkenntnis vom 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084, sowie im Erkenntnis vom 22.12.2002, Zl.

2000/20/0236, weist der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass - auch bei Bedachtnahme auf die mögliche Verlängerung des Gesamtverfahrens - eine ernsthaft Prüfung des Antrages nicht erst bei der "obersten Berufungsbehörde" beginnen und zugleich bei derselben Behörde enden solle. Ein Vorgehen gemäß § 66 Abs. 2 AVG ermöglicht es daher, dem Abbau einer echten Zweiinstanzlichkeit des Verfahrens und der Aushöhlung der Funktion des unabhängigen Bundesasylsenates als Kontrollinstanz entgegenzuwirken.

2.2.2. Aktuelle Judikatur zu § 28 Abs. 3 VwGVG

In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass kürzlich mit Erkenntnis des VwGH vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, zur Sachentscheidungspflicht des Verwaltungsgerichtes ausgeführt wurde, dass die nach § 28 Abs. 3 VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme zur grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte darstellt. Das in § 28 VwGVG verankerte System verlange im Sinne der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird.

Im angeführten Erkenntnis des VwGH wird diesbezüglich ausgeführt:

"Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden [...]".

2.3. Der Beschwerdeführer brachte als Grund für das Verlassen seines Herkunftsstaates zusammengefasst vor, dass er in der alten irakischen Regierung unter Saddam Hussein in einem Labor für die Atombehörde tätig gewesen sei. Nach dem Sturz des Saddam Regimes sei er aufgrund dieser Tätigkeit, weil man ihm unterstellt habe, dadurch Saddam unterstützt zu haben und aufgrund seiner sunnitischen Religionszugehörigkeit, gefährdet gewesen. Aus diesem Grund sei der Beschwerdeführer im Jahr 2006 mit seiner Familie nach Syrien ausgereist.

Das BFA erachtete dieses Fluchtvorbringen als unglaubwürdig und begründete dies im Wesentlichen mit den oberflächlichen bzw. widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers.

Dabei wurde vom BFA jedoch nicht das gesamte Vorbingen des Beschwerdeführers zu seinem Vorbringen berücksichtigt bzw. in seine Beurteilung miteinbezogen. Wenn jedoch nicht das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers berücksichtigt wird, führt dies wiederum dazu, dass die Beweiswürdigung unschlüssig ist und das Verfahren mit einem Mangel belastet wird.

(6)

So gab der Beschwerdeführer an, dass er mit seiner Familie wegen der gefährlichen Situation im Irak im Jahr 2006 nach Syrien ausgereist sei. Diesbezüglich wurde von ihm auch ein Schreiben von UNHCR in Vorlage gebracht, in dem das Büro des UN - Hochkommissariats für Flüchtlingsangelegenheiten bestätigt, dass der Beschwerdeführer vom Kommissariats - Büro in XXXX als Flüchtling anerkannt wurde.

Zwar wird diese UNHCR - Bestätigung im gegenständlich angefochtenen Bescheid als vom Beschwerdeführer in Vorlage gebrachtes Beweismittel angeführt (AS 217), jedoch wird dieses Beweismittel vom BFA in weiterer Folge nicht weiter berücksichtigt bzw. der Umstand, dass der Beschwerdeführer über ein derartiges UNHCR Refugee Certificate verfügt, nicht mehr erwähnt.

In der gegenständlichen Beschwerde wurde vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang moniert, dass der er betreffend sein Fluchtvorbringen auch ein äußerst relevantes Beweismittel, nämlich ein Refugee Certificate vom UNHCR vorgelegt habe, welches bestätige, dass er im Falle einer Rückkehr in seinen Heimatstaat einer Bedrohung des Lebens oder seiner Freiheit ausgesetzt wäre und dass ihm vom UNHCR der Status des anerkannten Flüchtlings gewährt worden sei.

Angesichts des Umstandes, dass hinsichtlich dieses Beweismittels keinerlei Ausführungen im gegenständlich angefochtenen Bescheid getroffen wurde, kann der Argumentation in der Beschwerde nichts entgegengesetzt werden.

