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Zur Entstehungsgeschichte des Purimfestes.
Von Brnno Meissner.
Bekaimtlich sind in jüngster Zeit häufiger Zweifel an der
Indigenität des Pmimfestes bei den Hebräem erhoben worden.
De Lagarde 1) leitete Purim aus dem Parwardlnfeste der Perser
her, während Zimmern*') den Ursprung desselben im babylonischen
Neujahrsfeste Zagmuk suchte. Gegen de Lagarde hat man
geltend gemacht, dass N'^Tne als ältere Porm von CTID nicht er¬
weisbar sei und dass die sachlichen Berührungen zwischen dem
persischen Farwardin- und dem hebräischen Purimfeste so gering¬
fügiger Natur seien, dass man lieber auf eine Identification ver¬
zichte.') Aber auch gegen Zimmerns Ansicht spricht trotz einiger
nicht wegzuleugnender Uebereinstimmungen manches, was einen
Zusammenhang zwischen beiden auszuschliessen scheint. Zuerst ist
die Zusammenstellung von O^IIC mit puhru jedenfalls von der
Hand zu weisen, da es kein Beispiel giebt, dass assyrisches h sich
verflüchtigt*) ; dann würde man erwarten, dass das assyrische Zag-
mukfest (= Anfang des Jahres) auch im Hebräischen als Ueujahrs-
fest erscheine, und schliesslich lässt hinwiederam das Praevaliren
der Esther bei dem Purim in dem babylonischen Cultus eher auf
Pest der Istar als des Marduk scbliessen. 5)
Indess darf man andererseits nicht vergessen, dass die uns
erhaltenen Beschreibungen des babylonischen Neujahrsfestes sämmt¬
lich priesterlichen Verfassern entstammen, welche genau seinen Ur¬
sprung und seine mythologischen Beziehungen zum Weltschöpfungs¬
mythus kannten. Die grosse Masse des Volkes dagegen wird von
den kosmogonischen, hier eine so grosse Eolle spielenden Vor¬
stellungen kaum eine Ahnung gehabt haben. Für sie waren das
1) Parim. Ein Beitrag zur Geschichte der Religion. Sonderabdruek ans dem 34. Bande der Äbh. d. k. Gesellsch. d. Wiss. zu Göttingen, 1887.
2) ZATW. XI, 157—169.
3) Nowack, Hebr. Arcb. II, 194ff.
4) Cornill, Einl. in d. AT.« 256; Jensen, ZA, X, 339.
6) Gunkel, Scböpfung u. Chaos, 309—314.
Meittner, Zur ErUttehungsgeechkhU des Purimfestes. 297
Ruhen von der Arbeit, die prachtvollen Processionen und all der
Mummenschanz, der dabei getrieben wurde, die Hauptsache; um
die wahre Bedeutung der Pesttage werden die alten Babylonier
sich ebensowenig den Kopf zerbrochen haben, wie unsere Lands¬
lente z. B. über die Entstehung von Ostem und Pfingsten. Man
wird deshalb mit dem Umstände rechnen müssen, dass das Fest
sich in späterer Zeit im Volksleben vielfach weiter entwickelt haben
kann, und damit vielleicht einige Abweichungen zwischen Zagmnk
und Purim erklären können , während Uebereinstimmungen unter
diesen Umständen um so schwerer in's Gewicht fallen.
Wie das Volk die Zagmukfeier auffasste, geht aus einem Frag¬
mente des Berossus hervor, welches uns bei Athenaeus XFV, 639 C^)
erhalten ist ; denn dass dort 2dxaia *) (mit Varianten) = Zagmuk,
Sagmuk, Zammuk sei, scheint sicher zu sein: Br/Quaog &iv ngcir^
BaßvXutvtaxibv T<p Awtp <fii<si fitjvi ixxaiStxdrt] äyta&ai iogrily
2ax£av ngoaayo^vofiivriv iv BaßvXüvi kni v^igag nivre, tv
als 'i9os tlvM agj^ta&ai Toiig Seanörag ino rüv olxsrtäv, aqpi?-
yeJa&ai rt rrje oixiag Svcc avTwv kvSeSvxöra aroir^v hfioiav
TT/ ßaaii-iXT), ov xai xaleia&ai, ^uydvrjv. MvTjfutvevu r^g iog-
Tr]g xai KTrjalag iv Sevrigip ütgaixtUv.
