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1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Beschluss

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1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt

Beschluss

dazu OLG-Entscheidung 1 Verg 2/05 vom 06.04.2005

AZ: 1 VK LVwA 56/04 Halle, 28.09.2004

§ 107 Abs. 3 S. 2 GWB - verspätet gerügt

In dem Nachprüfungsverfahren der

Bietergemeinschaft ...

...GmbH ...

...GmbH ...

Antragstellerin

gegen

den Abwasserzweckverband ...

...

Verfahrensbevollmächtigte ... Partnerschaft ...

Antragsgegner

(2)

wegen

des gerügten Vergabeverstoßes zur Vergabe von Dienstleistungen für die Betriebsführung der Abwasserbeseitigung des Abwasserzweckverbandes (AZV) ... hat die 1. Verga- bekammer beim Landesverwaltungsamt ohne mündliche Verhandlung am 28.09.2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Oberregierungsrat Thomas, der beamteten Beisitzerin Regie- rungsamtsrätin Katzsch und des ehrenamtlichen Beisitzers Herrn Foerster beschlossen:

1. Der Nachprüfungsantrag wird als unzulässig zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens (Gebühren und Auslagen) trägt die Antragstellerin.

3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch den Antragsgegner wird für notwendig erklärt.

4. Die Verfahrenskosten beziffern sich auf insgesamt ... Euro.

G r ü n d e I.

Mit Veröffentlichung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften am ... schrieb der Antragsgegner im Wege eines Offenen Verfahrens auf der Grundlage der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Abwasserableitung die vollumfängliche kaufmännische und technische Betriebsführung ein- schließlich der Vorbereitung und Durchführung der Abgabenerhebung und anderer hoheitli- cher Aufgaben im Namen und Auftrag für den AZV ... aus.

Mittels der Bekanntmachung informierte der Antragsgegner unter Abschnitt IV, Ziffer 2 dar- über, dass auf das Angebot der Zuschlag erteilt werde, welches den niedrigsten Preis aus- weise. Mit den Vergabeunterlagen wurde den Bewerbern im 5. Abschnitt - Wertungskriterien - im einzelnen dargelegt, wie das preisgünstigste Angebot ermittelt werde und nochmals he- rausgehoben, dass das Angebot mit der niedrigsten Summe der Jahresnettogesamtpreise nach der vorgegebenen tabellarischen Ermittlung den Zuschlag erhalte.

Im Leistungsverzeichnis weist der Auftraggeber unter dem 1. Abschnitt, Ziffer 1.1.9 Personal (Seite 12) darauf hin, dass beim jetzigen Betriebsführer 39 Arbeitnehmer beschäftigt sind und diese durch den neuen Betriebsführer nach Maßgabe des § 613a BGB zu übernehmen seien. Hierzu finden sich im 3. Abschnitt der Vergabeunterlagen Informationen zur Personal- übernahme.

Aus der übergebenen Niederschrift zur Verdingungsverhandlung geht hervor, dass am 22.06.2004, 10.05 Uhr, sechs Angebote submittiert wurden. Das Angebot der Antragstellerin enthält ein Anschreiben, datiert auf den 21.06.2004, in welchem sie mitteilt, dass die Über- nahme der Arbeitskräfte für sie kein Problem darstelle und ausdrücklich zugesichert werde.

Hinsichtlich des Preisangebotes äußerte sich die Antragstellerin dahingehend, dass sie die- ses habe erweitern müssen. Begründet wurde dies damit, dass eine Angebotserstellung, die nach dem Kriterium „niedrigster Preis“ bewertet werden solle, unter Verwendung der vorge- gebenen Tabellenform nicht möglich sei. Bedenken äußerte sie insbesondere dahingehend, dass Teilleistungen, die in den Unterlagen als Betriebsführungsleistungen deklariert seien, der Zuschlagsbewertung entzogen würden. Das Angebotsschreiben ist mit dem Preisange- botsblatt von den Vertretern der Bietergemeinschaft am 17.06.2004 unterzeichnet worden.