Des Weiteren kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass seitens des BFA ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt wurde und hat es nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes den entscheidungswesentlichen Sachverhalt für die Beurteilung der (Un-)Glaubwürdigkeit nicht ausreichend ermittelt.

Des Weiteren hat es das BFA unterlassen, dem Beschwerdeführer vor Erlassung der Entscheidung aktuelle Länderfeststellungen zur Kenntnis zu bringen. Vielmehr beschränkte man sich darauf, die im Rahmen der niederschriftlichen Befragung am 16.04.2013 vorgehalten Länderfeststellungen als Grundlage für die Entscheidung heranzuziehen. Angesichts der fragilen Sicherheitslage im Irak stellt dies jedoch keine tragfähige Basis für eine Entscheidung dar.

Ohne die aufgezeigten Feststellungen kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer tatsächlich keine Verfolgungsmaßnahmen seitens des irakischen Staates zu befürchten hat und sind angesichts der aufgezeigten, bisher mangelhaften Ermittlungen die Ausführungen des BFA auch nicht geeignet, eine nachvollziehbare und schlüssige Begründung für seine Annahme zu liefern. Insofern erweist sich das Verfahren als mangelhaft.

Im fortgesetzten Verfahren wird sich das BFA daher eingehend mit dem vom Beschwerdeführer vorgelegten UNHCR Refugee Certificate bzw. dem Aufenthalt des Beschwerdeführers in Syrien auseinanderzusetzen und auch den Beschwerdeführer diesbezüglich neuerlich zu befragen haben, zumal aus dem Protokoll der bisherigen Einvernahme nicht hervorgeht, dass dieser Themenkreis mit dem Beschwerdeführer bereits eingehend erörtert wurde. Auch sind dem Beschwerdeführer aktuelle Länderfeststellungen zur Kenntnis zu bringen. Im Anschluss an diese nachzuholenden Ermittlungstätigkeiten wird das BFA das Ermittlungsergebnis einer schlüssigen Beweiswürdigung zu unterziehen bzw. auch in Verbindung zum bisherigen Vorbringen des Beschwerdeführers zu setzen haben.

Da im gegenständlichen Fall das den Kern des Vorbringens betreffende Ermittlungsverfahren vor das Bundesverwaltungsgericht verlagert wäre, käme das einem unerwünschten Abbau der Zweiinstanzlichkeit des Verfahrens gleich, weshalb sich unter Berücksichtigung der oben dargestellten Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes und unter Effizienzgesichtspunkten eine Heranziehung des § 28 Abs. 2 Z 2 VwGVG verbietet.

Im gegenständlichen Fall hat das BFA, wie oben dargestellt, essentielle Ermittlungen unterlassen, weswegen im gegenständlichen Fall im Sinne der aktuellen Rechtsprechung des VwGH zu § 28 Abs. 3 VwGVG davon auszugehen ist, dass genau solch gravierende Ermittlungslücken vorliegen, die eben zur Zurückverweisung an die Verwaltungsbehörde (BFA) berechtigen, zumal das Vorliegen einer (asylrelevanten) Verfolgung des Beschwerdeführers iSd GFK nicht beurteilt werden kann, ohne sich mit dem gesamten entscheidungsrelevanten Sachverhalt auseinandergesetzt zu haben.

Von diesen Überlegungen ausgehend ist daher im gegenständlichen Fall das dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG eingeräumte Ermessen im Sinne einer kassatorischen Entscheidung auszuüben und das Verfahren spruchgemäß an das BFA zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.

(7)

2.4. Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Wie sich aus der oben wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt, besteht zur Frage der Anwendbarkeit des § 28 Abs. 3 VwGVG eine Rechtsprechung. Die vorliegende Entscheidung weicht von dieser Rechtsprechung auch nicht ab.

Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.

European Case Law Identifier ECLI:AT:BVWG:2014:L514.2011641.1.00

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