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N wie Nitroglycerin

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Academic year: 2022

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er italienische Che- miker Ascanio Sobrero (1812 bis 1888) entdeckte im Jahre 1847 mit dem Stoff Nitroglycerin (Glyceroltrinitrat, Salpetersäuretriester des Glyce- rins) eine Verbindung, die an Sprengkraft das herkömmliche Schwarzpulver um ein Vielfa- ches übertraf. Die Neigung die- ser von ihm „piroglicerina“

(Pyroglycerin) genannten Ver- bindung zu spontaner Explosion war indes ein großes Hindernis für die praktische Nutzung.

Selbst ihr Erfinder Sobrero zog sich bei Experimenten mit Ni- troglycerin schwerste Gesichts- verletzungen zu und betrachtete den Sprengstoff deshalb als zu gefährlich für die praktische An- wendung. Mit der Fixierung des

Nitroglycerins auf einem porö- sen Silikat gelang es seinem Schüler Alfred Nobel (1833 bis 1896), dieses Hindernis zu über- winden und einen handhabungs- sicheren Detonationssprengstoff zu entwickeln. Als „Dynamit“

wurde Nitroglycerin schnell zu einem gefragten Gebrauchs- sprengstoff.

Medizinischer Nutzen Dass Nitroglycerin nicht nur eine todbringende explosive Wir- kung besitzt, sondern in kleins- ten Mengen gefäßerweiternd und blutdrucksenkend wirkt, wurde schon zu Sobreros be - ziehungsweise Nobels Lebzei- ten bekannt. Diese Erkennt- nis öffnete einer weiteren, der pharmakologisch-medizinischen Anwendung das Tor. 1896 er-

hielt Alfred Nobel selbst von seinen Ärzten Nitroglycerin zur Behandlung seiner akuten An- gina-pectoris-Anfälle verordnet.

Im „Journal of Experimentel Medicine“ wurde 1910 beschrie- ben, dass Nitroglycerin in ge- ringsten Mengen und in öliger Dispersion nicht explodiert, sondern schnell über die Zunge, die Haut und auch die Lunge aufgenommen werden kann.

Nitroglycerin wurde und wird bis heute als schnell wirksames Medikament zur Behandlung akuter Angina-pectoris-Anfälle eingesetzt und war lange der Therapiestandard. Angewandt wird es heute als Zerbeiß- kapsel, Lutschtablette, Spray, Tropfen, Pflaster, Gel oder Salbe.

Der Wirkmechanismus Erst 1977 beschrieb der US-amerika- nische Arzt und Pharmakologe Ferid Murad, dass die Wirkun- gen von Nitroglycerin, aber auch weiterer mittlerweile syn- thetisierter Nitroverbindungen auf der Freisetzung von Stick- stoffmonoxid (NO) in den glat- ten Muskelzellen beruhen und gleichermaßen zyklisches Gua- nosinmonophosphat (cGMP) stimulieren. Genau genommen stimuliert NO die Guanylatzy- klase (sGC) und erhöht so den intrazellulären Gehalt an cGMP.

Dies führt dann zur Relaxation der glatten Gefäßmuskulatur.

Diese Entdeckung war insofern überraschend, als man NO bis dahin hauptsächlich als Schad- stoff in Auto- und Industrieab- gasen kannte.

Seit 1978 forschte parallel der US-Wissenschaftler Robert Fran- cis Furchgott (1916 bis 2009) an einer aus dem Endothel freige- setzten vasodilatierend wirken- den Substanz, die er „Endothe- lium-Derived Relaxing Factor“

(EDRF) nannte. In weiteren For- schungen stellte sich heraus, dass EDRF ebenfalls sGC stimu- lieren kann. Schließlich gelang es in den Jahren 1986/87 dem amerikanischen Chemiker und Pharmakologen Louis José Ignar- ro (geb. 1941), aber auch Furch- gott und Murad sowie einer wei- teren Arbeitsgruppe um den britisch-honduranischen Phar- makologen Salvador Moncada zu zeigen, dass EDRF tatsächlich NO, der bedeutende sekundäre Botenstoff im Herz-Kreislauf- System ist.

Für diese Entdeckungen, insbe- sondere „die des NOs als Signal- molekül für das kardiovaskuläre System“, erhielten die drei For- scher Murad, Furchgott und Ignarro 1998 den Nobelpreis für Medizin zu gleichen Teilen.

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Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin / Journalistin

PRAXIS N WIE NITROGLYCERIN

20 DIE PTA IN DER APOTHEKE | Dezember 2011 | www.pta-aktuell.de

Wirkstoffe von A bis Z – historisch beleuchtet

Als Sprengstoff erlangte der Stoff Berühmtheit. Durch seine gefäß- erweiternde Wirkung wird er aber bis heute insbesondere gegen Angina pectoris medizinisch angewandt. Die Rede ist von Nitroglycerin.

© Andrey Maltsev / www.fotolia.com

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