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Iran-Verhandlungen - und wie weiter?

Von Jerry Sommer

I

m Frühjahr dieses Jahres war die Befürchtung in der Welt stark, dass ein Angriff Israels auf den Iran unmittelbar bevorstehen könnte. Damals hat US-Präsident Obama dem israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu verdeutlicht, dass er eine solche Aktion zum damaligen Zeitpunkt für falsch hielt.

Inzwischen sind Verhandlungen mit dem Iran in Gang gekommen. In Istanbul, Bagdad, Moskau und zuletzt wieder in Istanbul (auf Expertenebene) konferierten Vertreter der fünf UN-Vetomächte USA, Russland, China, Frankreich und Groß- britannien sowie Deutschlands – die sogenannten P5+1-Staaten – mit Vertretern des Iran. Jerry Sommer, BICC Associate Researcher, analysiert nach den bisherigen Gesprächsrunden.

Die anfängliche Euphorie ist zwar verflogen – angesichts der Kompliziertheit des Problems und des großen gegenseitigen Misstrauens war eine schnelle Einigung ohnehin nicht zu erwarten. Aber offensichtlich haben alle Seiten ein Interesse daran, diese Verhandlungen nicht frühzeitig abzubrechen, sondern sie fortzuführen. Nach den Expertengesprächen am 3. Juli 2012 in Istanbul werden die Stellvertreter der Verhandlungsführer beider Seiten am 24. Juli erneut zusammenkommen.

Dies werden Helga Schmid, Stellvertreterin für die Verhandlungsführerin der P5+1 (fünf UN-

Vetomächte plus Deutschland), Catherine Ashton sowie Ali Bagheri für den iranischen Verhandlungsführer Saed Dschalili sein.

Ob und wie die Gespräche dann weitergehen, ist noch nicht abzusehen. Dabei ist die Gefahr einer militärischen Eskalation nach wie vor vorhanden und dürfte bei einem Abbruch der Gespräche noch zunehmen. Schon haben die USA ihre Streitmacht am Golf durch zusätzliche Kampfflugzeuge, Minenräumboote und eine schwimmende Befehlszentrale verstärkt1. Für Oktober ist ein großes gemeinsames Militärmanöver von den USA und Israel geplant. Der Iran hat seinerseits durch Raketentests zu demonstrieren versucht, dass er im Falle eines israelischen und/oder US- Angriffs sowohl Israel wie auch die Stützpunkte und Kriegsschiffe der Vereinigten Staaten in der Region mit Gegenschlägen treffen könnte.

In den USA steht die Regierung Obama unter innenpolitischem Druck, kompromisslos gegenüber dem Iran zu bleiben. So haben 44 Senatoren (aus beiden politischen Lagern) den Präsidenten sogar aufgefordert, die Verhandlungen zu beenden, wenn der Iran nicht „sofort“ sämtliche Forderungen bezüglich des 20-prozentig angereicherten Urans erfüllt.2 Obama scheint, auch aus Wahlkampfgründen, zwar kein Interesse daran zu haben, vor der Präsidentschaftswahl im November einen militärischen Angriff auf

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den Iran zu beginnen bzw. mitzumachen. Aber seinen Handlungsspielraum für Kompromisse – und ohne Zugeständnisse beider Seiten ist keine Vereinbarung denkbar – sieht er wegen der innenpolitischen Kräfteverhältnisse als begrenzt an.

Unterschiedliche Verhandlungspositionen beider Seiten

Bei den bisherigen Gesprächen wurden Verhandlungspositionen ausgetauscht, ohne dass ein Durchbruch erzielt worden ist3. Zu „richtigen“

Verhandlungen, also einem Geben und Nehmen, ist es nicht gekommen. Die P5+1 konzentrierten sich dabei auf folgende Forderungen an den Iran: Einstellung der Uran-Anreicherung auf 20 Prozent, Auslagerung allen bisher auf 20 Prozent angereicherten Urans aus dem Iran sowie Schließung der unter einem Bergmassiv verbunkerten Anreicherungsanlage in Fordow.

Im Gegenzug wurde in Aussicht gestellt Brennstoff für den Teheraner Forschungsreaktor zu liefern, der 20-prozentig angereichertes Uran benötigt, um medizinische Isotope für Krebstherapien herzustellen, bei der nuklearen Sicherheit zu helfen und einige Ersatzteile für zivile iranische Flugzeuge aus den USA zu liefern, die bisher US-Sanktionen unterlagen.

