ÄRZTEBLATT DEUTSCHES
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aß eine Linksherzhypertro- phie infolge Aortenvitien oder obstruktiver Myokar- diopathie mit malignen ventrikulä- ren Rhythmusstörungen einherge- hen kann, ist gesichert. Im dunkeln liegt dagegen, ob auch die Hypertro- phie infolge arterieller Hypertonie von Arrythmien begleitet wird.
Die großangelegte epidemiolo- gische Framingham-Studie hat ge- zeigt, daß die Linksherzhypertro- phie bei arterieller Hypertonie als wesentlicher Risikofaktor für den plötzlichen Herztod angesehen wer- den muß, und zwar unabhängig von der Blutdruckhöhe oder einer kom- plizierenden Herzkrankheit. Inwie- weit hierfür Rhythmusstörungen verantwortlich sind, ist nicht geklärt.
Die wenigen, bislang vorliegenden Untersuchungen, die bei Hypertoni- kern mit Linksherzhypertrophie ei- ne erhöhte Inzidenz ventrikulärer Rhythmusstörungen nachgewiesen haben, kranken daran, daß nicht koronarangiographiert wurde und auch eine KHK als Ursache für die Arrythmien in Frage kommt
Am Klinikum der Philipps-Uni- versität, Marburg, wurden deshalb die Langzeit-EKGs von 42 Hyperto- nikern mit Linksherzhypertrophie durchgecheckt, bei denen der Ver- dacht auf KHK, dilative Myokardio-
pathie oder Herzklappenfehler be- stand, dann aber per Herzkatheter- untersuchung widerlegt werden konnte. Wie Dr. med. Christian Bethge bei einem von Boehringer Mannheim gesponserten Symposium Ende letzten Jahres in München be- richtete, belegt diese Studie eindeu- tig, daß im Gefolge einer hypertensi- ven Herzhypertrophie regelmäßig ventrikuläre Rhythmusstörungen auftreten. Gefährdet sind insbeson- dere Patienten mit dekompensierter Hypertonie (linker Ventrikel dila- tiert) , bei denen in 67 Prozent der Fäl- le schwere Kammerarrhythmien der Ryan-Klasse 4a bzw. 4b registriert wurden. Bei der Subgruppe von Pa- tienten mit kompensierter Hyperto- nie, also mit normalen Ventrikelvolu- mina, fanden sich dagegen derart schwere Rhythmusstörungen zu sie- ben Prozent; 40 Prozent dieser Pa- tienten zeigten geringe bis mittelgra- dige supraventrikuläre Extrasysto- len.
Anzahl und Schwere der regi- strierten Arrythmien nahmen mit fallender Ejektionsfraktion und mit
steigender systolischer Wandspan- nung zu — ein Befund, der in Ein- klang steht mit Beobachtungen an Patienten mit Aorteninsuffizienz, valvulärer Aortenstenose, dilativer Kardiomyopathie bzw. KHK. In der zitierten Studie wiesen alle Patien- ten, deren Ejektionsfraktion unter- halb eines Grenzwertes von 40 Pro- zent angesiedelt war, hochgradige Rhythmusstörungen auf. Bei Patien- ten mit einer Ejektionsfraktion von mehr als 65 Prozent dagegen er- reichten die Arrhythmien in keinem Fall den Schweregrad 4a oder 4b.
Verantwortlich für die ventriku- lären Rhythmusstörungen im Gefol- ge der hypertonen Linksherzhyper- trophie dürfte laut Bethge eine ko- ronare Mikroangiopathie sein. Es sollte jetzt geprüft werden, so der Kardiologe abschließend, ob eine Hypertrophieregression, die sich durch eine konsequente Therapie mit definierten Antihypertensiva nachweislich erzielen läßt, auch mit einer wirksamen Suppression von Arrythmien verbunden ist.
U. Viegener
Hochdruck mit Linksherzhypertrophie
Ventrikuläre Arrhythmien drohen
Wie können Viren malignisieren?
W
erden die in Tier und Mensch präsenten Wirts- zellonkogene und das Vi- rusgenom an genau definierter Stelle kombiniert, so hat die malignisierte Zelle Zugriff auf das Kontrollsystem der zellulären Proliferation. Die Zelle wird autonom, kontrolliert sich selbst. Es werden entweder un- sinnige Mengen Wachstumsfaktoren produziert, oder die vorhandenen Rezeptoren sprechen dramatisch ge- steigert auf das normale Angebot an. Derartige Forschungsbefunde über malignisierende Viren machte Prof. Rolf Knippers, Konstanz, ver- ständlich, und zwar 1987 beim 4.Konstanzer Coloproctologen-Ge- spräch. Das veränderte Genom läßt auch die Metastasierung nicht als zu- fälliges Ereignis stattfinden. Nicht jede abgeschwemmte Tumorzelle ist potentiell metastasenbildend; ent-
scheidend sind bestimmte auf der Zellmembran lokalisierte Glykopro- teine. Durch eine veränderte Mem- bran — sie ist die zelluläre Visiten- karte — können sich die metastasen- fähigen Zellen der Immunkontrolle des Wirtsorganismus entziehen. So- lange also bei manifestem Karzinom keine genom-orientierte Therapie zur Verfügung steht, können Che- motherapeutika im Prinzip lediglich zellulären Flurschaden anrichten in der Hoffnung, den Tumor bezie- hungsweise die Metastase besonders schwer zu treffen.
Eine sehr interessante und da- mit in unmittelbarem Zusammen- hang stehende Erkenntnis ist die Isolierung eines „Cachectin" ge-
nannten Makromoleküls, das per se eine Kachexie ohne konsumierende Erkrankung hervorrufen kann. Die ernüchternde Einsicht war inzwi- schen leider folgende: Der in letzter Zeit als Joker der Malignomtherapie erhoffte Tumor-Nekrose-Faktor a (TNFa) ist mit diesem „Cachectin"
identisch, wirkt also letztlich eben- falls nur über eine generelle Prolife- rationshemmung.
Beim Konstanzer Coloproktolo- gen-Gespräch, das von Tosse Phar- ma, Hamburg, unterstützt wurde, berichtete Prof. Wolf Heitland, Tü- bingen, über die Erfahrungen der chirurgischen Behandlung des M.
Crohn und der Colitis.
Wolfgang Rühle A-450 (74) Dt. Ärztebl. 85, Heft 8, 25. Februar 1988