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Allgemeine Anforderungen und Verhåltnismåßigkeit

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Academic year: 2022

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II. Allgemeine Anforderungen und Verhkltnismkßigkeit

Damit dieRechtsanwendung nicht rechtswidrigerfolgt, muss der PolBea da- rauf achten, dass neben den Voraussetzungen der EGL auch dieallgemeinen Anforderungen an die Rechtsanwendung und hier insb. die Verhjltnis- mjßigkeit gewahrt sind. Das alleinige Vorliegen der Voraussetzungen einer EGL bedingt noch nicht die Rechtmxßigkeit der angewandten Rechtsfolgen, die Erfrllung der VHM ist eine elementare Bedingung frr die rechtmxßige Rechtsanwendung.2

Damit der polizeiliche Eingriff den allgemeinen Anforderungen genrgt, muss er bestimmt, msglich, geeignet, erforderlich und angemessen sein.

Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit stellen die drei Bestand- teile der Verhxltnismxßigkeit dar.

II.1 Bestimmtheit – § 37 I HVwVfG

Eine Maßnahme ist bestimmt, wenn der PolBea sieinhaltlich so prjzise for- muliert, dass der Betroffene genauweiß, was er zu tun hat.3

2 Zum Verfassungsrang des Grundsatzes der VHM vgl. BVerfG, NJW 1986, 767, 3 OVG Mrnster, NVwZ 1988, 659.769.

mich bitte kurz zur Ruhe kommen und Ihnen erklären …« Kunigge atmet tief durch und nimmt einen Schluck von dem lauwarmen Kaffee, der vor ihm steht. Die anwesenden Stadtratsmitglieder tauschen untereinander fragende Blicke aus.

»Wie Ihnen allen ja bekannt ist«, beginnt er schließlich, »befinden wir uns momentan in einer sehr schwierigen Haushaltslage. Auf Grund schwer- wiegender Versäumnisse können wir nun schon das dritte Jahr in Folge die Haushaltssatzung nicht fristgerecht beschließen. In den vergangenen zwei Jahren hatten wir zumindest Ende Januar eine rechtskräftige Haushaltssat- zung. Doch es zeichnet sich jetzt schon ab, dass wir das in diesem Jahr nicht vor Ende März schaffen werden. Was das für uns bedeutet ist klar: vorläufige Haushaltsführung. Also nur Ausgaben, die den pflichtgemäßen Verwal- tungsbetrieb garantieren.«

Ein Raunen geht durch den Saal. »Der Stadtrat ist bereits von diesen Umständen unterrichtet«, unterbricht die Oberbürgermeisterin, Frau Dr.

Lösungswille, ungehalten, »und wir werden uns zu gegebener Zeit damit befassen. Was wollen Sie also?« Der Oberbürgermeisterin sind die Äuße- rungenKunigges sichtlich unangenehm.

»Das liegt doch auf der Hand: Wenn wir als Stadtverwaltung nur noch unsere Pflichtaufgaben erfüllen und eben keine freiwilligen Aufgaben mehr wahrnehmen können, dann betrifft mich das als Leiter des Veranstaltungs- wesens sehr wohl! Denn noch fallen Veranstaltungen in die Rubrik der frei- willigen Aufgaben!«

»Ja …«, brummt die Oberbürgermeisterin, »dann fallen schon zwei Buch- lesungen und das Kammerkonzert aus. Tja, was gibt es denn sonst noch so an wirklich wichtigen Veranstaltungen im Frühj…«

Das Stadtoberhaupt erblasst.

»Oh nein …«, stammelt sie, » Sie meinen doch nicht etwa …«

»Ja«, erwidertKunigge mit ernster Miene, »unseren Karnevalsumzug.«

2. Tradition in Gefahr – was nun?

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!

Fallbeispiel 2:„Ich stelle jetzt Ihre Personalien fest. Bitte geben Sie mir Ihren Personalausweis.“ Bei einer derartigen Formulierung weiß der Betroffene genau, was von ihm verlangt wird. Der VA ist bestimmt. Eine Vfg wie „Haben Sie Ihren Ausweis dabei?“ oder „Zeigen Sie mir mal Ihren Ausweis“ macht hingegen nicht eindeutig klar, dass von dem Betroffenen zum Zweck der IDF die Aushrndigung des Ausweises verlangt wird. Der VA wnrde die allgemeine Anforderung der Bestimmtheit nicht erfnllen.

II.2 Mhglichkeit – § 44 II Nr. 4 und 5 HVwVfG

Die Durchfrhrung einer Maßnahme muss dem Betroffenen sowohl tatsxchlich (§ 44 II Nr. 4 HVwVfG) als auch rechtlich (§ 44 II Nr. 5 HVwVfG) msglich sein.

II.2.1 Tatskchliche Mhglichkeit

Bei der tatsxchlichen Msglichkeit muss man zwischen der relativen tatsxch- lichen Unmsglichkeit und der absoluten tatsxchlichen Unmsglichkeit unter- scheiden.

Im Falle derrelativen tatsjchlichen Unmgglichkeitist dieAusffhrung der Maßnahme nur dem Betroffenen, nicht aber Dritten unmgglich. Da die Durchfrhrung der Maßnahme im Rahmen der unmittelbaren Ausfrhrung (§ 8 HSOG) oder der Ersatzvornahme (§ 49 HSOG) erfolgen kann, frhrt die relative tatsxchliche Unmsglichkeit nicht zur Rechtswidrigkeit des VA.

!

