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296

Zur Entstehungsgeschichte des Purimfestes.

Von Brnno Meissner.

Bekaimtlich sind in jüngster Zeit häufiger Zweifel an der

Indigenität des Pmimfestes bei den Hebräem erhoben worden.

De Lagarde 1) leitete Purim aus dem Parwardlnfeste der Perser

her, während Zimmern*') den Ursprung desselben im babylonischen

Neujahrsfeste Zagmuk suchte. Gegen de Lagarde hat man

geltend gemacht, dass N'^Tne als ältere Porm von CTID nicht er¬

weisbar sei und dass die sachlichen Berührungen zwischen dem

persischen Farwardin- und dem hebräischen Purimfeste so gering¬

fügiger Natur seien, dass man lieber auf eine Identification ver¬

zichte.') Aber auch gegen Zimmerns Ansicht spricht trotz einiger

nicht wegzuleugnender Uebereinstimmungen manches, was einen

Zusammenhang zwischen beiden auszuschliessen scheint. Zuerst ist

die Zusammenstellung von O^IIC mit puhru jedenfalls von der

Hand zu weisen, da es kein Beispiel giebt, dass assyrisches h sich

verflüchtigt*) ; dann würde man erwarten, dass das assyrische Zag-

mukfest (= Anfang des Jahres) auch im Hebräischen als Ueujahrs-

fest erscheine, und schliesslich lässt hinwiederam das Praevaliren

der Esther bei dem Purim in dem babylonischen Cultus eher auf

Pest der Istar als des Marduk scbliessen. 5)

Indess darf man andererseits nicht vergessen, dass die uns

erhaltenen Beschreibungen des babylonischen Neujahrsfestes sämmt¬

lich priesterlichen Verfassern entstammen, welche genau seinen Ur¬

sprung und seine mythologischen Beziehungen zum Weltschöpfungs¬

mythus kannten. Die grosse Masse des Volkes dagegen wird von

den kosmogonischen, hier eine so grosse Eolle spielenden Vor¬

stellungen kaum eine Ahnung gehabt haben. Für sie waren das

1) Parim. Ein Beitrag zur Geschichte der Religion. Sonderabdruek ans dem 34. Bande der Äbh. d. k. Gesellsch. d. Wiss. zu Göttingen, 1887.

2) ZATW. XI, 157—169.

3) Nowack, Hebr. Arcb. II, 194ff.

4) Cornill, Einl. in d. AT.« 256; Jensen, ZA, X, 339.

6) Gunkel, Scböpfung u. Chaos, 309—314.

(2)

Meittner, Zur ErUttehungsgeechkhU des Purimfestes. 297

Ruhen von der Arbeit, die prachtvollen Processionen und all der

Mummenschanz, der dabei getrieben wurde, die Hauptsache; um

die wahre Bedeutung der Pesttage werden die alten Babylonier

sich ebensowenig den Kopf zerbrochen haben, wie unsere Lands¬

lente z. B. über die Entstehung von Ostem und Pfingsten. Man

wird deshalb mit dem Umstände rechnen müssen, dass das Fest

sich in späterer Zeit im Volksleben vielfach weiter entwickelt haben

kann, und damit vielleicht einige Abweichungen zwischen Zagmnk

und Purim erklären können , während Uebereinstimmungen unter

diesen Umständen um so schwerer in's Gewicht fallen.

Wie das Volk die Zagmukfeier auffasste, geht aus einem Frag¬

mente des Berossus hervor, welches uns bei Athenaeus XFV, 639 C^)

erhalten ist ; denn dass dort 2dxaia *) (mit Varianten) = Zagmuk,

Sagmuk, Zammuk sei, scheint sicher zu sein: Br/Quaog &iv ngcir^

BaßvXutvtaxibv T<p Awtp <fii<si fitjvi ixxaiStxdrt] äyta&ai iogrily

2ax£av ngoaayo^vofiivriv iv BaßvXüvi kni v^igag nivre, tv

als 'i9os tlvM agj^ta&ai Toiig Seanörag ino rüv olxsrtäv, aqpi?-

yeJa&ai rt rrje oixiag Svcc avTwv kvSeSvxöra aroir^v hfioiav

TT/ ßaaii-iXT), ov xai xaleia&ai, ^uydvrjv. MvTjfutvevu r^g iog-

Tr]g xai KTrjalag iv Sevrigip ütgaixtUv.