(3)

Aus der Angebotsauswertung ergibt sich, dass alle Angebote formell und inhaltlich geprüft wurden. Anhaltspunkte dafür, dass ein Bieter die geforderte Eignung nicht nachgewiesen hat, wurden auftraggeberseitig nicht festgestellt. Im Ergebnis der sachlichen, wirtschaftli- chen, fachtechnischen und rechnerischen Prüfung ermittelte der Auftraggeber das Angebot der ...als das Angebot mit dem niedrigsten Preis.

Mit Schreiben vom 30.06.2004 teilte der Antragsgegner den Bietern mit, dass er beabsichti- ge, das Angebot der ...anzunehmen, da von ihr das niedrigste Angebot vorliege.

Daraufhin sprach die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 05.07.2004 gegenüber der Verga- bestelle eine ausdrückliche Rüge aus. Die Antragstellerin vertritt darin die Auffassung, dass die beabsichtigte Bezuschlagung des Angebotes der ... vergabewidrig sei, da § 97 Abs. 5 GWB verlange, den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Das Aus- schreibungsverfahren reduziere die Zuschlagskriterien in unzulässiger Weise auf den nied- rigsten Preis. Gerade bei der hier vorgegebenen komplexen Aufgabe lasse sich das nach

§ 25 Nr. 3 VOL/A verlangte günstigste Verhältnis zwischen der gewünschten Leistung und dem angebotenen Preis nicht plausibel darstellen.

Weiterhin werde das Erfordernis der Gleichbehandlung aller Anbieter dadurch verletzt, dass die Ausschreibung Einzelpreise für Leistungsarten differenziert nach Stunden verlangt, ein Stundengerüst in den vom Auftraggeber gemachten Vorgaben jedoch nicht enthalten ist.

Insofern sei den nicht bereits mit der Leistung befassten Bietern (alle außer ...) die Bewertungsstruktur verschlossen. Diese müsse jedoch transparent sein, damit die Bieter sich im Rahmen ihrer Angebotserstellung entsprechend verhalten können. Mit der Ange- botsabgabe habe die Bietergemeinschaft diesem Umstand insoweit Rechnung getragen, als dort bereits aufgezeigt worden sei, wie die vorgegebene Bewertungsstruktur vergabekonform umgesetzt werden könne. In der gegenwärtigen Situation habe es die ausschreibende Stelle auch nach der Eröffnung der Angebote in der Hand, die Platzierung der Bieter durch die nicht offen gelegten Bewertungsstrukturen zu verschieben.

Im Übrigen gestatte die praktizierte Unschärfe des Ausschreibungsverfahrens einen Spiel- raum, der es auch nach der Zuschlagserteilung erlaube, Leistungen zwischen einzelnen Tei- len zu verschieben. Eine Überprüfung durch Dritte sei damit nicht mehr gewährleistet.

Des Weiteren müssten die Ausschreibungsunterlagen generell mit dem formulierten Auftrag, hier der vollumfänglichen technischen und kaufmännischen Betriebsführung korrespondie- ren. Nicht erlaubt sei die Herausnahme des Einkaufs von Nutriox, da aus dem Ausschrei- bungsverfahren im Jahre 2001 bekannt sei, dass der Ankauf von Nutriox zu den Aufgaben des Betriebsführers gehöre. Die Gründe für den Übergang der Nutriox-Beschaffung von dem Betriebsführer auf den AZV ... seien in den Ausschreibungsunterlagen nicht nach- vollziehbar dargelegt. Eine diesbezügliche Informationspflicht ergebe sich aus dem Gebot der Transparenz, da hier in die originäre Verantwortung des zukünftigen Betriebsführers ein- gegriffen werde.

Der Antragsgegner half dem Begehren der Antragstellerin nicht ab. Folglich hat diese mit Schreiben vom 07.07.2004 die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens bei der Vergabe- kammer beantragt.