Der Umstand, dass Berossus die Sakaeen im ersten Buch
seiner BaßvXwvtaxä erwähnt, lässt darauf scbliessen, dass er ihren
Zusammenhang mit der Göttergeschichte kannte und die Einsetzung
derselben jedenfalls direet hinter dem Kampfe zwischen Marduk
und der Tiamat erzählt hat.') Sonst ist jedoch in dem ims er¬
haltenen Fragmente keine die Bedeutuhg des Festes klarstellende
Bemerknng mehr übrig geblieben*); das Volk interessirten eben
nur die hinzukommenden Festlichkeiten, und Athenaeus, welcher
diese Nachricht sicherlich nicht direet aus Berossus schöpfte, fand
1) Teröffentlicht'von C. MUller, FHG. 11,495.
2) Zum Sakäenfeste vgl. betonders Hovers, Phoen. I, 480 9.; Ed. Hey«r,
Gesch. d. Alt. I, § 463. Die Arbeit ron Hammer in deu 'Wiener Jahr-
bächern IX, 43; X, 249 ist mir nicht zugtngUch. Hovers setzt .Silxata flilschlich = nisp an. — Ausser diesem Festa wird, so weit ich sebe, nur noch ein babylonisch-assyrisches Fest in* der classischen Litteratnr namentlich erwähnt, Batäyie, eogtrj naga 'Aaevfiott , o>e yliafv 6 'AlaßavStiit iv Tfix(f, bei Hesychius.
3) So artheilt Hovers a. a. 0. 482, der Seiden, De diis Syri» p. 346 citirt, richtig gegen C. Httller; dieser bemerkt unberechtigter Weise: Pro iv npaizq) vereor ne scribendum sit iv iQitqf.
4) Dass Berossus selbst nicht mebr über die Entstehung desselben ge¬
wusst und in seinen BaßvXaivtaxel gegeben habe, ist nicht anzunehmen, aber seine Aussclireiber werden, wie so häufig, gerade das wichtigste übergangen haben. — Dass übrigens das Datum des Festes, der 16. Loos (= Juli},'nieht zum Zagmnk und Purim stimmt, kann nicht gegen die Identification sprechen.
Berossos' Honatsangaben scheinen überhaupt nicht sehr zuverlässig gewesen zu sein. Die Sintflut beginnt nach Berossos am 15. Daesius (Hai), während sie nach dem keilinschriftlichen Bericht doch wohl im Schebat (November) stattfand.
298 Meissner, Zur Entste/iungsgeschichte des Purimfestes.
in seiner Quelle das wichtigste schon nicht mehr , sondern nur die
Accidentien. 1)
Haben diese aber nicht eine auffallende Aehnlichkeit mit den
Feierlichkeiten an den Tagen der Lose? Hier wird ein Sciave
mit königlichem Pompe angekleidet und hat fünf Tage lang unter
dem Titel eines ^töyavjjg*) Gewalt über die Herren^) , dort ant¬
wortet Haman dem Könige (Esther 6, 7 ff.): „Den Mann, den der
König gern wollte ehren, soll man herbringen, dass man ihm könig¬
liche Kleider anziehe , die der König pflegt zu tragen , und das
Ross, da der König auf reitet, und dass man die königliche Krone
auf sein Haupt setze; und man soll solches Kleid und Ross geben
in die Hand eines Fürsten des Königs, dass derselbe den Mann
anziehe, den der König gern ehren wollte, und führe ihn auf dem
Ross in der Stadt Gassen, und lasse rufen vor ihm her: So wird
man thun dem Manne, den der König gern ehren wollte. Der
König sprach zu Haman: EUe und nimm das Kleid und Ross, wie
du gesagt hast, und thue also mit Mardachai dem Juden (d. h. dem
Angehörigen einer niederen Gesellschaftsklasse), der vor dem Thor
des Königs sitzt; und lass nichts fehlen an allem, das du ge¬
redet hast'.
