Jül-Spez-104
April 1981 ISSN 0343-7639
Der Magnetspektrograph "Big Karl und die Untersuchung
des Übergangskernes
103Ru mit (d,p)- und (p,d)-Reaktionen
99
von
W. Hürlimann
v."^L/ Jülich Centre
[KOBLENZ
Als Manuskript gedruckt
Spezielle Berichte der Kernforschungsanlage Jülich - Nr. 104 Institut für Kernphysik Jül - Spez - 104
Zu beziehen durch: ZENTRALBIBLIOTHEK der Kernforschungsanlage Jülich GmbH Postfach 1913 D-5170 Jülich (Bundesrepublik Deutschland)
Telefon: (024 61) 610 Telex: 833556 kfad
des Übergangskernes
103Ru mit (d,p)- und (p,d)-Reaktionen
von
W. Hürlimann
D 38 (Diss. Uni. Köln)
I. EINLEITUNG l II. DER MAGNETSPEKTROGRAPH BIG KARL 2 11.l Grundlagen 3 11.1.1 Funktionsprinzip 3 11.1.2 Energieauflösung 5 11.2 lonenoptik 8 11.2.l Der TRANSPORT-Formalismus 8 11.2.2 lonenoptische Elemente 11 11.2.3 Interpretation der Terme erster Ordnung 16 11.3 lonenoptische Eigenschaften von Magnetspektrographen 18 11.3.l Energieauflösung 18 11.3.2 Raumwinkel 21 11.3.3 Kinematische Linienverbreiterung 21 11.3.4 Polkantenkonturen 24 11.3.5 Aberrationen zweiter und höherer Ordnung 26 11.4 Das ionenoptische Design von BIG KARL 29 11.4.l Anforderungen an BIG KARL 29 11.4.2 Die wichtigsten Spektrographen-Typen 31 11.4.3 Die Konfiguration QQDDQ 33 11.5 Technischer Aufbau 37 11.5.l Magnete und Stromversorgung 37 11.5.2 Support und Abschirmung 39 11.5.3 Streukammer und Vakuumsystem 39 11.5.4 Detektorsystem 41 11.5.5 Steuerung und on-line Datenerfassung 43 III. FELDMESSUNGEN UND HT-SPULEN 44 III.l Feldmessungen 45 III.1.1 Dipol-Felder 45 IIT.1.2 Quadrupol-Felder 47
111.3 Die Ht-Korrekturspulen 52 111.3.l Wirkungsweise der Ht-Spulen 52 111.3.2 Erzeugung von Multipolfeldern 55 IV. DIE OPTIMIERUNG DER AUFLÖSUNG BEI MAXIMALEM RAUMWINKEL 60 IV.l Optimierungsprozeduren am Spektrographen 61 IV.1.1 Einstellen des Strahlführungssystems 61 IV.1.2 Setzen der Magnetfelder 61 IV.1.3 Einstellen des Detektorsystems 62 IV.1.4 Optimierung erster Ordnung 64 IV.1.5 Optimierungen höherer Ordnung 66 IV.1.6 Optimierungen für das Experiment Ru(p,d) Ru 73 IV.2 Strahlanpassung zwischen Strahlführung und Spektrograph 77 IV.2.l Problemstellung 77 IV.2.2 Kinematische Verschiebung 81 IV.2.3 Kinematische Defokussierung 82 IV.2.4 Dispersionsanpassung 85 V. DIE REAKTIONEN 102Ru{d,p)103Ru UND 104Ru(p,d)103Ru 86
V.l Einleitung 87 V . 2 Experimente 90 V.2.l Durchführung der Experimente 90 V . 2 . 2 Spektren und Datenauswertung 91 V . 3 Theoretische Grundlagen und Analyse der Daten 95
V.3.l Der DWBA-Formalismus 95 V . 3 . 2 Das Programm DWUCK4 98 V . 3 . 3 Die optischen Potentiale 101 V.3.4 DWBA-Analysen 106 V.4 Diskussion 108 V.4.l Ergebnisse 108 V . 4 . 2 Spektroskopische Faktoren und Summenregeln 117
I. EINLEITUNG
Der überwiegende Teil der kernphysikalischen Grundlagenforschung wird zur Zeit an Beschleunigern durchgeführt. Mit dem Isochronzyklotron JULIC ("Julien Isochroneous Cyclotron") des Instituts für Kernphysik (IKP) der Kernforschungs- anläge (KFA) Jülich können Protonen, Deuteronen, He-Kerne oder a-Teilchen3 auf Energien von 22.5 bis 45 MeV pro Nukleon beschleunigt werden. Um damit Experimente mit hoher Energieauflösung durchführen zu können, wurde am IKP der Magnetspektrograph BIG KARL entwickelt und zu Beginn des Jahres 1979 in Betrieb genommen.
Die vorliegende Arbeit beschreibt den Aufbau und die Besonderheiten des Spektrographen und seinen Einsatz in der Untersuchung der Kernreaktionen
102Ru(d,p)103Ru und 104Ru(p,d)103Ru. Sie ist wie folgt gegliedert:
- Als erstes werden in Kap. II nach einem Überblick über die theoretischen Grundlagen die ionenoptischen Eigenschaften und der technische Aufbau von BIG KARL beschrieben.
- Eine Zusammenfassung der an den Magneten des Spektrographen durchgeführten Feldmessungen und der damit verbundenen Feldanalysen ist in Kap. III ent- halten. Ferner wird hier auf die Wirkungsweise der bei BIG KARL zur Be- hebung von Abbildungsfehlern erstmalig verwendeten "Ht-Korrekturspulen"
eingegangen.
- Kap. IV beschreibt die bisher im Experimentierbetrieb angewandten Methoden zur Optimierung der Auflösung für große Öffnungswinkel des Spektrographen.
- Schließlich folgt in Kap. V eine Untersuchung des Übergangskerns Ru103 102 103
anhand der mit BIG KARL gemessenen Transferreaktionen Ru(d,p) Ru und 104D , ,a03D
Ru(p,d) Ru.
II. DER MAGNETSPEKTROGRAPH BIG KARL
Magnetspektrographen zeichnen sichln kernphysikalischen Experimenten gegen- über den sonst verwendeten Detektoren durch folgende Eigenschaften aus:
- große Auflösung - großer Raumwinkel
- gute Teilchenidentifizierung
- Durchführbarkeit von 0°-Experimenten
Im vorliegenden Kapitel wird zunächst eine allgemeine Übersicht über Funktionsprinzipien und Definitionen gegeben (II.1). Nach der Erarbeitung des zur Beschreibung von Magnetsystemen (II.3) notwendigen TRANSPORT- Formalismus (II.2) folgt eine Darstellung der lonenoptik (II.4) und des technischen Aufbaus (II.5) von BIG KARL.
II. l GRUNDLAGEN
In diesem Abschnitt sollen Funktionsprinzip und wichtigste Eigenschaften von Magnetspektrographen beschrieben werden.
II. 1.1 Funktionsprinzip
Im Magnetspektrographen werden geladene Teilchen durch Ablenkung in einem magnetischen Feld nach Impulsen voneinander getrennt und mit Hilfe eines ortsempfindlichen Detektors nachgewiesen (Fig. II.1).
Pl < P2 <
Eintrittsblende
Quelle
ortsempfindlicher Detektor (z.B. Photoplatte)
Fig. II. 1: Teilchenbahnen in einem homogenen Magnetfeld senkrecht zur Zeichenebene
Physikalische Grundlage hierzu ist die Lorentz Kraft F
F = q(v x B) (II. 1)
Sie wirkt auf ein Teilchen der Ladung q, das sich mit der Geschwindigkeit -j. -»-
v in einem magnetischen Feld B bewegt. Da sie senkrecht zur Teilchenbahn gerichtet ist, bleiben die Energie und der Betrag der Geschwindigkeit des Teilchens erhalten.
