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Archiv "Therapie mit Sexualhormonen beim alternden Mann" (24.11.2000)

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D

er Alterungsprozess geht mit ei- ner verminderten Sekretion hypo- physärer, adrenaler und gonada- ler Hormone einher. Bei beiden Ge- schlechtern nehmen die Konzentratio- nen von Wachstumshormon und adre- nalen Androgenen (Dehydroepiandro- steron [DHEA] und DHEA-Sulfat [DHEAS]) ab. Bei Männern kommt es

darüber hinaus zu einer kontinuierli- chen Abnahme der Testosteronproduk- tion und -konzentration im Serum, oh- ne dass allerdings eine so markante zeitliche Zäsur, wie der Abfall der Östrogene zum Eintritt der Menopause bei Frauen, definiert werden kann. Ei- ne gleichzeitige Zunahme des Sexual- hormon-bindenden Globulins (SHBG) kann die Entwicklung eines Testoste- ronmangels akzelerieren, da sie speziell zum Abfall des ungebundenen, das heißt des biologisch aktiven Testoster- ons führt. Testosteronmetabolite wie das Östradiol sinken parallel, aber nicht

überproportional in ihrer Konzentrati- on ab (8).

20 Prozent der 60-jährigen Männer und 35 Prozent der über 80-jährigen ha- ben einen Testosteronspiegel unterhalb der unteren Referenzgrenze von 12 nmol/l (11). Die Beziehung zwischen Testosteronkonzentration und Sympto- men des Hypogonadismus (Tabelle 1) wird im höheren Lebensal- ter durch eine Vielzahl von Faktoren erschwert: Er- krankungen, die zu hormo- nellen Veränderungen füh- ren, treten gehäuft auf; exo- gene (zum Beispiel Medi- kamente) und endogene Faktoren (zum Beispiel Adipositas), die zu einer Verminderung von Bin- dungsproteinen (Sexual- hormon-bindendes Globu- lin [SHBG], Albumin) füh- ren, nehmen zu. Viele be- klagte Beschwerden, wie die Beeinträchtigung kör- perlicher und geistiger Ak- tivität oder sexueller Funk- tionen sind bei Männern im hohen Lebensalter multifaktorieller Ge- nese, sodass sie im Einzelfall nur schwie- rig auf eine einzelne Ursache, wie etwa einen Hormonmangel, zurückgeführt werden können.

Metabolismus und biologische Effekte von Sexualsteroiden

Mit einer täglichen Sekretion von etwa 7 mg sind die Leydig-Zellen des Hodens die physiologische Hauptquelle des Testosterons, während die Konversion adrenaler Androgene nur zu etwa zehn Prozent der Testosteronmenge beiträgt (20). Die Metabolite 5a-Dihydrotesto- steron (DHT) und Östradiol entstehen mit 70 beziehungsweise 10 µg/Tag in

Therapie mit

Sexualhormonen beim alternden Mann

Sigrid von Eckardstein Eberhard Nieschlag

Zusammenfassung

Etwa 20 bis 35 Prozent der Männer über 60 Jah- re haben einen Androgenmangel. Da die klini- schen Symptome des Hypogonadismus im Se- nium nicht so eindeutig wie im jüngeren Le- bensalter sind, ist die Kenntnis der Physiologie des Testosterons und seiner Metabolite (Östra- diol und 5aaaa-Dihydrotestosteron) für die Dia- gnosestellung, die Auswahl des Präparats und die Überwachung der Therapie essenziell. Für die Therapie des Hypogonadismus im Senium werden derzeit niedrig dosierte, kurz wirk- same Präparate empfohlen, die natürliches Testosteron enthalten. Sofern ältere Männer tatsächlich einen Hypogonadismus haben (Se- rumtestosteron unter 12 nmol/l), wird ihre Le- bensqualität durch eine Testosteronsubstituti- on deutlich erhöht.

Schlüsselwörter: Testosteron, Hypogonadis- mus, männliche Seneszenz

Summary

Therapy with Sex Hormones for the Aging Man

After the age of 60, 20 to 35 per cent of men present with androgen deficiency. Clinical symptoms of hypogonadism in older men are often more difficult to interpret than in young- er men. Knowledge of physiological actions of testosterone and its metabolites are impor- tant prerequisites for diagnosis, drug selection and surveillance of therapy. Controlled clinical studies show that therapy with natural tes- tosterone results in clinical improvements in el- derly men that cover androgenic as well as es- trogenic effects. With the current status of knowledge short acting, low dose testosterone preparations seem to be best tailored for sub- stitution of older hypogonadal men.

