D
er Holzschnitt, dessen Vorläufer im Mittelalter der Zeugdruck, also das Bedrucken von Textilgewebe war, gehört zu den ältesten grafischen Verfahren. Vor al- lem zwei Umständen ver- dankt er seine Entstehung:Zum einen wurde in der zwei- ten Hälfte des 14. Jahrhun- derts die Papierfabrikation in Europa eingeführt, und zum anderen wuchs mit dem Auf- kommen der Privatandacht der Bedarf an Abbildungen von Heiligen und deren Le- bensgeschichte oder Vita. Bei den ersten Holzschnitten handelte es sich um Einzel- blätter, so genannte Einblatt- holzschnitte, von denen heute beinahe 3 400 erhalten bezie- hungsweise bekannt sind. Ko- lorierte Einblattholzschnitte wurden im ausgehenden Mit- telalter von fahrenden Händ- lern auf Jahrmärkten ver- kauft. Gedruckt wurde nur der schwarzweiße Holzschnitt, die
weißen Flächen wurden mit dem Pinsel mit transparenten Wasserfarben ausgefüllt, die die gedruckten Linien nicht überdeckten.
Sie dienten als Flugblätter und auch als Streitschriften in Bildform. Daneben hatten sie durch religiöse Themen eine mahnende oder erzieherische Funktion, indem sie dem ein- fachen Volk den Schutz der Heiligen suggerieren und so seinen Glauben vertiefen soll-
ten. Die Erhaltung der noch existierenden Drucke ist meist Zufällen zu verdanken; zum Beispiel, dass sie in sparsamen Klöstern als Vorsatzpapiere in Bücher eingeklebt wurden, wo man sie dann vier bis fünf Jahrhunderte später wieder entdeckte.
Bei den frühesten Exem- plaren wurde der Text nach dem Druck mit der Hand ein- gefügt. Später schnitt man den Text zusammen mit dem Bild in den Holzstock hinein, und die Einblattholzschnitte wurden nach dem Druck zu
„Blockbüchern“ zusammen- gebunden. Etwa dreißig sol- cher Blockbücher in mehr als hundert verschiedenen Aus- gaben sind heute bekannt.
Die ersten entstanden um 1420; da jedoch der 1455 von Johannes Gutenberg in Mainz erfundene Druck mit beweglichen Lettern diesem Verfahren weit überlegen war, geht ihre Geschichte
schon 40 bis 50 Jahre später bereits wieder zu Ende.
Von den frühesten Holz- schnittzeichnern kennt man keine Namen. Die ersten be- kannten Künstler nahmen sich in den 80er-Jahren des 15. Jahrhunderts des Holz- schnitts an: zuerst Michael Wolgemut (1434–1519), und dann vor allem dessen Schüler Albrecht Dürer, des- sen „Apokalypse“ einen Höhepunkt in der Entwick-
lung dieser Handwerkskunst darstellt.
Um 1510 entstanden die ersten Farbholzschnitte. Bis dahin war die Druckgrafik in erster Linie eine Schwarz- weißkunst. Der echte Farb- druck erfordert, dass jede Farbe ihre eigene Druckplat- te erhält, auf der jeweils nur das dargestellt ist, was in der betreffenden Farbe erschei- nen soll. Nach Herstellung des ersten Druckstocks bleibt daher nur ein geringer Spiel- raum für künstlerischen Ein-
fallsreichtum, und der Zwang zur Wiederholung und Ein- passung der Formen ist ent- sprechend groß.
Die ersten Versuche im Zusammendruck verschieden gefärbter Platten unternah- men 1486 der Augsburger Drucker Erhard Radtold und vier Jahre später J. Hammann mit Holzschnitten in drei Far- ben. Allerdings scheint der Aufwand in keinem Verhält- nis zum Erfolg gestanden zu haben, denn sie setzten ihre Bemühungen um diese Tech- nik nicht fort. Möglicherwei- se ist es dem Einfluss der rei- nen schwarzweißen Grafik Dürers zuzuschreiben, dass die Beschäftigung mit Farb- drucken in Deutschland da- mals nicht weiterverfolgt wurde, während sie in Italien eine Blüte erfuhr.
Im Laufe des 16. Jahrhun- derts trat dann der Holz- schnitt zugunsten des Kupfer- stichs allmählich in den Hin- tergrund, um erst in der zwei- ten Hälfte des 19. Jahrhun- derts einen neuen Höhepunkt zu erleben, nachhaltig beein- flusst durch den japanischen Farbholzschnitt.
In Europa versuchten Künstler dem Holz- bezie- hungsweise Farbholzschnitt die Größe und Ausdruckskraft der Frühzeit wiederzugeben.
Für die Expressionisten wurde er sogar zum wichtigsten Aus- drucksmittel. Auch heute hat der Holzschnitt noch nichts von seinem Charme einge- büßt. Dr. Susanne Schöning V A R I A
Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 1–2½½½½7. Januar 2002 AA61
Holzschnittkalender
V o n b e son d ere m C ha rm e
Der Holzschnitt, eines der ältesten grafischen Verfahren, erfreute sich bei Künstlern immer wieder großer Beliebtheit.
Hinweis auf den Holzschnitt-Kalender:Im Dezember erschien der neue Holz- schnittkalender der Werkstatt am Küppel. Der Künstlerkalender besteht in die- sem Jahr erstmalig aus 13 Farbholzschnitten. Er ist als Dauerkalender mit Platz für Einträge konzipiert. Da die auf 520 Exemplare limitierte Auflage erfahrungs- gemäß schnell vergriffen ist, empfiehlt es sich, mit der Bestellung nicht allzu lan- ge zu warten. Dauerkalender „Aus Hof und Garten“, mit Blumen, Tieren und Früchten, Original Farbholzschnitte (Zwei- und Drei-Farbdrucke) in limitierter und nummerierter Auflage, Anzahl: 520 Stück, Ringbindung, Größe 34,5 cm x 23,5 cm, Kosten: 23 Azuzüglich 3 AVersandkosten. Bezug: Anne Schöning, Werkstatt am Küppel, Sparbrod 9, 36129 Gersfeld/Rhön, Telefon: 0 66 54/79 99.
Feuilleton