• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Medizinkommunikation: Aus „Frust“ ins Internet Vor allem chronisch Kranke und ihre Angehörigen decken ihren medizinischen Informationsbedarf per Computer" (17.12.1999)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Medizinkommunikation: Aus „Frust“ ins Internet Vor allem chronisch Kranke und ihre Angehörigen decken ihren medizinischen Informationsbedarf per Computer" (17.12.1999)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

it der Etablierung der dia- gnostischen Kriterien für die Neurofibromatosen im Jahr 1987 ist die Konferenz der US- National Institutes of Health erstmalig der Verwechslung verschiedener Neu- rofibromatoseformen entgegengetre- ten und hat eine adäquate Klassifikati- on und regelrechte klinische Betreu- ung der Betroffenen ermöglicht.

Die Neurofibromatose Typ l (vor- mals M. Recklinghausen) ist eine au- tosomal-dominante Erkrankung mit einer Inzidenz von 1 : 3 000 und meist vollständiger Penetranz, der Genmu- tationen auf dem Chromosom 17 zu- grunde liegen; sie weist eine Spontan- mutationsrate von 50 Prozent auf. Die diagnostischen Kriterien sind erfüllt, wenn zwei oder mehr der folgenden Kennzeichen vorliegen, wobei eine in- komplette Expression der Merkmale im Kindesalter typisch ist:

1. sechs oder mehr Café-au-lait- Flecken (Durchmesser 5 mm präpu- bertär/15 mm postpubertär),

2. axilläres und/oder inguinales Freckling (Sommersprossen),

3. zwei oder mehr Lisch-Knöt- chen (Irishämatome),

4. zwei oder mehr Neurofibrome oder ein plexiformes Neurofibrom,

5. Optikus- oder Chiasmalignom, 6. typische Knochenveränderun- gen, wie Keilbeindysplasie oder Ver- dünnung der langen Knochenkortex mit und ohne Verbiegungen und Pseud- arthrosen,

7. Neurofibromatose bei einem Verwandten ersten Grades.

Retrospektiv haben diese Krite- rien ein relativ differenziertes klini- sches Verständnis der Erkrankung er- möglicht. Die Erfahrungen zeigen je- doch, daß dieses Wissen noch ungenü- gend im klinischen Alltag verwurzelt

ist. Bei etwa 35 Prozent aller Neurofi- bromatose-Patienten wird die Dia- gnose zu spät gestellt, was oft zu irre- versiblen Schäden führt.

Kinder und Erwachsene mit schwereren Verlaufsformen präsen- tieren sich mit einem breiten Spek- trum an Symptomen, die heute häufig wirksam behandelt werden können:

Neubildungen des zentralen Ner- vensystems (pilozytische Astrozytome:

sieben bis 15 Prozent), Neubildungen des peripheren Nervensystems (plexi- forme Neurofibrome: 30 Prozent) und/oder Skelettanomalien (Skolio-

sen: zehn Prozent). Darüber hinaus sind bei etwa 40 Prozent der Neuro- fibromatose-Betroffenen Leistungs- und Lernstörungen sowie Verhaltens- auffälligkeiten zu finden. Die psy- chomotorische Entwicklungsverzöge- rung, die gegen Minderbegabung ab- zugrenzen ist, beeinträchtigt die So- zialisation und das Familiengefüge.

Die Einschulungsuntersuchun- gen, die fast in allen Bundesländern Pflicht sind, erfassen alle Kinder im Alter von fünf bis sechs Jahren. Bei der Inspektion der Haut könnten die kutanen Merkmale der Neurofibro- matose relativ einfach erfaßt und auffällige Kinder einem kompetenten Ansprechpartner zur Veranlassung weiterer Schritte überwiesen werden.

Aus diesem Grunde hat die Von- Recklinghausen-Gesellschaft über die Gesundheitsministerien der Län- der veranlaßt, daß zukünftig bei den Einschulungsuntersuchungen auf die diagnostischen Merkmale der Er- krankung verstärkt geachtet wird. In- formationen: Fax 0 40/5 27 74 62 Dr. med. Marga Lammert,

Priv.-Doz. Dr. med. Victor-Felix Mautner

A-3230 (22) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 50, 17. Dezember 1999

P O L I T I K MEDIZINREPORT

Medizinkommunikation

Aus „Frust“ ins Internet

Vor allem chronisch Kranke und ihre Angehörigen decken ihren medizinischen Informationsbedarf per Computer.

er Zugriff zu einem riesigen Informationspool über medi- zinische Fragestellungen via Internet wird das Arzt-Patienten- Verhältnis nachhaltig verändern. Der Patient wird informierter und damit mündiger. Diese neue künftige Rol- lenverteilung erfordere einen Lern- prozeß auf beiden Seiten, könne jedoch letztlich zu einer qualitativ besseren und kostengünstigeren Ge- sundheitsversorgung führen, progno- stizierte der Heidelberger Medizinin- formatiker Reinhold Haux beim 4.