Die P5+1 verdeutlichten ferner, dass der Iran entsprechend den Resolutionen des UN- Sicherheitsrates seine Urananreicherung insgesamt bis auf weiteres suspendieren müsse.

Demgegenüber legte der Iran einen umfassenderen Verhandlungsansatz in einem Fünf-Punkte-Plan vor. Teheran bestand darauf, dass sein Recht auf Urananreicherung für zivile Zwecke anerkannt wird und bot an, den Bannspruch (Fatwa) des Religionsführers gegen Atomwaffen - zum Beispiel in einem UN-Dokument - zu „operationalisieren“. Der Iran forderte darüber hinaus die Aufhebung aller Sanktionen im Gegenzug für eine verstärkte Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO). Teheran sprach sich für eine nukleare

Kooperation bei der nuklearen Energiegewinnung und nuklearen Sicherheit aus und bot vertrauens- bildende Maßnahmen auch in Bezug auf die Anreicherung von Uran auf 20 Prozent an.

Schließlich befürwortete Teheran eine umfassende Zusammenarbeit auch in nicht-nuklearen Fragen wie der Drogenbekämpfung und regionalen Problemen wie in Syrien und Bahrain.

Diplomatie ist die einzige Lösung

Es gibt genügend Bereiche, die sich überlappen, und deshalb weitere Gespräche sinnvoll machen. Allerdings dürften Annäherungen und Übereinkünfte nicht ohne ein längerfristig angelegtes, strukturiertes Verhandlungsformat zu erzielen sein. Auch sollten solche Gespräche nicht auf einige Spitzen- bzw. Expertenrunden beschränkt sein. Zeit für solche Verhandlungen ist vorhanden. Denn nach wie vor gibt es keinen Beweis dafür4, dass der Iran das Ziel verfolgt, Atomwaffen herzustellen. Selbst nach Einschätzung des Pentagon ist eine solche Entscheidung im Iran bisher nicht gefallen. Auch gehen die US- Geheimdienste davon aus, dass der Iran nicht nur heute keine Atombombe besitzt, sondern auch seine strukturierten Atomwaffenforschungen 2003 eingestellt und nicht wieder aufgenommen hat.

Die Produktion von einsatzfähigen Atomwaffen, wenn Teheran denn eine Entscheidung dafür träfe, würde noch mehrere Jahre dauern. Die Urananreicherungsanlagen des Iran befinden sich zudem unter ständiger Aufsicht der IAEO.

Ohne die Inspektoren hinauszuwerfen, könnte der Iran kein waffenfähiges Material herstellen.

Zudem ist unwahrscheinlich, dass die einschnei- denden von den USA ausgehenden – und von der EU übernommenen - Sanktionen, die die iranischen Ölexporte drastisch reduzieren sollen, allein in der Lage sein werden, den Iran zu einer Kapitulation gegenüber den westlichen Forderungen zu bewegen. Ein militärischer Angriff gegen den Iran wiederum wäre nicht nur völkerrechtswidrig, sondern auch kontraproduktiv. Er könnte das iranische Atomprogramm bestenfalls um ein paar Jahre zurückwerfen, würde aber die Kräfte

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in der iranischen Führung stärken, die dann ein Crash-Programm zur Atombombe im Geheimen befürworten würden. Ernst gemeinte Diplomatie ist deshalb, wie es auch die Außenminister Schwedens und Finnlands in einer gemeinsamen Erklärung im März dieses Jahres formulierten, „die einzige Möglichkeit (…) für diejenigen, die eine dauerhafte und tragfähige Lösung für das iranische Atomthema und den Frieden in der Region suchen. Die anderen Optionen sind Rezepte, die in einen Krieg und aller Wahrscheinlichkeit nach zu einem nuklear bewaffneten Iran führen“.5

Irans Verhandlungspositionen: Bewusst ungenau

Der Verhandlungsansatz Irans ist zwar umfassend, allerdings mangelt es an konkreten Angaben darüber, welchen Beschränkungen Teheran bei der Urananreicherung auf 20 Prozent zuzustimmen bereit wäre. Eine Einstellung der Anreicherung auf 20 Prozent war nicht zuletzt vom iranischen Präsidenten schon vergangenes Jahr gegen die Lieferung von entsprechenden Kernbrennstäben für den Teheraner Forschungsreaktor angeboten worden. Allerdings ist der Iran inzwischen dabei, selber entsprechende Brennelemente herzustellen.