Key words: testosterone, hypogonadism, male senescence

Institut für Reproduktionsmedizin (Direktor: Prof. Dr.

med. Eberhard Nieschlag, FRCP) der Westfälischen Wil- helms- Universität, Münster

Hormonsubstitution auch beim Mann?

Hormonsubstitution auch beim Mann?

M e d i z i n

(2)

deutlich geringeren Mengen (Grafik 1).

Die biologischen Effekte von Testoste- ron und DHT werden über den An- drogenrezeptor vermittelt. Aufgrund ih- rer hohen 5a-Reduktase-Aktivität sind einige Organsysteme (Prostata, Samen- blasen, Haut und Haarfollikel) beson- ders sensibel für DHT-Effekte. Die bio- logische Wirkung von Östrogenen beim Mann wird über zwei Stellgrößen regu- liert: die Aromataseaktivität im Gewebe und die Expression eines spezifischen Rezeptorsystems (Östrogen a- und ß- Rezeptor) (Grafik 1). Quantitativ spielt die Aromatisierung von Testosteron im Fettgewebe die größte Rolle .

Knochen

Im Knochengewebe werden sowohl Androgen- als auch Östrogenrezeptoren exprimiert. Die erhöhten Frakturraten von Männern mit Hypogonadismus ge- rade auch im höheren Lebensalter und der positive Effekt der Testosteronsub- stitution mit Normalisierung der Kno- chendichte (4) sind gut dokumentiert.

Die klinischen Beobachtungen an drei Patienten mit isolierter Östrogendefizi- enz (einem Mann mit einem Östrogen-a- Rezeptordefekt sowie zwei Männern mit Aromatasedefizienz) (7) zeigen, dass Östrogene für den Schluss der Epiphy- senfugen notwendig sind. Ob die bei die- sen Patienten beobachtete Osteopenie Folge eines bis ins Erwachsenenalter fortgesetzten Knochenwachstums oder eines Östrogenmangels ist, wurde bisher nicht endgültig geklärt. Testosteron- präparate (Testosteronenanthat, skrota- le Testosteronpflaster), die bei hypogo- nadalen Patienten die Knochendichte verbesserten, waren durchweg aromati- sierbar (4, 19), sodass nicht eindeutig zu entscheiden ist, ob die Effekte auf Testo- steron, Östradiol oder beide zurückzu- führen sind.

Kognitive und psychotrope Effekte Eine Testosteronsubstitution normali- siert bei hypogonadalen Männern die Li- bido und sexuelle Funktionen. Auf die sexuellen Funktionen von Männern oh- ne Hypogonadismus hat eine Testoste- rontherapie jedoch keine reproduzierbar positiven Effekte. Wie die östrogendefi- zienten Patienten zeigen, sind Östrogene

für die Aufrechterhaltung der Libido und sexuellen Funktionen beim Mann nicht notwendig (7). Unter Therapie mit Testosteron kommt es bei hypogonada- len Männern zu einer Verbesserung von Antrieb, Stimmungslage und kognitiven Funktionen (zum Beispiel räumliches Denken). In epidemiologischen Unter- suchungen waren die kognitiven Funk- tionen älterer Männer besser, wenn die Relation zwischen Testosteron und Östrogen testosteronbetont war (2).

Prostata

In der Prostata ist DHT das quantitativ dominierende Androgen. Aus der Tatsa- che, dass Prostatakarzinome bei Män- nern, die seit der Pubertät hypogonadal sind, nicht vorkommen, wurde vielfach geschlossen, dass Testosteron ein we- sentlicher Risikofaktor für die Entste- hung eines Malignoms der Prostata sei.

Zwillingsstudien zeigen allerdings, dass weder erhöhte DHT- noch Testosteron- konzentrationen im Serum mit dem Auf- treten eines Karzinoms oder einer beni-

gnen Prostatahyperplasie einhergehen (12). Das Prostatavolumen testosteron- substituierter Männer bleibt im Bereich der Altersnorm (3); auch bei niedrigen Testosteronserumspiegeln werden ok- kulte Prostatakarzinome gefunden (13).

Östrogene dagegen aktivieren in vitro den Androgenrezeptor in der Prostata und erhöhen die PSA-Sekretion (14). Ob und welche hormonellen (Wachstums-) Faktoren zur Entwicklung von benignen und malignen Prostataerkrankungen beitragen, kann aufgrund der heutigen Datenlage nicht sicher entschieden wer- den. Eine intensive Überwachung der Prostata ist aber ein essenzieller Be- standteil jeder Therapie mit Sexualhor- monen, besonders im fortgeschrittenen Lebensalter.