Weltkongreß „Medizin und Internet“

in Heidelberg. Wer nutzt das Internet zu medizinischen Fragen, und welche

Motivation steckt dahinter? Hierzu hat der Heidelberger Sozialmediziner Dr. Gunther Eysenbach erste Erhe- bungen vorgestellt. Danach decken vor allem chronisch und unheilbar Kranke beziehungsweise deren An- gehörige ihren Informationsbedarf via Internet ab. In seiner Befragung waren das 70 Prozent der Patienten, die das Internet bemühten.

Die Triebfeder der Internet-Nut- zer ist offensichtlich Frustration über ausbleibende Behandlungserfolge und häufig auch eine vom Patienten emp- fundene mangelnde Aufklärung durch den Arzt infolge Zeitdrucks. Schließ- lich wollen die Patienten oder deren

Neurofibromatose Typ 1

Einschulungsuntersuchung ermöglicht Früherkennung

Häufig wird die Diagnose deutlich verspätet gestellt, so daß eine Intervention nicht rechtzeitig erfolgen kann.

M

D

(2)

Angehörige das Behandlungskonzept, das der Arzt eingeschlagen hat, über die Internet-Recherche bestätigt wis- sen. Dabei stehe die Frage im Hinter- grund, ob der Arzt auch alles ausge- schöpft habe, was medizinisch ange- zeigt wäre, oder ob er aus Kostengrün- den mögliche Behandlungsstrategien verweigert habe. Insgesamt führt eine bessere Allgemeinbildung und ein größerer Informationshunger die Pa- tienten ins Internet, wobei zu den Sur- fern derzeit vorrangig jüngere Patien- ten mit Hochschulausbildung zählen, wie die Heidelberger Erhebung eben- falls gezeigt hat.

Ärzte scheinen den Wissenspool über das Internet derzeit noch zöger- lich zu nutzen. Nicht einmal jeder fünfte scheint nach Umfragen im In- ternet zu surfen. Dies ist in den Augen des Medizininformatikers Haux des- halb um so erstaunlicher, als weit über 80 Prozent der Ärzte über einen Com- puter verfügten. Die Ärzte würden künftig hier mehr und mehr gefordert werden, denn die zwangsläufige Folge des Zugangs zum medizinischen Wis- sen per Computer werde es sein, daß Patienten mehr hinterfragten, pro- gnostizierten die Experten.

Nach Schätzungen von Eysen- bach hat der Internet-Nutzer derzeit Zugang zu mindestens 100 000 Web- sites auf dem Gesundheitssektor.

Diese Zahl erhöht sich stetig. Etwa ein Drittel davon müsse als unqualifi- ziert und unseriös bezeichnet werden.

So seien zum Patientenschutz Qua- litätskontrollen und Filter-Systeme für Medizininformationen dringend erforderlich, wie Haux unterstrich. Je- de aus dem Internet gezogene Infor- mation zu möglichen Behandlungs- konzepten sollte der Patient mit sei- nem Arzt besprechen, so der Rat der Fachleute.

Dies werde dazu führen, daß der behandelnde Arzt ebenfalls „ins In- ternet geht“, um den Wissensstand zu überprüfen. Um eine Information ab- zusichern, sollte das Wissen aus dem Internet nicht aus einer einzigen Quelle abgerufen, sondern mehrfach abgesichert werden. Wer steckt hinter dem Informationsangebot? Handelt es sich um einen einzigen Autor, eine Institution oder einen kommerziellen Anbieter? Doch nicht nur auf der Informationsebene bietet die neue

Informations- und Kommunikations- technologie neue Perspektiven. So existieren in den USA bereits „virtu- elle Selbsthilfegruppen“, in welchen sich chronisch Kranke auch emotional mittels E-Mail-Botschaften unterstüt- zen. Dies will die Hamburger Biblio- thekarin Anja Forbriger, eine ehema- lige Krebskranke, auch für Deutsch- land erreichen.

Sie bietet an der Hamburger Volkshochschule Internet-Kurse für

Krebskranke an und hat ein Aus- tausch- und Informationsnetz von Patienten für Patienten (INKANET) aufgebaut. Auch der telefonische Krebsinformationsdienst (KID) am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg ist seit April im In- ternet vertreten. KID möchte dem- nächst auch eine Patientenplattform im Internet einrichten – zunächst für Betroffene mit seltenen Tumor- arten. Ingeborg Bördlein

A-3232

P O L I T I K

(24) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 50, 17. Dezember 1999 MEDIZINREPORT

Mammakarzinom: Selektivere Modulation der Östrogenrezeptoren wird angestrebt

Bei etwa 50 Prozent der Mammakarzinome wirkt Tamoxifen als Östrogen- antagonist und kann das Tumorwachstum hemmen. Allerdings: nach etwa fünf- jähriger Therapie kann diese tumorhemmende Wirkung in einigen Fällen in einen tumorfördernden Effekt umschlagen. Darüber hinaus belegen zahlreiche Studi- en, daß Tamoxifen neben der antiöstrogenen Wirkung beim Mammakarzinom in anderen Geweben wie ein Östrogen wirkt. So können Osteoporose und Choleste- rinwerte durch eine Tamoxifengabe verbessert werden. Andererseits stimuliert Tamoxifen auch das Wachstum des Endometriums und erhöht dort das Krebsrisi- ko sowie die Thrombosegefahr.