Für ein statisches homogenes Feld B senkrecht zur Bewegungsrichtung v ergibt sich aus- (II. 1)
F = qvB = const., ( H . 2)
so daß sich die Teilchen auf einer Kreisbahn bewegen, wo die Lorentz-Kraft der Zentrifugalkraft die Waage hält
Dabei ist m die Masse des Teilchens und P der Radius der Kreisbahn Aus (II. 3) ergibt sich für den Ablenkradius
_ mv _ p p _ _- _
und für den Teilchenimpuls
p M ; . (Bp) (II. 5)
Die Größe Bp heißt magnetische Steifi-gkeit des Teilchens und wird in Gauss • cm gemessen.
Mit der (nicht relativistischen) Impuls-Energie-Beziehung
p = STW (II. 6)
folgt aus (II. 4)
= ^2 mE _ /2 mE /U y^
wobei e die Elementarladung und Z die atomare Ladungszahl des zu
analysierenden Teilchens bezeichnet. Hieraus wird ersichtlich, daß ver schiedene Teilchensorten nicht getrennt werden können, wenn ihr "Masse Energie-Produkt"
JS (amu - MeV) * (Bp)2 (II. 8)
gleich groß ist. Dies erfordert im Detektorsystem zusätzlich eine Teilchen- identifizierung (vgl. Abschnitt II.4).
Eine wichtige Kenngröße des Spektrographen ist die Impuls-Dispersion D a -g- (cm/%) ( I I . 9)
~
Sie beschreibt die Verschiebung der Linien in der Detektorebene in Abhängig- keit einer relativen Impulsänderung an der Quelle und ist ein wesentlicher Faktor der Energieauflösung.
II.1.2 Energieauflösung
Das Hauptziel in der Kernspektroskopie besteht in einer möglichst großen Energieauflösung:
so daß auch dichtliegende Kernniveaus unterschieden werden können. Dabei be- zeichnet AE den kleinsten Energieunterschied, der im Spektrographen nachge- wiesen werden kann. Wegen
2
ist der Zusammenhang zur Impulsauflösung gegeben durch
E - * P Ä F ~ 7 Äp
in nicht relativistischer Näherung '.
Aus (II.5) folgt für ein konstantes homogenes Magnetfeld
T£ = TT .
AP APd. h. die Auflösung wächst mit dem Ablenkradius p und somit allgemein mit der Größe des Magnetsystems.
+ / 2 2 2 2 2
) Relativistisch folgt aus E = /p c + (m c ) - m c
m c.2
Die Auflösung wird vor allem begrenzt durch die endliche Ausdehnung der Quelle:
Der von der Quelle in z^Richtung emittierte Teilchenstrahl besitzt in x- und y-Richtung eine räumliche Ausdehnung AX, Ay und eine Winkeldivergenz
AG, A<)>(Fig. II.2).
Fig. II.2: Strahlausdehnung in der x,z-Ebene
Fig. II.3: Phasenvolumen in x- und y-Richtung
Dies wird durch Phasenräume in x- und y-Richtung beschrieben, in denen die Teilchen in normalerweise elliptischen Phasenvolumen enthalten sind (Fig.
II.3)+).
Nach dem Satz von Liouville (Br 67) bleibt das Phasenvolumen erhalten, solange sich der Impulsbetrag der Teilchen nicht ändert. Also wird das gesamte Phasen- volumen von der Quelle bis zur Detektorebene transportiert, wo die Linienbreite
(d. h. Bildgröße in x-Richtung) und damit die Auflösung vom Phasenvolumen an der Quelle abhängig ist.
+' Die Inhalte e und e der Phasenvolumen werden als "Emtttanz" in x- bzw.
x y y-Richtung bezeichnet.
Die Energieauflösung eines Spektrographen läßt sich wie folgt abschätzen (Fig. II.4):
Quelle
AX
Detektor
Fig. II. 4: Die Trennung zweier Energien E,, E« in einem Spektrographen, Die Linienbreite im Detektor ist proportional zur Quellenbreite:
AX = M • AX (11.14)
Der Proportionalitätsfaktor M wird als Vergrößerung bezeichnet.
Um zwei Energien E-, und E2 trennen zu können, muß also
Ix - x l > AX (TI 15^
l A -i A Q l f A A ^ i l . J. J J
sein, was mit (II.9) und (11.14) die Bedingung x1- x2| = D
ergibt. Die maximale Energieauflösung ist deshalb
(11.16)
R - P
E TU (11.17)
II.2 IONENOPTIK
In der lonenoptik wird das Verhalten geladener Teilchen in statischen
Magnetfeldern mathematisch beschrieben. Prinzipiell ist die exakte Integration der Bewegungsgleichungen bei bekannten Magnetfeldern möglich. Da dies bei komplizierten Magnetsystemen jedoch einen zu großen Rechenaufwand erfordert, bedient man sich in praktischen Fällen eines Näherungsverfahrens, das im Computerprogranm TRANSPORT (s. Anhang A) Verwendung findet und dessen Grund- züge im folgenden aufgezeigt werden sollen.
II.2.l Der TRANSPORT-Formalismus
Die räumliche Lage der Teilchen wird in einem krummlinigen Koordinatensystem (x,y,t) angegeben (Fig. II.5):
Der Ursprung 0 ist ein Punkt der Zentralbahn (der "optischen Achse") des Systems, und ein Punkt A der Zentralbahn wird durch die Weglänge t auf dieser Bahn
festgelegt.
Magnetische x. -, . ,u^. - Mittelebene
auf der Zentralbahn
t=0
Fig. II.5: Das TRANSPORT-Koordinatensystem
Auf der Zentralbahn wird das Koordinatendreibein (x, y, z) mitgeführt, so daß mit Angabe der Koordinaten x, y, t ein beliebiger Punkt B einer zu- fälligen Teilchenbahn festgelegt ist. Zur Beschreibung einer Teilchenbahn werden zusätzlich folgende vier Koordinaten definiert:
0 = tg 0' = 4- = Winkeldivergenz in x-Richtungdx
4> = tg <fr' = -TJ : Winkeldivergenz in y-Richtung
1: Weglängendifferenz von zufälliger Bahn und Zentralbahn 6 = P ~ p° : relative Impulsdifferenz bezogen auf den
Zentralbahnimpuls p0.
Die Teilchenbahnen werden also durch einen 6-dimensionalen Vektor
x(t) E
/x(t) e(t)
y(t)
x2(t) x3(t) x4(t) x5(t)
\x6(t)/
(11.18)
charakterisiert.
Die Koordinaten x - ( t ) werden nun in Taylor-Reihen um gegebene Anfangswerte x - { 0 ) entwickelt:
j
X i(t) = i Ri j( t ) xj( 0 ) + i z Tijk( t>xj(°>xkW J J k
+ Terme höherer Ordnung.
(11.19)
Das Näherungsverfahren besteht im Abbrechen dieser Entwicklung nach der ersten oder zweiten Ordnung.
Die Entwicklungskoeffizienten R., und T... in (11.19) werden häufig durch
l J l J K
die Symbole (x. x.) bzw. (x.Ix.x.) ausgedrückt. So ist zum Beispiel
l J l J K
12
122 0 1V
9X 30_
TT
126
Außerdem erhalten die Terme .erster Ordnung aufgrund ihrer Differential- gleichungen und ihrer Bedeutung besondere Namen:
Rii s (xlx n) = cv : "Cosine-like function" in x-Richtung
J- J. U A
R19 s ( x | 0 ) = s : "Sine-like function" in x-Richtung
it, U A
RTI s (y|yj = c„ : "Cosine-like function" in y-Richtung (11.20)
. JO 0 y
R34 £ (y|<J>0) s sv : "Sine-like function" in y-Richtung R1fi = (x 6 } = d : "Dispersion function" in x-Richtung
AU U A
In erster Ordnung ergibt sich in Matrixschreibv/eise:
x(t) = R(t) - x(0).
R ist die Transformationsrnatrix für alle Teilchen, die das System durchlaufen, Dabei werden verschiedene Teilchenbahnen nur durch ihren Anfangsvektor x{0) unterschieden.
Die Matrixelemente R - . sind Funktionen der Weglänge t und lassen sich für jedes Element eines Systems wie z. B. Ablenkmagnet oder Quadrupel aus den' j Bewegungsgleichungen bestimmen.