Der Umstand, dass Berossus die Sakaeen im ersten Buch

seiner BaßvXwvtaxä erwähnt, lässt darauf scbliessen, dass er ihren

Zusammenhang mit der Göttergeschichte kannte und die Einsetzung

derselben jedenfalls direet hinter dem Kampfe zwischen Marduk

und der Tiamat erzählt hat.') Sonst ist jedoch in dem ims er¬

haltenen Fragmente keine die Bedeutuhg des Festes klarstellende

Bemerknng mehr übrig geblieben*); das Volk interessirten eben

nur die hinzukommenden Festlichkeiten, und Athenaeus, welcher

diese Nachricht sicherlich nicht direet aus Berossus schöpfte, fand

1) Teröffentlicht'von C. MUller, FHG. 11,495.

2) Zum Sakäenfeste vgl. betonders Hovers, Phoen. I, 480 9.; Ed. Hey«r,

Gesch. d. Alt. I, § 463. Die Arbeit ron Hammer in deu 'Wiener Jahr-

bächern IX, 43; X, 249 ist mir nicht zugtngUch. Hovers setzt .Silxata flilschlich = nisp an. — Ausser diesem Festa wird, so weit ich sebe, nur noch ein babylonisch-assyrisches Fest in* der classischen Litteratnr namentlich erwähnt, Batäyie, eogtrj naga 'Aaevfiott , o>e yliafv 6 'AlaßavStiit iv Tfix(f, bei Hesychius.

3) So artheilt Hovers a. a. 0. 482, der Seiden, De diis Syri» p. 346 citirt, richtig gegen C. Httller; dieser bemerkt unberechtigter Weise: Pro iv npaizq) vereor ne scribendum sit iv iQitqf.

4) Dass Berossus selbst nicht mebr über die Entstehung desselben ge¬

wusst und in seinen BaßvXaivtaxel gegeben habe, ist nicht anzunehmen, aber seine Aussclireiber werden, wie so häufig, gerade das wichtigste übergangen haben. — Dass übrigens das Datum des Festes, der 16. Loos (= Juli},'nieht zum Zagmnk und Purim stimmt, kann nicht gegen die Identification sprechen.

Berossos' Honatsangaben scheinen überhaupt nicht sehr zuverlässig gewesen zu sein. Die Sintflut beginnt nach Berossos am 15. Daesius (Hai), während sie nach dem keilinschriftlichen Bericht doch wohl im Schebat (November) stattfand.

(3)

298 Meissner, Zur Entste/iungsgeschichte des Purimfestes.

in seiner Quelle das wichtigste schon nicht mehr , sondern nur die

Accidentien. 1)

Haben diese aber nicht eine auffallende Aehnlichkeit mit den

Feierlichkeiten an den Tagen der Lose? Hier wird ein Sciave

mit königlichem Pompe angekleidet und hat fünf Tage lang unter

dem Titel eines ^töyavjjg*) Gewalt über die Herren^) , dort ant¬

wortet Haman dem Könige (Esther 6, 7 ff.): „Den Mann, den der

König gern wollte ehren, soll man herbringen, dass man ihm könig¬

liche Kleider anziehe , die der König pflegt zu tragen , und das

Ross, da der König auf reitet, und dass man die königliche Krone

auf sein Haupt setze; und man soll solches Kleid und Ross geben

in die Hand eines Fürsten des Königs, dass derselbe den Mann

anziehe, den der König gern ehren wollte, und führe ihn auf dem

Ross in der Stadt Gassen, und lasse rufen vor ihm her: So wird

man thun dem Manne, den der König gern ehren wollte. Der

König sprach zu Haman: EUe und nimm das Kleid und Ross, wie

du gesagt hast, und thue also mit Mardachai dem Juden (d. h. dem

Angehörigen einer niederen Gesellschaftsklasse), der vor dem Thor

des Königs sitzt; und lass nichts fehlen an allem, das du ge¬

redet hast'.

