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Archiv "Priorisierung: Fachleute sehen Handlungsbedarf" (26.02.2010)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 8

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26. Februar 2010 A 307

RANDNOTIZ

Dr. med. Andreas Rutz

Leipzig, Freitag, . . . 2010: Abfahrt Rich- tung Wiesbaden. Ja, der Platz mir ge- genüber ist noch frei. Mein Mitreisen- der ist sehr beschäftigt, wir wechseln keine weiteren Worte. Herr Rechtsan- walt F. mit Fahrziel S. stellt sich nicht vor. Er reist mit mobilem Büro. Seine Identität erfahre ich durch seine Tele- fonate. Ferner: Der Termin vor dem Ar- beitsgericht, von dem er jetzt nach Hause fährt, verlief zufriedenstellend, der betreffende Arbeitnehmer wird seine bisherige Firma zum . . . 2010 verlassen. Vor der Erörterung weitläu-

figer Einzelheiten in der Sache der Mandantin Frau Sch. vergisst Herr F.

nicht, zum Tode ihres Gatten zu kon- dolieren („Von Herrn B. habe ich er- fahren, was vorgefallen ist . . .“). Da- zwischen Diktate und Terminabspra- chen mit dem Büro daheim. Schließ- lich vertieft sich mein Gegenüber in die „Neue Juristische Wochenschrift“.

Ein Einzelerlebnis? Leider nein:

Abgehetzt, mit schwerem Gepäck, steigt eine Dame in Frankfurt/Main in den Zug nach München. Sie offen- bart sich als Kollegin, als Ärztin.

Kaum ist der Zug über den Main, steht die Handyverbindung zur Pra- xis, und es werden letzte Anweisun- gen für die Zeit der Abwesenheit der Chefin durchgegeben einschließlich Abrechnungsmodalitäten en detail – unter voller Namensnennung! Hier kann ich nicht an mich halten und schiebe der Dame einen Zettel zu.

Sie antwortet schnippisch und hilflos.

Dass mit der neuen Technologie unbedacht und unbekümmert umge- gangen wird, dass ich allüberall akustischem und optischem Müll ausgesetzt bin, damit muss ich mich abfinden. Bestürzend jedoch und nicht hinzunehmen ist der geschil- derte Umgang mit sensiblen Daten von Mandanten (mandare, latei- nisch: vertrauen) beziehungsweise Patienten durch Personen, die es wirklich besser wissen müssten.

Rutz ist niedergelassener Arzt in Lollar.

Gestern im ICE

Ärzte und Juristen fordern indirekt die Politik dazu auf, sich den Fra- gen von Priorisierung und Rationie- rung im Gesundheitswesen zu stel- len. Es gebe längst eine „still- schweigende Rationierung“ in Pra- xen wie auch in Kliniken, sagte Christoph Jansen, Fachanwalt für Medizinrecht, über die man disku- tieren müsse. Auch stünde bei Fi- nanzierungsfragen „nicht mehr die leistungsgerechte Vergütung der Leistungserbringer im Vordergrund, sondern die Belastbarkeit der Sozi- alsysteme“. Jansen war einer der Referenten des 39. Symposions für Juristen und Ärzte, das sich am 19.

und 20. Februar in Berlin mit „Eng- pässen der medizinischen Versor- gung“ befasste. Veranstalter war die Kaiserin-Friedrich-Stiftung für das ärztliche Fortbildungswesen.

Nach Ansicht des Medizinrecht- lers Christian Katzenmeier, Univer- sität zu Köln, ist längst sichtbar,

„dass man nicht mehr jeden Fort- PRIORISIERUNG

Fachleute sehen Handlungsbedarf

schritt jedem Patienten angedeihen lassen kann“. Ärzte kämen zuneh- mend in eine Zwickmühle, weil das Sozialrecht sie zu wirtschaftlichem Handeln anhält, das Haftungsrecht jedoch einen bestimmten Behand- lungsstandard voraussetzt.

Die Politik habe „zugesagt, dass es keine Rationierung und Priorisie- rung geben soll“, betonte Eckhard Nagel vom Institut für Medizinma- nagement und Gesundheitswissen- schaften der Universität Bayreuth.

Über Priorisierung, verstanden als sinnvolle Strukturierung von Ange- botsleistungen, müsse man aber re- den, sagte Nagel. Er verwies auf die immer deutlicher werdenden Eng- pässe in der Versorgung. Dass die Debatte einfach verlaufen könnte, suggerierte Nagel nicht: „Es han- delt sich um Entscheidungsprozes- se, die sich niemals im Guten auflö- sen. Wenn wir über Rationierung reden, bedeutet das immer, dass einer zu kurz kommt.“ Rie Zwei Gutachter der

US-Arzneimittelbehörde FDA empfehlen, das Antidiabetikum Avan- dia® (Wirkstoff: Rosi- glitazon) des Pharma- konzerns Glaxosmith- kline wegen möglicher kardiovaskulärer Kom- plikationen vom Markt zu nehmen. Dies berich- tet die „New York Times“

am 21. Februar. Die Ri-

siken des Insulinsentizisers überträ- fen die des Konkurrenzprodukts Actos® (Wirkstoff: Pioglitazon) von Takeda Pharmaceutical. Nach einem internen Bericht der US-Re- gierung soll Avandia im dritten Quartal 2009 für 304 Todesfälle verantwortlich sein. Die FDA wer- de eine Beratergruppe damit beauf- tragen, die Risiken des Medika- ments zu untersuchen. In einem Bericht des US-Senats werde Glaxo-

smithkline zudem vor- geworfen, bereits vor 2007 von möglichen kar- diovaskulären Komplika- tionen gewusst zu haben.

Avandia gehörte bis 2007 zu den größten Umsatzträgern des bri - tischen Unternehmens.

In diesem Jahr erschien eine Studie, wonach das Präparat Herzinfarkte auslösen könne (New England Journal of Medicine 2007;

356: 2457–71). Glaxosmithkline hat die Sicherheit seines Medika- ments Avandia stets verteidigt und dabei auf die „Rosiglitazone Evaluat- ed for Cardiac Outcomes and Regu- lation of Glycaemia in Diabetes“- oder RECORD-Studie verwiesen.

2006 machte Glaxo noch einen Umsatz mit Avandia von drei Milli- arden Dollar. 2009 fielen die Erlöse auf 1,2 Milliarden Dollar. zyl Antidiabetischer

Wirkstoff soll kardio - vaskuläre Komplikationen verursachen.

ARZNEIMITTEL

Antidiabetikum Avandia erneut in der Kritik

Foto: Fotolia

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