Ernährung und Verdauung
Carsten Wagner
Physiologisches Institut Universität Zürich Irchel Tel.: 01 635 0659
Email: Wagnerca@access.unizh.ch
18. 1. 2007 Ernährung 24. 1. 2007 Einführung,
Mundhöhle, Speiseröhre, Magen
25. 1. 2007 Pankreas, Leber, Galle
31. 1. 2007 Dünndarm, Dickdarm Pathophysiologie des Magendarmtraktes
1. Enterisches Nervensystem
In der Wand des Magen-Darmtrakts gelegene Nervengeflechte:
Plexus submucosus und myentericus)
Koordinierung der Verdauungsprozesse
Aufbau des vegetativen Nervensystems
2. Vegetatives Nervensystem:
a) Parasympathikus (Vagus) Ö Fördert
Verdauungsvorgänge und Sekretbildung, entspannt die Schliessmuskeln (Sphinkteren) Ö Bereitstellung von
Nährstoffen für den Körper
Parasympathikus
2. Vegetatives Nervensystem:
b) Sympathikus Öhemmt
Verdauungsvorgänge und Sekretion, aktiviert die Schliessmuskel Ö
Kampfbereitschaft!
Sympathikus
Prinzipielle Wirkungsweise des veg. Nervensystems
3. Hormone und Agonisten des Gastro-Intestinaltraktes:
Sehr grosse Anzahl von Mediatoren, davon die meisten Peptide
Autokrin Parakrin
Humoral Neurokrin
Koordinierung der Verdauungsprozesse
Phospho- lipase C × HCl-Sekretion ×
Pepsinogen × Magenmotilität × Trophisch für
Magenschleimhaut Peptide im
Magen × Hoher pH im Magen × Vagus ×
Somatostatin Ø G-Zellen in
Pylorusbereic h und
Duodenum Gastrin
Zellsignal Wirkung
Freisetzungsreiz Syntheseort
Agonist
Adenylat- zyklase × Pankreasenzym-
sekretion × Pepsinogen × Gallenblasen- kontraktion × HCl-Sekretion Ø
Stimuliert Inselzellen:
„Sattheitshormon“
Fettsäuren,
Aminosäuren und Peptide im
Duodenum × Trypsin Ø I-Zellen in
Duodenum und Jejunum, Nervenendi- gungen Cholezysto
-kinin (CCK)
Phospho- lipase C × HCl-Sekretion ×
Pepsinogen × Magenmotilität × Trophisch für Magenschleimhaut Peptide im Magen ×
Hoher pH im Magen × Vagus ×
Somatostatin Ø G-Zellen in
Pylorusbereich und Duodenum
Gastrin
Zellsignal Wirkung
Freisetzungsreiz Syntheseort
Agonist
Adenylat- zyklase × HCO3--Sekretion im
Pankreas ×
Gallesekretion × Magenentleerung Ø Antitrophisch für Magenschleimhaut niedriger pH im
Duodenum × Gallensalze und Fettsäuren im Duodenum × S-Zellen in
Duodenum und Jejunum Sekretin
Adenylat- zyklase× Pankreasenzym-sekretion
×
Pepsinogen ×
Gallenblasen-kontraktion × HCl-Sekretion Ø
Stimuliert Inselzellen:
„Sattheitshormon“
Fettsäuren,
Aminosäuren und Pep-tide im
Duodenum × Trypsin Ø I-Zellen in
Duodenum und Jejunum,
Nervenendigun- gen
Cholezysto -kinin
(CCK)
Phospho- lipase C × HCl-Sekretion ×
Pepsinogen × Magenmotilität × Trophisch für Magenschleimhaut Peptide im Magen ×
Hoher pH im Magen × Vagus ×
Somatostatin Ø G-Zellen in
Pylorusbereich und Duodenum
Gastrin
Zellsignal Wirkung
Freisetzungsreiz Syntheseort
Agonist
Adenylat- zyklase × HCl-Sekretion ×
Pepsinogen × Vagus ×
ECL-Zellen in Magendrüsen , Mastzellen Histamin
(H2-Rezep.)
Adenylat- zyklase× HCO3--Sekretion im
Pankreas × Gallesekretion × Magenentleerung Ø Antitrophisch für Magenschleimhaut niedriger pH im
Duodenum × Gallensalze und Fettsäuren im Duodenum × S-Zellen in
Duodenum und Jejunum
Sekretin
Adenylat- zyklase× Pankreasenzym-sekretion
×
Pepsinogen ×
Gallenblasen-kontraktion × HCl-Sekretion Ø
Stimuliert Inselzellen:
„Sattheitshormon“
Fettsäuren,
Aminosäuren und Pep-tide im
Duodenum × Trypsin Ø I-Zellen in
Duodenum und Jejunum,
Nervenendigun- gen
Cholezysto -kinin
(CCK)
Phospho- lipase C × HCl-Sekretion ×
Pepsinogen × Magenmotilität × Trophisch für Magenschleimhaut Peptide im Magen ×
Hoher pH im Magen × Vagus ×
Somatostatin Ø G-Zellen in
Pylorusbereich und Duodenum
Gastrin
Zellsignal Wirkung
Freisetzungsreiz Syntheseort
Agonist
Einige wichtige gastrointestinale Hormone
Colon transversum
Colon ascendens
Colon descendens Colon sigmoideum
Rectum Appendix
Der Dickdarm (Kolon)
• Der Dickdarm resorbiert pro Tag 1-1,5 l
Flüssigkeit. Nur ca. 200 ml werden mit dem Stuhl ausgeschieden.