Kardiovaskuläres System

Die Wirkung von Sexualsteroiden auf das kardiovaskuläre System ist bei Män- nern und Frauen äußerst komplex.

Testosteron hat sowohl atherogene als auch antiatherogene Effekte. Eine exo-

´ Tabelle 1CC´

Parameter zur Diagnose des Hypogonadismus und zur Überwachung der Testosterontherapie beim Erwachsenen Psychische und sexuelle Parameter Allgemeines Wohlbefinden

Geistige und körperliche Aktivität Libido

Erektion Sexuelle Aktivität

Somatische Parameter Körperproportionen

Körpergewicht Muskelmasse und -kraft Fettverteilung

Behaarung

(Bart, Pubes, Stirnhaargrenze) Sebum

Stimmbruch

Laborparameter Testosteron und SHBG im Serum

(daraus Berechnung des freien Testosterons) LH

Erythropoese (Hk, Erys, Hb)

Prostata/Samenblasen Ejakulatvolumen

Prostatagröße/-binnenmuster

(Palpation, transrektale Ultraschalluntersuchung) PSA im Serum

Uroflow

Knochen Knochendichte

(3)

gene Testosteronapplikation führt bei beiden Geschlechtern zu einer Abnahme der HDL-Serumkonzentration. Dem ge- genüber stehen antiatherogene Wirkun- gen wie eine Verminderung der Lipopro- tein (a)-Konzentration, positive Effekte auf die Gerinnung (Verminderung von Fibrinogen und Plasminogenaktivator- inhibitor), die Endothelfunktion und die abdominale Adipositas (24). Die HDL- Suppression durch Androgene wird ver- mutlich partiell durch die Aromatisie- rung zu Östrogenen vermittelt, da DHT oder Testosteron in Kombination mit ei-

nem Aromatasehemmer HDL-Spiegel in geringerem Maße absenken als Testo- steron allein. Lipoprotein (a) wird durch eine reine Östrogentherapie bei Män- nern weiter gesteigert, sodass auch für Östrogene derzeit sowohl pro- als auch antiatherogene Eigenschaften beim Mann angenommen werden.

Da Testosteron die Erythropoese sti- muliert, sind Erythrozyten und Hämato- krit wichtige Überwachungsparameter.

Insbesondere im fortgeschrittenen Le- bensalter sollte eine Polyglobulie im Sin- ne einer Optimierung der Gefäßfunktion

vermieden werden. Gerade ältere Män- ner reagieren häufiger als jüngere mit ei- ner vermehrten Erythropoese auf Testo- sterongabe.

Diagnose des Hypogonadismus

Die klinisch erfassbaren Symptome des Hypogonadismus sollten beim älteren wie beim jüngeren Mann Anlass zu einer hormonellen Abklärung geben (Tabelle 1). Niedrige Testosteronkonzentrationen ohne klinische Symptome sind primär keine Indikation zur Substitution. Ver- laufskontrollen können Klarheit ver- schaffen.

Die Interpretation der Testosteron- konzentration im Serum wird im höhe- ren Lebensalter zwar durch begleitende Faktoren erschwert, in Kombination mit der Messung von luteinisierendem Hor- mon und SHBG sind sie aber auch beim älteren Mann unerlässlich zur Diagno- stik des Hypogonadismus. Die Berech- nung des freien Testosterons aus SHBG und Gesamttestosteron (nicht jedoch die wenig zuverlässige direkte Bestimmung des freien Testosterons) erhöht die dia- gnostische Sicherheit (23). Studien zur Testosterongabe im Senium belegen ein- drücklich, dass die erniedrigten Testo- steronkonzentrationen einen Eckpfeiler der Indikation zur Substitution darstel- len: Positive Effekte waren nur bei denje- nigen Männern zu verzeichnen, die tatsächlich vor der Therapie erniedrigte Testosteronspiegel hatten (19).