In dieser Näherung läßt sich die Bewegung eines Teilchens von einem Ort 0 zu einem Ort 2 ausdrücken durch Multiplikation der-Matrizen R, und R2, die den Teilchentransport zwischen den Orten 0 und l bzw. l und 2 beschreiben:
x(l) = R, - x(0) i
1 .^ 5(2) = R2 ' RI • x{0).
x(2) = R2 • 5(1) J
Jede Matrix R besitzt folgende grundlegende Eigenschaften:
1) Gleichwertig zum Lionville'schen Satz über die Erhaltung des Phasenraums in statischen Magnetfeldern gilt für die Determinante von R
Det R = l (H.21) 2) Bei Mittelebenensymmetrie der Magnetfelder hat R folgende Form (Br 67):
R =
/
Rll
R21 0 0
\ R51
\ o
R12
R22 0 0
R52 0
0 0
R33
R43 0 0
0 0
R34
R44 0 0
0 0 0 0 1 0
R16\
R26 0 0
R56/
I /
(11.22)
Dabei bedeutet das Verschwinden der in x und y gemischten Koeffizienten
R13 ~ R14 " R23 ' R24 " °
R31 = R41 = R32 = R42 = °>
daß die Bewegungen in x- und y-Richtung in 1. Ordnung entkoppelt sind. Daher läßt sich R in zwei kleine Matrizen R und R aufspalten, die die Bewegungen
x y +\
in der horizontalen bzw. vertikalen Richtung beschreiben ':
R =x
/Rn
P R R K21 K22 26
0 0 l
R33 R34
R43 R44
(11.23)
II.2.2 lonenoptische Elemente
Die wichtigsten ionenoptischen Elemente sind die Drift-Strecke ohne Magnetfeld, der Quadrupolmagnet und der Ablenkmagnet (Dipol). Die Integration der Bewegungs gleichungen liefert die folgenden Transformationen erster Ordnung (Br 67):
a) Drift-Strecke
Ein feldfreier Raum wird als Driftstrecke bezeichnet. Dabei gilt in x-Richtung (Fig. II. 6):
= x
öl = 0o
tan e' = XQ t = L
Fig. II. 6: Drift-Strecke
+' Im Folgenden wird zeitweise auf die vor allem für Flugzeitmessungen wichtige Weglänge l verzichtet.
l L
0 l bzw.
l L
0 l (11.25)
b) Quadrupol
Ein Quadrupolfeld entsteht bei der in Fig. II.7 skizzierten Anordnung von vier Polschuhen. In x-Richtung ze-
von Fig. II. 8, d. h. es ist
Polschuhen. In x-Richtung zeigt die Normalkomponente B den linearen Verlauf
9 B.y == const.
Bei einer Bewegung der Teilchen aus der Zeichenebene in Fig. II.7 bewirkt dies Fokussierung der Strahlen in x-Richtung und Defokussierung in y-Richtung.
Fokussierung in beiden Richtungen erfordert also mindestens zwei Quadrupole ("Quadrupol-Doublet").
Fig. II.7: Quadrupolmagnet Fig. II.8: Feldverlauf in der Mittel ebene des Quadrupols. a = Apertur, B = Feldstärke am Pol schuh
Da das Feld im Zentrum des Quadrupels gleich Null ist, treten in den Matrizen erster Ordnung keine Dispersionsterme auf. Die Matrizen in x- und y-Richtung lauten:
cos(kt)
i\
k-sin(kt) cos(kt) R =
cosh(kt) -jLsinh(kt) -k-sinh(kt) cosh(kt)
(11.26)
wobei k = TT-2 1 dß und t die vom Eintritt aus gemessene Weglänge auf der Achse des Quadrupels ist.
Die Wirkung eines Quadrupels entspricht in der Lichtoptik derjenigen einer Linse. Für eine dünne Linse gilt (Fig. II.9)
p q f
=
(11-27)wobei f die Brennweite der Linse und p bzw. q die Objekt- bzw. Bilddistanz bezeichnet. Aus Fig. II.9 folgt
x
i
= X0 und Gi
=- T-
+ 0o
Fig. II.9: Dünne Linse Fig. 11.10: Dicke Linse
Die Transformation zwischen Eintritt A und Austritt B der Linse ist deshalb:
'l
(11.28)Wegen der endlichen Länge des Quadrupols ist dieser jedoch nur mit einer
dicken Linse zu vergleichen (Fig. 11.10). Bei einer dicken Linse ist G1.(II.27) nicht mehr gültig, d. h. es ist
1 4- 1 t1 TT I~4 L2 r f T
Die Abbildung zwischen den Punkten A und B ist
R21 R22 l
(11.29)
wobei im allgemeinen R.,« ^ 0 und R,, / l, R?? ^ 1. Werden aber Objekt- und Bilddistanz zu den "Hauptebenen" P,, P~ der Linse gemessen, so gilt Gl. (11.27) auch hier. Als Lage der Hauptebenen ergibt sich (Br 70):
Die Abbildung zwischen A1 und B1 ist dann gegeben durch x
l
=
1 i o '
*- •*• 1
xo , "o/
(11.30)
und die Strecken AA1 bzw. B'B werden väe der äußere feldfreie Raum als Drift- strecken behandelt.
Bemerkenswert ist, daß bei der Einführung der Hauptebenen (d. h. beim Obergang von (11.29) zu (11.30)) die "Brechkraft" R21 = " T unverändert bleibt.
c) Ablenkmagnet
Wir betrachten einen idealen Dipolmagneten, d. h. es sei B = B und B = B = 0 Liegen die Polgrenzen am Ein- und Austritt des Magneten senkrecht zur optischen Achse (Fig. 11.11), so ergeben sich folgende Transformationsmatrizen:
/ cos a p sin a p (l - cos a) \
l S i n a COS a sin a (11.31)
(11.32)
wobei p = Ablenkradius der Zentralbahn, a(t) = — = Ablenkwinkel, t = Länge auf der Zentralbahn. PO
Quelle
Fokalebene
Fig. 11.11: Ablenkmagnet (Dipol)
1 1. 2. 3 Interpretation der Terme erster Ordnung
Die Matrixelemente R,ß, R2ß von Gl . (11.22) bezeichnen die räumliche Impuls- dispersion und die Winkeldispersion. Systeme, bei denen für ein bestimmtes t
R16 W = R26
wird, heißen achromatische Systeme. In ihnen durchlaufen alle Teilchen zwischen Quelle und Fokus unabhängig von ihrem Impuls die gleiche Weglänge l = l . Damit gleichbedeutend ist das Verschwinden der Elemente Rg, = R™ = Rj-ß = 0 an der Stelle t.
An einer Stelle t, an der
R12 (t) = 0 oder R34 (t) = 0 (11.34)
ist, wird x unabhängig von e bzw. y unabhängig von 4 „ Dies bedeutet eine Punkt-zu-Punkt-Äbbi1 düng zwischen den Orten t = 0 und t in x- bzw. y-Richtung
(Fig. 11.12)
t = 0 t t=0
Fig. 11.12: Punkt-zu-Punkt-Abbildung Fig. 11.13: Parallel-zu-Punkt-Ab- bildung
Eine Paral 1 el-zu-Punkt-Abb-i 1 dung (Fig. II.13) ist gegeben, falls Rn (t) = 0 bzw. R33 (t) = 0 (11.35) für ein bestimmtes t. Hier wird x bzw. y unabhängig von x bzw. y .
Als Vergrößerung eines Systems definiert man das Verhältnis von Bildgröße zu Objektgröße. Bei monoenergetischer Punkt-zu-Punkt-Abbildung in x- bzw.
y-Richtung gilt
M =x
x (t:
xo
(11.36)
bzw.
y (t)
^0
R
33(t)
(11.37)II.3 IONENOPTISCHE EIGENSCHAFTEN VON MAGNETSPEKTROGRAHHEN II.3.l Energieauflösung
Wir betrachten Teilchen unterschiedlicher Impulse p,, p2, die von einer ausgedehnten Quelle der Breite AX = 2xQ unter einer Winkeldivergenz AG = 20 ausgesandt wurden (Fig. 11.14).