• Die Oberflächenzellen resorbieren abhängig von den Bedürfnissen des Körpers mehr oder weniger Na+ und sezernieren K+.
• Regulation: Aldosteron!
• Abbau von Cellulose, Pektinen und anderen nicht Amylase-spaltbaren Kohlenhydraten durch Bakterien und Resorption als
kurzkettige Fettsäuren und NH4+.
• Die Kryptzellen und Becherzellen
sezernieren Flüssigkeit und Schleim und unterstützen so den Transport des
Darminhaltes.
Der Dickdarm (Kolon)
Das Verhältnis aus Sekretion und Absorption bestimmt die
Stuhlmenge. Ein Übermass an Sekretion (z. Bsp Cholera)
verursacht sekretorische Diarrhöe
Der Dickdarm (Kolon)
Die Aktivierung des luminalen Cl- Kanals (rot) ist das Schlüsselereignis bei der Cl- Sekretion. Über Bikarbonattransporter (blau) kann sekundär Cl- gegen Bikarbonat ausgetauscht werden.
Choleratoxin aktiviert den cAMP-Weg und damit die Sekretion.
Der luminale K+ Kanal (gelb) bestimmt das Ausmass der K+ Sekretion!
Chloridsekretion
Mechanismen der Chlorid-absorption
Das Verhältnis aus Sekretion und Absorption bestimmt die Stuhlmenge. Ein Übermass an Sekretion (z. Bsp Cholera)
verursacht sekretorische Diarrhöe
Stuhl
Transitzeit durch das Colon 2-3 Tage (abhängig von Ballaststoffgehalt) Tägliche Fäzesmenge ca. 100 – 200 g
Mehr als 700 g: Diarrhöe
Stuhlgang zw. 3/ Tag bis 2/ Woche normal seltener: Obstipation
Rektum/ Anus
- Kontrolle des Stuhldranges durch vegetatives Nervensystem:
Parasympathikus: stimulierend, Sympathikus: hemmend
- Eintritt von Stuhl in die Ampulle löst Defäkationsreflex aus: interner Sphinkter (glatte Muskulatur), kann adaptieren: Kontinenz
- willkürliche Kontrolle des externen Sphinkter (quergestreift) durch N.
pudendus (Sakralmark)
- durch Anstieg des intrabdominellen Druckes (Zwerchfell, Lunge, Bauchpresse) wird Stuhl ausgetrieben
Störungen der Funktion des Magen-Darm-Traktes
Störungen der Funktion von Organen des Magen-Darm-Traktes führen zu quantitativen und/oder qualitativen Mangelernährung und damit sekundär zur Beeinträchtigung der Funktion anderer Organe.
Störungen können akut oder chronisch verlaufen, angeboren oder erworben sein.
Erbrechen stellt ein unspezifisches Symptom vieler intestinaler und
extra-intestinaler Erkrankungen dar.
Langandauerndes Erbrechen führt zu Verlust von Flüssigkeit, Kalium, Chlorid, Säure:
Hypochlorämische Alkalose
Zusätzliche Gefahren: Aspiration, Magenruptur, Blutungen
Erbrechen
Störungen des Ösophagus
Reflux:
Defekter Verschluss des unteren Sphinkters
Zurückfliessen von saurem Mageninhalt in den
Ösophagus (Sodbrennen),
Ösophagitis, Aspiration, Ulzera, Krebs als
Langzeitfolgen Therapie:
- Protonenpumpenhemmer - Speisegewohnheiten
- chirurgisch: Fundoplicatio
Störungen der Magenfunktion
Störungen der Magensäuresekretion - Atrophie der Magendrüsen:
Autoimmunerkrankung, die zur
Zerstörung der Magendrüsen führt:
Verlust von Magensäuresekretion und Mangel an Intrinsic factor
- Hypersekretion: Ulzera Begünstigende Faktoren:
- H. pylori Infektion
- Medikamente: PGE2 Inhibitoren:
ASS, Ibuprofen, Diclofenac, COX Inhibitoren
- Stress, Glukokortikoide
Verlust der Barrierefunktion der Schleimhaut, Hypersekretion
Maldigestion: Störung der Aufspaltung der Nahrungsbestandteile zur Absorption
Gründe:
- Insuffizienz des exokrinen Pankreas (Alkoholismus, Mukoviszidose, Tumor)
- Veränderungen/ Verlust von Dünndarmschleimhaut (membranständige Enzyme)
Malabsorption: Störung der Absorption der Nahrungsbestandteile Gründe:
- Angeborene Gendefekte in Ionenkanälen (CFTR) oder
Transporterproteinen (Hartnup, Glucose-Galaktose-Malabsorption, Zystinurie, Lysinurische Proteinintoleranz, primäre Karnitindefizienz, Chlorid-Diarrhöe