Die Bestimmung von Östrogenen beim Mann ist aufgrund der niedrigen Serumkonzentrationen labortechnisch problematisch, da die zur Verfügung ste- henden Testsysteme üblicherweise auf die deutlich höheren weiblichen Normal- werte adjustiert sind und im niedrigen Bereich hohe Schwankungen in einem beziehungsweise verschiedenen Testver- fahren aufweisen. Ferner ist ein isolierter Östrogenmangel bei normalen Testo- steronkonzentrationen eine Rarität, die bisher weltweit bei nur drei Patienten be- schrieben wurde. Wenn auch diese Ein- zelfälle wichtige Hinweise für eine besse- res Verständnis der biologischen Effekte von Östrogenen beim Mann geliefert ha- ben (7), so hat die routinemäßige Bestim- mung der Östrogene beim alternden Mann keine klinische Relevanz.

´ Tabelle 2CC´

Präparate zur Testosteronsubstitution

Präparat Applikation Dosierung Anwendung

Testosteronundecanoat* p. o. (Andriol) 2–4 x 40 mg/Tag Supplementierung Testosteronenanthat* i. m. (z. B. Testoviron-Depot,250 mg alle Substitution

Testosteron-Depot) 2–3 Wochen

Testosteronpflaster* Skrotale Haut 1 Pflaster/Tag Substitution und (z. B. Testoderm) (15 mg) Supplementierung Nichtskrotale Haut 1 oder 2 Pflaster Substitution und (z. B. Androderm) (2,5 mg)/Tag Supplementierung Testosteronimplantat Implantation unter die 3–6 Implantate à Substitution

Abdominalhaut 200 mg/6 Monate

Testosterongel Transdermal täglich Substitution

Testosteronundecanoat i. m. (z. B. 1000 mg/ in klinischen 10–12 Wochen) Studien Testosteroncyclodextrin Sublingual (z. B. 3 x 5 mg/Tag) in klinischen

Studien Testosteronbucciclat i. m. (z. B. 600 mg/ in Entwicklung

12 Wochen)

* Präparate in Deutschland zugelassen

´ Tabelle 3CC´

Mögliche Effekte einer Testosterontherapie im Senium

Positive Effekte Negative Effekte

Verbesserung kognitiver Funktionen Gynäkomastie

Zunahme von Muskelkraft* Akzeleration nicht erkannter Prostata- malignome

Abnahme des Fettgewebsanteils* Verschlechterung einer Schlafapnoe Zunahme der Knochendichte* Polyglobulie

Verbesserung von Libido und sexueller Funktion*

Verbesserung der kardiovaskulären Verschlechterung der kardiovaskulären

Funktion Funktion

* Effekte sind durch kontrollierte klinische Studien belegt

(4)

DHEA ist ein Zwischenprodukt in der Steroidbiosynthese (Grafik 1) und wahrscheinlich ohne eigene Wirkung.

Durch die Verabreichung von DHEA an ältere Männer kommt es zu einer Er- höhung der Östrogenspiegel ohne An- steigen des Testosterons (1). Eine Ver- besserung des Wohlbefindens und der se- xuellen Aktivität konnte nicht beobach- tet werden (9). Die Messung und der therapeutische Einsatz des DHEA und des DHEA-Sulfat spielen somit in der Diagnostik und Therapie des Hypogona- dismus des älteren Mannes keine Rolle.

Hormonsubstitution

Obwohl Testosteron seit über 50 Jahren zur Behandlung von „Altersbeschwer- den“ eingesetzt wird, ist die Zahl kon- trollierter klinischer Studien klein geblie- ben und meist jüngsten Datums. Diese Studien dokumentieren jedoch eindeutig die positiven Effekte einer Substituti- onstherapie bei älteren Männern, wenn tatsächlich ein Hypogonadismus vor-

liegt, der durch klinische Sym- ptome und niedrige Serum- testosteronspiegel dokumen- tiert wird. Sowohl bei ei- ner Therapie mit den „klassi- schen“ injizierbaren Testoste- ronestern (21) als auch mit den neueren Testosteronpflastern (18, 19) kommt es zu einem Anstieg von Knochenmasse, Körperkraft und einer Abnah- me des Körperfettgehalts (Ta- belle 3). Bei normalen Ausgangswerten für Testosteron bleiben diese positiven Effekte jedoch aus (19). Die Prostata- größe veränderte sich nicht (21). Da die beobachteten Behandlungszeiträu- me bisher maximal drei Jahre betragen, sind weder positive Langzeiteffekte noch mögliche Nebenwirkungen der Behand- lung abschließend beurteilbar.

Die therapeutischen Ziele der Substi- tution mit Testosteron gelten gleicher- maßen für jüngere und ältere Patienten mit Hypogonadismus (17) (Grafik 2).

Durch Verwendung natürlichen Testo- sterons werden sowohl androgene als auch östrogene Effekte gewährleistet.