Bei dem grossen Feste des Jahresanfangs hat sich also die
auch sonst auftretende Gewohheit herausgebüdet, dass in diesen
Tagen die Standesunterschiede aufhören, ja umgekehrt werden, und
die Sclaven ähnlich wie bei den SatumaUen in Rom. über ihre
Herren herrschten, um sich eventuell für erlittene Unbilden ent¬
schädigen zu können. Die Juden lernten in ihrer Gefangenschaft
dieses Fest kennen, das für sie zu einem Feste der Rache an ihren
Peinigem wurde, und brachten es aus dem Exil nach ihrer Heimat
zurück.*) Die Berührang zwischen beiden Berichten ist zu enge,
als dass man einen Zusammenhang zwischen ihnen leugnen könnte.
1) Aach Herodot I, 183 redet nur tou grossen Opfern am Feste des Bei (eni 8i tov /tsi^ofoi ßiu/toi xai xarayi^ovoi Xißavioroi xl^'" taHavTit Ihios ixäarov ol XnlSalot tots iniäv tijV iogxriv äymat r<p &etp tovrrp).
8) Am wahrscheinlichsten ist dieses ^toydvrit assyrischem iaknu, hebr.
130 gleichzusetzen, wenngleich ^ ^ D befremdlich ist. Movers' (a. a. 0. 486) Erkl&mng durch *K331T „der mit einem t<31T-Kleide angekleidete" ist natür¬
lich von der Band zn weisen. Ob nicbt äöttydrrit (Folyb. V, S4), das dort als Name eines Hagistratscollegiums in Seleucia am Tigris vorkommt, in ^wyävris zu emendiren ist? Vgl. dazu Pauly-Wissowa, Realenc. s. v.
3) Dass gerade bei babylonischen Festen zuweilen die Standesunterschiede aufhören, wissen wir schon ans Oudea B Col. VH, 26 ff. : „Als er E-ninnü, sein geliebtes Haus, erbaut hatte, lösste er den Sinn, wusch er die Hände. Sieben Tage lang ward Kom nicbt gemahlen, war die Hagd ihrer Herrin gleich, ging der Knecht seinem Herm zuf Seite, wohnte in meiner Stadt der Starke(?) dem Schwachen zur Seite;" s. Jensen, KB. HI, 40; Meissner, De serv. bab.-ass. 3.
4) Eventuell lemten sie es erst später (etwa im zweiten Jahrhundert V. Chr.) durch Olaubensgenossen aus der Diaspora kennen, denn die erste sichere Erwähnung des Purims findet steh erst II. Hak. Ifi, 36: npo fttät tl/ii(at lijs Magäoxatxijs i/ftefas.
Meüsner, Zur Entstehungsgeschichte des I\irimfestes. 299
Von den Babyloniern muss dieses im Volke so populäre Pest
jedenfalls sebr früh zu den Persem gekommen sein.*) Ktesias er¬
wähnt es auch, wie man aus der oben angefiihrten Stelle des Be¬
rossus ersehen kann; leider ist aber seine genauere Beschreibung
in seinen Pragmenten nicht erhalten. Nähere Nachrichten über
dasselbe finden wir erst bei Strabo (XI, 511/12), die jedenfalls
zeigen, dass die Peier der Sakaeen immer weitere Kreise zog und
sich allmählich über den grössten Theü des vorderen Orients ver¬
breitet hatte. Von ihrer Entstehung und der Entlehnung von den
Babyloniera weiss der griechische Geograph nichts mehr, vielmehr
werden sie durchweg mit dem Volksstamme der Saken zusammen¬
gebracht und als Pest der Sakenbesiegung angesehen.^) Nach der
zweiten, jedenfaUs sehr unhistorischen Tradition bei Strabo^) wäre
die Entstehungsgeschichte des Pestes folgende : Cyrus wird in einer
Schlacht gegen die Saken geschlagen und fiieht, lässt aber sein
ganzes Lager mit aUen Wein- und Speisevorräthen zurück, in der
Hofihung, dass hierdurch die Barbaren aufgehalten werden würden.
