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Archiv "Arbeitsmedizin: „Gesundheits- Polizei“?" (03.11.1988)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

D

ie Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP wollen den Entwurf für ein Gesundheits-Reformgesetz (GRG) noch in letzter Sekunde mit einem Wust von kaum mehr durchschaubaren Änderungsan- trägen überziehen. Beispiel:

Das „Recht" der Krankenkas- sen, bei der Ermittlung und Verhütung „arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren" aktiv mitzuwirken (§ 20 GRG-E).

Mag dies unter der Parole von mehr Gesundheitsförde- rung/Krankheitsverhütung ver- kauft werden, so dürfen doch die ideologischen Fallstricke und Umsetzungsschwierigkeiten bei einer Einflußnahme der Krankenkassen und ihrer Hel- fershelfer nicht übersehen wer- den. Zwar wird beschwichtigend erwähnt, daß die Kassen mit den Trägern der Unfallversiche- rung zusammenzuarbeiten und diese über die Erkenntnisse von.

gesundheitsschädigenden Zu- sammenhängen zu unterrichten hätten. Doch wie soll dies ge- schehen? Die Krankenkassen als Oberkontrolleure der bereits nach Gesetz, Verordnung und Richtlinien installierten Be-

Arbeitsmedizin

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„Gesundheits- Polizei"?

triebsärzte , Sicherheitsbeauf- tragten, des Betriebsrates, des Arbeitssicherheitsausschusses und der Unternehmensleitun- gen?

Wie sollen die Krankenkas- sen als betriebsferne Institutio- nen per Ferndiagnose die Viel- gestaltigkeit von Gesundheits- schäden beurteilen können? Für die Prüfung der Zusammenhän- ge zwischen Arbeitsbedingun- gen und Erkrankungen müßte qualifiziertes Personal einge- stellt werden. Ob dadurch sinn- volle Ergebnisse zu erzielen wä- ren, ist zweifelhaft. Denn die einzelne Kasse verfügt nur über die Daten (und die sind geheim) eines Teils der Beschäftigten in einem Unternehmen. Sie kennt weder die Arbeitsbedingungen noch die höchstpersönlichen Le- bens- und Umweltbedingungen des Arbeitnehmers.

Bei solchen perfektionisti- schen Ambitionen verwundert es denn auch nicht, daß ein rigo- roses Meldesystem ohne Zu- stimmung des Arbeitnehmers/

Versicherten inszeniert werden soll! Von Zusammenarbeit ist nichts mehr zu lesen. Nicht zur Kenntnis wird genommen, daß bereits eine Vereinbarung auf Selbstverwaltungsebene die Be- triebsärzte verpflichtet, mit den Kassen zu kooperieren. Über- flüssig ist die Kassenfremdkon- trolle auch deshalb, weil bereits Gesetze und Verordnungen den Gesundheitsschutz im Betrieb regeln (Arbeitssicherheitsge- setz, Unfallverhütungsvorschrif- ten, Betriebsverfassungsgesetz u. a.).

Der Grund für diese Kas- senvollmacht wird entlarvend in einem früheren Entwurf offen- gelegt: „Arbeitsbedingte Ge- sundheitsgefahren" seien für

„chronische Zivilisationskrank- heiten" mit ursächlich, deren

„Kosten die Kassen zu tragen haben". Also: Wollen die Kas- sen diese Kosten loswerden und dem „Verursacher" anlasten — nach dem Motto: Mitmischen, aber nicht zahlen? HC

D

as hat uns gerade noch gefehlt: Neben den tau- senden regulären Phar- mabesuchern wollen nun auch ungezählte „alternative Phar- mavertreter" unsere Praxen überschwemmen. Dazu ruft ei- ne Organisation mit dem Na- men „medico international`

„Machen Sie mit! — Über- nehmen Sie in den nächsten Ta- gen einmal für ein/zwei Stunden die Rolle eines ‚alternativen Pharmavertreters` und besu- chen Sie Ihren Hausarzt, viel- leicht auch Ärzte in Ihrer Nach- barschaft.

Entscheiden Sie selbst, ob zu dieser Rolle die entsprechen- de Kostümierung mit Anzug, Schlips und Musterköfferchen gehört.

Überreichen Sie Ihrem Arzt und den Praxismitarbeitern die

Mit Musterkoffer

Kostümierte Alternative

kritische Schachtel und überzeu- gen Sie sie von der natürlichen Wirksamkeit von medico men- tal.

Lassen Sie sich das Einver- ständnis geben, in den Warte- zimmern das medico-mental- Plakat aufzuhängen (Größe DIN A2) und die mit dem vor- liegenden Text bedruckten Falt- blätter auszulegen."

Was nicht alles in unsere Wartezimmer drängt! „Die kri- tische Schachtel"? Sie enthält

„medico mental" , in der Einla- dung zu dieser Aktion als „das

einzigartige Antirepressivum"

angepriesen, das auf elf Infor- mationskärtchen etwas „gegen Unwissenheit, Ignoranz und Mythen über die Ursachen von Krankheiten, vor allem in den Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas" tun will.

Das klingt ganz gut, ist aber raffiniert mit einer direkten Agi- tation gegen die Arzneimittel- hersteller und einer indirekten gegen die verordnenden Ärzte verknüpft. Und mit gleichklin- gender Agitation gegen Wirt- schaftspolitik und Entwick- lungshilfe der „reichen Indu- strieländer": „Die ,Geißeln der Tropen' heißen nicht Gelbfieber und Malaria, sondern Agrobusi- ness und Verschuldung."

Klar, wes Geistes Kinder die Aktionisten sind. Jetzt auch noch „Allgemein` politik im Wartezimmer? EB

Dt. Ärztebl. 85, Heft 44, 3. November 1988 (1) A-3021

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