Quelle (t=0)
Detektor - ebene
Fig. 11.14: Teilchenbahnen zweier Impulse p,, p,, (schematisch) Mit den auf den Zentralbahnimpuls p bezogenen Impulsdifferenzen
_ P! - P
61 p~~
„ P2 - P
(11.38)
gilt in der Detektorebene für die x-Koordinaten der Linienschwerpunkte
(XQ = G0 = 0)
_ D X2 " 16 Ö2
(11.39)
In erster Ordnung ist die Linienbreite in der Detektorebene für jeden der beiden Impulse p,, p2 gegeben durch die quadratische Summe
Ax = (11.40)
Um die Teilchen aufgrund ihres Energieunterschieds trennen zu können, muß gelten
|X2 - AX
oder mit (11.39), (11.40)
R
16(ö
2-
(R12A0Q) (11.41)Wegen 69 - 6, auflösung R_ = —pr :
P - AP
ergibt sich aus (11.41) für die Energie-
RE ~ P_AP
l
7 2 l 1/2 (11.42)
Für ein System mit Punkt-zu-Punkt-Abbildung (R,2 = 0) folgt aus (11.42) das früher abgeleitete Ergebnis (11.17):
RE
16 l
"Äx" (11.43)
Aus (11.43) können weitere nützliche Ausdrücke für die Auflösung abgeleitet werden:
Bei Punkt-zu-Punkt-Abbildung wird die Dispersion zu
'16 = -Rn (t) / R12(T)h(T)dT , (11.44)
und (11.43) geht über in
RE = / R1 2(T)h(T)dT (11.46)
Für ein..Teilchen mit x = 0 und Zentralbahnimpuls (d. h. 6 = 0) gilt
X(T) = R19(r)
A0.
(11.47) und (11.46) läßt sich schreiben als
D = •*•._. w_r
E AX. * A0. x(T)h(T)dt
l - l
AX • A0 (11.48)
d. h", die Energieauflösung ist proportional zur Weglängendifferenz l - l zwischen Zentralbahn und dem Randstrahl (11.47).
Ferner folgt aus (II.48) mit dem Flächenelement dA = X(T)C!T der Mittelebene und h(x) H l/p :
(11.49)
1
t AX0A00
t
f B ' X(T) A
J Bp dT
0
1 1 ,AX0A00 Bp
t / BdA
0
o
+' Die räumliche Impulsdispersion besitzt folgende Integraldarstellung (Br 67):
t t
R16 W = R12 (*) / Rll (T>h(T)dT - «n (t) / R12 (T)h(T)dT (11.45) o o
Dabei ist h(t) = —JL die Krümmung der Zentralbahn und nur in einem Dipolfeld von Null verschieden.
h(-r)dT = da ist der differentialle Ablenkwinkel der Zentralbahn1.
el, h. die Auflösung ist proportional zum magnetischen Fluß / BdA durch die zwischen Zentralstrahl und Randstrahl eingeschlossene Fläche und umgekehrt proportional zur magnetischen Steifigkeit des Teilchens.
II.3.2 Raumwinkel
Der Raumwinkel n wird durch die Apertur der Eintrittsblende des Spektrographen definiert (Fig. 11.15). Da ein kleinerer Raumwinkel geringere Intensitäten und damit längere Meßzeiten bedeutet, ist ein genügend großer Raumwinkel besonders bei Untersuchung von Reaktionen mit kleinem Wirkungsquerschnitt da/da von besonderem Interesse. Aufgrund kinematischer Effekte (vgl. II.3.3) kommt dabei hauptsächlich nur die Vergrößerung der Apertur in der nichtdispersiven y- Richtung in Frage, was wiederum Fokussierungseigenschaften des Systems in
vertikaler Richtung erfordert. Dies läßt sich durch Vorschalten eines Quadrupols oder durch eine bestimmte Formgebung der Dipolkanten (vgl. II.3.4) erreichen.
Blende
Quelle
Fig. 11.15: Raumwinkel
II.3.3 Kinematische Linienverbreiterung
Die nichtrelativistische Reaktionskinematik (Ma 69) für eine Kernreaktion
A(a,b)B (11.50)
liefert für den Impuls des unter dem Reaktionswinkel e auslaufenden Teilchens b (Fig. II. 16):
m.
Pi cos + /R2 - sis n (11.51) mit
m
IT = A m,
mA+ ma
m« (11.52)
wobei p, den Impuls des Projektils a, E, die Einschußenergie und Q den Q-Wert der Reaktion (11.50) bezeichnet.
In Gl. (11.51) gilt das positive Vorzeichen solange R > 1. Für R < l gibt2 2
es zwei Werte für o und der Reaktionswinkel ist beschränkt durch sin §^ R.
Projektil
Restkern Pi
Targetkern
Fig. 11.16: Reaktionskinematik (Labor-System)
zum
Spektrographen
Wegen der Abhängigkeit des Impulses p2 vom Reaktionswinkel 9 (Fig. 11.17) ergibt sich bei einer horizontalen Apertur von
zwischen Zentralstrahl und Randstrahl.
eine Impulsdifferenz
(11.53) 'LAB
wobei a. AR der mit dem Spektrographen eingestellte Laborwinkel ist. Das negative Vorzeichen in (11.53) ist notwendig, weil der Reaktionswinkel $ im Uhrzeigersinn und die Winkeldivergenz 0 im Gegenuhrzeigersinn gemessen wird (Fig. 11.18). Als auf die Zentralbahn bezogene ImpulsdTfferenz 6 erhält man aus (11.53):
2Ap.
Fig. 11.17: Impulsdifferenz verursacht durch einen Öffnungswinkel 20 Target
Pi
•&LAB Eintrittsblende
Fig. 11.18: Reaktionswinkel Ö| A R und Öffnungswinkel 20
<5 =
'LAB
Mit der Definition
(11.54)
K<\AB> =- V~2
wird aus (11.54)
'LAB
(11.55)
6 = K - G (11.56)
Die Impulsunschärfe s bewirkt über die Dispersion R,6 des Spektrographen die Abweichung x = R,g • <$, so daß sich die Energieauflösung (11.42) ver- schlechtert zu
+ ( R 2 e )1 2 0 z + (R ' K16
(11.57)
Der kinematische Faktor ergibt sich durch Differentiation von (11.51):
K (ft) = sin /R2 - sin2
(11.58)
K ist maximal bei s = 90° und hängt über R hauptsächlich vom Massenverhältnis (m« • niß)/(m • m.) ab. Während also bei schweren Targetkernen (A ^ 200) und leichten Projektilen (a ^ 4) die kinematische Verbreiterung klein ist, muß sie bei leichten Targetkernen unbedingt berücksichtigt werden, da hier eine Auf- lösungsverschlechterung über mehrere Größenordnungen möglich ist.
Auf die Korrektur der kinematischen Verbreiterung wird in Abschnitt IV.2 ein- gegangen.
II.3.4 Polkantenkonturen
Sind an einem Ablenkmagneten der Ein- oder Austrittswinkel zwischen Polschuh und Zentralstrahl von 90° verschieden, so wirken die Polkanten wie Quadrupole und besitzen Fokussierungs- bzw. Defokussierungseigenschaften. Die entsprechenden Matrizen erster Ordnung in x- und y-Richtung sind:
1
1 0 } , — tan ß, 1 j
R =y
i
- — tan ß.
\ po 1 / \ po ' 1
0 1
1 , /
(11.59)
wobei der "Kantenwinkel" ß, den Winkel zwischen x-Achse und Polkante bezeichnet und als positiv definiert ist, wenn die Normale auf die Polkante in Bezug auf den Krümmungsmittelpunkt der Zentralbahn außerhalb der Zentralbahn liegt.
Quelle
Fig. 11.19: Kantenwinkel ß, am Eintritt e-ines Ablenkmagneten
In Fig. 11.19 ist die Wirkung eines positiven Kantenwinkels am Eintritt des Magneten illustriert: Gemäß (11.59) wirkt er in x-Richtung defokussierend
(Rp-, > 0), was ein Hinausschieben des Fokus zur Folge hat und in y-Richtung fokussierend (R34 < 0). Gleichzeitig wird nach (11.49) das Auflösungsvermögen verbessert, da sich für ß, > 0 der magnetische Fluß zwischen Zentral- und Randstrahl vergrößert.