Fallbeispiel 3:Nach einer Tankerhavarie verlangen die PolBea vom Kapi- trn, er solle das ausgelaufene vl vom Wasser entfernen. Da der Tankerkapitrn nicht nber die dazu notwendigen technischen Mittel verfngt, ist ihm die Aus- fnhrung der Maßnahme unmoglich. Da aber Spezialfirmen oder die Feuerwehr dazu in der Lage sind, ist der VA nicht rechtswidrig. Es handelt sich um einen Fall der relativen tatsrchlichen Unmoglichkeit.

Die Ausfrhrung der Maßnahme istabsolut tatsjchlich unmgglich, wenn we- der der Betroffene noch irgendjemand anderes in der Lage ist, die geforder- te Maßnahme zu erffllen.In diesem Fall ist der Eingriff rechtswidrig.

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Fallbeispiel 4:Nachdem ein gewalttrtiger Demonstrant die Schaufenster- scheibe eines Geschrfts eingeschlagen hat, verlangt die Polizei von ihm, die Splitter wieder zu einer vollig intakten Glasscheibe zusammenzusetzen. Da da- zu kein Mensch in der Lage ist, handelt es sich um eine Vfg, die absoluttat- sjchlich unmgglichist. Der VA ist rechtswidrig.

24 II. Allgemeine Anforderungen und Verhfltnismfßigkeit

Nils Preer

mich bitte kurz zur Ruhe kommen und Ihnen erklären …« Kunigge atmet tief durch und nimmt einen Schluck von dem lauwarmen Kaffee, der vor ihm steht. Die anwesenden Stadtratsmitglieder tauschen untereinander fragende Blicke aus.

»Wie Ihnen allen ja bekannt ist«, beginnt er schließlich, »befinden wir uns momentan in einer sehr schwierigen Haushaltslage. Auf Grund schwer- wiegender Versäumnisse können wir nun schon das dritte Jahr in Folge die Haushaltssatzung nicht fristgerecht beschließen. In den vergangenen zwei Jahren hatten wir zumindest Ende Januar eine rechtskräftige Haushaltssat- zung. Doch es zeichnet sich jetzt schon ab, dass wir das in diesem Jahr nicht vor Ende März schaffen werden. Was das für uns bedeutet ist klar: vorläufige Haushaltsführung. Also nur Ausgaben, die den pflichtgemäßen Verwal- tungsbetrieb garantieren.«

Ein Raunen geht durch den Saal. »Der Stadtrat ist bereits von diesen Umständen unterrichtet«, unterbricht die Oberbürgermeisterin, Frau Dr.

Lösungswille, ungehalten, »und wir werden uns zu gegebener Zeit damit befassen. Was wollen Sie also?« Der Oberbürgermeisterin sind die Äuße- rungenKunigges sichtlich unangenehm.

»Das liegt doch auf der Hand: Wenn wir als Stadtverwaltung nur noch unsere Pflichtaufgaben erfüllen und eben keine freiwilligen Aufgaben mehr wahrnehmen können, dann betrifft mich das als Leiter des Veranstaltungs- wesens sehr wohl! Denn noch fallen Veranstaltungen in die Rubrik der frei- willigen Aufgaben!«

»Ja …«, brummt die Oberbürgermeisterin, »dann fallen schon zwei Buch- lesungen und das Kammerkonzert aus. Tja, was gibt es denn sonst noch so an wirklich wichtigen Veranstaltungen im Frühj…«

Das Stadtoberhaupt erblasst.

»Oh nein …«, stammelt sie, » Sie meinen doch nicht etwa …«

»Ja«, erwidertKunigge mit ernster Miene, »unseren Karnevalsumzug.«

2. Tradition in Gefahr – was nun?

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II.2.2 Rechtliche Mhglichkeit

Die Durchfrhrung einer Maßnahme ist dem Betroffenenrechtlich unmgglich, wenn er sich dadurch strafbar machen oder eine OWi begehen wfrde.Die Maßnahme ist rechtswidrig.

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Fallbeispiel 5:An den nach einem TWE samt Beute gestellten Trter ergeht die Vfg, die gestohlenen Gegenstrnde wieder in das Haus zurnckzubringen. Da man davon ausgehen muss, dass der Hauseigentnmer nicht will, dass der Ein- brecher erneut in sein Haus geht, ist dem Trter die Erfnllung der polizeilichen Vfg rechtlich nicht moglich. Denn er wnrde (erneut) einen Hausfriedensbruch begehen. Die Vfg ist rechtswidrig.

II.3 Geeignetheit – § 4 I HSOG

Die polizeitliche Maßnahme muss tauglich sein, den gewrnschten prxventiven bzw. repressiven Erfolg zumindest teilweise zu erreichen; sie muss zielfrhrend sein.

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Fallbeispiel 6:Eine Streifenwagenbesatzung unterzieht den A nachts einer Personenkontrolle, da dieser auf dem Parkplatz einer gut besuchten Diskothek zwischen den dort abgestellten Autos hin- und hergeht, in das Wageninnere blickt und nberprnft, ob die Fahrzeuge verschlossen sind. Ein Datenabgleich ergibt, dass der A wegen Pkw-Aufbrnchen einschlrgig bekannt ist; die Durch- suchung seines Rucksacks fnhrt zum Auffinden diverser Aufbruchwerkzeuge.

An den A ergeht die Vfg, heute Abend keine Autos aufzubrechen, danach ver- lassen die Beamten den Kontrollort.

Dieser VA ist zwar grds. zielfnhrend, jedoch untauglich, den gewnnschten GA-Erfolg zu gewrhrleisten. Zu weiteren moglichen polizeilichen Maßnahmen s. u. (Fortsetzung).