- erworbene Veränderungen der Darmfunktion: sekretorische Diarrhöe (Infektion), M. Crohn, Medikamente
Störungen der Dünndarmfunktion
Störungen des Pankreas
angeboren:
- Mukoviszidose/ Zystische Fibrose (homozygote Patienten) - rezidivierende akute Pankreatitis (heterozygote Patienten) Erworben:
Akute Pankreatitis - Gallensteine
- Infektion
Chronische Pankreatitis - Alkoholismus
Folgen von chronischer Pankreatitis - Schmerzen
- Verlust der exo- und endokrinen Pankreassekretion
- Fettmalabsorption, Vitaminmangelsyndrome (Gerinnung, Knochen)
Störungen der Leber
Angeboren:
-Enzymdefekte, anatomische Anomalien, Zysten
Erworben:
- Infektionen: Hepatitis (viral), Würmer, Amöben
- Alkoholismus - Autoimmun
- Vergiftungen (Phalloidin, Paracetamol)
Führen zu Verlust von Protein- synthese (Albumin, Gerinnungs- faktoren), portalem Hochdruck, Aszites, Verlust der Entgiftungs- funktion (hepatische
Enzephalopathie)
Störungen der Galle
Störungen der Gallenbildung oder Ausscheidung können verursachen:
- Beeinträchtigung der Fettabsorption: Fettstühle, Mangel an Vitamin A, D, E, K
- fehlende Ausscheidung von Metaboliten (Medikamente !)
- Ikterus (Gelbsucht)
- Gallensteine, Entzündung der Gallenblase (Cholezystitis)
Störung der Fettabsorption
Folgen:
- Fettstühle (Steatorrhoe:
Durchfall)
- Mangel an fettlöslichen Vitaminen (A, D, E, K) - Nierensteine (Oxalat)
Störungen des Kolons
Angeboren:
- M. Hirschsprung: Megakolon, keine Ganglienzellen vorhanden, keine Propulsion
- Mukoviszidose: Mekonium Ileus
- Chlorid-Diarrhöe: Mutationen im DRA Cl-/HCO3- -Austauscher Erworben:
- Obstipation: funktionell, Medikamente, psychische Komponente - chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (inflammatory bowel disease): M. Crohn und Colitis ulcerosa
- bakterielle Besiedlung
- Sigma/ Rektum: Divertikulose - Divertikulitis
Häufigste schwerwiegende autosomal rezessive Erbkrankheit:
1 von 2000 Neugeborenen (5% der Bevölkerung sind heterozygote Gesunde, häufigste Mutation: DF508). Lebenserwartung: Junges Erwachsenenalter.
Wichtigste Kennzeichen:
Chronischer Husten, Lungenentzündungen, Verdauungsstörungen und Untergewicht, salziger Schweiss!
Seit 1989 weiß man, dass das fehlerhafte Gen auf Chromosom 7 liegt . Das Genprodukt wurde CFTR (cystic fibrosis transmembrane
conductance regulator) genannt.
Heterozygotenvorteil ? Geringere Invasion und schnellere Ausscheidung von Salmonella typhimurum bei Heterozygoten, evolutionärer Schutz vor lebensbedrohlichen Durchfallerkrankungen ?
Mukoviszidose/ Zystische Fibrose
CFTR
Anionenkanal (Chlorid) ATP/ cAMP stimuliert
Reguliert andere Transporter und Ionenkanäle
- Na+- Kanäle
-Cl-/HCO3- -Austauscher
Die Veränderungen im CFTR-Protein führen dazu, dass ein zäher Schleim eine Reihe lebenswichtiger Organe verstopft:
Lunge, Bauchspeicheldrüse, Leber und der Darm. Ein Teil der Neugeborenen hat deshalb einen Darmverschluss
(Mekonium Ileus).
Der Schleim in der Lunge bietet einen hervorragenden Nährboden für Bakterien.
Mukoviszidose/ Zystische Fibrose
Symptomatisch (abhängig vom jeweils betroffenen Organsystem):
• Atemgymnastik und Inhalationen, Antibiotikaprophylaxe
• Entfernung von Nasenpolypen
• Substitution von Pankreasenzymen, Vitamine, hochkalorische Ernährung.
• Insulin bei Diabetes mellitus
• Wachstumshormon (in klinischer Erprobung)
• Chaperon - Inhibitoren (präklinisch und klinisch):
∆F508-CFTR
Gentherapie ?
Die einzige kausale Therapiemöglichkeit der
Mukoviszidose wäre die Gentherapie. Seit 1993 wurden weltweit 25 klinische Studien zur Gentherapie mit über 200 Patienten begonnen.
Bislang ohne Erfolg…