Außerdem lassen sich durch gekrümmte Polschuhkanten höhere Multipolkomponenten erzeugen. So bewirkt z. B. eine konvexe kreisförmige Kante eine Sextupol- stärke (s. Abschnitt II.3.5)
h sec3ß-
(11.60)
(R = Krümmungsradius), die zur Korrektur von Abbildungsfehlern ("Aberrationen") zweiter Ordnung verwendet werden kann.
II.3.5 Aberrationen zweiter und höherer Ordnung
Die Aberrationen zweiter und höherer Ordnung stehen in engem Zusammenhang mit den-verschiedenen Multipolstärken im Magnetfeld eines i.onenoptischen Systems.
Für das Magnetfeld entlang der Mittelebene (y = 0) wird geschrieben:
ßy(x,0,t) = (ßp) Kn(t)xr (11.61)
n=0
(ßp) ist die Steifigkeit des Zentralstrahls, wobei p = p ( t ) . Die Koeffizienten K (t) beschreiben die im Feld enthaltenen Multipolanteile:
n = 0: Dipol n = 1: Quadrupol n = 2: Sextupol usw.
Es gilt:
x=y=0
(11.62)
Als Multipol stärke S entlang einer Strecke L wird definiert:
n = /Kn(t)dt
0
(11.63)
Die Taylor-Entwicklungen (11.19) für die Koordinaten x und y um die Anfangs- werte XQ, yQ, 0Q, $o, 6 lauten:
o o o (11.64)
(.11.65) wobei die Summationen über alle ganzzahligen Werte von K, A, y, v,x durchzu- führen sind.
Die Koeffizienten (x x* y 0JJ <J>^öx) und (y|x^ y 0P <f>vsx) werden als Aberrationen der Ordnung n,
n = K + x + p + v + x (11.66) in x- bzw. y-Richtung bezeichnet. Für n = l und n = 2 sind sie mit den Koeffizienten R - . bzw. T . . . von (11.19) identisch.
l J l JK
Die Aberrationen n-ter Ordnung lassen sich bei Mittelebenensymmetrie der Magnetfelder mit Hilfe Green'scher Integralformeln durch die Koeffizienten erster Ordnung (11.20) ausdrücken (ßr 67)
+ entsprechende Terme für K ,, , K
Die Koordinaten x. sind x, = x(t),-x2 = 0(t), x3 = y(t), x- = 4.(t) und die zugehörigen Green'schen Funktionen G. sind
G^t.x) = Sx(t)Cx(T) - Cx(t)Sx(T) (II.68a) G2(t,T) = Sxl (t)Cx(T) - Cx' (t)Sx(T) (II.68b) G3(t,T) = Sy{t)Cy(.T) - Cy(t)Sy(T) (II.68c) 64(t,T) = Sy' {t)Cy(r) - Cy' (t)Sy(T) (II.68d) Somit sind alle Koeffizienten höherer Ordnung durch die Koeffizienten erster Ordnung und ihrer Ableitungen nach t darstellbar.
Aus Gleichung (11.67) wird ersichtlich, daß eine Aberration n-ter Ordnung nur durch Multipolstärken bis zur Ordnung n beeinflußt werden kann, d. h.
ein Multipol der Ordnung n beeinflußt nur Aberrationen der Ordnung ^ n. Die Mittelebenensymmetrie des Magnetfeldes erlaubt nur Aberrationen, in denen y
und/oder 0 in geradzahliger Anzahl vorkommen, d. h. für A + y + n = gerade, wobei n = 0 für i = 1,2 und n = l für i = 3,4.
Beispiele erlaubter Aberrationen sind
Beispiele unerlaubter Aberrationen sind (x|y), ( x x0 2e ) , (y|yo2)
In Gleichung (11.67) gilt folgende Vorzeichenregel Minuszeichen für \ + u + n = 0, 4, 8, 12 Pluszeichen für X + p + n = 2, 6, 10, 14
Wenn K (T) im Integrationsintervall L (= Länge des Multipols K ) konstant ist, erhält man als Kopplungskoeffizient zwischen dem Multipol n-ter Ordnung und der Aberration n-ter Ordnung:
Sind andererseits die Funktionen erster Ordnung C , C , S , S , d im be-x y x y x trachteten Integrationsintervall annähernd konstant (z. B. für einen kurzen Multipolmagneten), so läßt sich der Kopplungskoeffizient als partielle Ableitung von (11.67) nach der Multipolstärke S definieren:
K ^ y v x x y x y x
"n
II.4 DAS IONENOPTISCHE DESIGN VON BIG KARL II.4.l Anforderungen an BIG KARL
Die Auslegung des Magnetspektrographen hatte sich an den gegebenen Eigenschaften von Zyklotron und Strahlführungs-System zu orientieren. Diese sind in Tabelle II.l zusammengefaßt.
Tabelle II.1: Eigenschaften von Zyklotron und Strahlführungs-System
Zyklotron
Teilchensorten und Energien: Protonen Deuteronen Helium-3 a-Teilchen
22.5 - 45 - 67.5 - 90 -
45 MeV 90 MeV 135 MeV 180 MeV Emittanz des Strahls in x- und y-Richtung: e = e = 20 mm • mrad
x y Energieschärfe des Strahls: E/AE = 300
Strahlführungs-System Doppelmonochromator:
räumliche Impulsdispersion Winkeldispersion
Energieschärfe E/AE Transmission
dispersiver Mode achromatischer Mode 32 cm/%
232 mrad/%
^ 10 000 2 % Strahlfleckausdehnung am Target: l mm s 2x s 50 mm
2y 2 mm
0 144 mrad/%
300 100 %
Fig. 11.20 zeigt einen Überblick über Zyklotron, Strahlführung und Spektrograph, Das aus den Ablenkmagneten AMI und AM2 bestehende Doppel-Monochromatorsystem kann auf zwei Arten betrieben werden:
Fig. 11.20: Zyklotron und Strahlführungs-System zum BIG KARL
1) Im "dispersiven Mode" wird mit Hilfe des Schlitzes IS ein kleines Inipuls- intervall aus dem Zyklotronstrahl herausgeschnitten. Diese Ausblendung ist zwar mit einem Intensitätsverlust bis zu 98 % verbunden, verbessert jedoch die Energieschärfe von 300 auf 10 000.
2) Im "achromatischen Mode" wird der Strahl unbeschnitten weitergeführt, so daß die Eigenschaften des Zyklotronstrahls bei voller Intensität erhalten bleiben.
Um diese Eigenschaften des Monochromatorsystems voll nutzen zu können, sollte der Spektrograph eine Auflösung von E/AE ^ 10 000 besitzen.
Als weitere Hauptforderungen ergaben sich:-
a) Großer Raumwinkel zur Messung von Reaktionen mit kleinem Wirkungsquerschnitt, b) großes Masse-Energie-Produkt Ä $ 540 amu - MeV), so daß Teilchen großer
Steifigkeit (z. B. Tritonen 180 MeV) spektroskopiert werden können, c j große Dispersion, so daß ein on-line-Detektorsystem (Vieldrahtkammer)
verwendet werden kann.
II.4.2 Die wichtigsten Spektrographen-Typen
Die oben gestellten Anforderungen wurden im Laufe der Planung des Jülicher Spektrographen für folgende Systeme diskutiert (Fig. 11.21):
ä) ßrowne-Buechner Spektrograph:
Dieser einfache Spektrograph besteht aus einem 90°-Ablenkmagneten mit kreis- förmigen Polschuhenden, deren Radien gleich dem Ablenkradius der Zentralbahn sind. Der Magnet wirkt also nur fokussierend in der x-Richtung und kinematische Korrekturen sind nicht möglich. Die Auflösung kann nur durch direkte Vergrößerung des Magneten erhöht werden.
b) Split-Pole Spektrograph:
Hier wird der Ablenkmagnet in zwei Teile aufgespalten. Dadurch eröffnen sich
zusätzliche Möglichkeiten, durch Ausnutzen von Kantenwinkeln und Polschuhkrümmungen Doppelfokussierung in x- und y- Richtung zu erreichen. Wie beim Browne-ßuechner
Spektrographen ist die kleine Dispersion von Nachteils so daß in der Detektor- ebene nur mit Photoplatten gearbeitet werden kann.