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Fallbeispiel 7:Nachdem der vollig betrunkene B mehrmals auf eine stark befahrene Straße gelaufen ist und Unfrlle nur mit Glnck verhindert werden konnten, nimmt die herbeigerufene Polizei den B zwecks Ausnnchterung zu sei- nem eigenen Schutz in Gewahrsam.

Dieser VA ist geeignet, den gewnnschten GA-Erfolg zu gewrhrleisten.

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Fallbeispiel 8:Nachdem der S beim „Schwarzfahren“erwischt wurde, stel- len die PolBea seine Personalien gem. § 163b I StPO anhand des BPA fest. Die IDF ist geeignet, das Strafverfahren gegen den S zu gewrhrlcisten, da eine la- dungsfrhige Adresse bekannt ist.

mich bitte kurz zur Ruhe kommen und Ihnen erklären …« Kunigge atmet tief durch und nimmt einen Schluck von dem lauwarmen Kaffee, der vor ihm steht. Die anwesenden Stadtratsmitglieder tauschen untereinander fragende Blicke aus.

»Wie Ihnen allen ja bekannt ist«, beginnt er schließlich, »befinden wir uns momentan in einer sehr schwierigen Haushaltslage. Auf Grund schwer- wiegender Versäumnisse können wir nun schon das dritte Jahr in Folge die Haushaltssatzung nicht fristgerecht beschließen. In den vergangenen zwei Jahren hatten wir zumindest Ende Januar eine rechtskräftige Haushaltssat- zung. Doch es zeichnet sich jetzt schon ab, dass wir das in diesem Jahr nicht vor Ende März schaffen werden. Was das für uns bedeutet ist klar: vorläufige Haushaltsführung. Also nur Ausgaben, die den pflichtgemäßen Verwal- tungsbetrieb garantieren.«

Ein Raunen geht durch den Saal. »Der Stadtrat ist bereits von diesen Umständen unterrichtet«, unterbricht die Oberbürgermeisterin, Frau Dr.

Lösungswille, ungehalten, »und wir werden uns zu gegebener Zeit damit befassen. Was wollen Sie also?« Der Oberbürgermeisterin sind die Äuße- rungenKunigges sichtlich unangenehm.

»Das liegt doch auf der Hand: Wenn wir als Stadtverwaltung nur noch unsere Pflichtaufgaben erfüllen und eben keine freiwilligen Aufgaben mehr wahrnehmen können, dann betrifft mich das als Leiter des Veranstaltungs- wesens sehr wohl! Denn noch fallen Veranstaltungen in die Rubrik der frei- willigen Aufgaben!«

»Ja …«, brummt die Oberbürgermeisterin, »dann fallen schon zwei Buch- lesungen und das Kammerkonzert aus. Tja, was gibt es denn sonst noch so an wirklich wichtigen Veranstaltungen im Frühj…«

Das Stadtoberhaupt erblasst.

»Oh nein …«, stammelt sie, » Sie meinen doch nicht etwa …«

»Ja«, erwidertKunigge mit ernster Miene, »unseren Karnevalsumzug.«

2. Tradition in Gefahr – was nun?

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II.4 Erforderlichkeit/mildestes Mittel – § 4 I HSOG

Es ist die Maßnahme erforderlich, die denprjventiven bzw. repressiven Er- folg mit der gewfnschten Sicherheit und Tiefe gewjhrleistet. (Festlegung des Grades an Sicherheit–Risikoausschluss und Inkaufnahme von Restrisiko – nach Ermessen.) Der PolBea hat allerdings bei der Auswahl des Eingriffs darauf zu achten, dass dieser frr den Betroffenen dasmildeste Mitteldarstellt.

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Fallbeispiel 6 (Fortsetzung): Nur die Sicherstellung des Aufbruchwerk- zeugs des A kann gewrhrleisten, dass dieser, nachdem die PolBea den Kontroll- ort verlassen haben, keine Pkws aufbricht. Ein Platzverweis als milderes Mittel ggn. der Sicherstellung wnrde den GA-Erfolg nicht mit der gewnnschten Si- cherheit und Tiefe gewrhrleisten, da A jederzeit zurnckkehren und seine „Ar- beit“ fortsetzen konnte. Somit ist die Erforderlichkeit dieses Eingriffs gegeben, die Sicherstellung des Werkzeugs das mildeste Mittel. Daneben ist grundsrtz- lich ein Platzverweis auszusprechen, da moglicherweise am Pkw bereits „Vor- arbeit“ geleistet wurde, die bis dato niemand festgestellt hat.

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Fallbeispiel 8 (Fortsetzung):Milder wrre zwar, den S lediglich nach sei- nen Personalien zu befragen und nicht die Aushrndigung des BPA zu verlan- gen. Da der S in diesem Fall jedoch beliebige Personaldaten angeben konnte, ist die IDF mittels des BPA erforderlich und damit das Verlangen der Aushrndi- gung das mildeste Mittel.

II.5 Angemessenheit – § 4 II HSOG

Die polizeiliche Maßnahme ist angemessen, wenn der frr den Betroffenen ent- stehende Nachteil nicht in einem offenbaren Missverhxltnis zu dem Nachteil steht, der frr die Allgemeinheit bzw. den Einzelnen bei Nichteinschreiten ent- stehen wrrde (|bermaßverbot).

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Fallbeispiel 6 (Fortsetzung):Die Gewahrsamnahme des A bis nach Schlie- ßung der Diskothek wnrde mit absoluter Sicherheit garantieren, dass der A kei- nen der abgestellten Pkw aufbricht. Die Einschrrnkung des Grundrechts auf Freiheit des A stnnde jedoch im offenbaren Missverhrltnis zum Nachteil fnr die Pkw-Besitzer, da „lediglich“ deren Grundrecht auf Eigentum im Falle von Auto- aufbrnchen durch A verletzt werden wnrde.