Hierfür hat der Iran laut Angaben der IAEO bis zum Mai dieses Jahres 43 seiner insgesamt 145 Kilogramm des 20-prozentigen Urans verwendet.6 (Das in Brennelementen umgewandelte Uran könnte nur in einem langwierigen technischen Prozess wieder zurückgebildet werden, was die Voraussetzung wäre, um es zu atomwaffen- fähigem Material weiter zu verarbeiten.) Insofern dürfte der Iran an technischer Hilfe für die Herstellung von Kernbrennstäben zwar Interesse haben, aber nicht mehr unbedingt entsprechende fertige Kernbrennstäbe benötigen. Diese zu liefern hatten die P5+1 als Gegenleistung angeboten.

Auch die Forderung der P5+1, den Bestand an 20-prozentig angereichertem Uran außer Landes zu schaffen, lehnte der Iran ab. Die Forderung sei nicht gerechtfertigt, da dieses Material unter IAEO-Kontrolle stünde. Teheran benötigt allein für den Teheraner Forschungsreaktor

für die nächsten zehn Jahre Brennstäbe aus mindestens 120 Kilogramm 20-prozentig angereichertem Uran. Darüber hinaus haben iranische Regierungsvertreter angekündigt weitere vier Forschungsreaktoren sowie atom- getriebene U-Boote bauen zu wollen. Das würde zusätzlichen Bedarf an 20-prozentig oder gar höher angereichertem Uran für zivile Zwecke begründen.

Schließlich wird die Forderung nach einer Stilllegung der unterirdischen Urananreicherungsanlage in Fordow vom Iran ebenfalls als nicht gerechtfertigt abgelehnt.

Bei den Verhandlungen hat der Iran auch kritisiert, dass die Vorstellungen der P5+1 in Bezug auf das 20-prozentig angereicherte Uran sehr konkret, die wenigen Angebote hingegen außerordentlich vage formuliert seien.

Zudem bestand der Iran auf die generelle Anerkennung seines Rechts, entsprechend dem Nichtweiterverbreitungsvertrag Uran für zivile Zwecke anzureichern. Ebenfalls forderte er die Aufhebung sämtlicher von den Vereinten Nationen sowie von einzelnen Staaten und Staatengruppen beschlossenen Sanktionen. Insofern erscheint es unwahrscheinlich, dass der Iran einer Einigung ausschließlich zum Verhandlungspunkt 20-prozentige Urananreicherung zustimmen würde.

Der Iran hat seine Karten in Bezug auf die Möglichkeit einer Begrenzung oder eines Stopps der Anreicherung von Uran auf 20 Prozent bisher nicht offen gelegt. Das dürfte auch damit zusammenhängen, dass Teheran ernsthafte Verhandlungen und entsprechende Zugeständnisse der USA bzw. des Westens frühestens nach der US-Präsidentschaftswahl im November erwartet.

P5+1 Verhandlungspositionen: Zu unflexibel und ohne Gegenleistungen

Der Verhandlungsansatz der P5+1, sich auf die Frage der 20-prozentigen Anreicherung

Jerry Sommer, BICC Associate Researcher, ist Politikwissenschaftler und Historiker. Er arbeitet als freier Publizist.

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durch den Iran zu konzentrieren, hat zwar eine gewisse Logik. Denn dieses Material ist schneller als das 3,5-prozentig angereicherte Uran7 zu waffenfähigem 90-prozentig angereicherten Uran weiter zu verarbeiten, falls Iran das denn beschlösse. Allerdings hat dieser Ansatz folgende drei grundsätzliche Mängel.

Erstens scheinen die Forderungen nach Beendigung der Produktion und Auslagerung der vorhandenen Menge an 20-prozentig angereichertem Uran sowie nach Schließung der Urananreicherungsanlage in Fordow insbesondere von den westlichen Verhandlungsteilnehmern als nicht verhandelbares Paket eingestuft zu werden.

Sie gehen wohl davon aus, dass der Iran eine Art Bringschuld habe. Doch ohne Flexibilität im Einzelnen und ohne dass dieses Paket aufgeschnürt wird, dürfte auch ein Kompromiss über die isolierte Frage des 20-prozentig angereicherten Urans nicht zu erzielen sein.

