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Archiv "Chest Pain Units: Wo Brustschmerzen gezielt „gefiltert“ werden" (20.04.2001)

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ngina-pectoris-Beschwerden sind mit Abstand der häufigste Grund, die Notaufnahme eines Kranken- hauses aufzusuchen. Zur genauen Ab- klärung der Symptomatik werden die Betroffenen für gewöhnlich umgehend in die Klinik aufgenommen. Hier ver- weilen sie in aller Regel neun bis zehn Tage lang. Erfahrungsgemäß leiden je- doch nur wenige von ihnen an einem le- bensgefährlichen, akuten Koronarsyn- drom, das eine umgehende Intensivbe- treuung oder gar revaskularisierende Maßnahme erfordert.

Bei den meisten Patienten gehen die Brustschmerzen auf nicht unmittelbar bedrohliche Erkrankungen des Her- zens oder anderer Organe zurück. Eine Hospitalisierung ist in solchen Fälle nach Ansicht des irischen Kardiolo- gen John P. Dougan (Regional Medical Cardiology Centre Belfast) größtenteils überflüssig und belastet die Ressourcen des Gesundheitssystems. Um die Risi- kostratifizierung von Patienten mit Brustschmerzen zu beschleunigen und überflüssige Krankenhausaufenthalte zu vermeiden, haben einige Länder so genannte Chest Pain Units (bezie- hungsweise Clinics) eingerichtet. Dabei handelt es sich um spezielle, meist an die Notaufnahme eines Krankenhauses angegliederte Zentren, in denen die Pa- tienten nach standardisierten Vorgaben untersucht werden.

Gute Erfahrungen mit einer solchen Einrichtung hat R. W. Koster von der Amsterdamer Universitätsklinik ge- sammelt, an der es seit über 20 Jahren eine Chest Pain Unit gibt. Diese befin- det sich in unmittelbarer Nähe der Not- aufnahme. Geleitet wird die Einrich-

tung von zwei hoch qualifizierten Kran- kenschwestern und zwei kardiologisch versierten Ärzten. An welchen Be- schwerden die ankommenden Patien- ten leiden und wie die Betroffenen anschließend versorgt werden, haben Koster und seine Kollegen genauer er- forscht.

Einbezogen wurden in die Studie knapp 2 000 Probanden, die im Verlauf eines Jahres das Amsterdamer Herz- schmerz-Zentrum aufsuchten. Von die- sen klagten 56 Prozent über starke Brustschmerzen, 16 Prozent über Palpi- tationen und zehn Prozent über Atem- not; weitere sechs Prozent hatten eine Synkope erlitten, und die übrigen Perso- nen berichteten von anderen Beschwer- den. Wie sich herausstellte, hatten zwölf Prozent der Patienten einen aku- ten Myokardinfarkt, 19 Prozent eine in- stabile Angina pectoris und 17 Prozent eine schwere Arrhythmie. Bei den an- deren Kranken wurden weniger be- drohliche Störungen diagnostiziert.

Es reicht aus, bestehende Strukturen neu zu organisieren

Mehr als 50 Prozent aller Patienten benötigten keine spezielle Behandlung, und bei 30 Prozent musste man le- diglich die medikamentöse Therapie neu einstellen. Nur bei etwa 20 Prozent der Fälle sei eine intravenöse Medika- tion oder eine elektrische Kardioversi- on erforderlich gewesen. Was die Dau- er des Aufenthalts in der Chest Pain Unit anbelangte, konnte rund die Hälf- te der Patienten innerhalb von vier

Stunden entlassen werden. Aufgrund der gezielten Diagnostik in der Spezial- einrichtung sei es möglich gewesen, Pa- tienten mit akutem koronaren Ereignis schnell zu identifizieren und zu be- handeln.

In Deutschland hat sich das Konzept der Chest Pain Units noch nicht durch- gesetzt. Prof. Raimund Erbel (Abtei- lung für Kardiologie der Universitäts- klinik Essen) hält die Einführung sol- cher Zentren auch hierzulande für sinn- voll. Seiner Ansicht nach dürfte es ausreichen, die bestehenden Struktu- ren neu zu organisieren. Hilfreich sei in dem Zusammenhang unter anderem ei- ne intensivere Nutzung der Telekom- munikation. Auf diesem Weg könne sich etwa ein kardiologisch weniger er- fahrener Arzt den Rat eines Speziali- sten einholen, wenn das EKG keine eindeutige Diagnose erlaube.

Ganz ohne die Einstellung von neu- em Personal werde sich eine Chest Pain Unit jedoch nicht betreiben lassen, so Erbel. Im Hinblick auf die geringere Zahl an Hospitalisierungen dürften sich diese Mehrausgaben jedoch lohnen.

Den gleichen Schluss legen auch die Er- fahrungen anderer Länder nahe. Auf- grund der unterschiedlichen Gesund- heitssysteme lassen sich solche Er- kenntnisse aber nicht ohne weiteres auf die hiesigen Verhältnisse übertragen.

Dass Patienten mit Brustschmerzen auch in Deutschland oft viel zu lange im Krankenhaus bleiben, geht aus einer Untersuchung Berliner Kardiologen und Notärzte um Dr. Hans-Richard Arntz (Klinikum Benjamin Franklin, Berlin) hervor. Die Ärzte verfolgten das Schicksal von 342 Männern und Frauen, zu denen der Notarzt wegen eines schweren Angina-pectoris-Anfalls gerufen wurde.

304 Betroffene wurden daraufhin ins Krankenhaus aufgenommen und ver- brachten hier im Mittel elf Tage. Zwi- schen der Schwere der Erkrankung und der Dauer des Klinikaufenthalts be- stand keinerlei Beziehung. Wie die Un- tersuchungen ergaben, hätte rund ein Drittel der Patienten bereits nach einer Beobachtungszeit von höchstens acht Stunden entlassen werden können.

Über ähnliche Beobachtungen berich- teten kürzlich auch andere Arbeits- gruppen. Dr. med. Nicola von Lutterotti P O L I T I K

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A1038 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 16½½½½20. April 2001

Chest Pain Units

Wo Brustschmerzen gezielt

„gefiltert“ werden

Die meisten Patienten mit „pektanginösen“ Beschwerden leiden nicht an einer lebensbedrohlichen Erkrankung des Herzens. Erfahrungen aus dem Ausland zeigen, dass „Chest Pain Units“ überflüssige Hospitalisierungen vermeiden.

Medizinreport

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