Bei der Präparatewahl sollte die Erzie- lung physiologischer Serumkonzentra- tionen ein Hauptkriterium sein. Für die Behandlung mit Testosteron stehen ver- schiedene ältere und neuere Präparate zur Verfügung (Tabelle 2), die sich in Ap- plikationsform und Kinetik erheblich un- terscheiden (16). Orale Präparate wer- den nur unsicher resorbiert, sodass sie sich vorwiegend zur vorübergehenden Supplementierung bei noch teilweise er-

haltener endogener Testosteronproduk- tion eignen. Transdermale Systeme sind gerade beim älteren Patienten für eine Substitution geeignet, da sie zu Testoste- ronserumspiegeln im unteren bis mittle- ren Normalbereich führen und jederzeit entfernt werden können, sollte dies zum Beispiel wegen einer Erkrankung der Prostata erforderlich werden (15). Aus diesem Grund sind injizierbare Testo- steronester mit Depotwirkung weniger zu empfehlen; obendrein führen sie zu- mindest vorübergehend zu supraphysio- logischen Serumspiegeln, die vom Pati- enten als wenig angenehm empfunden werden. Bei den transdermalen Syste- men kann zwischen einer auf das Skro- tum aufzutragenden Membran (bei- spielsweise Testoderm) und einem Ok- klusivpflaster (beispielsweise Andro- derm) gewählt werden, wobei letzteres häufig zu Hautirritationen führt.

Sind Östrogene sinnvoll?

Bisher gibt es fast keine kontrollierten klinischen Studien zur Gabe von Östro- genen an Männer. Die einzige Studie, bei der in größerem Umfang und über eine längere Zeit Östrogene appliziert wurden, ist das Coronary Drug Project, in dem zur Prävention der KHK 2,5 mg Östradiol pro Tag eingesetzt wurden.

Unter dieser hohen Dosierung musste die Therapie wegen schwerwiegender thrombembolischer Ereignisse abge- brochen werden (22). Auch in der früher praktizierten Therapie des

Östradiol

5α-Dihydrotestosteron Testosteron

Grafik 2

Zielorgane für die biologischen Wirkungen von Testosteron und seinen Metaboliten 5aaaa- Dihydrotestosteron und Östradiol.

5α-Reduk- tase

AromataseP450 Testosteron

Östradiol-17β Androgen-

rezeptor

ER-β ER-α

5α DHT

CH3 CH3OH

O

CH3 CH3OH

O H

CH3 OH

OH Cholesterin Pregnenolon

17α Hydroxypregnenolon Dehydroepiandrosteron

17α Hydroxyprogesteron Progesteron

Androstendion Grafik 1

Steroidogenese und Metabolismus von Testosteron in peri- pheren Geweben. ER, Östrogenrezeptor; DHT, 5aaaa-Dihydro- testosteron).

(5)

Prostatakarzinoms mit Diäthylstilb- östrol war die Hauptnebenwirkung eine signifikante Erhöhung der Mortalität durch kardiovaskuläre und thrombem- bolische Komplikationen im Vergleich zu orchidektomierten Patienten. Die Beeinträchtigung von Libido und erekti- ler Funktion sowie auftretende Schweiß- ausbrüche (6) sind durch den resultie- renden Testosteronmangel bedingt. Fer- ner kommt es unter Östrogenen zur Bil- dung einer Gynäkomastie.

Die wenigen Arbeiten, die sich mit den Wirkungen und Nebenwirkungen einer niedrig dosierten Östrogenthera- pie beim Mann befassen, sind unkon- trolliert und/oder erfassen nur kurze In- terventionszeiträume (5, 10). Unkon- trollierte Studien, in denen Östrogene zur Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens und der sexuellen Akti- vität polypragmatisch eingesetzt wer- den, haben bisher nicht zur Klärung the- rapeutischer Effekte beigetragen. Die Empfehlung, schwach wirksame Östro- genpräparate wie Östriol in der Be- handlung älterer Männer vorzuziehen, wurde durch keine kontrollierte Studie belegt. Auch die Hormonbehandlung des alternden Mannes sollte wie andere Therapien den Prinzipien der Evidence Based Medicine und nicht denen einer individuellen Erfahrungsmedizin unter- liegen.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 2000; 97: A 3175–3182 [Heft 47]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift der Verfasser:

Prof. Dr. med. Eberhard Nieschlag Dr. med. Sigrid von Eckardstein Institut für Reproduktionsmedizin der Westfälischen Wilhelms-Universität Domagkstraße 11

48145 Münster

E-Mail: nieschl@uni-muenster.de

In einer epidemiologischen Studie sollte ermittelt werden, ob britische Soldaten, die 1991 am Golfkrieg teilgenommen haben, nach dem Krieg schlechtere Überlebenschancen hatten als ihre nicht am Krieg beteiligten Berufskameraden.