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Fallbeispiel 8 (Abwandlung):Da S jegliche Angaben zu seiner Identitrt verweigert und eine DU seiner Person ergibt, dass er keine Ausweispapiere mit sich fnhrt, wird er zur Dienststelle verbracht und zum Zweck der IDF ED-be- 26 II. Allgemeine Anforderungen und Verhfltnismfßigkeit

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mich bitte kurz zur Ruhe kommen und Ihnen erklären …« Kunigge atmet tief durch und nimmt einen Schluck von dem lauwarmen Kaffee, der vor ihm steht. Die anwesenden Stadtratsmitglieder tauschen untereinander fragende Blicke aus.

»Wie Ihnen allen ja bekannt ist«, beginnt er schließlich, »befinden wir uns momentan in einer sehr schwierigen Haushaltslage. Auf Grund schwer- wiegender Versäumnisse können wir nun schon das dritte Jahr in Folge die Haushaltssatzung nicht fristgerecht beschließen. In den vergangenen zwei Jahren hatten wir zumindest Ende Januar eine rechtskräftige Haushaltssat- zung. Doch es zeichnet sich jetzt schon ab, dass wir das in diesem Jahr nicht vor Ende März schaffen werden. Was das für uns bedeutet ist klar: vorläufige Haushaltsführung. Also nur Ausgaben, die den pflichtgemäßen Verwal- tungsbetrieb garantieren.«

Ein Raunen geht durch den Saal. »Der Stadtrat ist bereits von diesen Umständen unterrichtet«, unterbricht die Oberbürgermeisterin, Frau Dr.

Lösungswille, ungehalten, »und wir werden uns zu gegebener Zeit damit befassen. Was wollen Sie also?« Der Oberbürgermeisterin sind die Äuße- rungenKunigges sichtlich unangenehm.

»Das liegt doch auf der Hand: Wenn wir als Stadtverwaltung nur noch unsere Pflichtaufgaben erfüllen und eben keine freiwilligen Aufgaben mehr wahrnehmen können, dann betrifft mich das als Leiter des Veranstaltungs- wesens sehr wohl! Denn noch fallen Veranstaltungen in die Rubrik der frei- willigen Aufgaben!«

»Ja …«, brummt die Oberbürgermeisterin, »dann fallen schon zwei Buch- lesungen und das Kammerkonzert aus. Tja, was gibt es denn sonst noch so an wirklich wichtigen Veranstaltungen im Frühj…«

Das Stadtoberhaupt erblasst.

»Oh nein …«, stammelt sie, » Sie meinen doch nicht etwa …«

»Ja«, erwidertKunigge mit ernster Miene, »unseren Karnevalsumzug.«

2. Tradition in Gefahr – was nun?

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handelt. Das BKA teilt mit, dass von dem S keine Fingerabdrncke in AFIS ein- liegen; seine Identitrt steht folglich immer noch nicht fest. Da keine Moglich- keit mehr ersichtlich ist, die Personalien des S noch zu erlangen, wrre ein wei- teres Festhalten des S unangemessen, weil eine weitere FE als Einschrrnkung des Grundrechts auf Freiheit im offenbaren Missverhrltnis zum entstehenden Nachteil fnr die Allgemeinheit– nrmlich die Nichtbestrafung des S fnr ein De- likt von geringer Strafbarkeit–stnnde (Angemessenheit als allgemeiner rechts- staatlicher Grundsatz).

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Fallbeispiel 9:Im Rahmen einer verdachtsunabhrngigen Personenkontrol- le im Rotlichtviertel verweigert A die Angabe seiner Personalien. Wie in Fall- beispiel 8 fnhren auch hier eine DU des A sowie eine anschließende ED-Be- handlung nicht zur IDF. Weitere Moglichkeiten, die Indentitrt des A festzustellen, sind nicht ersichtlich. Analog zu Fallbeispiel 8 wrre auch hier ein weiteres Festhalten des A unangemessen, da die fortdauernde Einschrrn- kung des Grundrechts auf Freiheit im offenbaren Missverhrltnis zum entste- henden Nachteil fnr die Allgemeinheit– die Nichtfeststellung der Identitrt des A, der sich lediglich an einem gefrhrlichen Ort i. S. d. § 18 II Nr. 1 HSOG auf- gehalten hat–stnnde.

mich bitte kurz zur Ruhe kommen und Ihnen erklären …« Kunigge atmet tief durch und nimmt einen Schluck von dem lauwarmen Kaffee, der vor ihm steht. Die anwesenden Stadtratsmitglieder tauschen untereinander fragende Blicke aus.

»Wie Ihnen allen ja bekannt ist«, beginnt er schließlich, »befinden wir uns momentan in einer sehr schwierigen Haushaltslage. Auf Grund schwer- wiegender Versäumnisse können wir nun schon das dritte Jahr in Folge die Haushaltssatzung nicht fristgerecht beschließen. In den vergangenen zwei Jahren hatten wir zumindest Ende Januar eine rechtskräftige Haushaltssat- zung. Doch es zeichnet sich jetzt schon ab, dass wir das in diesem Jahr nicht vor Ende März schaffen werden. Was das für uns bedeutet ist klar: vorläufige Haushaltsführung. Also nur Ausgaben, die den pflichtgemäßen Verwal- tungsbetrieb garantieren.«

Ein Raunen geht durch den Saal. »Der Stadtrat ist bereits von diesen Umständen unterrichtet«, unterbricht die Oberbürgermeisterin, Frau Dr.