Bei dem grossen Feste des Jahresanfangs hat sich also die

auch sonst auftretende Gewohheit herausgebüdet, dass in diesen

Tagen die Standesunterschiede aufhören, ja umgekehrt werden, und

die Sclaven ähnlich wie bei den SatumaUen in Rom. über ihre

Herren herrschten, um sich eventuell für erlittene Unbilden ent¬

schädigen zu können. Die Juden lernten in ihrer Gefangenschaft

dieses Fest kennen, das für sie zu einem Feste der Rache an ihren

Peinigem wurde, und brachten es aus dem Exil nach ihrer Heimat

zurück.*) Die Berührang zwischen beiden Berichten ist zu enge,

als dass man einen Zusammenhang zwischen ihnen leugnen könnte.

1) Aach Herodot I, 183 redet nur tou grossen Opfern am Feste des Bei (eni 8i tov /tsi^ofoi ßiu/toi xai xarayi^ovoi Xißavioroi xl^'" taHavTit Ihios ixäarov ol XnlSalot tots iniäv tijV iogxriv äymat r<p &etp tovrrp).

8) Am wahrscheinlichsten ist dieses ^toydvrit assyrischem iaknu, hebr.

130 gleichzusetzen, wenngleich ^ ^ D befremdlich ist. Movers' (a. a. 0. 486) Erkl&mng durch *K331T „der mit einem t<31T-Kleide angekleidete" ist natür¬

lich von der Band zn weisen. Ob nicbt äöttydrrit (Folyb. V, S4), das dort als Name eines Hagistratscollegiums in Seleucia am Tigris vorkommt, in ^wyävris zu emendiren ist? Vgl. dazu Pauly-Wissowa, Realenc. s. v.

3) Dass gerade bei babylonischen Festen zuweilen die Standesunterschiede aufhören, wissen wir schon ans Oudea B Col. VH, 26 ff. : „Als er E-ninnü, sein geliebtes Haus, erbaut hatte, lösste er den Sinn, wusch er die Hände. Sieben Tage lang ward Kom nicbt gemahlen, war die Hagd ihrer Herrin gleich, ging der Knecht seinem Herm zuf Seite, wohnte in meiner Stadt der Starke(?) dem Schwachen zur Seite;" s. Jensen, KB. HI, 40; Meissner, De serv. bab.-ass. 3.

4) Eventuell lemten sie es erst später (etwa im zweiten Jahrhundert V. Chr.) durch Olaubensgenossen aus der Diaspora kennen, denn die erste sichere Erwähnung des Purims findet steh erst II. Hak. Ifi, 36: npo fttät tl/ii(at lijs Magäoxatxijs i/ftefas.

(4)

Meüsner, Zur Entstehungsgeschichte des I\irimfestes. 299

Von den Babyloniern muss dieses im Volke so populäre Pest

jedenfalls sebr früh zu den Persem gekommen sein.*) Ktesias er¬

wähnt es auch, wie man aus der oben angefiihrten Stelle des Be¬

rossus ersehen kann; leider ist aber seine genauere Beschreibung

in seinen Pragmenten nicht erhalten. Nähere Nachrichten über

dasselbe finden wir erst bei Strabo (XI, 511/12), die jedenfalls

zeigen, dass die Peier der Sakaeen immer weitere Kreise zog und

sich allmählich über den grössten Theü des vorderen Orients ver¬

breitet hatte. Von ihrer Entstehung und der Entlehnung von den

Babyloniera weiss der griechische Geograph nichts mehr, vielmehr

werden sie durchweg mit dem Volksstamme der Saken zusammen¬

gebracht und als Pest der Sakenbesiegung angesehen.^) Nach der

zweiten, jedenfaUs sehr unhistorischen Tradition bei Strabo^) wäre

die Entstehungsgeschichte des Pestes folgende : Cyrus wird in einer

Schlacht gegen die Saken geschlagen und fiieht, lässt aber sein

ganzes Lager mit aUen Wein- und Speisevorräthen zurück, in der

Hofihung, dass hierdurch die Barbaren aufgehalten werden würden.