Der Nachprüfungsantrag ist dem Antragsgegner mit Verfügung der Vergabekammer vom 09.07.2004 zugestellt worden.

Über die Unzulässigkeit einer Zuschlagserteilung gemäß § 115 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) wurde der Antragsgegner mit Zustellung des Nachprü- fungsantrages belehrt. Gleichzeitig wurde er aufgefordert, die entsprechenden Unterlagen und eine Stellungnahme zum Nachprüfungsantrag vorzulegen.

(4)

Die Antragstellerin vertritt die Auffassung,

dass die Wertung der Angebote rechtsfehlerhaft erfolgt sei. In Ihrer Begründung stützt sie sich inhaltlich auf ihr Rügeschreiben vom 05.07.2004.

Die Antragstellerin beantragt,

1. dem Antragsgegner aufzugeben, die Ausschreibung aufzuheben,

2. hilfsweise den Antragsgegner zu verpflichten, die Antragstellerin am weiteren Vergabeverfahren teilnehmen zu lassen und

3. der Antragstellerin Akteneinsicht zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,

1. den Antrag vom 07.07.2004 zurückzuweisen,

2. der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen und

3. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären.

Er vertritt die Auffassung,

dass der Nachprüfungsantrag gemäß § 107 Abs. 3 GWB unzulässig sei, da sämtliche be- haupteten Verstöße längst gerügt hätten werden müssen. Die Rügepflicht ergäbe sich so- wohl aus § 107 Abs. 3 S. 1 als auch aus § 107 Abs. 3 S. 2 GWB.

Die Antragstellerin habe erstmals mit Schriftsatz vom 05.07.2004 eine Rüge ausgesprochen.

Diese Rüge sei jedoch keinesfalls unverzüglich und damit rechtzeitig erfolgt. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin habe sie mit ihrem Angebot keine Rüge vorgebracht, sondern eigenmächtig die ihr seit langem vorliegenden Ausschreibungsunterlagen verändert. Im Üb- rigen hätte eine Rüge weit vor dem 21.06.2004 ausgesprochen werden müssen. Die Verga- bestelle sei mit dem Schreiben vom 21.06.2004 darüber hinaus auch nicht zur Abänderung irgendeiner Entscheidung oder der Ausschreibungsunterlagen aufgefordert worden.

Ferner sei auch das Wertungskriterium „niedrigster Preis“ bereits aus der europaweiten Be- kanntmachung, spätestens jedoch aus den den Bietern zugeleiteten Vergabeunterlagen er- sichtlich gewesen. Insofern sei auch dieser Umstand keinesfalls unverzüglich gerügt worden.

Wenn dann weiter festgestellt werde, „die augenscheinlichen Anknüpfungen für den Vorwurf der Nichteinhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sei zunächst die nicht erfolgte Of- fenlegung von Leistungsstrukturen, die der Wirtschaftsplanung zugrunde liegen“, so sei auch dieser Gesichtspunkt verspätet. Sofern die Antragstellerin behauptet, eine exakt festgelegte Personalübernahme bedinge eine Offenlegung der Leistungsstrukturen, so hätte dieser Vor- trag ebenfalls früher gerügt werden müssen.

Nur der Vollständigkeit halber sei vorgetragen, dass der Antrag auch unbegründet sei. Kei- ner der Vergabegrundsätze des § 97 Abs. 1 i.V.m. Abs. 7 GWB sei verletzt worden. Alle Bie- ter habe man gleich behandelt. Eine Bevorzugung einzelner Bieter habe nicht stattgefunden.

Die ... habe dieselbe Ausgangsposition, wie jeder andere Bieter auch.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vortrag der Beteiligten wird

(5)

Für die Entscheidung der Vergabekammer, die Unzulässigkeit des Antrages durch Be- schluss festzustellen, hält die Kammer gem. § 112 Abs. 1 Satz 3 GWB die mündliche Ver- handlung für nicht erforderlich.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist unzulässig.

