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Archiv "Brustkrebs-Screening: Informationsbedarf an Fakten" (07.12.2007)

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A3396 Deutsches ÄrzteblattJg. 104Heft 497. Dezember 2007

B R I E F E

zwar einen begrenzten Nutzen er- kennt, die Arzneimittel aber nicht für kosteneffektiv hält. Das IQWiG hat die Kosteneffektivität nicht beurteilt.

Dennoch hat auch der Leiter des IQWiG das Recht, öffentlich seine ei- gene Meinung zu äußern zum Ver- hältnis zwischen geringem Nutzen der Antidementiva und ihrem sehr hohen Preis. Es ist keineswegs pole- misierend, wenn man die Frage stellt, warum in Deutschland für die glei- chen Medikamente höhere Preise be- zahlt werden als im Ausland.

Deutschland ist das einzige Land weltweit, in dem die Ärzte sofort nach der Zulassung ein Arzneimittel zulasten des Solidarsystems verord- nen können und die Hersteller unkon- trolliert und ohne Verhandlungen die Preise ihrer Produkte frei bestimmen können . . . In unserem Nachbarland Frankreich kosten 28 Tabletten Ari- cept®10 mg 89,13 Euro – bei uns sind sie um 37,57 Euro teurer. Diese 40 Prozent, die wir im Vergleich zu den Franzosen für Antidementiva mehr bezahlen, könnten durchaus nutzbringend in der Versorgung von Demenzpatienten eingesetzt werden.

Auch die Behauptung von Hanfried Helmchen, dass dem Arzt bei einem durch den G-BA hypothetisch vorge- nommenen Verordnungsausschluss die Möglichkeit genommen werde, Patienten in besonderen Einzelfällen mit solchen Präparaten zu behandeln, ist nicht richtig. Der Gesetzgeber legt im § 31 des SGB V eindeutig fest:

„Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die aufgrund der Richtlinien nach § 92 Abs. l Satz 2 Nr. 6 von der Versor- gung ausgeschlossen sind, ausnahms- weise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verord- nen.“ Eine solche Verordnungsfrei- heit zulasten der Solidarsysteme für Medikamente, deren Nutzennachweis fehlt, haben nur wenige Länder. Die- se drei Punkte stellen bereits die Aus- gangsbasis für Herrn Helmchens Schlussfolgerungen zum Konflikt des Arztes zwischen Patient und Gesell- schaft infrage. Doch auch darüber hinaus teile ich seine Bewertung der Rolle des Arztes nicht. Zweifellos sind Ärzte zunächst und unmittelbar dem Wohl des einzelnen Patienten, den sie gerade behandeln, verpflich- tet. Doch diese Verpflichtung ist nicht

absolut: Je kleiner der Nutzen einer Maßnahme für einen einzelnen Pati- enten ist, desto stärker wiegt bei der Abwägung dieser Maßnahme die Verantwortung des Arztes gegenüber der Allgemeinheit. Ziel muss es blei- ben, im Solidarsystem die Maßnah- men für Kranke zu finanzieren, die einen individuellen, patientenrele- vanten Nutzen haben, auch wenn sie teuer erscheinen. Um diese Finanzie- rung zu sichern, ist der Ausschluss von Leistungen ohne Nutzen und zu- mindest die Begrenzung von teueren Leistungen mit geringem Nutzen nötig. Da solche Bewertungen des Nutzens von einem einzelnen Arzt nicht zu leisten sind, haben Institutio- nen wie der G-BA und das IQWiG diese Rolle übertragen bekom- men . . . Dadurch leisten der G-BA und das IQWiG einen Beitrag zur langfristigen solidarisch strukturier- ten Finanzierung unseres Gesund- heitssystems, das den Ärzten eine Be- handlung von Patienten ohne Rück- sicht auf ihre individuelle finanzielle Leistungsfähigkeit ermöglicht.

Prof. Dr. med. Peter T. Sawicki,

Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Dillenburger Straße 27, 51105 Köln

BRUSTKREBS-SCREENING

Die flächendecken- de Einführung des Brustkrebs-Scree- nings kommt gut voran (DÄ 36/2007:

„Großer Informati- onsbedarf“ von Sa- mir Rabbata und DÄ 34–35/2007: „Brust- diagnostik: Im MRT höhere Trefferquote für Frühformen des Mammakarzinoms“

von Dr. med. Vera Zylka-Menhorn).

Noch nicht perfekt

. . .«Es ist eine besondere Aus- zeichnung für die klinische Wissen- schaft in Deutschland, dass hoch an- erkannte Zeitschriften wie „Lancet“

unsere Ergebnisse publizieren.

¬Das gegenwärtige Mammografie- Screening wird sich natürlich nicht von heute auf morgen ändern lassen.