Diese HofiEnung trügt ihn auch nicht. Die Saken plündem das

Lager, berauschen sich an dem gefundenen Weine und werden von

dem zurückkehrenden Cyrus leicht überwunden. Zur Erinnerung

an diesen Sieg werden nun die Sakaeen eingesetzt, ioprrj ßaxj^sia

TIS pts^' VfliQcev xai vvxtcoq , Sitoxtvaafjiipwv axv&iarl , nivov-

Ttov äfia xai nkijxnCofiivuv ngog dlXi^kovg äfta re xai räg

avfinivovaag yvvaixag. Die ganze Erzählung ist, wie man sofort

sieht, nur der falschen Etymologie von 2äxai,a zu Liebe fabricirt

und nur werthvoll durch die am Schlüsse folgende Beschreibung

der Feier des Pestes. ■

Etwas weiter kommt man mit dem, was Strabo. an erster

SteUe über den Sakaeencult berichtet: iv Si xqj neSitp Ttirgav

Ttvd ngoaxeofA-ttTi, avfinlrigi/uaavrsg eig ßovvouSig axijfia ini-

^rixav Ttl^og xai to Trjg 'AvatriSog xai twv ayfißtifjuav &ewv

itgov iSgvaavTO, 'Sluavov*) xai 'jivaSärov^) ütgaixwv Saifiö-

v(ov, äntdei^ccv re navrjyvgiv xut ktog itgav, tu 2äxata, rjv

fi.ixgi' vvv iTiTtkovaiv oi rd ZijXa^) ü^ovreg • ovtw yag xakovat

1) Wie feine Politiker die persisclien Köniüe in dieser Beziehung waren, sieht man deutlich aus dem Cyruscylinder (VB. 35), wo er sich als babylonischer Pürst und Verehrer des Marduk aufspielt. Er und seine Nachfolger werden je'denfalls in keiner Weise, das sieht man, die Verschmelzung der babylonischen und persischen Religion gehindert baben.

2) Berossus hat woblgemerkt davon noch nicbts.

3) Ihn schreibt aus Eustatbius in seinem Commentar zum Dionysius Periegetes 749.

4) •= Vohumanö ; s. Windischmann, Zoroastr. Studien 257; de La¬

garde, Ges. Abh. 154; Purim 32.

5) = AmerettLJ s. ib. Windischmann und de Lagarde schlagen

vor 'AuavSdiov zu lesen.

6) Im 12. Buche (p. 559) spricht Strabo noch einmal von demselben Zela und ^gt dort, dass die Stadt auf einem von der Semiramis aufgeschütteten Hügel läge und sich dort ein Tempel der Anaitis befände; s. Windischmann,

(5)

300 Meittner, Zur ßntttehungtgeeeMchte det Purimfeetes.

tov ronov • ftrr» Si itgoSovXtov noktofiu ro nkiov. Vgl. noch

Hesychius s. v. 2axala nnd Stephanus von Byzanz s. v. Z^Xa.

Auch Diodor erwähnt (V, 77) die Artemis als Gottheit der

Perser und versichert, dass die Barharen his zu seiner Zeit fiir die

.persische Artemis Mysterien gefeiert hätten. Mit Berossus wiederum

stinunt eine Nachricht überein, welche uns Dio Chrysostomus in

der vierten Rede (Orationes ed. Dindorf p. 76) erhalten hat.

Am Sakäenfeste wird ein zum Tode verurtheilter Verbrecher auf

den Thron gesetzt nnd erhält königliche Kleidung. Er hat die Er¬

laubniss, so zu schlemmen, wie er wolle, und alles zu thun, was

ihm beliebt, sogar die königlichen Kebsweiber zu gebrauchen.

Jedenfalls sieht man, dass auch bei den Persem lauter Lärm,

Zechgelage und allerlei Lustbarkeiten gerade der unteren Schichten

der Bevölkerung den Hauptbestandtheil der Pestfeier bildeten. Was

aber wichtig ist für das Verständniss des Purim, ist der Umstand,

dass das babylonische Mardukfest') sich hier in ein Fest der Güttin

AnaYtis verwandelt hat, die der assyrischen Istar entspricht. Und

das ist auch von vomherein nicht unwahrscheinlich, wenn man be¬

denkt, dass an solchen Tagen der Preude die Liebesgöttin eine

hervorragende Rolle gespielt haben wird; vgl. Her. 1,196,199;

Baruch 6, 48 und die oben S. 299 erwähnte Notiz, dass auch Prauen

an den Zechgelagen theUnahmen.

