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Klassische Theoretische Physik I WS 2018/2019
Prof. Dr. J. Schmalian Blatt 5
M. Hecker, E. Kiselev und Dr. R. Willa L¨osungsvorschlag
1. Integrale (3 + 7 + 8 + 7 = 25 Punkte)
Die Hyperbelfunktionen ’sinus hyperbolicus’ und ’cosinus hyperbolicus’ sind defi- niert als
sinh(x) = 1
2(ex−e−x), cosh(x) = 1
2(ex+e−x).
(a) Wir berechnen
cosh2(x)−sinh2(x) = 1
4[2 + 2] = 1. Die Ableitungsrelationen ergeben sich sofort nach Einsetzen, zB
d
dxsinh(x) = 1
2(ex+e−x) = cosh(x).
(b) Wir finden die Umkehrfunktion indem wir y ≡ sinh(x) setzen und nach x(y) aufl¨osen.
y= 1
2(ex−e−x) 0 =e2x−2yex−1 0 =µ2−2yµ−1 µ±=y±p
y2+ 1
Daµ=ex>0 bleibt nur die positive (+) L¨osung ¨ubrig. Also finden wir
x(y) = ln y+p
y2+ 1
≡arsinh(y). (c) Mit partieller Integration berechnen wir
Z
dxcos2(x) = sin(x) cos(x)− Z
dx sin(x)(−sin(x))
= sin(x) cos(x) + Z
dx(1−cos2(x))
→ 2 Z
dxcos2(x) = sin(x) cos(x) +x
→ Z
dxcos2(x) = 1
2sin(x) cos(x) + 1 2x
= 1
4sin(2x) +1 2x ,
Z
dxcosh2(x) = sinh(x) cosh(x)− Z
dxsinh2(x)
= sinh(x) cosh(x)− Z
dx(cosh2(x)−1)
→ 2 Z
dxcosh2(x) = sinh(x) cosh(x) +x
→ Z
dxcosh2(x) = 1
2sinh(x) cosh(x) +1 2x
= 1
4sinh(2x) + 1 2x . (d) Wir berechnen das Integral
Z b
a
√ dx
c2+x2 =
˜ x=xc
d˜x dx = 1
c
= c
|c|
Z b/c
a/c
d˜x
√1 + ˜x2 =
˜ x=sinh(y)
d˜x
dy = cosh(y)
= c
|c|
Z arsinh(b/c) arsinh(a/c)
dy cosh(y) q
cosh2(y)
= sign(c)
Z arsinh(b/c) arsinh(a/c)
dy
= arsinh( b
|c|)−arsinh( a
|c|).
Im letzten Schritt haben wir verwendet, dass der arsinh(−x) = −arsinh(x) eine ungerade Funktion ist, und dementsprechend sign(c) arsinh(xc) eine gerade Funktion in c. Mithilfe des Logarithmus aus Aufgabe 1(b) k¨onnte man das Ergebnis noch weiter umschreiben.
2. Konservative Kr¨afte (6 + 6 + 17 + 6 = 35 Punkte) Gegeben seien die beiden Kraftfelder
F+(r) =D
y x 0
F−(r) =D
y
−x 0
,
mit positiven Kraftkonstanten D, κ >0.
(a) F¨ur konservative Kr¨afte gilt rot(F)≡ ∇ ×F = 0. Wir finden
∇ ×F+ =D
d dxd dyd dz
×
y x 0
=
0 0 1−1
=0,
∇ ×F− =D
d dxd dy d dz
×
y
−x 0
=
0 0 1 + 1
6=0.
Offenbar beschreibtF−keine konservative Kraft. In Abbildung 1b) sehen wir auch wie man eine endliche Rotation (rot(F)) grafisch verstehen k¨onnen- die Funktion hat Wirbel.
Das PotentialU zuF+nachF =−grad(U)≡ −∇U bestimmen wir am einfachsten durch Ausprobieren. Es ergibt sich, dassU =−D xy.
(b) Siehe Abbildung 1.
-1.0 -0.5 0.0 0.5 1.0 -1.0
-0.5 0.0 0.5 1.0
-1.0 -0.5 0.0 0.5 1.0
-1.0 -0.5 0.0 0.5 1.0
x y
(ii) (ii)
(i) (i)
Abbildung 1:F+links undF− rechts. In rot eingezeichnet ist die Trajektorie des Teilchens aus Aufgabe 3.