Lösungswille, ungehalten, »und wir werden uns zu gegebener Zeit damit befassen. Was wollen Sie also?« Der Oberbürgermeisterin sind die Äuße- rungenKunigges sichtlich unangenehm.

»Das liegt doch auf der Hand: Wenn wir als Stadtverwaltung nur noch unsere Pflichtaufgaben erfüllen und eben keine freiwilligen Aufgaben mehr wahrnehmen können, dann betrifft mich das als Leiter des Veranstaltungs- wesens sehr wohl! Denn noch fallen Veranstaltungen in die Rubrik der frei- willigen Aufgaben!«

»Ja …«, brummt die Oberbürgermeisterin, »dann fallen schon zwei Buch- lesungen und das Kammerkonzert aus. Tja, was gibt es denn sonst noch so an wirklich wichtigen Veranstaltungen im Frühj…«

Das Stadtoberhaupt erblasst.

»Oh nein …«, stammelt sie, » Sie meinen doch nicht etwa …«

»Ja«, erwidertKunigge mit ernster Miene, »unseren Karnevalsumzug.«

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II.6 Checkliste Allgemeine Anforderungen und Verhkltnismkßigkeit 28 II. Allgemeine Anforderungen und Verhfltnismfßigkeit

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mich bitte kurz zur Ruhe kommen und Ihnen erklären …« Kunigge atmet tief durch und nimmt einen Schluck von dem lauwarmen Kaffee, der vor ihm steht. Die anwesenden Stadtratsmitglieder tauschen untereinander fragende Blicke aus.

»Wie Ihnen allen ja bekannt ist«, beginnt er schließlich, »befinden wir uns momentan in einer sehr schwierigen Haushaltslage. Auf Grund schwer- wiegender Versäumnisse können wir nun schon das dritte Jahr in Folge die Haushaltssatzung nicht fristgerecht beschließen. In den vergangenen zwei Jahren hatten wir zumindest Ende Januar eine rechtskräftige Haushaltssat- zung. Doch es zeichnet sich jetzt schon ab, dass wir das in diesem Jahr nicht vor Ende März schaffen werden. Was das für uns bedeutet ist klar: vorläufige Haushaltsführung. Also nur Ausgaben, die den pflichtgemäßen Verwal- tungsbetrieb garantieren.«

Ein Raunen geht durch den Saal. »Der Stadtrat ist bereits von diesen Umständen unterrichtet«, unterbricht die Oberbürgermeisterin, Frau Dr.

Lösungswille, ungehalten, »und wir werden uns zu gegebener Zeit damit befassen. Was wollen Sie also?« Der Oberbürgermeisterin sind die Äuße- rungenKunigges sichtlich unangenehm.

»Das liegt doch auf der Hand: Wenn wir als Stadtverwaltung nur noch unsere Pflichtaufgaben erfüllen und eben keine freiwilligen Aufgaben mehr wahrnehmen können, dann betrifft mich das als Leiter des Veranstaltungs- wesens sehr wohl! Denn noch fallen Veranstaltungen in die Rubrik der frei- willigen Aufgaben!«

»Ja …«, brummt die Oberbürgermeisterin, »dann fallen schon zwei Buch- lesungen und das Kammerkonzert aus. Tja, was gibt es denn sonst noch so an wirklich wichtigen Veranstaltungen im Frühj…«

Das Stadtoberhaupt erblasst.

»Oh nein …«, stammelt sie, » Sie meinen doch nicht etwa …«

»Ja«, erwidertKunigge mit ernster Miene, »unseren Karnevalsumzug.«

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III. Ermessen und Ermessensfehler

Gem. § 5 II HSOG hat die Polizei die Befugnis, unter mehreren msglichen Ein- griffen einen bestimmten auszuwxhlen und anzuwenden. D. h. der PolBea kann, wenn die Voraussetzungen mehrerer EGL vorliegen, eine der msglichen, gesetz- lich vorgegebenen Rechtsfolgen auswxhlen. Die Auswahl der jeweiligen Maß- nahme erfolgt nach pflichtgemxßem Ermessen (Auswahlermessen, § 5 I HSOG).

Der Ermessensspielraum dient dazu, die ffr den Einzelfall optimale Maß- nahme auszuwjhlen.Kann nur eine der msglichen Maßnahmen sachgemxß begrrndet werden, dann besteht kein Ermessensspielraum mehr. In diesem Fall spricht man von derErmessensreduzierung auf Null.

Bei der Anwendung des Ermessens drrfen keineErmessensfehlergemacht werden. Sie frhren zur Rechtswidrigkeit des Eingriffs.

III.1 Ermessensfehlgebrauch

Ein Ermessensfehlgebrauch liegt vor, wennvon dem Ermessen in einer Art und Weise Gebrauch gemacht wird, die dem Zweck der Ermessenseinrju- mung nicht entspricht.

mich bitte kurz zur Ruhe kommen und Ihnen erklären …« Kunigge atmet tief durch und nimmt einen Schluck von dem lauwarmen Kaffee, der vor ihm steht. Die anwesenden Stadtratsmitglieder tauschen untereinander fragende Blicke aus.