Die sachliche Zuständigkeit der Vergabekammer richtet sich nach § 100 GWB bzw. Ab- schnitt II Abs.1 - Einrichtung und Zuständigkeit der Vergabekammer - des Runderlasses des Ministeriums für Wirtschaft und Technologie (MW) – Richtlinie über die Einrichtung von Ver- gabekammern in Sachsen-Anhalt – vom 04.03.1999-63-32570/03, geändert durch Runder- lass des MW vom 08.12.2003 -42-32570/03. Der Nachprüfungsantrag wird im Rahmen eines Vergabeverfahrens erhoben, welches einen Dienstleistungsauftrag i.S. von § 99 Abs. 1 und 4 GWB zum Gegenstand hat.

Bei der ausgeschriebenen Leistung „Vollumfängliche kaufmännische und technische Be- triebsführung einschließlich der Vorbereitung und Durchführung der Abgabenerhebung und anderer hoheitlicher Aufgaben im Namen und Auftrag für den AZV ... zur Sicherstel- lung einer ordnungsgemäßen Abwasserableitung“ handelt es sich um eine Dienstleistung im Sinne des § 1a VOL/A, Fassung 2002. Da der Gesamtauftragswert der Maßnahme

200.000,00 Euro überschreitet, sind die Bestimmungen der a-Paragraphen zusätzlich zu den Basisparagraphen anzuwenden.

Der Anwendungsbereich des 4. Teiles des GWB (§§ 97 ff) ist eröffnet. Die 1. Vergabekam- mer beim Landesverwaltungsamt ist nach Abschnitt I Abs. 2 der gemeinsamen Geschäfts- ordnung der Vergabekammern (vgl. Bek. des MW vom 22.01.2004 - 42-32570-17, MBl. LSA Nr. 8/2004 v. 23.02.2004) örtlich zuständig, da der Antragsgegner seinen Sitz innerhalb der Grenzen des Landkreises Bitterfeld hat.

Der Antragsgegner ist Auftraggeber gemäß § 98 Nr. 3 GWB.

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin war als unzulässig zurückzuweisen, da sämtli- che seitens der Antragstellerin im Nachprüfungsantrag vorgetragenen Gesichtspunkte ver- spätet gerügt wurden.

a) Soweit sich die Antragstellerin darauf beruft, dass das seitens des Antragsgegners ge- wählte und in der Bekanntmachung veröffentlichte Zuschlagskriterium "niedrigster Preis"

nicht geeignet sei, das wirtschaftlichste Angebot auszuwählen, so hätte die Antragstelle- rin diesen Umstand ausweislich der Regelung des § 107 Abs. 3 S. 2 GWB bis zum Zeit- punkt des Ablaufs der Angebotsfrist gegenüber dem Auftraggeber rügen müssen. Das hat sie jedoch nicht getan.

Unter einer Rüge ist generell die Darlegung von nach Auffassung der Antragstellerin nicht vergaberechtskonformen Umständen gegenüber dem Auftraggeber zu verstehen, die diesen dazu veranlassen sollen, sein Verhalten noch einmal zu überdenken und ge- gebenenfalls zu korrigieren. Von entscheidender Bedeutung ist daher, dass der Auftrag- geber von den kritisierten Umständen Kenntnis erlangt. Der Moment der Information des Auftraggebers durch den Rügenden stellt daher den für die Rechtzeitigkeit einer Rüge re-

(6)