Mit diesen von den klassichen Autoren durchweg ^dxma ge¬

nannten Feste ist jedenfaUs die Peier der Farwardigantage der ein¬

heimischen Perser identisch, d. h. der fünf Epagomenentage, welche

zwischen den Monaten Aban (Febrnar) und Adur (Mäi'z) lagen.')

Thomas Hyde belehrt nns (Veterum Persarum .... rdigionia

historia, 2. Ausgabe, Oxonn 1760 p. 266 f.), dass man dieses Fest*)

beging, indem man die besten Kleider anzog, Gastmähler feierte

und sich auf alle mögUche Weise vergnügte. Zuerst stimmt die

Fünfzahl der zu feiernden iTage auffallend mit der Angabe des

Berossus äberein,*) dann flült die Jahreszeit der Peier der Farwar-

dlnl»ge zusammen ihit der des Zagmuk- und Purimfestes in den

Frühlingsanfang, und schUessUch finden bei aUen vier Festen der

grosse Trubel, die festüche Kleidung, die opulenten Gastmähler

und die toUen Zechereien statt. Die Aehnlichkeit zwischen Zag-

Die pers. Anahita oder Anaitis in d. Abh. d. phil. bist. Classe der bayr. Acad.

d. Wiss. Bd. VIII (1858), 93. Das scheint wieder ein Hinweis darauf, dass dieses ganze Fest aus Babylonien stammte.

1) Ganz verschwand Hardnk nicht, wie man an Hardechai im Buche

Esther sieht, nur musste er die erste Stelle an die Istar abtreten.

2) Alblränl erwähnt in seiner Clironologie (ed. Sachau 319) anch ein persisches Fest der Loose am 16. Tage des Hiläl Tischrin; mangels anderer Angaben Iässt sich jedoch mit dieser Notiz nichts anfangen.

3) Farwardin hiessen nur die fSnf Epagomenentage; das eigentliche Fest hiess ^y£i.^^ ^^^j^ oier Ojj^a.

4) FQr die mangelhaften Monatsangaben des Berossus s. o. S. 297.

(6)

Meissner, Zur Entstehungsgeschichte des Purimfestes. 301

muk, Sakaia, Farwardin und Purim ist thatsächlich so gross, dass

Hyde, der natürlich von dem babylonischen Feste noch nichts

wissen konnte, schon die Identität der drei andern aussprach.')

Unter diesen Umständen gewinnt de Legardes Emendation

»""Tne für D'^nc, die durch die Transcriptionen cpgovgam und

qiovgSaia unterstützt wird, wieder an Wahrscheinlichkeit; die

Glosse bna ist indess noch ebenso unklar wie früher.

Ausser babylonischen und persischen Bestandtheilen hat Jensen-)

noch Züge im Purim finden woUen, welche den Elamitern entlehnt

seien. Er setzt Haman = I^umbaba, VaSti = MaSti und ZereS =

KiriSa. Unwahrscheinlich ist diese Annahme an und für sich nicht ;

denn die ganze Esthergeschichte spielt in Susa , und deshalb wird

jedenfalls nicht allein das Localcolorit dem Lande entlehnt sein,

wo die Geschichte passirt. Beweisen lässt sich das aber , so weit

ich sehe, noch nicht; denn die Identität von IJumbaba-Haman und

KiriSa-ZereS ist doch keineswegs zwingend, und bei der Gleichung

MaSti = VaSti ist wiederum zuerst die Weiblichkeit der Gottheit

Maäti noch zu erweisen. Deshalb wird man gut thun, hieraus noch

nicht zu weit gehende Schlüsse zu ziehen.

Man wird sich nach diesen Ergebnissen die Entstehungsge¬

schichte des Purimfestes etwa folgendermassen zu denken haben:

Das babylonische Zagmukfest hatte sich allmählich zu einem grossen

Volksfeste umgestaltet. ToUe Belustigungen, fröhliche Gelage und

allerlei Mummenschanz bildeten einen Hauptbestandtheil desselben.