(c) In dieser Aufgabe wollen wir Wegintegrale W =R
Cdr·F(r) berechnen. Zun¨achst stellen wir fest, dass beide Kraftfelder entlang derx- und y- Achsen senkrecht zur jeweiligen Achse zeigen, und damit verschwindet das Skalarprodukt im Wegintegral.
Also k¨onnen alleinig die Kreisb¨ogen zum Wegintegral beitragen. Wir parametrisie- ren den Inegrationsweg mitr(t) =a(cos(t),sin(t),0) mitt∈(ta, tb) und berechnen (im Folgenden vernachl¨assigen wir die z-Komponente, da sie sowieso 0 ist.)
Z tb
ta
dt dr
dt ·F±(r) = Z tb
ta
dt a
−sin(t) cos(t)
·F±(acost, asint) (1)
= Z tb
ta
dt a
−sin(t) cos(t)
·Da
sin(t)
±cos(t)
=Da2 Z tb
ta
dt −sin2t±cos2t
(2)
=Da2
(−tb+ta+ 212(tb−ta) + 214(sin(2tb)−sin(2ta)) ,f¨ur +
−tb+ta ,f¨ur−
=Da2 (1
2(sin(2tb)−sin(2ta)) ,f¨ur +
−tb+ta ,f¨ur− . (3) Betrachten wir zun¨achst F+, so finden wir
W(i)+ = Z π
4
0
dt dr
dt ·F+(r) = 1 2Da2 W(ii)+ =
Z π
4
π 2
dt dr
dt ·F+(r) = 1 2Da2 . F¨urF− ergibt sich
W(i)− = Z π
4
0
dt dr
dt ·F−(r) =−π 4Da2 W(ii)− =
Z π
4
π 2
dt dr
dt ·F−(r) = π 4Da2 .
Wir stellen fest, dassW(i)+,W(ii)+ undW(ii)− positiv sind, d.h. das Kraftfeld verrichtet Arbeit. Schaut man sich die Wege (i) und (ii) in Abb.1 an, sieht man, dass man sich in den drei F¨allen “mit dem Kraftfeld” bewegt hat. Nur inW(i)− war der Pfad entgegen des Kraftfeldes, und dementsprechend wird Arbeit gegen das Kraftfeld verrichtet. Auch die unterschiedlichen Betr¨age |W−| > |W+| lassen sich am Bild verstehen. Entscheidend ist das Skalarprodukt zwischen dem Weg und dem Kraftfeld dr·F. Im Falle vonF− zeigt die Kraft an jedem Punkt parallel zur Wegrichtung;
f¨urF+ widerum wird nur ein Teil der Kraft in die Wegrichtung projiziert.
(d) Unter Verwendung des PotentialsU(x, y, z) =−D xy(welches zuF+geh¨ort) erh¨alt man mitA= √a
2(1,1,0) ebenfalls W+=
Z A 0
dr·F+ =− Z A
0
dr· ∇U =−U(A) +U(0) =Da2
2 . (4)
3. Teilchen im Kraftfeld F+ (4 + 6 + 7 + 8 = 25 Punkte) Gegeben sei ein Teilchen der Masse m, welches sich in dem Kraftfeld F+(r) (siehe vorige Aufgabe) bewege.
(a) F¨ur das Teilchen im KraftfeldF+ lauten die Newton‘schen Bewegungsgleichungen m¨r = F+ oder in Komponentenschreibweise (wir vernachl¨assigen fortan die z- Komponente.)
¨ x
¨ y
¨ z
=ω02
y x 0
, (5)
mitω02= Dm.
(b) Wir berechnen zun¨achst Geschwindigkeit und Beschleunigung r(t) = 1
2ω0
−sin(ω0t) + sinh(ω0t) sin(ω0t) + sinh(ω0t)
, (6)
˙
r(t) = 1 2
−cos(ω0t) + cosh(ω0t) cos(ω0t) + cosh(ω0t)
, (7)
¨
r(t) = ω0
2
sin(ω0t) + sinh(ω0t)
−sin(ω0t) + sinh(ω0t)
. (8)
Setzt man nun (6) und (8) in (5) ein, sieht man sofort, das die Gleichung erf¨ullt ist.
Die Anfangsbedingungen lauten
r(0) =0, r(0) =˙ 0
1
.