Diese HofiEnung trügt ihn auch nicht. Die Saken plündem das
Lager, berauschen sich an dem gefundenen Weine und werden von
dem zurückkehrenden Cyrus leicht überwunden. Zur Erinnerung
an diesen Sieg werden nun die Sakaeen eingesetzt, ioprrj ßaxj^sia
TIS pts^' VfliQcev xai vvxtcoq , Sitoxtvaafjiipwv axv&iarl , nivov-
Ttov äfia xai nkijxnCofiivuv ngog dlXi^kovg äfta re xai räg
avfinivovaag yvvaixag. Die ganze Erzählung ist, wie man sofort
sieht, nur der falschen Etymologie von 2äxai,a zu Liebe fabricirt
und nur werthvoll durch die am Schlüsse folgende Beschreibung
der Feier des Pestes. ■
Etwas weiter kommt man mit dem, was Strabo. an erster
SteUe über den Sakaeencult berichtet: iv Si xqj neSitp Ttirgav
Ttvd ngoaxeofA-ttTi, avfinlrigi/uaavrsg eig ßovvouSig axijfia ini-
^rixav Ttl^og xai to Trjg 'AvatriSog xai twv ayfißtifjuav &ewv
itgov iSgvaavTO, 'Sluavov*) xai 'jivaSärov^) ütgaixwv Saifiö-
v(ov, äntdei^ccv re navrjyvgiv xut ktog itgav, tu 2äxata, rjv
fi.ixgi' vvv iTiTtkovaiv oi rd ZijXa^) ü^ovreg • ovtw yag xakovat
1) Wie feine Politiker die persisclien Köniüe in dieser Beziehung waren, sieht man deutlich aus dem Cyruscylinder (VB. 35), wo er sich als babylonischer Pürst und Verehrer des Marduk aufspielt. Er und seine Nachfolger werden je'denfalls in keiner Weise, das sieht man, die Verschmelzung der babylonischen und persischen Religion gehindert baben.
2) Berossus hat woblgemerkt davon noch nicbts.
3) Ihn schreibt aus Eustatbius in seinem Commentar zum Dionysius Periegetes 749.
4) •= Vohumanö ; s. Windischmann, Zoroastr. Studien 257; de La¬
garde, Ges. Abh. 154; Purim 32.
5) = AmerettLJ s. ib. Windischmann und de Lagarde schlagen
vor 'AuavSdiov zu lesen.
6) Im 12. Buche (p. 559) spricht Strabo noch einmal von demselben Zela und ^gt dort, dass die Stadt auf einem von der Semiramis aufgeschütteten Hügel läge und sich dort ein Tempel der Anaitis befände; s. Windischmann,
300 Meittner, Zur ßntttehungtgeeeMchte det Purimfeetes.
tov ronov • ftrr» Si itgoSovXtov noktofiu ro nkiov. Vgl. noch
Hesychius s. v. 2axala nnd Stephanus von Byzanz s. v. Z^Xa.
Auch Diodor erwähnt (V, 77) die Artemis als Gottheit der
Perser und versichert, dass die Barharen his zu seiner Zeit fiir die
.persische Artemis Mysterien gefeiert hätten. Mit Berossus wiederum
stinunt eine Nachricht überein, welche uns Dio Chrysostomus in
der vierten Rede (Orationes ed. Dindorf p. 76) erhalten hat.
Am Sakäenfeste wird ein zum Tode verurtheilter Verbrecher auf
den Thron gesetzt nnd erhält königliche Kleidung. Er hat die Er¬
laubniss, so zu schlemmen, wie er wolle, und alles zu thun, was
ihm beliebt, sogar die königlichen Kebsweiber zu gebrauchen.
Jedenfalls sieht man, dass auch bei den Persem lauter Lärm,
Zechgelage und allerlei Lustbarkeiten gerade der unteren Schichten
der Bevölkerung den Hauptbestandtheil der Pestfeier bildeten. Was
aber wichtig ist für das Verständniss des Purim, ist der Umstand,
dass das babylonische Mardukfest') sich hier in ein Fest der Güttin
AnaYtis verwandelt hat, die der assyrischen Istar entspricht. Und
das ist auch von vomherein nicht unwahrscheinlich, wenn man be¬
denkt, dass an solchen Tagen der Preude die Liebesgöttin eine
hervorragende Rolle gespielt haben wird; vgl. Her. 1,196,199;
Baruch 6, 48 und die oben S. 299 erwähnte Notiz, dass auch Prauen
an den Zechgelagen theUnahmen.