»Wie Ihnen allen ja bekannt ist«, beginnt er schließlich, »befinden wir uns momentan in einer sehr schwierigen Haushaltslage. Auf Grund schwer- wiegender Versäumnisse können wir nun schon das dritte Jahr in Folge die Haushaltssatzung nicht fristgerecht beschließen. In den vergangenen zwei Jahren hatten wir zumindest Ende Januar eine rechtskräftige Haushaltssat- zung. Doch es zeichnet sich jetzt schon ab, dass wir das in diesem Jahr nicht vor Ende März schaffen werden. Was das für uns bedeutet ist klar: vorläufige Haushaltsführung. Also nur Ausgaben, die den pflichtgemäßen Verwal- tungsbetrieb garantieren.«

Ein Raunen geht durch den Saal. »Der Stadtrat ist bereits von diesen Umständen unterrichtet«, unterbricht die Oberbürgermeisterin, Frau Dr.

Lösungswille, ungehalten, »und wir werden uns zu gegebener Zeit damit befassen. Was wollen Sie also?« Der Oberbürgermeisterin sind die Äuße- rungenKunigges sichtlich unangenehm.

»Das liegt doch auf der Hand: Wenn wir als Stadtverwaltung nur noch unsere Pflichtaufgaben erfüllen und eben keine freiwilligen Aufgaben mehr wahrnehmen können, dann betrifft mich das als Leiter des Veranstaltungs- wesens sehr wohl! Denn noch fallen Veranstaltungen in die Rubrik der frei- willigen Aufgaben!«

»Ja …«, brummt die Oberbürgermeisterin, »dann fallen schon zwei Buch- lesungen und das Kammerkonzert aus. Tja, was gibt es denn sonst noch so an wirklich wichtigen Veranstaltungen im Frühj…«

Das Stadtoberhaupt erblasst.

»Oh nein …«, stammelt sie, » Sie meinen doch nicht etwa …«

»Ja«, erwidertKunigge mit ernster Miene, »unseren Karnevalsumzug.«

2. Tradition in Gefahr – was nun?

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Ein Ermessensfehlgebrauch kann auch durch die unzutreffende Feststellung des Sachverhaltes bedingt sein.

III.2 Ermessensgberschreitung

Der PolBea entscheidet sich aufgrund der vorliegenden Voraussetzungen frr eine Rechtsfolge, die außerhalb des eingerjumten Ermessensspielraumes liegt.

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Fallbeispiel 10:Im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle werden die Personalien des Fahrzeugfnhrers F gem. § 25 I S. 3 HSOG mit dem Fahn- dungsbestand abgeglichen. Die Abfrage ergibt, dass nach F nicht gefahndet wird, er aber polizeilich bereits in Erscheinung getreten ist. Aufgrund dieser Erkenntnis lassen die PolBea den F mit dem gesamten Datenbestand im POLAS und INPOL abgleichen und sich die Frlle des F mitteilen.

Der Abgleich der pD des F mit dem gesamten hessischen und bundesweiten polizeilichen Datenbestand sowie die Abfrage der Frlle des F sind Rechtsfolgen, die durch die aufgrund der allgemeinen Verkehrskontrolle gegebenen recht- lichen Voraussetzungen nicht gedeckt sind. Gem. § 25 I S. 3 HSOG liegt es nur im Ermessen des PolBea, ob er die im Rahmen seiner Aufgabenerfnllung – in diesem Fall der allgemeinen Verkehrskontrolle – erlangten pD mit dem Fahn- dungsbestand abgleicht oder nicht. Entscheidet sich der PolBea im Rahmen sei- ner Ermessensausnbung fnr den Abgleich mit dem Fahndungsbestand, so sind nach dessen Durchfnhrung die durch § 25 I S. 3 HSOG gegebenen Rechtsfolgen ausgeschopft. Der Abgleich der pD des F mit dem restlichen polizeilichen Da- tenbestand ist eine Rechtsfolge, die außerhalb des eingerrumten Ermessens- spielraumes liegt und einer anderen EGL bedarf (§ 25 I S. 1 oder 2 HSOG).

30 III. Ermessen und Ermessensfehler

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mich bitte kurz zur Ruhe kommen und Ihnen erklären …« Kunigge atmet tief durch und nimmt einen Schluck von dem lauwarmen Kaffee, der vor ihm steht. Die anwesenden Stadtratsmitglieder tauschen untereinander fragende Blicke aus.

»Wie Ihnen allen ja bekannt ist«, beginnt er schließlich, »befinden wir uns momentan in einer sehr schwierigen Haushaltslage. Auf Grund schwer- wiegender Versäumnisse können wir nun schon das dritte Jahr in Folge die Haushaltssatzung nicht fristgerecht beschließen. In den vergangenen zwei Jahren hatten wir zumindest Ende Januar eine rechtskräftige Haushaltssat- zung. Doch es zeichnet sich jetzt schon ab, dass wir das in diesem Jahr nicht vor Ende März schaffen werden. Was das für uns bedeutet ist klar: vorläufige Haushaltsführung. Also nur Ausgaben, die den pflichtgemäßen Verwal- tungsbetrieb garantieren.«

Ein Raunen geht durch den Saal. »Der Stadtrat ist bereits von diesen Umständen unterrichtet«, unterbricht die Oberbürgermeisterin, Frau Dr.

Lösungswille, ungehalten, »und wir werden uns zu gegebener Zeit damit befassen. Was wollen Sie also?« Der Oberbürgermeisterin sind die Äuße- rungenKunigges sichtlich unangenehm.

»Das liegt doch auf der Hand: Wenn wir als Stadtverwaltung nur noch unsere Pflichtaufgaben erfüllen und eben keine freiwilligen Aufgaben mehr wahrnehmen können, dann betrifft mich das als Leiter des Veranstaltungs- wesens sehr wohl! Denn noch fallen Veranstaltungen in die Rubrik der frei- willigen Aufgaben!«

»Ja …«, brummt die Oberbürgermeisterin, »dann fallen schon zwei Buch- lesungen und das Kammerkonzert aus. Tja, was gibt es denn sonst noch so an wirklich wichtigen Veranstaltungen im Frühj…«

Das Stadtoberhaupt erblasst.