(c) Entwickeln wir die Bahnkurve f¨ur kleine Zeiten finden wir r(t)tω
−1
≈0 1 2ω0
1
3(ω0t)3 2ω0t
= 1 ω0
1
6ω30t3 ω0t
.
Da (ω0t)3 ω0tbewegt sich das Teilchen zun¨achst entlang der positiven y-Achse, und wird allm¨ahlich in die positive x-Richtung abgelenkt. F¨ur grosse Zeiten ist der eω0t im sinh(ω0t) dominierend, und das Teilchen bewegt sich entlang der ersten Diagonalen ,
r(t)tω
−1
≈0 eω0t 4ω0
1 1
.
Tats¨achlich oszilliert das Teilchen dank des sin(ω0t) -terms noch um diese Diagonale.
Die resultierende Trajektorie ist in Abb.1(a) eingezeichnet. Man erkennt gut, wie das Teilchen im Kraftfeld beschleunigt wird.
(d) Den Zeitpunktt1 erhalten wir aus
x(t1) =y(t1)
−sin(ω0t1) + sinh(ω0t1) = sin(ω0t1) + sinh(ω0t1) 0 = 2 sin(ω0t1),
und damit finden wirt1 = ωπ
0. Daraus ergibt sich sofort r(t1) = sinh(π)
2ω0
1 1
, r(t˙ 1) = 1 2
1 + cosh(π)
−1 + cosh(π)
. (9)
F¨ur den Anstieg an kinetischer Energie finden wir
∆T =T(t1)−T(t= 0) = m
2 r˙2(t1)−m 2r˙2(0)
= m 8
2 + 2 cosh2(π)
− m 2
= m 4
cosh2(π)−1
= m
4 sinh2(π).
Um den Wert mit der vom Kraftfeld verrichteten Arbeit zu vergleichen, m¨ussen wir nur den Punkt r(t1) aus (9) mit dem Punkt A = √a
2(1,1,0) aus Aufgabe 2 gleichsetzen. Offenbar mussa= sinh(π)√
2ω0 gelten. Mit (4) ergibt sich dann f¨ur die vom Feld verrichtete Arbeit
W+= D 2
sinh2(π) 2ω20 = m
4 sinh2(π).
Die vom Feld verrichtete Arbeit wurde also in kinetische Energie des Teilchens umgewandelt.
Zusatz: Die Differential-Gleichung (5) kann geschickt entkoppelt werden, indem man neue (gedrehte) Koordinaten einfuehrt,
w± =x±y, w¨±= ¨x±y.¨ Addiert und subtrahiert man nun die Gleichungen (5), so erhaelt man
¨
w+−ω02w+= 0
¨
w−+ω02w−= 0.
Die untere Gleichung beschreibt einen harmonischen Oszillator und wird durchw−(t) = c0sin(ω0t) +c1cos(ω0t) geloest. Die Loesung der oberen Gleichung lautet w+(t) = c2sinh(ω0t) +c3cosh(ω0t). Setzen wir nun die Anfangsbedingung r(0) = 0, was sich
uebertraegt aufw±(0) = 0, ein, erhalten wir sofortc1=c3= 0. Mit der Anfangsbedin- gung ˙r(0) = (0,1) erhaelt man fuer ˙w+(0) = 1 und damitc2 = ω1
0, und fuer ˙w−(0) =−1 und damitc0 = −1ω
0. Setzt man alles zusammen ergibt sich x(t) = 1
2(w++w−) = 1
2ω0 (sinh(ω0t)−sin(ω0t)) y(t) = 1
2(w+−w−) = 1
2ω0 (sinh(ω0t) + sin(ω0t)) .
4. Teilchen im Potential (15 Punkte)
Die Lagrange-Funktion L=T−U lautet in diesem Problem L= m
2r˙2+Dxy= m
2( ˙x2+ ˙y2+ ˙z2) +Dxy , und damit erhalten wir die Gleichungen
0 = d dt
∂L
∂x˙ −∂L
∂x = d
dt(mx)˙ −Dy=mx¨−Dy 0 = d
dt
∂L
∂y˙ −∂L
∂y = d
dt(my)˙ −Dx=my¨−Dx 0 = d
dt
∂L
∂z˙ −∂L
∂z = d
dt(mz) =˙ m¨z , die den Bewegungsgleichungen (5) entsprechen.