Aber: Es ist gewiss nicht fehlerfrei und muss verbessert werden. Daran müssen wir Ärzte gemeinsam arbei- ten, auch wenn die Politik höhere

Kosten scheut. Wir als Ärzte werden schließlich erklären müssen, wie es zu der (erwartet) nicht geringen Zahl an Intervall-Karzinomen kommt.

Und bevor uns die Politik dann man- gelnde Qualität vorwirft, sollten wir schon jetzt die Biologie dieser Er- krankung in den politischen Köpfen verankern. Mammografie-Screening ist gut, aber nicht perfekt und könnte besser sein.

-Die Ergebnisse von Frau Prof.

Kuhl müssen über kurz oder lang Eingang finden in Modifikationen des Mammografie-Screenings. Wenn in Deutschland allerdings medizini- sche Lobbyisten polemisch gegen wissenschaftliche Ergebnisse agie- ren, werden wir mal wieder die Letz- ten sein bei der Implementierung wissenschaftlicher Ergebnisse in kli- nische Routineabläufe.

Ich würde mir wünschen, dass das DÄ die Diskussion um das Mammo- grafie-Screening weiter vertieft und den wissenschaftlichen Standpunkt noch mehr verdeutlicht. Nur so kön- nen wir vorbeugend einigen erwarte- ten Ernüchterungen über das Mam- mografie-Screening begegnen und konstruktiv schon jetzt Verbesserun- gen vorschlagen. Das muss nicht zwangsläufig zu Verunsicherungen führen, erhöht aber die Glaubwür- digkeit.

Prof. Dr. med. Michael Forsting, Direktor des Instituts für Radiologie und Neuroradiologie, Universitätsklinikum Essen, Hufelandstraße 55, 45147 Essen

Informationsbedarf an Fakten

Der Artikel zeigt, dass Informations- bedarf offenbar an mehreren Stellen besteht – nicht nur bei den Patientin- nen, sondern auch ärzteseitig. So führt die „Kooperationsgemein- schaft Mammografie“ zur Studie von Kuhl et al. (Lancet 2007; 370: 485–

92) an, dass die „Ergebnisse der Stu- die sich im Hinblick auf die Treffsi- cherheit der MRT . . . ‚nur‘ auf die Diagnostik von duktalen Carcinoma- ta in situ (DCIS) beziehen“. Damit hat die „Kooperationsgemeinschaft Mammografie“ sicherlich recht – das war ja schließlich auch der Ge- genstand der Studie. Nicht erwähnt wird aber, dass die Überlegenheit der MRT bei allen anderen Mamma-

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B R I E F E M E D I E N

karzinomen längst bewiesen ist. Als letzter „blinder Fleck“ der MRT galt bislang die Diagnostik des DCIS – bisher vermeintlich letzte Domäne der Röntgenmammografie. Nun ist belegt, dass auch für die Detektion des DCIS die MRT bei Weitem si- cherer ist als die Röntgenmammo- grafie – ganz speziell hinsichtlich der Diagnostik der biologisch ag- gressiveren, sogenannten high grade DCIS. Das bedeutet, dass die Mamma-MRT das medizinisch ein- deutig bessere Verfahren ist . . . Dies sind die nüchternen Fakten. Be- fremdlich ist der Umgang damit – und zwar der in unserem Land. Die

„Kooperationsgemeinschaft Mam- mografie“ führt an, auch die Autorin der Studie habe geäußert, dass ihre Ergebnisse nicht als Argument gegen das Röntgenmammografie-Scree- ning einzusetzen sind. Dies ist rich- tig – verloren gegangen ist aber wohl das kleine Wort „derzeit“. Diese Ein- schränkung gilt, weil die MR-Mam- mografie derzeit nicht flächen- deckend angeboten werden kann. Zu erwarten und zu hoffen ist, dass sich das ändert. In den USA wie auch in England ist man diesen Schritt (zu- mindest für Frauen mit familiärer Belastung) bereits gegangen. In Deutschland – immerhin dem „Ex- portland“ dieser Technik! – scheint dies in weiter Ferne – sind doch im- mense Investitionen in das Röntgen- mammografie-Screening-Programm geflossen. Es kann nicht schlecht sein, einen Tumor früh zu diagnosti- zieren und zu therapieren. Oder noch besser: Die Vorstufe eines biologisch aggressiven Tumors zu erfassen, auch wenn dies primär durch ein re- lativ teures Untersuchungsverfahren geschieht. Dies gilt besonders auch vor dem Hintergrund knapper Res- sourcen: Wenn ich jemanden früh genug von einem Tumor heilen kann, spare ich Folgekosten – so habe ich das früher einmal gelernt.

Gerade für das Mammakarzinom gilt dies nicht? Und wenn nicht – warum dann überhaupt Röntgen- mammografie-Screening? Es besteht tatsächlich großer Informationsbe- darf – an Fakten.