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IV. Prkvention und Gefahrenabwehr

IV.1 Zustkndigkeit der hessischen Polizei bei der Prkvention Die Zustxndigkeit der hessischen Polizei bei der Prxvention lxsst sich in die sachliche, srtliche und instanzielle Zustxndigkeit unterteilen.

IV.1.1 Sachliche Zustkndigkeit

Gem. § 1 I S. 1 HSOG (Aufgabengeneralklausel) haben die Gefahrenabwehr- behsrden (Verwaltungs-, allgemeine und Sonderordnungsbehsrden) und die Polizei die gemeinsame Aufgabe der GA. Die Ordnungs- und Polizeibehsrden sind gem. § 2 S. 1 HSOG aber nur dann zur GA sachlich zustxndig, wenn die Verwaltungsbehsrden nicht oder nicht rechtzeitig txtig werden ksnnen (sog.

Eilfall). Dies wird z. B. zur Nachtzeit oder an Wochenenden der Fall sein, da zu diesen Zeiten die Verwaltungsbehsrden i. d. R. nicht besetzt sind. Nach dem Grundsatz der Erstbefassung (2.2 VVHSOG) hat im Eilfall immer die Ordnungs- oder Polizeibehsrde die zur GA erforderlichen Maßnahmen zu tref- fen, die als erste mit der Gefahr konfrontiert ist.

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Fallbeispiel 11: An einem Montagmorgen nach einem schweren Sturm stellt eine Streifenwagenbesatzung gg. 09.00 Uhr fest, dass das Baugernst am Kaufhaus K auf die gut besuchte Fußgrngerzone zu stnrzen droht. Egal, welche Verwaltungs- oder Ordnungsbehorde hier originrr fnr die Gefahrenabwehr zu- strndig wrre, sie konnte auf keinen Fall rechtzeitig trtig werden, da mit dem Einsturz des Gernstes jeden Moment zu rechnen ist. Somit liegt ein Eilfall vor.

Da die Streifenwagenbesatzung die Gefahr als erste festgestellt hat, gilt fnr die Polizei der Grundsatz der Erstbefassung, d. h. sie hat alle erforderlichen Maß- nahmen zu ergreifen, um die drohende Gefahr fnr Personen und Sachen durch das Gernst zumindest zu minimieren. Hier krme die Rrumung und Absperrung des gefrhrdeten Bereichs sowie dessen Freihaltung in Betracht.

Es gibt allerdings auch Maßnahmen wie z. B. die Gewahrsamnahme, die aus- schließlich von der Polizei vorgenommen werden drrfen; dies sind die sog.

Exklusivmaßnahmen (§ 1 I S. 1 letzt. Hs. HSOG). In diesen Fxllen greift die Regelung des Eilfalls und des Grundsatzes der Erstbefassung nicht.

§ 1 II HSOG stellt klar, dass auchandere Gesetze –außer dem HSOG–eine sachliche Zustxndigkeit der Polizei begrrnden ksnnen. Aus dem Bereich der Prxvention sind dies z. B. das HFEG, AufenthG, AsylVfG oder VersG, aus dem Bereich der Repression insb. die StPO und das OWiG.

mich bitte kurz zur Ruhe kommen und Ihnen erklären …« Kunigge atmet tief durch und nimmt einen Schluck von dem lauwarmen Kaffee, der vor ihm steht. Die anwesenden Stadtratsmitglieder tauschen untereinander fragende Blicke aus.

»Wie Ihnen allen ja bekannt ist«, beginnt er schließlich, »befinden wir uns momentan in einer sehr schwierigen Haushaltslage. Auf Grund schwer- wiegender Versäumnisse können wir nun schon das dritte Jahr in Folge die Haushaltssatzung nicht fristgerecht beschließen. In den vergangenen zwei Jahren hatten wir zumindest Ende Januar eine rechtskräftige Haushaltssat- zung. Doch es zeichnet sich jetzt schon ab, dass wir das in diesem Jahr nicht vor Ende März schaffen werden. Was das für uns bedeutet ist klar: vorläufige Haushaltsführung. Also nur Ausgaben, die den pflichtgemäßen Verwal- tungsbetrieb garantieren.«

Ein Raunen geht durch den Saal. »Der Stadtrat ist bereits von diesen Umständen unterrichtet«, unterbricht die Oberbürgermeisterin, Frau Dr.

Lösungswille, ungehalten, »und wir werden uns zu gegebener Zeit damit befassen. Was wollen Sie also?« Der Oberbürgermeisterin sind die Äuße- rungenKunigges sichtlich unangenehm.

»Das liegt doch auf der Hand: Wenn wir als Stadtverwaltung nur noch unsere Pflichtaufgaben erfüllen und eben keine freiwilligen Aufgaben mehr wahrnehmen können, dann betrifft mich das als Leiter des Veranstaltungs- wesens sehr wohl! Denn noch fallen Veranstaltungen in die Rubrik der frei- willigen Aufgaben!«

»Ja …«, brummt die Oberbürgermeisterin, »dann fallen schon zwei Buch- lesungen und das Kammerkonzert aus. Tja, was gibt es denn sonst noch so an wirklich wichtigen Veranstaltungen im Frühj…«

Das Stadtoberhaupt erblasst.