Mit diesen von den klassichen Autoren durchweg ^dxma ge¬
nannten Feste ist jedenfaUs die Peier der Farwardigantage der ein¬
heimischen Perser identisch, d. h. der fünf Epagomenentage, welche
zwischen den Monaten Aban (Febrnar) und Adur (Mäi'z) lagen.')
Thomas Hyde belehrt nns (Veterum Persarum .... rdigionia
historia, 2. Ausgabe, Oxonn 1760 p. 266 f.), dass man dieses Fest*)
beging, indem man die besten Kleider anzog, Gastmähler feierte
und sich auf alle mögUche Weise vergnügte. Zuerst stimmt die
Fünfzahl der zu feiernden iTage auffallend mit der Angabe des
Berossus äberein,*) dann flült die Jahreszeit der Peier der Farwar-
dlnl»ge zusammen ihit der des Zagmuk- und Purimfestes in den
Frühlingsanfang, und schUessUch finden bei aUen vier Festen der
grosse Trubel, die festüche Kleidung, die opulenten Gastmähler
und die toUen Zechereien statt. Die Aehnlichkeit zwischen Zag-
Die pers. Anahita oder Anaitis in d. Abh. d. phil. bist. Classe der bayr. Acad.
d. Wiss. Bd. VIII (1858), 93. Das scheint wieder ein Hinweis darauf, dass dieses ganze Fest aus Babylonien stammte.
1) Ganz verschwand Hardnk nicht, wie man an Hardechai im Buche
Esther sieht, nur musste er die erste Stelle an die Istar abtreten.
2) Alblränl erwähnt in seiner Clironologie (ed. Sachau 319) anch ein persisches Fest der Loose am 16. Tage des Hiläl Tischrin; mangels anderer Angaben Iässt sich jedoch mit dieser Notiz nichts anfangen.
3) Farwardin hiessen nur die fSnf Epagomenentage; das eigentliche Fest hiess ^y£i.^^ ^^^j^ oier Ojj^a.
4) FQr die mangelhaften Monatsangaben des Berossus s. o. S. 297.
Meissner, Zur Entstehungsgeschichte des Purimfestes. 301
muk, Sakaia, Farwardin und Purim ist thatsächlich so gross, dass
Hyde, der natürlich von dem babylonischen Feste noch nichts
wissen konnte, schon die Identität der drei andern aussprach.')
Unter diesen Umständen gewinnt de Legardes Emendation
»""Tne für D'^nc, die durch die Transcriptionen cpgovgam und
qiovgSaia unterstützt wird, wieder an Wahrscheinlichkeit; die
Glosse bna ist indess noch ebenso unklar wie früher.
Ausser babylonischen und persischen Bestandtheilen hat Jensen-)
noch Züge im Purim finden woUen, welche den Elamitern entlehnt
seien. Er setzt Haman = I^umbaba, VaSti = MaSti und ZereS =
KiriSa. Unwahrscheinlich ist diese Annahme an und für sich nicht ;
denn die ganze Esthergeschichte spielt in Susa , und deshalb wird
jedenfalls nicht allein das Localcolorit dem Lande entlehnt sein,
wo die Geschichte passirt. Beweisen lässt sich das aber , so weit
ich sehe, noch nicht; denn die Identität von IJumbaba-Haman und
KiriSa-ZereS ist doch keineswegs zwingend, und bei der Gleichung
MaSti = VaSti ist wiederum zuerst die Weiblichkeit der Gottheit
Maäti noch zu erweisen. Deshalb wird man gut thun, hieraus noch
nicht zu weit gehende Schlüsse zu ziehen.
Man wird sich nach diesen Ergebnissen die Entstehungsge¬
schichte des Purimfestes etwa folgendermassen zu denken haben:
Das babylonische Zagmukfest hatte sich allmählich zu einem grossen
Volksfeste umgestaltet. ToUe Belustigungen, fröhliche Gelage und
allerlei Mummenschanz bildeten einen Hauptbestandtheil desselben.