Zweitens sind die USA und die EU bisher nicht bereit, im Gegenzug zu iranischen Zugeständnissen eine tatsächliche Rücknahme von Sanktionen anzubieten. Dies betrifft zum Beispiel das seit dem 1. Juli 2012 in Kraft befindliche Verbot der EU-Staaten, Öl aus Iran zu importieren sowie US- Sanktionen gegen iranische Ölexporte und die iranische Zentralbank. (Angemerkt sei in diesem Zusammenhang, dass Russland und China sowie Brasilien, die Türkei und andere Staaten diese nicht vom UN-Sicherheitsrat beschlossenen Sanktionen ohnehin als kontraproduktiv bzw.

illegal ablehnen.) Und obwohl die P5+1 und Iran einen „stufenweisen und auf Gegenseitigkeit beruhenden Ansatz“8 vereinbart haben, erklärte ein US-Beamter, der von der renommierten

„International Crisis Group“ interviewt wurde und anonym bleiben will: „Unsere Aktionen werden nicht unbedingt den iranischen äquivalent sein“.9 Drittens besteht vor allem die Regierung Obama auf der Suspendierung jeglicher iranischen Urananreicherung und lehnt es ab, ein Recht des Iran auf friedliche Nutzung der Kernenergie inklusive des Rechts auf

Urananreicherung entsprechend dem Nicht- weiterverbreitungsvertrag zu akzeptieren. Dies ist ein Hindernis für jede Vereinbarung.

Die Haltung zum Recht auf Anreicherung ist innerhalb der P5+1 jedoch umstritten. So hat Russlands Präsident Wladimir Putin formuliert: „Wir schlagen vor, das Recht des Iran anzuerkennen, ein ziviles Nuklearprogramm inklusive des Rechts, Uran anzureichern, zu entwickeln. Das muss im Gegenzug dafür gemacht werden, dass alle nuklearen Aktivitäten des Iran verlässlichen und umfassenden IAEO-Kontrollen unterliegen“.10 Umfassendere Kontrollen gewährleisteten zum Beispiel die Inkraftsetzung des sogenannten IAEO- Zusatzprotokolls im Iran. Auch in der Regierung Obama gibt es laut dem von der „International Crisis Group“ interviewten US-Beamten eine Minderheitenmeinung, die sagt: „Der Iran weiß, dass wir letztlich Urananreicherung auf seinem Boden akzeptieren werden. Was gewinnen wir also dadurch, das nicht jetzt zu tun? Wir werden doppelt bezahlen müssen: Erstens, weil wir jetzt den Verhandlungsprozess behindern, und zweitens dadurch, dass wir später nachgeben“.11

Wie weiter?

Die Verhandlungen sollten fortgeführt und möglichst sogar durch die Einrichtung mehrerer Arbeitsgruppen zu verschiedenen technischen, juristischen und politischen Fragen intensiviert werden. So kann die Zeit bis zu der US- Präsidentschaftswahl bzw. der Etablierung der nächsten US-Regierung überbrückt werden.

Denn vorher scheint keine Übereinkunft möglich, vor allem weil Barack Obama nicht riskieren will, im Wahlkampf von den Republikanern, der israelischen Regierung sowie der „Israel-Lobby“ in den USA als „weich“ gegenüber dem Iran kritisiert zu werden. Gleichzeitig kann die Fortsetzung und Intensivierung der Verhandlungen auch bessere Voraussetzungen schaffen, um nach der US- Präsidentschaftswahl zu einer Vereinbarung zu kommen.

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Ob es dann zu Ergebnissen kommt, ist jedoch selbst im Fall, dass Obama die Wahl gewinnt, zweifelhaft. Denn starke Kräfte innerhalb des US-Establishments bestehen – ebenso wie der israelische Ministerpräsident Netanjahu - darauf, jegliche Uranreicherung im Iran zu unterbinden, weil dieser mit jeder Urananreicherung eine

„Nuklearwaffenfähigkeit“ besäße. Entsprechend lehnen sie Vereinbarungen unterhalb dieser Zielmarge ab. Andere Kräfte streben ohnehin einen Regimewechsel im Iran an. Die Regierung Obama scheint darauf zu setzen, dass die bisherigen wie auch noch weitere Wirtschaftssanktionen den Iran schwächen, und hofft ihn damit zu einer Kapitulation in Bezug auf die kurzfristigen (20-prozentige Urananreicherung) sowie die grundsätzlichen US-Forderungen zwingen zu können.