Darüber hinaus muss die Anbieterseite auch den Willen haben zu rügen. Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin am 05.07.2004 das Zuschlagskriterium des niedrigsten Prei- ses erstmals ausdrücklich gegenüber dem Auftraggeber in einem als Rüge bezeichneten Schreiben kritisiert und damit im Hinblick auf § 107 Abs. 3 S. 2 GWB verspätet gerügt, da das ausschließliche Zuschlagskriterium des niedrigsten Preises bereits aus der Be- kanntmachung ersichtlich war. Ließe man das dem Angebot der Antragstellerin beigefüg- te Anschreiben als Rüge gelten, so würde dies ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis führen. Auch diese Rüge wäre verspätet. Zwar gelangte das fragliche Schreiben als Be- standteil des Angebotes der Antragstellerin vor Ablauf der Angebotsfrist und damit recht- zeitig in den Herrschaftsbereich des Antragsgegners, jedoch war dieser gemäß § 22 VOL/A gehindert, vom Inhalt des Schreibens vor Öffnung des ersten Angebotes Kenntnis zu erlangen. Genau dies ist jedoch nach § 107 Abs. 3 GWB generell unabdingbare Vor- aussetzung für eine rechtzeitige Rüge. Die Antragstellerin hätte die Möglichkeit der Kenntnisnahme des von ihr kritisierten Verhaltens des Auftraggebers insoweit sicherstel- len können, als sie ein vom Angebot unabhängiges Rügeschreiben formuliert und dem Auftraggeber hätte zukommen lassen können.

b) Als verspätet muss auch der Hinweis im fraglichen Schreiben vom 21.06.2004 auf die seitens der Antragstellerin vorgetragene mangelnde Praktikabilität der durch die Aus- schreibungsunterlagen vorgegebenen Tabelle zur Ermittlung des niedrigsten Preises gewertet werden. Dies gilt auch hinsichtlich der vorgetragenen Auffassung, dass infol- gedessen Teilleistungen zu Unrecht der Zuschlagsbewertung entzogen würden.

Die erkennende Kammer geht davon aus, dass die an der antragstellenden Bieterge- meinschaft beteiligten Unternehmen die aus ihrer Sicht kritikwürdigen Umstände bereits mit dem Abschluss der Angebotserstellung am 17.06.2004 erkannt und die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen gezogen haben. Da es nicht dem sich in der Regelung des § 107 Abs. 3 S.1 GWB widerspiegelnden Interesse des Gesetzgebers an einer effi- zienten Führung von Vergabeverfahren entspricht, wenn man einen als rechtswidrig be- werteten Umstand am 17.06.2004 erkennt und dann gewissermaßen sicherstellt, dass der Auftraggeber von dieser Kritik nicht vor dem 22.06.2004 nach erfolgter Angebotsöff- nung Kenntnis erlangt, kann hier nur auf einen verspäteten Rügevortrag erkannt werden.

Gerade im Zusammenhang mit den als rechtswidrig zu kritisierenden Umständen, die sich aus den Angebotsunterlagen ergeben, ist ein strenger Maßstab für die Rechtzeitig- keit der Rüge zu stellen. Dabei hat der Bieter im Rahmen seiner Möglichkeiten sicherzu- stellen, dass der Auftraggeber von den von ihm kritisierten Umstände vor Angebotser- öffnung erfährt und somit die Gelegenheit zur rechtzeitigen Abhilfe erhält. Diesem Erfor- dernis hat die Antragstellerin hier nicht entsprochen.

c) Die generelle Kritik der Antragstellerin an einer durch die Struktur der Ausschreibungsun- terlagen hervorgerufenen Intransparenz sowie des nicht ausreichenden Wissensausglei- ches zwischen den einzelnen Bietern, muss ebenfalls als verspätet gerügt betrachtet werden. Spätestens mit dem Erstellen des Angebotes am 17.06.2004 hat die Antragstel- lerin ihre Kenntnis hinsichtlich des vorgetragenen Transparenzdefizits bzw. der Nichtein- haltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes erlangt. Aufgrund des Nachprüfungsantra- ges eines Mitgliedes der Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren VK Hal 26/01 war der Antragstellerin zurechenbar bekannt, dass aufgrund des Wissensvorsprunges der Biete- rin ... bereits das erste Vergabeverfahren u.a. mit dem Hinweis aufgehoben wur- de, dass der Informationsvorsprung zwischen der Bieterin ... und den konkurrie- renden Bietern auszugleichen sei. Sie kann sich daher nunmehr nach Erhalt des Absa- geschreibens gemäß § 13 VgV nicht auf den Standpunkt zurückziehen, dass der Gleich- behandlungsgrundsatz verletzt sei, weil der Antragsgegner die Leistungsstrukturen in den Ausschreibungsunterlagen nicht offengelegt bzw. nicht ausreichend dargestellt habe.