BROWNE-BUECHNER SPLIT-POLE
D2
D1 D3
QDDD
Q
DETECTOR TARGET
Fig. 11.21: Spektrographen-Typen
c) QDDD-Spektrograph:
Die Abkürzung QDDD oder Q3D bezeichnet ein System, das aus 3 Dipolen und einem vorgeschalteten Quadrupol besteht. Es verbindet große Akzeptanz mit hoher Auf- lösung und kann wegen der großen Dispersion auch mit Vieldrahtkammern arbeiten, Allerdings ist das Masse-Energie-Produkt von ^-A— $ 145 amu • MeV relativ klein.
Die von Karl Brown (SLAC, USA) vorgeschlagene Konfiguration QQDD wurde im IKP zum System QQDDQ ("BIG KARL") weiterentwickelt (Ma 70, Ma 72) und im Hinblick auf die oben genannten Forderungen optimiert.
II.4.3 Die Konfiguration QQDDQ
Der Magnetspektrograph BIG KARL besteht aus dem Quadrupol-Dublett Q,, Q? 9
den zwei Dipolmagneten Dl und D2 und dem letzten Quadrupel Q3 (Fig. 11.22)
D 2
D1
TARGET
Fig. 11.22: lonenoptische Elemente von BIG KARL
Die Auslegung der Elemente wurde mit Hilfe des Programms TRANSPORT in erster Ordnung berechnet und die Auflösung wurde optimiert. Für die Auslegung der Magnete wurde das Programm POISSON und gleichzeitig das Programm MAGBER zur Minimal isierung der Magnetkosten verwendet. (Programmbeschreibungen siehe Anhang A). Danach wurden die Aberrationen zweiter Ordnung mit TRANSPORT berechnet und die besten Positionen für das Ansetzen von Korrekturelementen festgelegt (vgl . II. 3. 4). Anschließend wurden mit den Programmen ENGPIS und TURTLE die zur Korrektur notwendigen Multipolstärken (Kantenwinkel, Polschuh- krümmungen) optimiert.
lonenoptische Bedeutung der einzelnen Elemente:
- Der Quadrupel Q« erzeugt einen Zwischenfokus in x-Richtung vor Dl. Durch die anschließende Defokussierung vor dem Eintritt in den Ablenkmagneten wird die Auflösung verbessert (vgl. II. 3. 4 und Gl . (11.49)). Andererseits trägt der vertikal fokussierende Quadrupol Q-, zur Vergrößerung des Raum- winkels bei.
- Die Kantenwinkel ß und ß sorgen für die y-Fokussierung zwischen den Dipolen und minimal isieren den Polschuhabstand der Dipole und damit die Kosten.
- Die Pol schuhkrümmungen am Ein- und Austritt der Ablenkmagnete dienen der Korrektur 2. Ordnung.
- Mit Hilfe des Quadrupels Q3 kann (zusammen mit Q, und Q2) die Dispersion variiert werden. Fig. 11.23 zeigt den Verlauf der Funktion Rio(t) = S (t) durch das System für verschiedene Werte der Dispersion. Sie erzeugt über Gl . (11.46) das Auflösungsvermögen des Spektrographen.
Der Einfluß der Q3-Feldstärke auf die wichtigsten Kenngrüßen ist in Fig. 11.24 illustriert.
Die ionenoptischen Eigenschaften von BIG KARL sind in Tabelle II. 2 zusammen- gefaßt.
Q1 02
R
Fig. 11.23: Sine-1ike-function S = R,2 von BIG KARL für verschiedene Dispersions- werte D (cm/%).
Tabelle II.2: lonenoptische Eigenschaften von BIG KARL
Ablenkradius der Zentralbahn Laborwinkel
Raumwinkel
Mass-Energie-Produkt Länge der Fokalebene
variable Dispersion D (cm/%) horizontale Vergrößerung M
A
vertikale Vergrößerung M Verhältnis D/Mv (cm)
A
Impulsauflösung für 2x = l mm
po = -10°
RlE
1.98 m
sLAB o 12.5 msterad 540 amu • MeV l m
0 6.5 17 24
0.4 0.54 0.85 0.95 22 18 7.1 1.0 0 1200 2000 2500 0 12000 20000 25000
- 0 . 5 0 - 0 . 2 5 BE-06 0 . 2 5 0.50 0 . 7 5 I . 0 0 B03*
-0
--
50 -0
\
25 BE
"V
x
06 0.
\
?5 0.
\
50 0.
\
n i .
BO]'
1 0 -
DICU//. I . 0
-0.50 - 0 . 2 5 8E-06 0 . 2 5 0 . 5 0 O . r S 1 .00 803*
-0.50 - 0 . 2 5 8E-06 0 . 2 5 0 . 5 0 0 . 7 5 1.00 B03*
Fig. 11.24: Vergrößerungen M , M , Dispersion D und das Verhältnis D/M als
A y A
Funktion von BQ3* (= normierte Feldstärke des Quadrupols Q3).
11.5 TECHNISCHER AUFBAU
Der Aufbau des Spektrographen gliedert sich in folgende Teile - Magnete und Stromversorgung
- Support und Abschirmung - Streukammer und Vakuumsystem
Zwei weitere Abschnitte befassen sich mit - Detektorsystem
- Steuerung und on-line Datenerfassung
II.5.l Magnete und Stromversorgung
Die Dipolmagnete sind H-Typ Magnete, gefertigt aus speziell wärmebehandeltem Eisen (Kohlegehalt < 0.06 %}. Ihre wichtigsten Kenngrößen sind in Tabelle 11.3 zusammengefaßt. Durch hohe Anforderungen an Material und Fertigungstoleranzen wurden die notwendige Homogenität und Reproduzierbarkeit des Magnetfeldes sichergestellt. Fig. 11.25 zeigt einen Querschnitt durch den Magneten Dl.
Tabelle II.3: Kenngrößen der Dipolmagnete
Dl D2
Polschuhabstand 6 cm 6 cm Pol schuhbreite 60 cm 82 cm Pol schuhlänge 253 cm 260 cm geometrischer Ablenkradius p 192 cm 192 cm
Ablenkwinkel aQ 78.3° 78.3°
Kantenwinkel Eintritt/Austritt 0°/30° 30°/0°
Polschuhkrümmung Eintritt/Austritt 105 cm/ 106 cm -250 cm/-357 cm Gewicht ^ 50 t ^ 70 t Feldstärke in beiden Dipolen 2 bis 17.5 kGauss
Fig. 11.25: Schnitt durch Dipolmagnet Dl
l Joch, 2 Hauptspule, 3 Vakuumkammer, 4 Polschuh, 5 Ht-Windung, 6 Ht-Schlitz
Hier sind neben den Haupterregungsspulen die sogenannten Ht-Windungen sichtbar;
es sind dies parallel zur Strahlrfchtung in die Polschuhe eingebettete Korrek- turspulen, deren Wirkungsweise in Abschnitt III.3 beschrieben wird.
Die Kenngrößen der Quadrupole Q,, Q« und Q~ sind in Tabelle II.4 zusammenge- faßt. Um den Bereich des einstellbaren Laborwinkels nach rückwärtigen Winkeln zu vergrößern, wurde bei der Auslegung der identischen Quadrupole Q, und Q2
die Magnetbreite möglichst klein gehalten.
Die Stromversorgung der Magnete erfolgt über 5 Netzgeräte mit einer totalen Leistungsaufnahme von maximal 580 kW. Diese Leistung wird in den als Hohl- leiter ausgebildeten Spulen als Wärme an das Wasser des Kühlkreislaufs abgegeben.