»Oh nein …«, stammelt sie, » Sie meinen doch nicht etwa …«

»Ja«, erwidertKunigge mit ernster Miene, »unseren Karnevalsumzug.«

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Fallbeispiel 12:Im Rahmen einer Verkehrskontrolle wird auf der Auto- bahn der Auslrnder A festgenommen. Es besteht der Verdacht des illegalen Aufenthalts in der BRD. Auf der Dienststelle eingetroffen, sagt der A plotzlich das Wort „Asyl“.

Gem. § 13 AsylVfG hat der A somit einen gnltigen Asylantrag bei der Polizei gestellt. Gem. § 19 II AsylVfG hat die Polizei den A erkennungsdienstlich zu behandeln, bevor sie den A an die zustrndige bzw. nrchstgelegene Aufnahme- einrichtung fnr Asylbewerber weiterleitet. Die sachliche Zustrndigkeit der Poli- zei zur ED-Behandlung ergibt sich aus § 16 II AsylVfG i. V. m. § 1 II HSOG.

Frr denSchutz privater Rechteist die Polizei gem. § 1 III HSOG nur sachlich zustxndig, wenn ein Brrger (Anspruchsteller), der gegen einen anderen (An- spruchgegner) aufgrund eines Gesetzes einen Anspruch hat (z. B. auf Zahlung des vereinbarten Kaufpreises, Herausgabe eines Gegenstandes, etc.), 1. gericht- lichen Schutz – z. B. in Form einer einstweiligen Verfrgung, eines perssn- lichen oder dinglichen Arrestes oder auf dem „ganz normalen“ Weg der Klage vor Gericht – nicht rechtzeitig erlangen kann und 2. ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung seines Rechtsanspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert wrrde (Subsidiaritxtsprinzip).

In den meisten Fxllen wird eine Identitxtsfeststellung beim Anspruchgegner und die |bermittlung seiner Personalien an den Anspruchsteller ausreichend sein, da der Anspruchsteller dann vor Gericht sein Recht einklagen kann (§ 18 I 3. Alt., § 23 I Nr. 1 i. V. m. § 1 III HSOG). Denn ohne Personalien des An- spruchgegners sind dem Anspruchsteller keine zivilrechtlichen Schritte gegen diesen msglich.

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Fallbeispiel 13:M spielt mit ihrer Tochter T im offentlichen Park mit ei- nem Gummiball. Als der Spaziergrnger S mit seinem Hund Fezzo vorbeilruft, schnappt sich der nicht angeleinte Fezzo den Ball der T und zerfetzt diesen.

Anschließend ziehen S und Fezzo weiter, ohne sich um die Regulierung des entstandenen Schadens zu knmmern. Auch als S von M auf den zerstorten Ball angesprochen wird, weigert sich S, den Ball zu ersetzen, und geht weiter. Der S will der M noch nicht einmal seinen Namen nennen. Daraufhin ruft M die Po- lizei.

Die Polizei schreitet hier zum Schutz privater Rechte ein, da es darum geht, den Anspruch auf Schadensersatz, den die M ggn. dem S gem. §§ 833, 249 BGB hat, zu sichern. Zu diesem Zweck stellen die Beamten die Identitrt des S fest und leiten seine Personalien an M weiter. Denn nur wenn die M den S namentlich benennen kann, kann sie gegen ihn auf Schadensersatz klagen.

Folglich ist die Polizei gem. § 1 III HSOG sachlich zustrndig, da die M, ohne 32 IV. Prfvention und Gefahrenabwehr

Nils Preer

mich bitte kurz zur Ruhe kommen und Ihnen erklären …« Kunigge atmet tief durch und nimmt einen Schluck von dem lauwarmen Kaffee, der vor ihm steht. Die anwesenden Stadtratsmitglieder tauschen untereinander fragende Blicke aus.

»Wie Ihnen allen ja bekannt ist«, beginnt er schließlich, »befinden wir uns momentan in einer sehr schwierigen Haushaltslage. Auf Grund schwer- wiegender Versäumnisse können wir nun schon das dritte Jahr in Folge die Haushaltssatzung nicht fristgerecht beschließen. In den vergangenen zwei Jahren hatten wir zumindest Ende Januar eine rechtskräftige Haushaltssat- zung. Doch es zeichnet sich jetzt schon ab, dass wir das in diesem Jahr nicht vor Ende März schaffen werden. Was das für uns bedeutet ist klar: vorläufige Haushaltsführung. Also nur Ausgaben, die den pflichtgemäßen Verwal- tungsbetrieb garantieren.«

Ein Raunen geht durch den Saal. »Der Stadtrat ist bereits von diesen Umständen unterrichtet«, unterbricht die Oberbürgermeisterin, Frau Dr.

Lösungswille, ungehalten, »und wir werden uns zu gegebener Zeit damit befassen. Was wollen Sie also?« Der Oberbürgermeisterin sind die Äuße- rungenKunigges sichtlich unangenehm.

»Das liegt doch auf der Hand: Wenn wir als Stadtverwaltung nur noch unsere Pflichtaufgaben erfüllen und eben keine freiwilligen Aufgaben mehr wahrnehmen können, dann betrifft mich das als Leiter des Veranstaltungs- wesens sehr wohl! Denn noch fallen Veranstaltungen in die Rubrik der frei- willigen Aufgaben!«

»Ja …«, brummt die Oberbürgermeisterin, »dann fallen schon zwei Buch- lesungen und das Kammerkonzert aus. Tja, was gibt es denn sonst noch so an wirklich wichtigen Veranstaltungen im Frühj…«

Das Stadtoberhaupt erblasst.

»Oh nein …«, stammelt sie, » Sie meinen doch nicht etwa …«

»Ja«, erwidertKunigge mit ernster Miene, »unseren Karnevalsumzug.«

2. Tradition in Gefahr – was nun?

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