Eine solche „Kapitulation“ der iranischen Führung ist allerdings unwahrscheinlich. Zum einen gibt es einen Konsens fast aller iranischen Kräfte einschließlich der „Grünen Opposition“, an der Urananreicherung vor allem als Symbol für nationale Unabhängigkeit und technologischen Fortschritt festzuhalten. Zum anderen hat der Iran eine Reserve von über 100 Milliarden US-Dollar, mit der Einnahmeausfälle aus den Ölgeschäften zumindest einige Jahre lang aufgefangen werden können. Schließlich gibt es immer wieder neue Möglichkeiten, Sanktionen zu umgehen.

Allerdings führen die verschärften Wirtschafts- sanktionen gegen Teheran auch dazu, dass der Iran mit Gegenmaßnahmen droht. So fordern 100 iranische Parlamentsabgeordnete als Antwort auf die EU-Ölsanktionen zum Beispiel, Öltankern, die EU-Staaten ansteuern, die Durchfahrt durch die Straße von Hormus zu verwehren. Auch die Pläne, ein atomgetriebenes U-Boot zu bauen und dafür wie für weitere Forschungsreaktoren mehr Uran von einem Anreicherungsgrad von 20 Prozent (oder sogar mehr) zu benötigen, könnten krisenverschärfend wirken. Alle militärische Muskelspiele – sei es seitens der USA, Israels oder des Iran - enthalten ein Eskalationspotential, auch wenn manches dafür spricht, dass zumindest erst

einmal ein militärischer Angriff Israels und/oder der USA auf den Iran nicht wahrscheinlich erscheint.

Will man die begonnen Verhandlungen früher oder später zu einem erfolgreichen Abschluss bringen und nicht wie so oft in den vergangenen Jahren Gelegenheiten für einen Kompromiss verspielen, sind folgende Kurskorrekturen an den westlichen Positionen unerlässlich:

• Wie in der Stellungnahme der Herausgeber aus den vier führenden deutschen Friedens- und Konfliktforschungsinstituten im

„Friedensgutachten 2012“ vorgeschlagen, sollte die Forderung an den Iran, seine Urananreicherung auszusetzen, fallengelassen werden. Im Gegenzug zur Anerkennung des iranischen Rechts auf zivile Nutzung der Kernenergie inklusive der Urananreicherung sollte von dem Iran die Ratifikation und Anwendung des Zusatzprotokolls der IAEO verlangt werden.

• Um Kompromisse bei der Urananreicherung auf 20 Prozent zu erreichen, müssen die USA und die EU dem Iran anbieten, Sanktionen - wie zum Beispiel das EU-Ölembargo - zurückzunehmen.

• Um die äußeren Verhandlungsbedingungen positiv zu gestalten, sollte die „militärische Option“ vom Tisch genommen werden. Auch Sabotageoperationen wie Cyber-Angriffe, die die Regierung Obama in Zusammenarbeit mit Israel laut Berichten der New York Times durchgeführt hat, sind destabilisierend und einzustellen. Ebenfalls sollte die Beschlussfassung über weitere Wirtschaftssanktionen gegen den Iran ausgesetzt werden.

1 Shanker, S. Thom, Eric Schmitt und David Sanger. 2012.

“U.S. Adds Forces in Persian Gulf, a Signal to Iran.”

New York Times, 3. Juli. Verfügbar unter <www.nytimes.

com/2012/07/03/world/middleeast/us-adds-forces-in- persian-gulf-a-signal-to-iran.html?pagewanted=all>.

2 Von 44 US-Senatoren unterschriebener Brief an Präsident

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Barack Obama vom 15. Juni 2012. Verfügbar unter

<www.scribd.com/doc/97228310/Obama-Letter-P5-1- Final>. Die Forderungen entsprechen den weiter unten dargestellten Forderungen der P 5+1.