Über acht Jahre wurden die Kriegsteil- nehmer mit einer Kontrollgruppe ver- glichen, die zur Zeit des Kriegsbeginns, dem 1. April 1991, anderwärts in den britischen Streitkräften dienten, wobei die Kontrollpersonen sehr exakt ausge- wählt wurden – von Alter, Waffengat- tung, Rang, bis hin zur körperlichen Fitness an diesem Datum. Unter den je- weils über 50 000 Studienteilnehmern waren nach acht Jahren tatsächlich eini- ge Kriegsveteranen mehr verstorben als in der Kontrollgruppe: 395 gegenüber 378, eine Differenz, die allerdings nicht die Signifikanzschwelle erreichte. Zwar

auch unter dieser Schwelle, aber immer- hin auffallend aber war eine andere Dif- ferenz: Von den Kriegsteilnehmern wa- ren weniger an Krankheiten verstorben als unter den Nicht-Kriegsteilnehmern, mehr aber an „äußeren“ Ursachen, vor allem durch Unfälle, insbesondere Ver- kehrsunfälle. Ähnliche Beobachtungen wurden auch in den USA nach dem Vietnamkrieg gemacht. Sind, so die vor- sichtige Frage nach möglichen Ursa- chen, ehemalige Kriegsteilnehmer durch ihre Erfahrungen vielleicht risikofreudi-

ger geworden? bt

Macfarlane GJ,Thomas E, Cherry N: Mortality among UK gulf war veterans. Lancet 2000; 356: 17–21.

Prof. Gary J Macfarlane, Unit of Chronic Diseases Epide- miology, School of Epidemiology and Health Sciences, Me- dical School, University of Manchester, Oxford Road, Man- chester M13 9 PT, Großbritannien;

G.Macfarlane@man.ac.uk

Soldatenschicksal nach dem Krieg

Die Autoren untersuchten die Präva- lenz der Helicobacter-pylori-Infektion bei Patienten mit chronisch entzündli- chen Darmerkrankungen serologisch und mittels 13C-Harnstoff-Atemtest.

Ein Viertel der Kontrollpatienten war seropositiv, im Atemtest 21,6 Prozent der Colitis-ulcerosa-Patienten und 11,9 Prozent der Crohn-Patienten. Ei- ne Behandlung mit Sulfasalazin ließ die Rate an positiven Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkran- kungen weiter abnehmen. Warum im

Vergleich zu gesunden Kontrollen die Durchseuchung bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkran- kungen signifikant niedriger liegt, hängt jedoch sicher nicht mit der The-

rapie zusammen. w

Pearce CB, Duncan HD, Timmis L et al.: Assessment of the prevalence of infection with Helicobacter pylori in patients with inflammatory bowel disease. Eur J Gastroenterol &

Hepatol 2000; 12: 439–441.

Callum B Pearce, Department of Gastroenterology, Queen Alexandra Hospital, Portsmouth P06 3LY, Großbritannien.

H. pylori bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen

Referiert

Referiert

In einer weltweit durchgeführten Multi- centerstudie konnte gezeigt werden, dass bei Transplantation von Stammzellen aus Nabelschnurblut von HLA-identi- schen Geschwistern weniger Komplika- tionen auftreten als bei Verwendung von Knochenmark. Bei gleicher Effektivität kam es in der Studie bei 113 Kindern mit Nabelschnurbluttransfusionen zu einem um die Hälfte verringerten Auftreten einer akuten Graft-versus-Host-Reakti-

on, die chronische Abstoßungsreaktion trat sogar dreimal seltener auf als in der Gruppe der 2 052 Kinder mit herkömm- licher Knochenmarktransplantation. acc Rocha V et al.: Graft-versus-host disease in children who have received a cord-blood or bone marrow transplant from an HLA-identical sibling. N Eng J Med 2000; 342: 1846–

1854.

Dr. Horowitz, Statistical Center, Medical College of Wisconsin, P. O. Box 26509, Milwaukee, WI 53226, USA.

Transplantation von Nabelschnur- Stammzellen besser als Knochenmark

Referiert

Referenzen

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