Univ.-Prof. Dr. Hans H. Schild,

Direktor der Radiologischen Universitätsklinik Bonn, Sigmund-Freud-Straße 25, 53105 Bonn

QUALITÄTSMANAGEMENT

Alltagstaugliche Tipps

Seit Anfang 2006 besteht nach den

§§ 135 und 136 Sozialgesetzbuch V für niedergelassene Vertragsärzte die Pflicht zum Qualitätsmanagement;

ihnen wird somit das gleiche Schick- sal zuteil, über welches die Klinikärz- te schon länger fluchen. Das Werk zum Qualitätsmanagement (QM) in der Inneren Medizin liegt als lose Karteikartensammlung vor, ist in drei Teile aufgegliedert – „Einleitung“,

„allgemeiner Teil“ und „spezieller Teil“ – und bleibt somit dem forma- len Konzept zufolge erweiterbar.

Die herausgebenden Autoren können zwei Lagern zugewiesen werden: Berndt Birkner als nieder- gelassener Gastroenterologe und Malte Ludwig als angiologischer Chefarzt einer Klinik gehören dem Berufsverband Deutscher Internisten (BDI) an, Franziska Diel und Bern- hard Gibis sind vom Dezernat Ver- sorgungsqualität und Sicherstellung der Kassenärztlichen Bundesverei- nigung, insgesamt sind noch 26 wei- tere Autoren am Werk beteiligt.

Die Quintessenz ist einfach auf den Punkt zu bringen: Alles mensch- liche Handeln ist dauerhaft hinsicht- lich Güte und Effizienz kritisch zu hinterfragen, vor allem wenn es be- rufsbedingt einer Konkurrenz ausge- setzt ist; kurzum, es soll QM betrie- ben werden. Diel und Gibis haben dieses für den Bereich der ärztlichen Praxis mittels „QEP“ (Qualität und Entwicklung in Praxen) subsumiert und Erfahrungen aus einem Pilot- projekt mit 60 Praxen und an- schließender zweijähriger Realisie- rung in „der Breite“ einfließen lassen.

Der BDI wollte nun eine auf die internistische Praxis herunterge- brochene und somit deutlich ab- gespeckte Version des QEP ent- wickeln, in welche obendrein fach- liche Handlungsempfehlungen auf Leitlinienbasis und „Qualitätsmes- sung anhand von Indikatoren“ inte- griert werden sollten – die Geburt von QM Innere Medizin (QMI)

„mit den Eltern Berufsverband und wissenschaftliche Gesellschaft“, die dabei Hand in Hand gehen. Hierin sollen alltagstaugliche Tipps und Kniffe dem Arzt die Praxisführung

vereinfachen, Ablaufsicherheiten ver- mitteln, systemische Fehler auf- decken und Kosten sparen. Warum nun der Gesetzgeber den Mediziner zu seinem Glück zwingen will und ihn zu QM verpflichtet, versteht Diel nicht – ich übrigens auch nicht.

Die weiteren zwei herausgeben- den Autoren Birkner und Ludwig schreiben inhaltlich zu ihren jewei- ligen internistischen Subspeziali- sierungen und gemeinsam mit den verbleibenden 26 Autoren in den Kapiteln Angiologie, Endokrinolo- gie, Gastroenterologie, Hämatologie/

Onkologie, Kardiologie, Nephro- logie, Pulmologie und Rheumatolo- gie. Während die Informationen im allgemeinen Teil mitunter recht ba- nal erscheinen, sind andere im spe- ziellen Teil ebenso interessant wie nützlich. Eine zentrale Erkenntnis ist, dass der große Arbeitsmehrauf- wand für den Arzt darin besteht, un- ter anderem den Arbeitsschutz- und Medizinproduktgesetzen sowie dem Datenschutz und der Hygieneord- nung zu entsprechen, und dass QM hier nur deren Verwaltung über- nimmt und somit nicht als die Wur- zel des Übels zu sehen ist. Dass übrigens das gesamte Qualitäts- management vor geraumer Zeit von der Lufthansa entwickelt wurde, er- schließt sich dem Leser bereits beim Studieren der Einleitung des Buchs, das Jonglieren von Begrifflichkeit und Definitionen ist einfach nur zum „in die Luft gehen“. Wobei zur Ehrenrettung der Autoren festzuhal- ten bleibt, hier trauten sich mutige Ritter mit gutem Handwerkszeug in ein sehr unbeliebtes und schwieri- ges Terrain. Oliver Andreas Burgstett

Berndt Birkner, Franziska Diel, Bernhard Gibis, Malte Ludwig: Qualitätsmanagement Innere Medizin (QMI).Springer Medizin Verlag, Heidel- berg, 2007, 300 Seiten, Loseblattwerk im Ring- ordner, 99,95 Euro

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