3 Vgl. zu diesem Kapitel: Thielmann, Greg. 2012. “Iran Nuclear Negotiations: What next after Moscow?”

Arms Control Association, 28. Juni. Verfügbar unter

<armscontrol.org/files/Iran_Brief_Whats_Next_after_

Moscow.pdf> sowie ein von der iranischen UN- Delegation verteiltes Papier „Some Facts regarding Iran‘s Nuclear Talks with 5+1, 3 July 2012“. Verfügbar unter <backchannel.al-monitor.com/wp-content/

uploads/2012/07/IranNuclearTalks.pdf>.

4 Vgl. zu diesem Abschnitt: Sommer, Jerry. 2012. „Iran - Wie kann man die Kriegsuhren anhalten?“ In Bruno Schoch, Corinna Hauswedell, Janet Kursawe und Margret Johannsen. Friedensgutachten 2012. Berlin:

Lit Verlag, Mai, S. 306 ff. Vgl. auch: Sommer, Jerry.

2012. „Krieg gegen den Iran - Tickt die Uhr?“ BICC feature 2. Verfügbar unter <www.bicc.de/uploads/pdf/

publications/features/2012/feature%202_iran_d.pdf>.

5 Bildt, Carl und Erkki Tuomioja. 2012. “The only option on Iran.” International Herald Tribune, 21. März. Verfügbar unter <www.nytimes.com/2012/03/21/opinion/the-only- option-on-iran.html>

6 IAEA. 2012. “Implementation of the NPT Safeguards Agreement and relevant provisions of Security Council resolutions in the Islamic Republic of Iran. Report by the Director General.“ Wien, 25. Mai.

7 Davon besaß der Iran im Mai etwa 5.000 kg. Etwa 1.400 kg von 3,5 prozentig angereichertem Uran sind nötig, um - bei weiterer Anreicherung auf 90 Prozent - eine waffenfähige Menge für eine Atombombe zu haben.

8 Vereinbarung zwischen den P5+1 und dem Iran vom 14. April 2012. Zitiert nach: “Statement by High Representative Catherine Ashton on behalf of the E3+3 following the talks with Iran, Istanbul, 14. April 2012”.

Verfügbar unter <www.consilium.europa.eu/uedocs/

cms_data/docs/pressdata/EN/foraff/129535.pdf>.

9 Zit. in: International Crisis Group. 2012. “The P5+1, Iran and the Perils of Nuclear Brinkmanship.” Middle East Briefing No. 34. Washington/Wien/Brüssel, 15.Juni, S. 8.

Verfügbar unter <www.crisisgroup.org/~/media/Files/

Middle%20East%20North%20Africa/Iran%20Gulf/Iran/

b034-the-p5-plus-1-iran-and-the-perils-of-nuclear- brinkmanship>.

10 Putin, Wladimir. 2012. “Russia and the Changing World.”

Moskowskije Novosti, 27. Februar. Verfügbar unter

<premier.gov.ru/eng/events/news/18252/>. Diese Position betonte auch der stellvertretende russische Außenminister Sergej Ryabkow wiederholt. Vgl. AFP.

2012. “Russia sees ‚certain progress‘ on Iran after talks”, 4. Juli.

11 Zit. in: International Crisis Group. 2012. a. a.. O., S. 11.

Weitere BICC-Publikationen zum Thema

Sommer, Jerry. 2012. „Iran - Wie kann man die Kriegsuhren anhalten?“ In Bruno Schoch, Corinna Hauswedell, Janet Kursawe und Margret Johannsen (Hg.). Friedensgutachten 2012. Berlin: Lit-Verlag, Mai, S. 306 - 321.

Sommer, Jerry. 2012. „Krieg gegen den Iran – Tickt die Uhr?“

BICC feature 2. Bonn: BICC, März. Verfügbar unter <www.

bicc.de/publications/publicationpage/publication/

krieg-gegen-den-iran-tickt-die-uhr-161/>

Sommer, Jerry. 2011. „Atomkonflikt Iran: Diplomatische Lösung noch immer möglich?!“. BICC focus 10. Bonn:

BICC, April. Verfügbar unter <www.bicc.de/publications/

publicationpage/publication/atomkonflikt-iran- diplomatische-loesung-noch-immer-moeglich-159/>.

Sommer, Jerry (Hg.). 2009. New Chances for a Compromise in the Nuclear Dispute with Iran?. Occasional Paper I.

Conference documentation. Bonn: BICC, März. Verfügbar unter <www.bicc.de/publications/publicationpage/

publication/new-chances-for-a-compromise-in-the- nuclear-dispute-with-iran-265/>.

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