Wie kommen diese unterschiedlichen Effekte von Tamoxifen zustande?

Durch die kompetitive Hemmung von Tamoxifen am Östrogenrezeptor wird die Transkription bestimmter Gene und damit das Tumorwachstum gehemmt. Dieser Effekt tritt aber nur dann ein, wenn der Tumor Östrogenrezeptoren exprimiert, was bei etwa der Hälfte der Tumoren der Fall ist. Wahrscheinlich wird die östro- gene beziehungsweise antiöstrogene Wirkung von Tamoxifen durch eine unter- schiedliche Signalerkennung auf der jeweiligen Zielzelle hervorgerufen. Modu- liert werden kann die Tamoxifenwirkung durch die beiden Östrogenrezeptor- Subtypen alpha und beta und die nach der Ligandenbindung stattfindende intra- zelluläre Signalkaskade.

Zellbiologische Untersuchungen lassen den Schluß zu, daß diese Signalkas- kade bestimmt, ob Tamoxifen eine östrogene und damit proliferative oder anti- östrogene, wachstumshemmende Wirkung entfaltet. Man vermutet, daß Mam- makarzinome, die vormals gut auf eine Tamoxifenbehandlung ansprachen, erneut proliferieren, weil andere Elemente in der Signalkaskade aktiv werden und so die Zelle ein Proliferationssignal erhält.

Möglicherweise werden neue in der Entwicklung und Erprobung befindliche Medikamente nicht mehr die Nachteile von Tamoxifen haben. Wünschenswert wären neue Medikamente, die Östrogenwirkungen nachahmen, um beispielswei- se Osteoporose, Demenz oder kardiovaskuläre Krankheiten nach der Menopau- se zu bekämpfen; sie sollten selektiver wirken, um Nebenwirkungen und Krebsri- siken zu minimieren. In einer kürzlich vorgestellten Studie (JAMA 1999; 282:

637–645) wurde die Wirksamkeit von Raloxifen bei Frauen mit Osteoporose un- tersucht. Raloxifen erhöhte bei Frauen mit Osteoporose die Mineraldichte der Wirbelsäule und des Oberschenkelhalses, ohne vermehrt vaginale Blutungen her- vorzurufen, die bei einer Östrogenbehandlung häufiger auftreten. Allerdings wurde auch in dieser Studie ein höheres Thromboserisiko festgestellt. Für die Krebstherapie bergen neu entwickelte „reine“ Antiöstrogene wie beispielsweise das noch nicht zugelassene Faslodex im Vergleich zu Tamoxifen möglicherweise weniger die Gefahr einer Wachstumsstimulation. Dr. Stephan Mertens

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Europas erste Tagesklinik für chronisch kranke Kinder sowie für pädiatrische Problemfälle wurde auf Initiative und mit finanzieller Unter- stützung der AOK Wiesbaden

Dies gilt sehr selten auch für Er- wachsene, bei denen sich spinale Raumforderungen finden, ohne daß Akustikusneurinome nachweisbar sind. Meningiome, Neurinome, Epen-

So lässt sich zusammenfassend aus der Untersuchung trotz diskutierbarer inhaltlicher und methodologischer Probleme schlussfolgern, dass Kur- Maßnahmen bei Erwachsenen als

net wird, ist eine der häufigsten Erkrankungen und auch eine der häufigsten Todesursachen bei älteren Katzen.. Bei der CNE geht die

Die deutsche ärztliche Selbstverwaltung durch Ärz- tekammern und kassenärztli- che Vereinigungen ist unver- ändert beispielgebend für die meisten Länder unseres Globus und ist

CpA über Phosphatbrücke gebundenes Cytosin und Adenin CpC über Phosphatbrücke gebundenes Cytosin und Cytosin CpG über Phosphatbrücke gebundenes Cytosin und Guanin CpT

Jürgen Bausch, sieht eine Lösung im Sinne einer optimalen Therapiesicherheit darin, dass entweder der Arzt auf dem Rezept ein Aut-idem Kreuz setzt oder der Apotheker Pharma-

Bei Menschen mit chronischen Erkrankungen nimmt eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus häufiger einen schweren Verlauf – unabhängig vom Alter.. Dies kann gefährlich und