Auch hier kann dahinstehen, ob die durch die Antragstellerin mit dem Anschreiben vom 21.06.2004 zum Angebot geäußerten teilweise sehr allgemeinen Bedenken als Rüge auszulegen sind, da eine solche spätestens unmittelbar nach Angebotserstellung hätte

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übernahme als Bestandteil aufweist, wusste die Antragstellerin um das Fehlen der von ihr für die Erstellung eines Angebotes für nötig erachteten weiteren Informationen.

d) Ebenso verhält es sich hinsichtlich des kritisierten Umstandes, dass die Nutriox-Be- schaffung nicht zum ausgeschriebenen Leistungsinhalt gehört. Auch dieser Umstand war der Antragstellerin bereits bei der Erstellung ihres Angebotes und somit spätestens am 17.06.2004 bekannt. Soweit sie diesbezüglich von einem Vergabeverstoß ausgeht, muss sie den Rückschluss der Vergaberechtswidrigkeit bereits zu diesem Zeitpunkt gezogen haben. Dies führt dazu, dass die ausdrückliche Rüge am 05.07.2004 bei weitem nicht dem Erfordernis der Unverzüglichkeit entspricht. Etwas anderes würde aus den oben dargelegten Gesichtspunkten auch nicht gelten, wenn die Antragstellerin diesen Umstand bereits in ihrem dem Angebot beigefügten Schreiben vom 21.06.2004 gerügt hätte.

Der Antrag auf Akteneinsicht musste somit ebenfalls zurückgewiesen werden.

Aufgrund der Unzulässigkeit konnte die 1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt gemäß § 112 Abs. 1 Satz 3 GWB nach Lage der Akten ohne mündliche Verhandlung ent- scheiden.

Kosten

Die Antragstellerin unterliegt im Verfahren und hat gemäß § 128 Abs. 1 GWB dessen Kosten zu tragen. Die Höhe der Kosten bestimmt sich nach dem personellen und sachlichen Verwal- tungsaufwand, welchen der Antrag bei der Kammer verursacht hat, und der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstandes des Nachprüfungsverfahrens, § 128 Abs. 2 GWB.

Danach beträgt die Mindestgebühr 2.500 Euro. Unter Berücksichtigung des Aufwandes der Vergabekammer und im Hinblick darauf, dass weitergehende Sachprüfungen und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich waren, hält die Vergabekammer eine Festsetzung in Höhe der Mindestgebühr aus Gründen der Billigkeit für angemessen.

Demnach beträgt die Gebühr ... Euro. Für Auslagen sind zusätzlich Kosten in Hö- he von ... Euro zu erstatten.

Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt somit

... Euro.

Unter Abzug des bereits durch die Antragstellerin eingezahlten Kostenvorschusses von 2.500,- Euro hat sie nach Eintritt der Bestandskraft des Beschlusses unter Verwendung des Kassenzeichens 3300-... den Betrag in Höhe von ...Euro auf das Konto ... bei der Landeshauptkasse Dessau, Bundesbank Magdeburg, BLZ 810 000 00 einzuzahlen.

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Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen den Beschluss der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig, § 116 Abs. 1 GWB. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung des Beschlusses beginnt, beim Oberlandesgericht Naumburg, Domplatz 10 in 06618 Naum- burg, einzulegen, § 117 Abs. 1 GWB.

Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebe- gründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit der Beschluss der Vergabekammer ange- fochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird sowie die Tatsachen und Be- weismittel bezeichnen, auf die sich die Beschwerde stützt, § 117 Abs. 2 GWB.

Die Beschwerde muss durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentli- chen Rechts, § 120 Abs. 1 GWB.

gez. Thomas gez. Katzsch gez. Foerster

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