Tabelle II.4: Kenngrößen der Quadrupelmagnete
Apertur
Maximale Feldstärke am Pol schuh Magnetische Länge
Gewicht
Qj, Q2
18 cm 8 kGauss 50 cm
2.5 t
«3 38 cm
8.5 kGauss 80 cm
10 t
11.5.2 Support und Abschirmung
Die Magnete des Spektrpgraphen sind auf einem Stahlgerlist (Support) montiert, das in horizontaler Richtung um das Target gedreht werden kann. Zu diesem Zweck wird der Support mittels Luftkissen angehoben und von einem Motor über ein Reibrad fortbewegt. Dadurch lassen sich Laborwinkel zwischen - 10 und 140° mit einer Genauigkeit von +_ 0.02° einstellen.
Mitgedreht wird dabei auch die auf eigenen Luftkissen ruhende Betonabschirmung um den Targetbereich, wobei für das feststehende Strahlrohr des Strahlführungs- systems eine schmale seitliche Öffnung in der sonst geschlossenen Abschirmung ausgespart ist. Primäre Aufgabe dieser Abschirmung ist es, das Detektorsystem von störender Strahlung aus dem Targetbereich (Neutronen- und y-Strahlung) zu schützen.
Einen Oberblick über das Gesamtsystem vermittelt die in Fig. 11.26 abgebildete Photographie.
11.5.3 Streukammer und Vakuumsystem
Die Streukammer ist ein Topf von 40 cm Durchmesser, dessen Wand sich mit dem Strahlrohr des Spektrographen mitdreht, während Deckel und Boden bezüglich des einfallenden Strahls fixiert sind. Das Strahlrohr des Strahlführungssystems ist über ein bewegliches Stahlband ("sliding seal") an die Streukammer ge- flanscht.
Durch die auf dem Kammerdeckel montierte Schleuse werden die gewünschten Targets ferngesteuert in die Streukanuner eingefahren, wobei ein vom Labor- winkel d|AB unabhängiger Targetwinkel y (vgl. Fig. IV.9) eingestellt werden
kann. Ebenfalls am Kammerdeckel befestigt ist der Faraday-Cup mit dem der Primärstrahl hinter dem Target gestoppt und Über einen Ladungsintegrator die einfallende Strahlintensität gemessen wird.
Zwischen Streukammer und Quadrupel Q befindet sich ein Blendensystem, mit dem der Raumwinkel des Spektrographen definiert wird. Es besteht aus einem horizontalen und einem vertikalen Paar von Schlitzen, die unabhängig von- einander verfahren werden können.
Das Vakuumsystem des Spektrographen besteht aus der durch die Magnete führenden Vakuumkammer, welche die Streukammer mit der Detektorkammer ver- bindet. Das erforderlich)
Pumpen aufrechterhalten.
bindet. Das erforderliche Vakuum von < 10" Torr wird darin durch Kryo-
II.5.4 Detektorsystem
Das Detektorsystem besteht aus folgenden Elementen (.Fig. 11.27):
a) MWPC (Kö 78):
In der Fokalebene des Spektrographen befindet sich eine Vieldrahtkammer
(MWPC = Multi Wire Proportional Chamber) zur Bestimmung der Durchflugposition (x,y) der Teilchen. Sie arbeitet nach dem folgenden Prinzip:
Der von einem durchfliegenden Teilchen in den Kathoden (erste und fünfte
Drahtebene von Fig.«II.27) induzierte Ladungsimpuls wird tn eine Verzögerungs- leitung eingekoppelt, wo er nach beiden Seiten auseinanderfließt. An den Enden der Verzögerungsleitungen können also je zwei Signale (ASTART und AcTnp bzw.
BSTART üncl BSTOp) aus9elesen werden. Aus den Laufzeitunterschieden dieser Signale ergeben sich zwei Koordinaten (A,B) der Durchflugposition in einem gegenüber dem x,y-System um 45 gedrehten Koordinatensystem. Daraus werden die x- und y-Koordinaten durch eine einfache (elektronisch durchgeführte)
Koordinatentransformation gewonnen. Die erreichte Ortsauflösung liegt bei AX = Ay = 0.5 mm.
Die auf dem Potential + 600 V liegende mittlere Drahtebene dient der elektro- statischen Abschirmung im Doppelkammersystem und liefert zusätzlich ein Koinzi- denzsignal, das als Startsignal des Auslesevorganges verwendet wird.
Photovervielfacher Lichtleiter
Plastikszintilator
Verzögerungsleitung
STOP 'STOP
Fig. 11.27: Das BIG KARL Detektorsystem
b) AE-Zähler (Kö 78)
Nach der MWPC durchlaufen die Teilchen einen weiteren Proportionalzähler, der ein zum Energieverlust des Teilchens im Zählgas proportionales Signal
AE abgibt und damit eine Unterscheidung verschiedener Teilchensorten er-%
möglicht.
MWPC und AE-Zä'hler sind in einem Gehäuse montiert und arbeiten mit demselben Zähl gas (Isobutan (60 %) - Argon (30 %) - C02 (10 %) - Gemisch unter Normal- druck), das vom Vakuum des Spektrographen durch eine von Nylon-Fäden ge- stützte Mylar-Folie getrennt ist. Die aktive Fläche der als Prototypen
gebauten Zähler beträgt 30 x 4 cm , womit lediglich 1/3 der l m langen Fokal-2 ebene des Spektrographen genutzt werden kann.
c) Szintillations-Zähler (Be 80):
Schließlich treffen die Teilchen am Ende des Systems auf zwei hintereinander- liegende Plastikszintillatoren, mit denen der Energieverlust (dünner Plastik) und die Energie (dicker Plastik) zur nochmaligen Teilchenidentifizierung gemessen werden. Ferner liefern diese Zähler ein schnelles Zeitsignal für Flugzeit-
messungen zum Zwecke weiterer Untergrundreduzierung.
II.5.5 Steuerung und on-line Datenerfassung
Sämtliche wichtigen Funktionen des Spektrographen werden von einem PDP 11/40 Rechner über CAMAC gesteuert. Die zentralen Aufgaben (Steuerung der Netzgeräte und der Eintrittsschlitze, Ist-Wert-Erfassung von Strömen und Magnetfeld- starken) werden dabei vom Programm CYCLE (s. Anhang A) wahrgenommen. Parallel dazu stehen in dem unter RSX ("multiuser/multitask-system") betriebenen
Rechner verschiedene Hilfsprogramme zur Verfügung (z. ß. Programme zum Messen und Flotten von Dipolfeld-Profilen, Kinematikprogramme usw.).
Die Aufnahme der vom Detektor-System gelieferten Meßdaten erfolgt mit Hilfe des Sortierprogramms MWPC (s. Anhang A ) , das auf einem PDP 15 Rechner unter DOS installiert ist.
III. FELDMESSUNGEN UND HT-SPULEN
Zur Bestimmung der magnetischen Eigenschaften der Dipol- und Quadrupolmagnete des Spektrographen wurden mehrere Feldmessungen durchgeführt und mit theore- tischen Modellen verglichen. Als für den Betrieb des Spektrographen wichtige Parameter ergaben sich hieraus die "magnetischen Längen" der Quadrupolmagnete und der Verlauf der "virtuellen Feldgrenzen" der Dipolmagnete. Die Feld- messungen und die Analyse der Dipol-Streufelder werden in den beiden ersten Abschnitten dieses Kapitels beschrieben.
Ein weiterer Abschnitt befaßt sich mit der Wirkungsweise der Ht-Korrektur- spulen und ihrem Einsatz in der Erzeugung von Multipel Komponenten in den beiden Dipolmagneten.
III.1 FELDMESSUNGEN III.1.1 Dipol-Felder
An den beiden Dipolmagneten wurden folgende drei Meßverfahren angewandt (Fig. III.1).
a) Ein Meßwagen wurde längs einer Schiene in azimutaler Richtung in der magnetischen Mittelebene durch die Magnete gefahren. Mit einer auf dem Wagen montierten NMR-Probe ' wurde das Feld entlang mehrerer Radien ge- messen. Eine so aufgenommene Feldkarte des Dipols D, zeigt Fig. III.2.
