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Archiv "Dem guten Rat gefolgt" (11.03.1976)

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Bericht und Meinung

deutliche Alternative zur SPD wür- de bedeuten, daß sich die CDU endlich daranmachte, die Öffent- lichkeit wahrheitsgemäß darüber zu informieren, was die Schwierig- keiten im Gesundheitswesen verur- sacht hat.

Die Partei müßte sich dazu be- kennen, dem rapiden Kostenanstieg mit einer Durchforstung des Lei- stungskatalogs der Sozialversiche- rung zu begegnen. Sie müßte die Überprüfung solcher Gesetze for- dern, die die Kassen belasten, ob- wohl sie mit deren ureigenen Auf- gaben wenig zu tun haben. Sie müßte dem Bürger erklären, daß nicht nur die „Anbieter" den „Gür- tel enger schnallen müssen" (wo- rauf sich die politische Konkurrenz weitgehend beschränkt), sondern eben auch die „Nachfrager".

Wenn Inhalte dieser Art der Zünd- stoff im vertraulichen CDU-Pro- grammpapier sein sollten — wes- halb schweigt sich die Partei über ihre Alternative aus? Doch nicht etwa, weil ihr politischer Gegner ebenfalls um diese heißen Fragen herumschweigt?

Eine Alternative der CDU zu den revolutionären SPD-Ideen würde auf der anderen Seite aber auch ein Bekenntnis zu den gewachse- nen Strukturen unseres Systems der Gesundheitssicherung enthal- ten müssen. Liegt hier vielleicht der Zündstoff im Programment- wurf? Denn das wäre natürlich eine Aussage, die einigen CDU- Leuten — wiewohl um die Konser- vativen im Lande werbend — nicht

progressiv genug wäre.

Schon auf dem Mannheimer Partei- tag der CDU im Juni vorigen Jah- res klangen die wenigen Sätze zur Gesundheitspolitik eher modisch- progressiv denn überzeugt konser- vativ. Staatssekretär Fritz Beske läßt zwar keine Gelegenheit aus, sich zu den gewachsenen Struktu- ren zu bekennen, doch bei seinem Idealkonkurrenten um Bundesmini- sterwürden, Heinrich Geißler aus Rheinland-Pfalz, klingt's schon merklich anders.

In Geißlers „Dokumentation zur Neuen Sozialen Frage", die er im November 1975 veröffentlichte (da- gegen hatte die Partei wohl nichts einzuwenden), kehren manche platten Vorurteile wieder, die bis- her noch als progressiv gelten.

Geißler unterstützt zum Beispiel die bislang unbeweisbare Behaup- tung, „daß der ,output` des Ge- sundheitssystems ... in der Bun- desrepublik von neun untersuchten Ländern neben Österreich an letz- ter Stelle rangiert". Er beklagt „die starre Zäsur zwischen ambulanter und stationärer Behandlung", die sich „außerordentlich nachteilig"

auswirke. Er preist pauschal das niederländische Gesundheitswesen als vorbildlich für uns an.

CDU-Anhänger mögen darauf hin- weisen, das sei eben Geißlers Mei- nung oder allenfalls die der Sozial- ausschüsse, und da gebe es ja an- dererseits noch Beske als Wider- part oder den Prinzen Sayn-Witt- genstein oder die Frau Neumeister.

Doch Beskes Gedankenkonzentrat, das auch das Wohlgefallen des gesundheitspolitischen Parteiaus- schusses der CDU sowie der ge- nannten beiden Politiker gefunden haben soll, liegt „im Panzer- schrank". Und von einem Geißler- Mitarbeiter verlautet, ginge es nach ihm, würde dieser Entwurf nie ver- öffentlicht. His Master's Voice?

Frage also: Was gilt denn nun bei

der CDU? NJ

Dem guten Rat gefolgt

Nur selten kommt es vor, daß ein Journalist sich bei der Lektüre ei- nes amtlichen Dokuments zufrie- den in den Sessel zurücklehnt, wie bei Morgenstern „selig lächelnd wie ein satter Säugling". Beim DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT gab es Anfang 1976 dieses seltene Ver- gnügen:

In Heft 48 vom 30. November 1972 (in Worten: ... zweiundsiebzig) gab es ein Titelbild mit einem zer- dötschten Spielzeugauto, einem

Äskulapstab aus Knetmasse und der Schlagzeile „EWG-Führerschein — Eurobürokraten greifen nach Kraft- fahrern und Ärzten". Und der Leit- artikel dieses Heftes setzte sich recht scharf mit einem Entwurf aus Brüssel für Richtlinien auseinan- der, mit denen ein europäischer Führerschein sowie ein abenteuer- liches System der Überwachung der Führerscheininhaber durch

„ermächtigte Ärzte" eingeführt werden sollte.

Seitdem hatte man nichts mehr von den Richtlinien gehört. Erst jetzt lag unter den Bundestagsdrucksa- chen ein neuer Entwurf aus Brüs- sel.

Er ist viel kürzer als der erste, und in den „Erwägungsgründen"

kann man lesen, daß die parlamen- tarischen Gremien der Europäi- schen Gemeinschaft Änderungen vorgeschlagen haben, welche die Kommission so sorgfältig geprüft habe, daß sie nun einen ganz neu- en Entwurf vorlege, der auch den vollständigen Beratungsweg noch einmal gehen solle. Der erste Ent- wurf ist also, wie man so sagt, „in der Luft zerrissen worden" — nicht nur vom DEUTSCHEN ÄRZTE- BLATT, sondern danach auch von den Europa-Parlamentariern in Brüssel.

Und tatsächlich: Alles, was die Eu- rokraten damals an Untersu- chungsvorschriften und -organisa- tionen aufziehen wollten, ist im neuen Entwurf nicht mehr enthal- ten.

Geblieben sind lediglich ein ge- meinsames europäisches Führer- scheinformular und einheitliche Führerscheinklassen; sogar die Herabsetzung des Mindestalters für den Motorradführerschein von 18 auf 16 Jahre, die das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT vor dreieinhalb Jah- ren kritisiert hatte, ist nun auch wieder weg.

Auch Behörden folgen also biswei- len sachverständigem Rat. Das Brüsseler Beispiel sollte Schule machen. bt

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 11 vom 11. März 1976 699

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