Ausserdem hatte sich hierbei die auch sonst in Babylonien nach¬

zuweisende Sitte ausgebildet, die Sclaven für diese Tage nicht

nur als Freie zu betrachten, sondem ihnen sogar eine dominircnde

Stellung zuzuweisen. Ueber diesen Nebenumständen vergass man

vielleicht schon zur Zeit des babylonischen Eeiches die grosse Rolle,

welche Marduk hierbei ursprünglich spielte, und Istar, die Liebes¬

göttin, verdrängte ihn aUmählich aus seiner Position, sodass er sich

mit einer NebenroUe begnügen musste. Nach dem Falle Babels

übemahmen die. Perser dieses populäre Fest jedenfaUs ziemlich fräb-')

und verschmolzen es mit einem der ihrigen. Später verbreitete es

sich über den grössten Theil des vorderen Orients. Wohl in Susa,

wo noch einige elamitische Zuthaten hinzugekommen sein werden,

lemten die Juden das Fest kennen und hochschätzen, haben es dann

mit einigen specifisch jüdischen Zügen in matorem eorum gloriam

ausstafSrt und feiern es als Purim bis auf den heutigen Tag.

1) Er erklärt JSdxata allerdings fälschlich durch i^Lw J ^J** vergleicht er mit dem nri^73 des Ahasver im Buche Esther. Ihn haben also de Lagarde und Hammer zum Vordermann.

2) WZKM. 6, 47 ff.; 209 ff.

3) Man muss aUerdings bedenken, dass nach Berossus und den luschriften die Göttin Anaitis erst unter Artaxerxes eingeführt wurde; s. Ed. Meyer in Roschers Lexieon d. Myth. I, 331.

2 4 ~

(7)

302

Anzeigen.

Die neu-aramäischen Handschriften der König¬

lichen Bihliothek zu Berlin, in Auswahl herausgegeben,

übersetzt und erläutert von Mark Lidzbarski. Bd. 1,

Weimar 1896 (XXIX und 499 S. in 8"). Bd. 2, ib. eod.

(XII und 580 S. in 80). (A. u. d. T. Ergänzungsbefte zur

Zeitscbrift für Ass3rriologie. Semitische Studien hg, von

Carl Bezold. Heft 4—9.)

Skizze des Fellichi-Dialekts von Mosul von Eduard

Sachau. Aus den Abhh. d. Kgl. Pr. Akad.. d. Wiss.

zu Berlin vom Jahre 1895. Berlin 1895. (92 S. in 4.)

Or ammar of the dialect.» of vernacular Syriac as

spoken by the eastern Syrians of Kurdistan,

North- West Persia, and the plain of Mosul

by Arthur John Maclean. Cambridge 1895. (XIX

und 364 S. in 8».)

Als Sachau sich im Orient befand, wurde auf seine Veran¬

lassung eine Menge Erzählungen, Gedichte und Andres in neusyrischen

Dialecten von Einheimischen aufgeschrieben und zum grossen Theil

mit arabischer Uebersetzung versehen. Können solche Texte dem

Sprachforscher auch nicht die genauen Aufzeichnungen sorgfältiger europäischer Beobachter, namentlich aus dem Munde ganz ülitterater

Leute , ersetzen , so sind sie doch für unsere immer noch dürftige

Kenntniss dieser Dialecte sehr wichtig. Grade die Inconsequenz der

Schreibweise enthüllt uns manchmal den wahren Lautbestand. Dazu

haben einige dieser, jetzt der Kgl. Bibliothek in Berlin gehörenden,

Handschriften auch inhaltlich Werth. Wir sind daher, wie Sachau

für die Herstellung der Sammlung, so seinem Schüler Lidzbarski

sehr dankbar dafür, dass er uns aus jenen eine umfangreiche Aus¬

wahl giebt und sie mit deutscher Uebersetzung, einom Glossar und

erklärenden Anmerkungen versieht.

Voran steht eine Geschichte im Dialect des Tör 'Abdin, näm¬

lich die Erzählung vom weisen Haikär («J^. *.), mit dem arabischen

Original , aus dem sie übersetzt ist , daneben. Dieser Dialect , der

von dem östlichen stark abweicht, ist uns durch die Sammlung von

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