Fig. III.1: Feldmeßmethoden an den Dipolmagneten
*' NMR = Nuclear Magnetic Resonance
78766
Fig. III.2: Homogene Feldregion in der Mittelebene des Dipols Dl bei 35 % Hauptstrom. Der leichte Feldanstieg in der Magnetmitte ist eine Folge der Zweiteilung der Magnetjoche in radialer Richtung.
b) Zur Bestimmung der radialen Feldform in den Dipolen lassen sich durch zwei Bohrungen in den Seitenjochen die mit NMR-Probeo bestückten FUWEL- Sonden einführen. Die vier Sonden werden im Experimentierbetrieb dazu benutzt, den Ist-Wert der Dipolfelder zu messen und die durch die Ht- Spulen erzeugten Multipolkomponenten zu berechnen (vgl. Abschnitt 111.4).
c) Die Streufelder am Ein- und Austritt der Magnete wurden mit einem in zwei Richtungen verfahrbaren Kreuztisch vermessen. Der auf dem Tisch montierte Sondenarm enthält eine zylindrische Meßspule, die mit konstanter Geschwindig- keit in z-Richtung bewegt wird, wobei die dadurch in der Spule induzierte Spannung proportional zum Feldgradienten 9B /9z ist (Ga 76).
Bei allen Messungen erfolgten Steuerung und Datenaufnähme durch einen
PDPll/40-Prozessrechner, der über ein CAMAC-System mit den Meßeinrichtungen verbunden war.
Alle Messungen wurden bei 4 verschiedenen Stromstärken (20 %, 35 %, 50 %, 6!3 %) der Magnetspulen durchgeführt, so daß die Abhängigkeit der Feldpara- meter vom Feldntveau gewonnen werden konnte.
III.1.2 Quadrupel-Feider
Bei den Quadrupolraagneten beschränkte sich die Feldmessung auf die Bestimmung der ionenoptisch wichtigen "magnetischen Längen" (-vgl. III.2) der Magnete mit Hilfe der Kreuztischmeßmethode.
III.2 DIPOL-STREUFELDER
III.2.l Die virtuellen Feldgrenzen
Alle in Kap, II gemachten Aussagen über die lonenoptik geladener Teilchen in Magnetfeldern gingen von der Voraussetzung aus, daß das Feld beim Ein- und Austritt eines Magneten einen diskontinuierlichen Sprung von Null auf einen konstanten Wert B macht (Fig. III.3a).
B
(A)
VFB B L
(B)
Fig. III.3: Magnetfeld eines idealen (a) und eines realen Magneten (b).
Der stetige Verlauf des Streufeldes in realen Magneten (Fig. III. 3b) wird für Rechenzwecke ersetzt durch einen Feldsprung an der "virtuellen Feldgrenze"
VFB (virtual field boundary), welche durch die Definition
Zo = E T (III.1)
gegeben ist, wobei der Punkt Z, im homogenen Bereich des Magneten liegt.
Diese Näherung ist deshalb sinnvoll, weil für die Bewegung eines Teilchens das Integral / ßdl, welches das Teilchen entlang seiner Bahn "sieht", ausschlaggebend ist.
Um ein zu weit reichendes Streufeld und von außen kommende Störfelder einzugrenzen, wurden an den Dipolen des Spektrographen sogenannte "field clamps" eingesetzt (Fig. III.4).
field clamp
\\\\\\N
BÖ1.0 0.8 0.6 0.4 0.2
-20 -tO
VFB mit field clamps IVFB ohne field clamps I
I I
10 20 z (cm)
Fig. III.4: Field clamp an einem Dipolmagneten
Fig. III.5: Streufeldverlauf mit und ohne field clamp, Die field clamps verursachen einen magnetischen Kurzschluß im Streufeld, wodurch sich der Verlauf der VFB beeinflussen läßt (Fig. III.5).
II1.2.2 Streufeld-ftodelle
Zur Beschreibung der Di pol-Streufei der in der Hittelebene wurde folgendes Modell benutzt (En 67):
Vx'°'z> = ßo exp (.111.2)
Dabei ist B (x,o,z) die y-Komponente des Streufelds und B der Feldwert im homogenen Innenbereich des Dipols und P das Polynom
p = c + e s + e s2 + e s3 + e s4 + c sb
0 l L 3 4 b (III.3)
wobei s den in Einheiten D des Polschuhabstandes gemessenen senkrechten Abstand des Punktes (x,o,z) vom Polschuhende bezeichnet (Fig. III.6):t
s == /(A + z)2 + x2 - A (III.4)
mit A als Krümmungsradius des Polschuhes. Die Koordinaten x und z werden hierbei in einem Koordinatensystem x,y,z gemessen, dessen Ursprung 0 im Schnittpunkt von Zentralbahn und Polschuhrand liegt und dessen z-Achse vertikal zum Pol schuh nach außen zeigt.
(x.O.z)
Zentralbahn
Polschuh
Fig. III.6: Das Streufeld-Koordinatensystem
Da bei der Spulenmeßmethode der Gradient 9B /9z des Feldes in z-Richtung gemessen
J
wurde, war es naheliegend, die Koeffizienten c. durch Anpassen des Gradienten an die Meßdaten zu bestimmen. Aus Gl. (III.2) folgt:
9B 9B mit
und
as P'(s) 3S 9z 3s 9z 2 -t- exp(P) + exp(-P) 9z
2 3 4
, . «_-«;> -t- jc0s + 4cfls + 5ccr l c. j >\ D
P'(s) = c, + 2c9s + 3CoS + 4c«s + 5CrS
z) z)2 + x2] -1/2
(III.5)
(III.6)
(III.7) Die Anpassung dieses Modells an die Meßdaten erfolgte mit dem Fit-Programm MINUIT (s. Anhang A). Fig. III.7 zeigt ein Beispiel eines solchen Fits. Mit den hieraus gewonnenen 16 Parametersätzen c. (i = 0 5) konnten die 4 Streufeldbereiche der Dipole für je 4 Stromstärken (20 %, 35 %, 50 %, 65 %) mit ausreichender Genauig- keit beschrieben und damit der geometrische Verlauf der Feldgrenzen (VFB) be- stimmt werden.
3 Z (D)
Fig. III.7: Beispiel eines Gradienten-Fits (die Meßdaten sind durch Kreuze gekennzeichnet)
111.3 DIE HT-KORREKTURSPULEN
Die Ht-Korrekturspulen sind in die Polschuhe der Dipolmagnete eingebettet und dienen der Erzeugung von Multipel Komponenten, die dem. Dipolhauptfeld überlagert werden. Der vorliegende Abschnitt beschreibt ihre Wirkungsweise und Eigenschaften, während auf ihre Anwendung zu Korrekturen von Aberrationen in Abschnitt IV.l eingegangen wird.
III.3.l Wirkungsweise der Ht-Spulen
Im homogenen Bereich eines Magneten mit Mittelebenensymmetrie (Fig. III.B) läßt sich die vertikale Feldkomponente H (x,o) entlang der Mittelebene durch
•J
die horizontale Komponente H (x,y) außerhalb der Mittelebene wie folgt aus-
A
drücken (Ha 73):
Hy(x,o) = Hx(x',y) tanh dx' (III.9)
Mittet -
v
ebene tf , n
—ti
H y ( X . O )
^Hx(x. \ "tf
y)
H—
h_
Fig. III.8: Horizontale und vertikale Feldkomponenten in einem Dipolmagneten
Für ein homogenes Feld in der Mittelebene, d. h. für H (x,o) = const., muß deshalb stets
Hx(x,y) = 0 (III.10)
sein.
An der Grenzfläche zwischen Eisen und Luft (y = 7) sind die Normalkomponente -»- <-
der magnetischen Induktion B und die Tangentialkomponente der magnetischen Feldstärke H stetig (Fig. III.9).
Eisen:
Bt1=Ht1
Fig. III.9: Grenzbedingungen an der Polschuhoberfläche
Bnl = Bn2 = Bn
Htl = Ht2 = Ht
Ciii.u) Cm.12)
Ferner ist
Ht (.111.13)