Ausserdem hatte sich hierbei die auch sonst in Babylonien nach¬
zuweisende Sitte ausgebildet, die Sclaven für diese Tage nicht
nur als Freie zu betrachten, sondem ihnen sogar eine dominircnde
Stellung zuzuweisen. Ueber diesen Nebenumständen vergass man
vielleicht schon zur Zeit des babylonischen Eeiches die grosse Rolle,
welche Marduk hierbei ursprünglich spielte, und Istar, die Liebes¬
göttin, verdrängte ihn aUmählich aus seiner Position, sodass er sich
mit einer NebenroUe begnügen musste. Nach dem Falle Babels
übemahmen die. Perser dieses populäre Fest jedenfaUs ziemlich fräb-')
und verschmolzen es mit einem der ihrigen. Später verbreitete es
sich über den grössten Theil des vorderen Orients. Wohl in Susa,
wo noch einige elamitische Zuthaten hinzugekommen sein werden,
lemten die Juden das Fest kennen und hochschätzen, haben es dann
mit einigen specifisch jüdischen Zügen in matorem eorum gloriam
ausstafSrt und feiern es als Purim bis auf den heutigen Tag.
1) Er erklärt JSdxata allerdings fälschlich durch i^Lw J ^J** vergleicht er mit dem nri^73 des Ahasver im Buche Esther. Ihn haben also de Lagarde und Hammer zum Vordermann.
2) WZKM. 6, 47 ff.; 209 ff.
3) Man muss aUerdings bedenken, dass nach Berossus und den luschriften die Göttin Anaitis erst unter Artaxerxes eingeführt wurde; s. Ed. Meyer in Roschers Lexieon d. Myth. I, 331.
2 4 ~
302
Anzeigen.
Die neu-aramäischen Handschriften der König¬
lichen Bihliothek zu Berlin, in Auswahl herausgegeben,
übersetzt und erläutert von Mark Lidzbarski. Bd. 1,
Weimar 1896 (XXIX und 499 S. in 8"). Bd. 2, ib. eod.
(XII und 580 S. in 80). (A. u. d. T. Ergänzungsbefte zur
Zeitscbrift für Ass3rriologie. Semitische Studien hg, von
Carl Bezold. Heft 4—9.)
Skizze des Fellichi-Dialekts von Mosul von Eduard
Sachau. Aus den Abhh. d. Kgl. Pr. Akad.. d. Wiss.
zu Berlin vom Jahre 1895. Berlin 1895. (92 S. in 4.)
Or ammar of the dialect.» of vernacular Syriac as
spoken by the eastern Syrians of Kurdistan,
North- West Persia, and the plain of Mosul
by Arthur John Maclean. Cambridge 1895. (XIX
und 364 S. in 8».)
Als Sachau sich im Orient befand, wurde auf seine Veran¬
lassung eine Menge Erzählungen, Gedichte und Andres in neusyrischen
Dialecten von Einheimischen aufgeschrieben und zum grossen Theil
mit arabischer Uebersetzung versehen. Können solche Texte dem
Sprachforscher auch nicht die genauen Aufzeichnungen sorgfältiger europäischer Beobachter, namentlich aus dem Munde ganz ülitterater
Leute , ersetzen , so sind sie doch für unsere immer noch dürftige
Kenntniss dieser Dialecte sehr wichtig. Grade die Inconsequenz der
Schreibweise enthüllt uns manchmal den wahren Lautbestand. Dazu
haben einige dieser, jetzt der Kgl. Bibliothek in Berlin gehörenden,
Handschriften auch inhaltlich Werth. Wir sind daher, wie Sachau
für die Herstellung der Sammlung, so seinem Schüler Lidzbarski
sehr dankbar dafür, dass er uns aus jenen eine umfangreiche Aus¬
wahl giebt und sie mit deutscher Uebersetzung, einom Glossar und
erklärenden Anmerkungen versieht.
Voran steht eine Geschichte im Dialect des Tör 'Abdin, näm¬
lich die Erzählung vom weisen Haikär («J^. *.), mit dem arabischen
Original , aus dem sie übersetzt ist , daneben. Dieser Dialect , der
von dem östlichen stark abweicht, ist uns durch die Sammlung von