DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Dekubitusprophylaxe
fort auf Null ab, falls die normale Spitalmatratze benutzt wird. Die
„superweiche Matratze" ist also in der Lage, den Druckvektor durch Vergrößerung der Auflage- fläche zu verkleinern. Sie bietet einen hochgradigen, mindestens 95prozentigen Schutz vor Dekubi- tusentstehung (7, 8).
Verkürzte Einwirkzeiten durch Umbetten
Durch regelmäßiges Umlagern in die Schräglage von 30° kann man die Einwirkzeit pro Hautareal re- duzieren. In der Schräglage von 30° ist sowohl das normalerweise stark gefährdete Hautareal über dem Sakrum als auch jenes über dem Trochanter major komplett druckentlastet (Abbildungen 2 und 3). Beide Areale bleiben selbst beim Benutzen der harten
Matratze normal oxygeniert. Die Seitenlage von 90°, die meistens zum iatrogenen Dekubitus führt, sollte daher aus der Dekubitus- prophylaxe verschwinden. An ihre Stelle sollte vielmehr die Schräg- lage von 30° eingeführt werden.
In der Praxis empfiehlt es sich, Ri- sikopatienten (Tabelle) unmittel- bar auf eine „superweiche" Ma- tratze zu betten. Treten am ande- ren Tag trotzdem Rötungen am sakralen Hautareal auf, so sollte zusätzlich ein bis zweimal pro Tag abwechselungsweise in die linke oder rechte Schräglage von 30°
umgelagert werden.
Literatur:
(1) Hussain, T.: An experimental study of some pressure effects an tissues, with reference to the bed-sore problem. J. Path. Bact. 66 (1953) 347-366 — (2) Kosiak, M.: Etiology and patholo- gy of ischemic ulcers. Arch. Phys. Med. Reha- bil. 40 (1959) 62-69 — (3) Seiler, W. 0.; Stähe-
lin, H. B.: Skin oxygen tension as a function of imposed skin pressure: implication for decubi- tus ulcer formation. J. Am. Geriatr. Sec. 27 (1979) 298-301 — (4) Exton-Smith, A. N.; Sher- win, R. W.: The prevention of pressure sores.
Significance of spontaneous bodily move- ments. Lancet 2 (1961) 1124-1126 — (5) Stoffel, F.: Quantitative Erfassung des Mobilitätsgra- des zur Objektivierung des Dekubitus-Risikos bei geriatrischen Patienten. Dissertation Uni- versität Basel, 1985 - (6) Seiler, W. 0.; Stähe- lin, H. B.: Decubitus ulcer prevention: A new investigative method using transcutaneous oxygen tension measurement. J. Am. Geriatr.
Soc. 31 (1983) 786-789 — (7) Seiler, W. 0.; Stä- helin, H. B.: Dekubitus: Neue Forschungsme- thode in der Dekubituspathogenese. Hospita- lis 6 (1984) 319-326 — (8) Holzach, P.; Lüscher, N.; Seiler, W. 0.; Famos, N.; Allgöwer, M.: Er- folgreiche Dekubitusprophylaxe in einer chir- urgischen Universitätsklinik. Heiv. chir. Acta.
51 (1984) 297-302 — (9) Seiler, W. 0.; Stähelin, H. B.: Erfolgreiche Dekubitusprophylaxe mit- tels super-weicher Unterlage und 30°-Schräg- lage. Deutsche Krankenpflegezeitschrift. 1 (1984) 28-31
Anschrift für die Verfasser:
Dr. med. Walter 0. Seiler Leitender Arzt
Medizinisch-geriatrische Klinik Kantonsspital Basel
CH-4031 Basel
FÜR SIE GELESEN
Hypokaliämie verursacht Rhythmusstörungen
Deutliche Hypokaliämien erhöhen insbesondere bei geschädigten Herzen das Risiko für unter Umständen lebensbedrohliche Rhythmusstörungen. Führen leichte Erniedrigungen des Se- rumkaliumspiegels unter diureti- scher Therapie zu arrhythmoge- nen Effekten? Eine Arbeitsgruppe aus Neuseeland untersuchte dies- bezüglich 11 Patienten mit milder arterieller Hypertonie und ana- mnestisch typischen pectanginö- sen Beschwerden. Ausgeschlos- sen waren Patienten mit anamne- stisch bekannten Arrhythmien, Niereninsuffizienz, abnormen Se- rumkaliumwerten vor Studienbe- ginn, Herzinsuffizienz, Digitalis- oder anderer kardialer medika- mentöser Therapie. Nitrate bei Bedarf waren zugelassen. Die Pa- tienten erhielten je 8 Wochen lang ein Kalium-sparendes Diuretikum oder ein nicht-Kalium-sparendes Diuretikum. Ausgewertet werden
konnten die Ergebnisse von 10 Patienten. Der mittlere Serumkali- umwert betrug vor Therapiebe- ginn 4,15 mmol/I und lag nach Therapie mit nicht-Kalium-sparen- dem Diuretikum mit 3,3 mmol/I si- gnifikant niedriger als 4,3 mmol/I unter Kalium-sparendem Diureti- kum. Im Langzeit-EKG fanden sich unter Therapie mit nicht-Kali- um-sparendem Diuretikum signifi- kant häufiger ventrikuläre Extra- systolen pro Stunde als auch hö- here Lown-Grade. Im Belastungs- EKG traten bei zwei Patienten ventrikuläre Extrasystolen unter nicht-Kalium-sparendem Diureti- kum auf. Bei der programmierten Stimulation kam es bei einem Pa- tienten zu einer anhaltenden ven- trikulären Tachykardie, die eine Elektrokonversion erforderlich machte. In der Phase mit nicht-Ka- lium-sparendem Diuretikum tra- ten bei fünf Patienten spontan endende ventrikuläre Tachykar- dien auf. In der Phase mit Kalium- sparendem Diuretikum war dies bei drei Patienten der Fall. Das im rechten Ventrikel abgeleitete
monophasische Aktionspotential zeigte ebenfalls meßbare Ände- ru ngen.
Die Befunde wurden im Sinne einer erhöhten elektrischen Instabilität unter nicht-Kalium-sparender di- uretischer Therapie gedeutet. Es kann allerdings nicht schlüssig ge- folgert werden, daß dadurch das Ri- siko für lebensbedrohliche Rhyth- musstörungen ansteigt. Immerhin zeigt die Studie, daß auch relativ geringe Abweichungen des Se- rumkaliumspiegels zur meßbaren Beeinflussung der elektrischen Funktion des Herzens führt. Bei Ri- sikopatienten können dadurch fa- tale Rhythmusstörungen begün- stigt werden. Deshalb sollten bei Patienten mit koronarer Herzer- krankung, die Diuretika benötigen, generell auch milde Hypokali- ämien vermieden werden. kue
Arhythmogenic potential of diuretic induced hypokalaemia in patients with mild hyperten- sion and ischaemic heart disease Br. Heart J.
1985; 54: 290-297. H. (kram, Dept. of Cardiolo- gy, The Princess Margaret Hospital, Christ- church 2, New Zealand
Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 3 vom 15. Januar 1986 (51) 107