Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
KONGRESS-NACHRICHTEN
Epithelkörperchen im Unterarm
Wenn man beim sekundären Hy- perparathyreoidismus zur opera- tiven Entfernung der Epithelkör- perchen gezwungen ist, steht der Chirurg stets vor einem Dilemma:
Bei subtotaler Parathyreoidekto- mie ist das Rezidiv meistens schon vorprogrammiert, bei tota- ler Entfernung der Parathyreo- idea muß lebenslang Kalzium substituiert werden. Einen Aus- weg bietet die autologe Epithel-
körperchen-Transplantation (Professor Dr. M. Rothmund, Chirurgische Universitätsklinik Mainz): Man entfernt zwar alle Epithelkörperchen an ihrem Ur- sprungsort, reimplantiert jedoch einen Teil davon wieder in den Unterarm. Dort wachsen sie ein und beginnen nach einigen Mo- naten ihr Hormon zu sezernieren.
(Nur so lange muß substituiert werden). Falls es wieder zum se- kundären Hyperparathyreoidis- mus kommt (chronische Nieren- insuffizienz), können Teile des transplantierten Gewebes in Lo- kalanästhesie entfernt werden.
(96. Tagung der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, April 1979, München)
Funktion
des Komplements
Das Komplement ist neben Anti- körpern und T-Lymphozyten das dritte ubiquitäre Abwehrsystem des Organismus, sozusagen das zweite humorale Standbein der Infekt- und Fremdzellenabwehr Biosynthese und Funktion des Komplementsystems wurden in den letzten Jahren exakt erforscht (Professor Dr. H. Müller-Eberhard, Scri pps-CI i n ic-Research-Fou n- dation, La Jolla, USA). Nach Bil- dung des Komplementgesamt- komplexes aus den Faktoren C i
bis C 9 dient es dazu, die Fremd- zelle anzustechen und damit irre- parabel zu schädigen. Durch die Stanzlöcher, die der Komple-
mentkomplex in die Zellmembran setzt, drückt der osmotische Druck den Zellinhalt heraus. Die Komplementfunktion ist völlig unspezifisch, spezifisch ist nur die Antigen-Antikörper-Bindung.
Der Antikörper hält den Feind fest, und das Komplement macht ihn kaputt — im Falle der Auto- aggression leider nicht nur den Feind.
(Wissenschaftliches Kolloquium zur 75- Jahr-Feier der Behringwerke, Juni 1979, Marburg)
Lipide
und Arteriosklerose
In letzter Zeit lassen sich immer deutlichere Unterschiede zwi- schen einzelnen Lipidklassen und ihrer skierogenen Potenz herausarbeiten. Die sogenannten LDL (Low Density Lipoproteins) sind ganz offensichtlich skiero- gene Risikofaktoren Die soge- nannten HDL (High Density Lipo- proteins) üben dagegen eine Art protektiven Effekt auf die Gefäß- wand aus (Professor Dr. H. Gre- ten, Medizinische Universitätskli- nik Heidelberg). So weiß man heute, daß LDL direkt in die Ge- fäßwand gelangen, dort Chole- sterin ablagern und somit auf di- rektem Wege zur Arteriosklerose- bildung beitragen. HDL dagegen sind die Transportformen von Li- piden, speziell Cholesterin, aus den Zellen zur Leber, wo die Lipi- de abgebaut werden. Von beson- derem Interesse ist dabei der VDL/HDL-Quotient, dessen Höhe mit der arteriosklerotischen Po- tenz der Lipoproteine korreliert.
Die Apoproteine der HDL wirken in der Gefäßwandzelle offenbar als Aktivatoren der dort vorhan- denen lipidabbauenden Enzyme.
Bei Ausdauersport steigt der HDL-Spiegel erheblich an. Die Apoproteinaktivierung der Ge- fäßwandlipide korreliert offenbar mit der physiologischen körperli- chen Beanspruchung positiv.
(Bayer-Presseseminar in Altenahr-Loch- mühle, März 1979)
Früherkennung einer Abstoßungsreaktion
Die Menge des innerhalb von 24 Stunden im Urin ausgeschiede- nen IgG ist ein guter Parameter für die Funktionstüchtigkeit ei- nes Nierentransplantates. Mit Hil- fe des Laser-Nephelometers kann der IgG-Spiegel im Harn schnell bestimmt werden, man braucht nur die 24 Stunden Zeit, die für das Harnsammeln benö- tigt werden. Den IgG-Anstieg kündigen Abstoßungsreaktionen frühzeitig an, somit ist Sofortthe- rapie möglich, bevor die klini- schen Abstoßungszeichen auf- treten (Dr. med. H. Becker, Urolo- gische Universitätsklinik, Ham- burg-Eppendorf). Anhaltend ho- her IgG-Spiegel im Harn signali- siert Unwirksamkeit der organer- haltenden Therapie. IgG-Abfall beziehungsweise ständig niedri- ge Spiegel findet man nur bei gu- ter Funktion.
(Behring-Symposium über Diagnostik und Therapie von Nierenerkrankungen, März 1979, Marburg)
Diagnostische Regionalanästhesie
Nach gründlicher Anamnese und Allgemeinuntersuchung sind die Quellen chronischer Schmerzen mit der diagnostischen Regional- anästhesie elegant und sicher aufzuspüren, falls man die Ein- zelheiten dieser Methode be- herrscht (Professor Dr. H. U. Ger- bershagen, Anästhesiologisches Institut des Universitätsklinikums Mainz). Dabei schaltet man mit einer kleinen Menge eines Lokal- anästhetikums die verdächtigen Nocizeptoren aus, unterbricht die afferenten nocizeptiven Impulse, schaltet efferente sympathische Bahnen aus und beeinflußt die efferenten Motoneuronen bis hin zu den höheren kortikalen Funk- tionen. WP
(II. Bochumer Therapietag. Juni 1979, Bochum)
2322 Heft 37 vom 13. September 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT