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Rechtschreibung im Veda.
Von R. Roth.
1. Verkürzte Schreibung.
Dass es in den Grundschriften des Veda Varianten des Textes
im gewöhnlichen Sinne nicht giebt, die Kritik vielmehr erst auf
der nächsten Stufe beginnt und da genug zu thun findet, ist be¬
kannt. Ein Herausgeber hätte also, sollte man denken, nichts
anderes zu thun gehabt als den feststehenden Text abzudi'ucken,
unter Ausscheidung von Fehlem der Handschnften. Eine an sich
leichte Aufgabe, die nur für den schlechter überlieferten Atharvan
nicht einfach durchzuführen ist, wenn man nicht grobe Anstösse
nüt in den Kauf nehmen will.
Wer nun Handschriften und Ausgaben vergleicht, der wird
finden, dass sie keineswegs zusammen stimmen, sondern an hundert
Stellen in der Schreibung auseinander gehen. Die Herausgeber,
die indischen sonst am Herkommen klebenden nicht ausgenommen,
folgen einer anderen Rechtschreibung als der Veda der Hand¬
schriften und verbessem, wie sie meinen, den überlieferten Text
nach ihren schulmässigen d. i. grammatischen und etymologischen
Regeln. Dass sie dabei gelegentlich gegen ihre eigenen Regeln
Verstössen, ist nicht zu verwundem und wird weiterhin gezeigt
werden. Ich selbst bin der gleichen Methode, und ebenso incon¬
sequent, früher gefolgt, vrärde aber jetzt, wenn ich einen vedischen
Text zu drucken hätte, mich an das Gesetz der Handschriften
halten.
Benfey hat in seinem Samaveda, einem für jene Zeit der
Anfänge 1848 hoch zu schätzenden Buch, in der Einleitung
S. XLVI flf. von der in den Handschriften herrschende^ , wie er sie
benennt, verkürzten Schreibweise schon fast erschöpfend
gehandelt. Sie bestehe darin, dass nie ein Consonant doppelt (oder
nicht adspirirt und adspirirt) geschrieben werde, wenn unmittelbar
darauf ein weiterer Consonant folge. Sie berahe auf der Aus¬
sprache im Gegensatz gegen die etymologische Schreibweise.
8o werden die vedischen Stellen auch in grammatischen Werken
citirt, und wenn man sporadisch der vollen Schreibung begegne,
102 Roth, Rechtschreibung im Veda.
so zeigen doch andere Handschriften auch an solchen Stellen die
Verkürzung. Benfey glaubt hiernach, dass dieselbe wenigstens
in den Veden durchweg herzustellen sei. Ich füge bei,
dass sie ebenso auch in Brähmaija und guten Handschriften der
Upanishaden herrschend ist, und vereinzelt durch die ganze Litteratur,
auch Inschriften ihre Spuren zeigt. Vgl. auch Weber, Ind. St.
4, 318.
Die Aufforderung Benfey's ist unbeachtet geblieben. Alles
ist befangen im Bann des scholastischen Herkommens.
Im Folgenden stelle ich, sein Verzeichniss ergänzend, ohne
vollständig sein zu wollen, die Fälle zusammen, dabei nehme ich
Bezug auf die Ausgaben des ßigveda von M. Müller, Aufrecht und
die Bombayer in acht Bänden, sowie auf die durch Güte des
Herausgebers in meiner Hand befindlichen Theile von Shankar
Pandits Atharvan mit Oommentar.
Es wird in den Handschriften geschrieben:
\. jtla statt jij/Äo, majüa.
2. ji/a statt jjya, kshipajyäm.
3. jva statt jjva, rajvä AV.
4. tya statt itya, atyupqfihvikä, es verzehrt die Ameise, wie
auch Bombay liest, aber nicht sollte, avityä Chänd. Upanishad;
5. tra statt ttra, caratrindat, satram, auch späterhin überall patra chatra nicht chattra.
6. tva statt ttva, datväya ?,v. 10, 85, 33, wo bei Müller erst
in zweiter Ausgabe dattväya, utväm, vgl. schon Böhtlingk zu
Pacini II, 397. Icahetriyätvä Av. 2, 10, 1 auch in Paipp. Shankar
P. verzeichnet keine Variante, vermuthlich weil er darin einen
gleichgiltigen Pehler sah. i
7. tsa statt ttsa, vidatsaruh ^v.
8. dya statt ddya. Diese Ligatur mit doppeltem d ist ein
Stein des Anstosses för die volle Schreibimg. Man findet dafür
fast in jedem Alphabet, sei es östlichen oder westlichen Ursprungs,
eine andere Form, meist gezwungen und unschön. In alten Hand¬
schriften kommt sie gar nicht vor, ist auch in jüngeren selten, je
nachdem der Schreiber sich an das hergebrachte hielt oder etymo¬
logisch verbesserte. Die Bombayer Herausgeber haben sich ein
ddy zurechtgemacht , begnügen sich aber dennoch an einzelnen
Stellen mit defectiver Schreibung wie ci'dyäm 10, III, 5 bharsha-
dyumatim 6, 38, 1. Diese Lautverbindung erscheint im Rv. etwa
2-5 Mal.
9. dra statt ddra, bibhradräptm asthädrapso.
10. dva statt ddi>a, cidveshah.
11. dhy a statt ddhy a , adhyagne ddhyavatha, und innerhalb
des Wortes avarudhyai AV. Tändya.
12. dhva statt ddhva, cidhvasayo asmädhvaraaah und im
Wort ayudhvi Rv. 10, 108, 5, was schon Benfey a. a. 0. richtig
gefasst hat: Absolutiv mit Negation s. v. a. ohne zu kämpfen.
Roih, Rechtschreibung im Veda. 103
Die Bombayer A. druckt ayudhvi und im Commentar ayudhvä,
beides gegen ihr System, desgleichen beide Ausgaben Müller's, trotz
Säyana's correcter Erklärung und Hinweis auf Pän. 7, 1, 49. Auch
Aufrecht schreibt noch in zweiter Auflage ayudhvi. Diese Ueber¬
einstimmung der Herausgeber in demselben Pehler bedeutet aber,
dass alle Handschriften so lesen. Das Wörterbuch hat den Irrthum, der vor 46 Jahren s. v. ayudhvin unterlief, inzwischen gutgemacht.
13. nta statt rUta, also in umgekehrter Polge, Verdoppelung
am Ende und kaum sprechbar, wird vereinfacht in syantä Rv. 10,
22, 4. So aber auch Müller und Bombay, die syanttä zu schreiben
hätten, desgleichen Aufrecht. Im Wörterbuch richtig sub syanttar.
Derselbe Pehler sämmtlicher Herausgeber in achänta, das sie
achäntta drucken mussten 1, 165, 12. Wiederum ein Beweis für
die Einigkeit der Handschriften.
14. ndha statt nddha, trndhi Rv. 6,17, 3, auch Müller, Aufrecht
und Bombayer A. bhindJii AV. Chänd. Up. ävarundhe oft in den
Brähmana.
15. ndha statt ngdha, vrfidhi andhi AV.
16. nta statt nkta, ante pafiti. Ich habe Belege dafür aus
Rv., aber mein handschriftliches Material ist nicht so reich, dass
ich über die Verbreitung dieser Schreibweise etwas sagen könnte.
Meist steht die bequeme Schreibung mit Anusvära ardcte an der
Stelle. Ich reihe die Pälle 15 und 16 in diesen Zusammenhang
ein, da sie auf dem gleichen Princip der Vereinfachung der Aus¬
sprache durch Auslassung eines entbehrlich werdenden Lautes
beruhen.
17. Endlich fallen sichtlich unter dasselbe Gesetz und finden
dadnrch ihre Regelung die Gruppen, welche sich bilden, wenn ein
schliessendes * auf eine folgende Verbindung von d -j- Consonant
oder * + Consoilant stösst, wobei das erste * schwindet. Die MSS.
sind in diesen Pällen sehr schwankend und ihre Unsicherheit hat
sich bis herein in unsere Wörterbücher fortgepflanzt. Das Schwanken erklärt sich , wie ich meine , daraus , dass hierbei der Visarga, der
Vertreter jenes s in's Spiel kommt und nicht als vollgiltiger Con¬
sonant in Rechnung genommen wird, wodurch die Regel eine Störung
erfährt. Unter den Vorschriften über Visarga kommen einige dieser
Fälle bei den Grammatikern vor, z. B. Rv. Präticäkhya 4, 12.
Bollensen, welcher in dieser Zeitschrift 45, 204 sachgemäss
hierüber handelt, ohne den Zusammenhang der Schreibweise zu be¬
rähren, ist wohl mit Recht der Ansicht, dass dei- Visarga wenigstens
in das Innere der Wörter keinen Eintritt haben sollte, also
z. B. barhishtha. Beispiele sind:
a. ica statt aica, madhvoAcotanti.
b. dya statt aiya, in einzelnen Mss. äbhyaiyeno AV. 3, 3, 3.
yakahmaiyena 5, 30, 9. divaiyenäao Rv. 10, 92, 6.
c. ira statt aira , ki-taJrava Rv. 6,58,3, vgl. mit 49, &
Pischel, Ved. St. 1, 13.
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104 Roth, Rechtschreibung im Veda.
d. dva stätt siva, paragvä TBr. 3, 8, 4, 1.
e. sta statt ssta, stha statt sstha, shta statt ashta, ahtha statt
sshtha, divastave anishirta dushtuti u. s. w.
f. sna statt ssna, majjabhyasnävabhjah AV. 2, 33, 6.
g. «/>a statt sspa, vasospärhasya niyvtasspärhaviräh.
h. sya statt *«ya, vasyonam nähasyät AV. 11, 6, 21. 2, 10, 7.
Die Mss. haben meist den Visarga.
i. sra statt ssra, partisransa AV. 6, 14, 1 wo Shankar Pandit
sagt: all our Samhita Mss. and Vaidikas omit the visarga except
A. Sayana's text too omits the visarga. Aehnlich bei anisränam
2, 3, 3, 5. harumäsrimäh 8, 6, 10.
k. sva shva statt ssva ashva, haavid dushvapnya nishva
AV. 6, 121, 2 Shankar; none of our Samhita Mss. and Vaidikas
have the visarga after m. 7, 83, 4. 113, 1.
Es geht aus diesen Belegen hervor, dass die älteste grammatische
Regel in Rv. Pjütis. 4, 12 zu eng ist, wenn sie den Abfall des s
vor s + muta lehrt. Das ist nur der häufigste , aber nicht der
einzige Pall. Und wir erfahren durch Taitt. Präti^. 9, 1 und dessen
Commentator, was wir aus dem Schwanken der Mss. vermuthen
konnten, dass die Schulmänner getheilter Meinung waren, indem
die einen jene Einschränkung machten, die anderen den Abfall
auch bei s + sonans lehrten.
Auch in gelehrten Sachen ist die Gewohnheit eine Gebieterin.
Ordnung und Uebereinstimmung wird ihr verdankt, und man soll
nicht ohne Noth ihr widerstreben. Die überlieferte Schreibung
des Veda wird also Schwierigkeit haben sich wieder in ihre Stel¬
lung zu setzen, aus welcher sie durch die meistens von uns Euro¬
päem eingeführte grammatische oder pedantische Schreibung
verdrängt worden ist, die den Anschein der Correctheit für sich
hat , aber der Einstimmigkeit der geschriebenen Ueberlieferung
gegenüber unberechtigt ist.
Wie alt und wie tief vrarzelnd jene ist, das möge man daraus
entnehmen, dass der Padapätha des Atharvan das Wort hrdjota —
oder wie man grammatisch schreiben soll hrddyota — in hr und
dyota zerlegt, während dem Verfasser des Pätha, unter welchem
wir doch einen in der Schule angesehenen Mann uns denken müssen,
wenn seine Arbeit in der Polge normativ werden konnte, Unbekannt¬
schaft mit der wirklichen Zusammensetzung des Wortes billiger¬
weise nicht zugeschrieben werden kann. Er hat hrdyota gesprochen
und hat es geschrieben vor sich gehabt, und dagegen
wollte er nicht Verstössen. Was ihm vorgeworfen werden muss,
ist, dass er dadurch einen falschen Schein erweckt. Noch anstössiger erscheint, dass er in 4, 19, 6 tadyäm eti in tat väm auflöst, statt,
wie auf der Hand liegt, in dyäm „das geüt zum Himmel". Das
hat der Padamacher sicher auch verstanden, ist aber auch hier bei
seinem Buchstaben geblieben. Unbegreiflich ist nur Säyana, der
dem Pada blind nachlaufend das yäm ernsthaft nimmt, also seiner-
1 1
Roth, Rechtschreibung im Veda, 105
seits von der defectiven Schreibung keinen Begriff hatte. Der¬
gleichen Proben seines Könnens sollten seine neuerlichen Liebhaber im Gedäehtniss halten.
Also der Samhitätext des Atharvan, der dem Pada¬
macher vorlag — und dem Pada werden wir doch ein erhebliches
Alter beilegen — hat verkürzt geschrieben. Diese Zeit reicht
viel weiter hinauf als alles , was wir heute an Handschriften zu
Gesicht bekommen. Und wir erkennen , dass jene Schreibweise
nicht etwa eine im Lauf der Textüberlieferung erst aufgekommene
Neuerung, sondem — soweit wir überhaupt sehen können — ur¬
sprünglich ist. Sie hat aber ausserdem auch die Einfachheit
und Bequemlichkeit für sich. Wem fliessen die gekünstelten Figuren
für ddky oder nddh oder gar ddy geläufig aus der Feder? Es
erging und ergeht dem indischen Schreiber schwerlich anders als
uns , wenn wir uns vor diesen Verschlingungen befinden. Wir
müssen die Figur mit besonderer Aufmerksamkeit zusammenstellen.
Endlich könnte auch die Dmckerei dabei nur gewinnen, dass
einige dieser Gonglomerate ganz entbehrlich oder auf ein geringes
Mass beschränkt vrärden.
n. Schreibfehler.
Es wäre zu verwundem, wenn uns der Veda ohne Schreib¬
fehler überliefert wäre. Er wird wohl als ein Menschenwerk an
kleineren oder grösseren Schäden dieser Art leiden. Und auch der
Umstand kann ihn davor nicht geschützt haben, dass sein Text
seit Jahrhunderten festgemacht ist. Die Fehler sind damit gerade
so befestigt, wie die richtige Lesung und für die Folgezeit unheUbar
geworden. Was ist aber ein Schreibfehler? Im gewöhnlichen Sinne
wird er eine Abweichung von der Schreibregel , also etwa das
Fehlen eines Lautzeichens oder die Vertauschung eines solchen mit
einem anderen sein. Nun fragt es sich, woher die Regel komme.
Wie sich in den Litteraturen eine Uebereinstimmung der Schreibenden, die Regel gebildet habe , davon weiss natürlich kein Schriftsteller
zu sagen. Er steht selbst in der fertigen Rechtschreibung. Dass
aber lange Zeiträume dazu gehört haben, bis Verschiedenheiten sich
ausgeglichen und die Schreiber einen festen Anhalt, eine allgemeine
Regel vor sich hatten, werden wir annehmen müssen.
Ferner kann nicht ein Uebereinkommen die Regel gemacht
haben, sondem Vorgang und Nachfolge der Schreibenden. Dieser
sind in den Anföngen, je weiter rückwärts desto wenigere gewesen.
Ihr Zusammentreffen war die Richtschnur für die Nachfolger und
so entstand die erste Orthographie , deren Urheber Männer waren,
die in ihrer Zeit und Umgebung für Gelehrte gelten konnten, der
Natur der Sache nach wohl meist priesterliche Männer, und am
gewissesten so in Indien.
Dass aber von diesen Bildnem der Schreibung in jedem Falle
das richtige getroffen, die richtigen Zeichen für den nachzubildenden
106 Roth, Rechtschreibung im Veda.
Laut aus dem ihnen zu Gebot stehenden Vorrath gewählt worden
seien, das ist nicht zu glauben. Sie müssten wunderbare Beobachter
des Lautes gewesen sein, wenn ihnen das gelungen wäre. Was sie
falsch niederschrieben, ähnlich klingende oder schwer unterscheidbare
Laute verwechselnd, wurde von späteren Zeiten übernommen und
fortgeführt , vrarde zur Regel und ist falsche Rechtschreibung
geblieben.
Ich glaube, dass in jeder Litteratur solche primitive Schreib¬
fehler unangefochten fortlaufen und dass der eine und andere
Knoten, den die Sprachwissenschaft vergleichend nicht zu lösen
weiss, seine Entstehung nur falscher Schreibung in dieser oder
jener Sprache verdankt. Die Möglichkeit solcher falscher Zahlen
in der Rechnung sollte im Auge behalten werden. Ich wollte
jedoch diese ganze Frage hier nur gelegentlich streifen.
Die eigentlich so zu nennenden gemeinen Schreibfehler, die
Abweichungen von einer bestehenden Orthographie, von welcher ich
im Folgenden einige Proben vorführe, gehören der fortgeschrittenen
Entwickelung, der Zeit der Bücher an. Die Schriftkundigen folgen
einem gemeinsamen Brauch und es ist dem einzelnen Schreiber
nicht gestattet daran zu ändem. Zu der Zeit z. B. wo vedische
Lieder und Sprüche aufgeschrieben und in Sammlungen gebracht
vrarden, muss eine Orthographie bestanden haben, welche sich trotz
kleiner Differenzen fast einheitlicher darstellt als unsere heutige deutsche. Das ist bei dem Einfluss priesterlicher Schulen, die schon frühzeitig auf grammatisches Wissen sich richteten, verständlich.
Der Verkehr innerhalb dieser Zunft, der Einfluss angesehener Lehrer scheint genügt zu haben, um Unterschiede auszugleichen.
Giebt so das gesammte vedische Schriftwesen Zeugniss von
grammatischer Schulung, von welcher correcte Schreibung einen
so wesentlichen Bestandtheil bildet, so sind uns die nicht seltenen
in den Texten festgewordenen Schreibfehler um so anstössiger.
Jedes Wörterbuch und jeder Erklärer sieht sich oft genug ge¬
nöthigt, solche Steine aus dem Wege zu wälzen und sich dadurch
dem Tadel der Gläubigen auszusetzen. Unserer Ausgabe des Atharvan
ist verargt worden, dass sie die gröbsten und dümmsten Schnitzer
stillschweigend beseitigt hat. Es wäre vielleicht besser, jedenfalls
bequemer gewesen, alle diese Aergernisse stehen zu lassen zur Be¬
friedigung hochconservativer Kritiker, aber nicht einmal der neue
indische Herausgeber hat sich dazu entschliessen können, sein Auge
überall zuzudrücken. Und jetzt nach 40 Jahren hat die Paippaläda
Recension eine Menge von unseren Verbesserungen bestätigt.
Ich versuche im Folgenden an etlichen Beispielen den Stand
der Sache zu beleuchten. Es ist mir aufgefallen , dass besonders
in der Reihe der Dentale Verwechselungen aller Art auftreten,
ich weise daher zunächst auf diese hin.
1. statt t wird th geschrieben: aJvinobhhidräväthuh Ilv. 10,
131, 5 beide A9vin sind Indra zu Hilfe gekommen, natürlich ävatuh
Roth, Rechtschreibting im Veda. 107
unbetont und (ndratn aufzxdösen, s. Ludwig z. d. St. Der Fehler
steht auch VS. 10, 34. grhö hiranyäyo mithäh ein goldenes Haus
ist gebaut AV. 7, 83, 1 alle Handschriften , die Ausgabe corrigirt
miidh. Agni heisst 5v. 2, 4, 7 krshndvyathis , verständlich ist
hrshnavyatia , der mit schwarzem Gespann fahrende. Das Bild
Agnis mit schwarzen Rossen ist gewiss ebenso zulässig als das mit
rothen. In Välakhilya 5, 8 lesen wir tväni id evd tdm ame sdm
advayür gavyür ägre mathinäm mit dir suche ich einen Bund
zu sehliessen, wenn ich auf Rosse und Rinder ausgehe, zu Anfang
meiner Gebete. Ich vermuthe, wie auch Grassmann gethan hat,
matinäm und sehe darin nicht eine sinnlose Aenderung (wie Ludwig :
an der Spitze der Räuber), denn ich finde es natürlich, dass der
Verfasser zuerst Indra zu gewinnen trachtet, wenn er sich auf die
Kriegsfahrt macht. Von einem matki Räuber weiss man sonst
nicht, und dem Verf. traue ich nicht zu, dass er sich berühmt
habe ein Räuberhauptmann zu sein.
2. statt t wird d geschrieben: vaydm hi väm pwruddmäao
advinä hdvämahe aadhamädeahu härdvah AV. 7, 73, 1 soll heissen
purutamäao, wir rufen am öftesten bei unseren (oder euren) Festen,
vgl. vaydm ghä te brahmäni purütdmäaah prä bharämasi ^Iv. 8,
55, 11. kravyädam agnim ishitö harämi j'dnän drnhdntam vd-
jrena mrtyüm AY. 12, 2, 9 wo trhhantam zu schreiben ist: das
fleischfressende Feuer schaff ich weg, auf Geheiss, den Tod der
die Leute mit der Keule zerschmettert, samidhä yö niditi dääad
ddxtim dhdmaihir asya märtyah ^v. 8, 19, 14. Ich kann nur
ätithim für richtig halten: der Sterbliche, der durch Brände und
dnrch Bewirthung seinem Gast (dem Agni) dient nach seinen
Satzungen, d. i. in üblicher Weise. Man vergleiche niäidänä dti-
thim asya yönau 7, 3, 5.
Unter denselben Gesichtspunkt fSllt und lässt sich dadurch
lösen die unerklärte Stelle 2,31,5 atushi ydd väm prthivi
ndvyaaä vdcaA sthätddca vdyaa trivayä upastire. Ich vermuthe,
dass hier nach altem Stil geschrieben und gesprochen vrarde yaiväm
fttr yattväm, woraus das Missverständniss yad väm ervrachs. Das
ganze Lied ist von Windisch in dem Festgruss an R. R. S. 139 ff.
behandelt und die Ansicht durchgeführt worden, dass idcht wirk¬
liche Wagenfahrt seinen Gegenstand oder Hintergrund bilde, sondera
dass der zu den Göttem geschickte Stoma, das Lied selbst, in einer
breitgetretenen Metapher einem dahinfahrenden Wagen verglichen
sei. Für unseren Zweck kann die Frage offen bleiben: die Worto
müssen ja jedenfalls auf einen Wagen passen. Ich übersetze : wenn
ich dich preise, o Erde, mit einem neuen Lied, so sollst du und
das Unbewegliche (hier namentlich die Pflanzenwelt) ein dreifaches
Gewebe (Teppich) unterbreiten — nämlich dem dahinroUenden
Wagen. Ich wiederhole also aus tväm ein team zu dem Nachsatz,
an welches sich athäiudca anschliesst und dadurch erst passend
wird; trivayäa ist Neutram und der Zusammenhang spricht, wie
1 1 *
108 Eoth, Rechttehreibung im Veda.
ich meine, überzeugend für die angenommene Bedeutung von vayas,
die etymologisch so nahe liegt.
3. Statt d wird dh geschrieben: sdrvä dhämäni mwhcaiv.
AV. 7, 83, 1 er löse alle Bande, also dämäni, das gleiche in v. 2
dhämno dhämno muvca nah , aber auch 23,6,22 ebenso. In
imserer Ausgabe des AV. corrigirt. ä ydthä mandaaändh Jeirdai
nah prd JcshudrSva tmanä dhrahdt Välakh. 1, 4 aufzulösen Jcshu-
dram iva : damit du in deiner Begeisterung uns überschüttest (mit
Gaben), sowie der Mahlstein (Mühle) das Mehl (ausstreut), also
nach der regelmässigen Schreibung drshat.
Desgleichen in: pari tvägne piiram vaydm vipram sahasya
dhimahi\ dhrshddvarnam divi dive 5v- 10, 87, 22, und in gleicher
Schreibung äuch 23, 11,26. AV. 7, 71, 1. TS. 1, 5, 6, 4. 4, 1, 2, 5
wir legen dich um uns her wie ein Bollwerk dich den steinharten,
wörtlich: wie ein Mühlstein gearteten. In diesem Falle kann es
sich allerdings fragen, ob nicht in drahad, der in der Litteratur gebliebenen Form, der Fehler liegt und dhrahad als die richtige,
aber nicht orthographisch reeipirte Form zu betrachten
ist. ySna cdsJäe väruno mitrö ari/amä ySna näaatyä bhdgah \
vaydm tdt te Mvasä gätuvittamä indratootä vidhemahi ^y. 8,
19, 16. Dazu hat schon Grassmann videmahi richtig vermuthet:
wo Varuna erscheint (zu erscheinen pflegt) — den Ort möchten
wir durch deine Kraft den Weg leicht verfolgend auffinden.
Hierher gehören auch die häufigen Verwech-selungen von Formen
der beiden Wurzeln 2. di scheinen und 1. dhi wahmehmen, denken,
die hier zu verfolgen nicht möglich ist, sowenig als die Ver¬
tauschungen in den schwierigen Wortfamilien meda und medha,
wo eine Ordnung schwer herzustellen sein wird.
4. Statt d wird th geschrieben: äriaeahv a vah prdpatheshu
khäddyah Spangen an euren Achseln und Vorderfuss 9v. 1, 166, 9.
Ringe, welche um die Knöchel liegen, können richtig so bezeichnet werden.
5. Statt d erscheint t, indem das vedische vibhidaJca später
vibhitaka wird. Dabei mag die Etymologie mitgewirkt haben. Der
Baum ist getürchtet, Bühler, Tour in Kaömir p. 8. Was in AV.
14,1,45 richtig lautet yä devir äntän abhitö 'dadanta, ist in
Mantra Br. 1, 1, 5 abhito tatantha.
6. Statt th wird dJi geschrieben: &änyaiahi nirrte yäja-
gdndhöt tiahtha prd pata AV. 14, 2, 19 so alle Mss., in der Aas-
gobe corrigirt: Genie dns Unheils, dio du gekommen bist, um hier
öde zu machen (d. i. die Lebenden wegzuräumen, wohl dünyaishini
zu lesen), mach dich auf, hebe dich weg! Einen eigenthümlichen
Beleg — für den Kritiker erheiternd, dem Tradi ti o n Sgl äubigen
lehrreich — bietet Rv. 6, 67, 7 wo wir lesen: tä vigrdm dkaithe
jathdram prnddhyä ä ydt aädma adbhrtayah pi-ndnti. Ich brauche
die mis,sglückten Versuche der Erklärung nicht aufzufühi-en ; denn
die Worte sind sinnlos, lassen sich also nicht übersetzen. Es giebt
1 1 *
Jioth, Rechtschreibung im Veda. 109
ein vigra, das im Naighanluka unter medhävm gestellt ist, aber
vfffra nicht vigrd, und dhaitke giebt es sonst nicht. Wir brauchen uns aber damit nicht zu bemühen, denn es ist zu lesen vi-grantheihe zu granth knüpfen, gürten, für ai ist kein Grund, vgl. unmittelbar vorher in v. 6 dhärayethe, drnhethe. Zu übersetzen ist: die Beiden
(Mitra Varuiia) entgürten sich um ihren Bauch zu füllen , vsrenn
die aufwartenden die Tafel (mit Speise und Trank) füllen. Tische
nach unserer Art sind dem Inder natürlich fremd, er hockte schon
damals auf dem Boden. Jedes Brett genügte, ich wähle daher fiir
diesen Untersatz die Bezeichnung Tafel.
Ein weiteres Beispiel aus Välakh. 5, 5 wül ich nicht zurück-
steUen, obwohl die Sache weniger einfach liegt, als in den meisten
bisherigen Fällen. Wir lesen dort: indra n^dlya ^d ihi niitd-
medhabhir üUbhih \ d iantama ddntarnäbhir abhishtibhir d aväpe
sväpibhih. Eine Erklärung Säyana's dazu haben wir in seinem
Commentar zu Ait. Br. 3, 15 (von Aufrecht nicht abgedruckt) wo
er, wie zu erwarten war, parimitaprajna oder nirmitayajüa um¬
schreibt. Sichtlich unbrauchbar. Wir haben in WB. übersetzt:
festwurzelnde Kraft habend, im ersten Theil richtig, im zweiten
unrichtig. Ich bin jetzt der Ansicht, dass medha zu derselbeti
Wurzel gehört wie mita, 1. mi in den Grund einsenken, befestigen,
also verschrieben ist für metha — nach sonstiger Orthographie. —
Möglicherweise für meta, wenn wir auf Säyana bauen wollten, der
zu 5.V. 4, 6, 2 meta mit sthünä Pfosten, Säule erklärt. Es be¬
zeichnet in späteren Schriften methi oder methi, auch mefi me4hi,
Vgl. WB. einen in die Erde gerammten starken Pfosten, an welchen
das zum Melken sich sammelnde Vieh gebunden wird, auch den
Pfosten inmitten der Tenne K^shisamgraha 16, 17, ebenso den
Pfahl, auf welchen die Deichsel des Wagens gelegt wird. Davon
leite ich mitametha ab, mit Uebergang in die a-Form und erkläre :
aus eingerammten PfÄhlen bestehend. Und üti verstehe ich concret :
Schutz s. v. a. geschützter Ort wie 5v. 1, 46, 15 vhhä nah äärma
yachatam avidriyäbhir ütibhih. Also ist von Schutzstätten aus
festem Pfahlwerk, Palissaden die Rede, mit welchen Indra (bildlich) seinem Verehrer zu Hilfe kommen soll, einem Mittel der Sicherung,
das den Leuten jener Zeit ebenso geläufig gewesen sein muss,
als es den späten ritualistischen und mönchischen Vedenerklärem
fem lag.
7. dh wird d geschrieben, dd usriyänäm aarjan rddänam
5v. 6, 32, 2 würde heissen : er streifte den Kühen das Halfter
ab. Es ist von dem bekannten mythischen Vorgang der Befreiung
der geraubten Heerden die Rede. Schon der Singular nidänam
ist zu beanstanden. Es galt aber auch, die Höhle zu erbrechen,
1) Hb! im alten Stuhl ent^firtet,
Dehnt man sich, mit Trank hewirthet.
J. H. Voa».
110 Jioth, HechUehreUrung ün Veda.
nicht die Halfter abzuthun, die in diesem Falle überflüssig waren.
Setzt man nidhänam, so ist alles in der Ordnimg: er öfihete den
Behälter (gleichsam einen verborgenen Schatz) der Kühe. — ;gv.
2, 30, 4 vrkadvaraao dsuraaya vlrdn die wie Wölfe fällenden
(anfallenden und zu Boden reissenden) Mannen des Asura, d. i.
des gespenstischen Unholds.
Einen eigenen kleinen Beitrag zu dieser Confusion unter den
<-Lauten liefert Whitney's willkommene Abhandlung: The Native
Commentary to the Atharva-Veda in dem mir gewidmeten Fest¬
gruss p. 92, wo eine Reihe von Fehlem aus diesem Kreis auf¬
gezählt sind, die in der von Säyana benutzten Handschrift des
Atharvan vorgelegen haben müssen und von ihm für echt genommen
wurden, vrie uvakta für uvdktha, drthäs für dhrthäa, asti für
asthi u. a. Säyapa scheint also für dergleichen abgehärtet ge¬
wesen zu sein.
Hinzuweisen ist femer auf das Schwanken in der Schreibung
von nädh und näth, jenes in älteren, dieses in späteren Texten,
vgl. V. Bradke in dieser Zeitschrift 40, 679, auf matya Egge und
matikar einebnen des Ackers neben späteren madi madi kä, auf
du und dhu sengen, vgl. Chänd. Up. 5, 23 mit MBh. 13, 1800,
kusidäyi und Icusitäyi und anderes.
Welchem Umstand es zuzuschreiben sei , dass gerade unter
<-Lauten Verwechselungen häufiger auftreten , wird vielleicht ein
Phonetiker uns sagen — so attga veda yadi vä na veda.
Auf Vertauschungen oder Fehler im Kreise anderer Laute will
ich nicht näher eingehen, aber wenigstens auf einige Beispiele
aufmerksam machen.
9v. 10, 130, 2 ut ktnatti wird im AV. 10, 7, 43 ud gmatti,
jenes richtig, dieses falsch. Einem Fürsten, der soeben mit dem
fürstlichen Gewand (räahfräya) bekleidet wurde, wird AV. 2, 13, 3
auch 19, 24, 5 zugerufen pärldam väso adhithäh avastäyS 'bhür
grshtlnäm ahhiiastipä u, wie wenn er fortan nichts anderes zu
thun hätte als junge Kühe , die mit dem ersten Kalb , vor bösen
Einflüssen zu schützen. So löblich das Geschäft an sich wäre, so
wird doch wohl krshtinäm das richtige Wort sein, wie auch Paipp.
hat, und die Beschirmung seiner Leute wird das richtige Amt auch
für den geringsten Häuptling sein.
Aus dem Kreise der Palatale weise ich hin auf das räthsel¬
hafte jändhita durch Uebereinkunft gutgeheissen, das im WB. un¬
aufgeklärt geblieben ist. Ich weiss nicht, ob jemand dasselbe
inzwischen gelöst hat. Ich zweifle heute nicht, dass cändhifa sollte
geschrieben sein, dass es zn cano dadhäti er billigt, gehört und
unmittelbar verwandt ist mit candhana und dessen Abkömmlingen
cändhani Ganaratna 2, 83 und cändhanäyana. Und eben dahin
ziehe ich janidha, vielleicht nur metrisch statt jandha geschrieben,
in 5v. 10, 29, 5 y6 asya kämam. janidhä iva gman die seinem
Wunsch gefällig entgegen kamen. Denselben Wechsel, in einem
Roth, RechUohrtibung tm Veda. Ill
zur gleichen Sippe gehörigen Wort zeigt janiahfat des Sv. 1,1,1,3,9
neben caniaTUat des 5v. 8, 63, 11. Desgleichen ist für jetü zu
vermuthen cetä von 1 ci sammeln , in 5v. 4, 20, 5 vt jö rarapdä
fahihMr n&vebhir vrkahö nd pakvdh srnyo nd jitä der Ueberfölle
hat von neuen Sängem wie ein reifer Fruchtbaum, wie der
erntende Schnitter (Fülle haben), vgl. 1, 66, 2. Die Stelle ist von
Grassmann ganz richtig übersetzt.
Wie weit bei derartigen Verwechselungen der Einfluss münd¬
licher Ueberlieferung, auch nach der Feststellung des geschriebenen
Textes eingewirkt habe, wird sich nicht sagen lassen. Dass aber
die heute sogenannten Vaidika, die Gedächtnisskünstler, die eine
ganze Samhitä wortgetreu innehaben, an keinem Punkt eine bessere
Ueberlieferung besitzen, geht aus den zahlreichen Angaben des
indischen Herausgebers des Atharvan hervor, der sie zu Rathe ge¬
zogen hat. An keiner der schadhaften Stellen haben sie eine
Correctur. Es ist ja auch anzunehmen, dass der Ausgangspunkt
und der Rückhalt des Memorirten, mittelbar oder unmittelbar, ein
geschriebener Text ist und bleibt , dass sie also aus keiner
anderen Quelle schöpfen als vrir auch. Wir können also von dieser
scheinbar mündlichen Tradition keine weitere Hilfe erwarten, als
von der schriftlichen, die in unseren Händen ist.
III. Uebervolle oder metrische Schreibung.
Uebervoll nenne ich die Schreibung, welche über das gram¬
matische Bedürfniss und die bestehende Regel hinausgeht, indem
sie Laute aufnimmt ,' welche nur in einzelnen Fällen ,' unde zwar
nach dem Erfordem des Versmaasses, eingeschaltet sind. Die
Schreiber des Textes haben Ausfüllsilben grundsätzlich nicht an¬
erkannt, sondem überlassen es dem Recitator seine Lücken zu
füllen. Sie schreiben nicht tuvam sondern tvam , nicht rodaaiyos
sondern rodasyos '). Und diese Sitte des Textes kennen die ältesten
Grammatiker so gut als wir. Sie stellen daher ihre Regeln über
den vyüha das Auseinanderrücken und den vyaväya den Einschub
auf, 5.V. Präti 17, 14 und sonst.
Sie wissen aber nicht, dass die Redaetoren des Textes in zahl¬
reichen Fällen jenem Grandsatz der Unterdrückxmg der metrischen
Silbe untreu geworden sind und vieles geschrieben haben , was sie
nicht hätten schreiben sollen. Zuweilen vielleicht mit .Absicht,
meistens wohl wegen Unzulänglichkeit des Verständnisses. Im guten
Glauben an die Unfehlbarkeit des Textverfassers, heisse er ^äkalya
oder wie sonst, haben die ältesten Erklärer, die Verfasser des Pada
\md des Prätisäkbya die irrig niedergeschriebenen Formen für giltig
genommen. Und ihnen mussten die Epigonen folgen.
1) Dass man unter uns, einer in den Fussstapfen des anderen, diese Fälle mit tu-atn rodasi-os wiedergiebt und einer Sprache, die solchen horrnr vor dem hiatus hat, das zumuthet, ist mir auffallend. So gesprochen wurdo sicherlich niemals, sondern so wie die Zunge es mit sich bringt.
112 Roth, Rechtschreibung im Veda.
Billigerweise lässt sich von dem Buchstabengrammatiker —
und das waren jene Alten — nicht fordern, dass er seinen Gesichts¬
kreis auf das Verständniss seines Textes ausdehne. Es kann
also im Prätisäkbya keine Gegenregel gegen vyüha und vyavdya
ei-wartet werden, die etwa lauten würde: in Pällen wo eine blosse
Einschubsilbe geschrieben ist — gegen den Grundsatz der
Sainhitä — muss dieselbe, um die richtige Gestalt des Wortes
herzustellen , weggedacht werden , z. B. wo mdriyam metrisch
richtig geschrieben wird, aber nur indram in den Sirin passen
kann, muss indram verstanden werden.
Ebenso habe ich bei früherer (ielegenheit den Padamacher
wegen ungenügender Behandlung gewisser uiu'egelmässiger Samdhi,
die er alle über einen Kamm schiert, in Schutz genommen in
Kuhn, Zeitschr. 26, 50 Die Porderung geht über das hinaus,
was er sich zum Zweck gesetzt hat , er will mit der Erklärung
nichts zu thun haben.
Unsere Exegeten wissen das in der Hauptsache, aber sie wenden ihr Wissen nicht überall an. Eine Auslese solcher inconsequcnter,
also falscher Schreibungen soll jenen Mangel der Texte ins Licht
rücken. Nur die Bedeutung der Sache für den Exegeten veranlasst
mich dazu, nicht etwa die Lust, mii- mit dem an sich so einfachen
vedischen Metrum zu thun zu machen.
Aus der Taittiriya Samhita hat Weber in seinen Indischen
Studien 13, 104 eine reiche Beispielsammlung von Einschub, zmn
Theil hier einschlagend, mitgetheilt.
Mannigfaltig entwickelt sich ein subsidiärer Vocal in der
Umgebung des r:
1. tra tri werden tara tari: tarasanti statt traaanti zuckend,
IJv. 10, 95, 8; ivaitari statt ,4vaitrl in prd rhhübhyo dütdm iva
väcarn Lshya upastire hiaitarlrn dlienürn ile 4, 33, 1 ich sende
liinaus nieine Stimme (Lied) als Boten zu den Ilbhu: um sie (die
Stimme) zu begiessen erbitte ich niii' weisse Milch, d. h. um die
Kehle zu schmieren. Auffällig ist start lür atri in atarir ndtkam
vyütani vnsänä svryasi/a iSriyä sudräl hCranyaih wie eine Prau
in buntem Gewand sciiönprangend wie die Sonne in ihrein Gold-
scluimck 1,122,2. Die Morgenröthe ist gemeint und eine Un-
l'raehtbare weiss sogar Säyana nicht unterzubringen. Dass strl zu
Stria würde, ist nicht unmöglich, aber es wird richtiger sein, an
eine missverständlicbe Uebertragung der Fonn des wirkliehen atari
7, 101, 3. 10, 31, 10 zu denken. Grassmann hat in beiden Pällen
1) Wie wellig diese Winke Uber die Methode des Pada, die doch dem Exegeten nmnchmai eine Verlegenheit ersparen konnten, Eingang gefnnden haben, konnte ich öfters wahmehmen. Neuostens in BoUensen's Abhand¬
lung 47, &U2 dieser Zeitschrift, wo die gleichen sehr bezeichnenden Beispiele, die dort vor zehn Jahren erklärt waren, neu entdeckt werden. Uebrigens freue ich mich, dass der verdiente Vedenibrscher mir darin begegnet.
Roth, Rechtschreibung im Veda. 113
richtig übersetzt. Den gleichen Vorgang finde ich in pitdreva,
im Pada pitara { iva aber nach dem Zusammenhange aufzulösen in
pitre iva. dpi vo asmi püareva pvira, die Aävin sind angeredet:
vertraut seid ihr uns wie dem Vater die Söhne 10, 106, 4. Frei¬
lich fragt sich, ob der Vers des sonst suspecten Liedes ernsthaft
zu nehmen ist. Das vas ware .jenes schüchtern Eintritt gewinnende vas adv. s. v. a. gewiss, ja und dgl., an das ich schon lange glaube,
dessen Aufnahme in das Wörterbuch aber damals gewagt erschien.
Vergleiche jetzt Delbrück, Syntax 206. Th. Baunack, Studien 353.
Caland , Pronondna 59. Der Samdhi c = c +» ist nicht ganz
selten , natürlich meist mit einem der unzähligen iva , aber nicht
darauf beschränkt, z. B. 10, 20, 8. 5, 39, 1 mdw, = me tha. Ein
va, dessen w.ir auch sonst nicht bedürfen, lässt sich
daraus nicht ableiten.
2. arva wird arava. Man liest in ^Iv. 7, 68, 7 den Bhujyu
haben seine Gefilhrten ins Wasser geworfen, ihi- Aävin hälfet: nir
i parshad drävä yd yuväkuh euer Ross bringt ihn heraus. In
arvan Renner, liegen die beiden Bedeutungen Ross und Wagen -
Streiter beisammen. Ich nehme an , dass die nächste metrische
Aussprache aravä war und arävä bereits die Deutung oder Ver¬
besserung des Schreibers enthält, für welchen aravä keinen Sinn
hat, während arävä {arävan) ein ihm wohlbekanntes Wort ist.
Dasselbe Wort finde ich in folgenden zwei Stellen, wo freilich
ein genügsamerer Uebersetzer sich mit dem gewöhnlichen carävan
begnügen wird. ^Iv. 8, 28, 4 wird gesagt.: was die Götter be-
feUen das geschieht, das vereitelt ihnen niemand drämi cand
m&rtyah kein noch so kriegerischer Mann. Der Wagenkämpfer ist
der Held, aber auch er vermag nichts gegen die Götter. In
10, 40, 7 yuvordrävä pdri sakhyäm äsate yuv6r aham dvaaä
sumndm d cake trennt der Pp. ywor rarävä; ich meine, es ist
auch hier arävä zu suchen und der Gedanke klingt an die letzt¬
erwähnte Stelle an: der reisige Mann mag euer Bündniss ver¬
nachlässigen (nicht bedürfen), ich suche durch eure Gunst meine
Befriedigung. Dass nnter den Haudegen jener Zeit viele waren,
die sich mit singenden und kochenden Priestem nicht sonderlich
befassten, wird man natürlich finden. Es brauchen nicht immer
(Geizhälse zu sein, die sich nicht herbeila.s8en.
3. rna wird rtma. Wenn im Veda das Volk als Abkömm¬
linge seiner Götter gälte, so wäre gegen das varunaieahasas Kinder
Varufla's ^Iv. 5, 65, 5 nichts einzuwenden, ob man auch duraa
sich stossen müsste, dass gerade Vamna der Vater sein soll. Aber
einen solchen Mythus giebt es nicht, daher meine Vermuthung
varnaSeshasas. Die Schreibung varuna- liegt nahe, weil das Lied
an Mitra-Vaniija gerichtet ist: mögen vrir unter Mitra's weit¬
reichendem Schutz leben — sitird värunaJeshasah insgesammt des
Volkes Nachwuchs. Zu dem Gebrauch von varna ist zu ver¬
gleichen tö »Ml ä vaicshan suvitdya värnam die mögen unser
Bd. XLVIII. 8
114 Moth, Rechtschreibung im Veda.
Volk zum Wohlstand führen 1, 104, 2 und der Ausdruck däsa
und ärya varna.
Eme Einschiebung von m in anderer ümgebung vermuthe ich
nicht bloss in svmat für smat, sondern auch in ishukrt für ishlcrt.
Die öfters besprochene Stelle Rv. 1, 184, 3 lautet: sriyi püshann
isTiuhfteva devä näsatyä vahatüm süryäyäh, prächtig rüsten den
Brautzug (hier vielleicht nm- den Brautwagen) der Süryä die gött¬
lichen Näsatya aus. Bei dieser anspruchslosen Erklärung bleibe
ich stehen , bis Jemand etwas Besseres gefunden haben wird , was
sich von Ved. Studien 1, 17 nicht sagen lässt. — Ein ganz zweck¬
loser und das Metrum störender Einschub von u findet sich in
dhürushadam statt dhürshadam TBr. 1, 2, 1, 12.
4. bhra wird bhura. ydt sim väm pflcsho bhuräjanta
pakvdh, während euch die Speisen gar brieten Rv. 4, 43, 5. Also
nicht zu bhur, wie im WB. vermuthet, sondern für regelmässiges
bhrajjanta. Die Schreibung mit e i n e m y kann zufällig sein.
Eine Reihe metrischer Schreibungen zeigt die Einschaltung
eines e, wegen folgenden Vocals ty, vrie z. B.
5. tra wird triya, kshatra kshatriya: agnir ide brhatäk
kshatriyasya Ev. 4, 12. 3. nä kshatnyam mithuyä dhäräyantam
nicht den der die Gewalt missbraucht 7, 104, 13. 5, 69, 1. agnir
devShhyah suvidatriyebhyah 10, 17, 3. Sonst weiss man nur von
suvidatra. Dagegen wird richtig kshätram geschrieben,
wo kshatriyam gesprochen wird 10, 180,2, ebenso ksheträsäin wo
kshetriyäsö'in zu sprechen ist 4, 38, 1. Hier vergleiche ich auch
äntam vindämi saträ 8, 46, 11, was nach den Analogien satriyä
im Verse lautete; ebend. v. 4 und 1, 77, 3 ist mitrah als mitriyah zu sprechen.
6. dra wird driya: äd in nSma indriydrn yajante beten
Indra an Kv. 4, 24, .5. wiihrend richtig indra geschrieben wird,
wo indriya gesprochen wurde : indrarn kämä vasüyänto agman
4, 16, 15. 1, 33, 14. 7, 19, 2 und sonst. Dass der Accent nicht
mehr der von indra sein konnte, sondem der von indriya werden
musste, ist verständlich. Die Tongebung folgt dem geschriebenen
Wort. Statt tudra erscheint rudriyä in der bekannten Reihe
ädilya vasu rudriyä 6, 62, 8. 10, 48, 1, aber auch mahS rudriyäya
5, 41, 11. Hier ist es augenscheinlich, dass es sich nicht um eine
Nebenform, sondern nur um das Metmm handelt, und solche FäUe
stützen dieselbe Auffassung füi- andere Verbindungen, wo der
Interpret sich zur Noth auch mit einer jlndramacht* begnügt,
obschon es natürlicher sein wird, dass einer den Indra als die
Herrschaft Indra's anbetet.
7. gra wird griya: präkrämisham ushäsäm agriy&oa ^v.
10, 95, 2 für a^e iva , nach dem oben nachgewiesenen Samdhi,
ich habe mich aufgemacht noch vor dem Morgenroth, oder auch
agraim iva wie in folgender Stelle : prd vö 'chä jujtishänäso asthur
dbhüta viive agriyöta vyäh, vor euch standen die beliebten (Tränke
Roth, Rechtschreibung im Veda. 115
mit Säjana, v. 3 madäs) und ihr Väja insgesammt tratet an die
Spitze 4, 34, 3 nämlich der trinkenden Götter als die agrcpäs.
Das einfache agram iva war metrisch ungeeignet.
8. bhra wird bhriya : so abhriyo nd ydvasa udanydn Rv.
10, 99, 8. vdvadato abhriyasyeva ghöshäh 68, 1. stomän iyarmy
abhriyeva vätalk, wie der Wind die Wolke, für abhreva und dieses
für abhram iva 1, 116, 1. Hiernach wird dem Wörterbuch
abhriya nur als Adjektiv verbleiben. Dagegen vrird , nach der
Regel, aihra geschrieben, wo abhriya zu sprechen ist 10, 77, 3.
Der päda war zu sprechen tmanä riricre r.bhriyät — ahhrät.
Die Worte na süryah sind Einschub , wie dergleichen durch die
fünf ersten Verse des Liedes laufen.
9. hra wird kriya. Die besprochenen Pormen führen auf die
Vermuthung, dass die vedischen cakriyä, für welche man ein
Thema cakri aufstellen musste , am Ende nur ein metrisch aus¬
einander gezogenes cakrä enthalten. Die Pälle sind : vi vartete
dhani cakriyeva Rv. 1, 185, 1, für cakreva und dieses entweder
=: cakre iva oder was ich für besser halte für cakram iva: Tag-
und-Nacht dreht sich wie ein Rad. vartäyata tdpushä cakriyäbhi
täm den überfahret mit glühendem Rad 2, 34, 9. 14. prä calcri-
yeva rödasi marüdhhyah 5, 30, 8 für cakreva — cakram iva.
yö äJcsheneva cakriyä, .iacibhir vishvak tastämbha prthivim viä
dyäm der wie zwei Räder an einer Achse auf beiden Seiten Himmel
und Erde feststellte 10, 89, 4 also cakrä du. masc, als cakradva-
yam erklärt zu TBr. und in Sv. cakriyau geschrieben. Ob allein
wegen des Gen. cakryos ein Thema caJcrl anzusetzen sei , ist mir
zweifelhaft und es bliebe für dasselbe nur das in den Brähmana
Maitr. S. 4, 90, 16. 96, 1. Käthaka 29, 7 vorkommende cakriyau.
Ich verzichte aber hier auf eine Erörterung darüber.
10. tsa wird tsya, zu sprechen tsiya : sadyo däsyün prd
mrna kutsySna Rv. 4, 16, 12. Betonung entsprechend geändert.
Dagegen wird 10, 49, 2 richtig laUsam geschrieben, wo das Metrum
kutsiyam erheischt.
11. ksha wird kshya, gesprochen kshiy a : pärvatasyäsy
äkshyom AV. 4, 9, 1. So die Handschriften, nur einzelne aksham.
Desgleichen ist aksha Achse als akshiya zu sprechen : dksho nd
cakryoh iura brhdn Rv. 6, 24, 3.
Solche Vorkommnisse erschüttern auch meinen Glauben an
den vrandersamen Angiras Namens T i r a s c i , der den Worten srudhi
hdvam tiraicyä indi a yäs tvä saparyati Rv. 8, 84, 4 seine Ueber¬
lieferung auf die Nachwelt verdankt, der das Säman, das nach ihm
tairaicya heisst, geliefert und wie das Tandya 12, 6, 12 erzählt,
seinen Namen davon empfangen hat, dass er den Rakshasen, welche
sich an die Angirase hängend mit ihnen in den Himmel hinein -
schlüpfen wollten, den Weg vertrat und sie von jenen abschnitt —
tiryan paryavait. Er thut das eben mit jenem zauberkräftigen
Säman, das aus dem Lied verfertigt ist, in welchem er sich bereits
8*
116 Roth, Rechtschreibung im Veda.
„den Zwischentreter" nennt, muss also das Begegniss geahnt und
sich zum Voraus seinen Namen gegeben haben. Mir scheint —
aber ich will diese heterodoxe Ansicht niemand aufnöthigen —
dass dieser verdiente Angirase weniger aus jenem Wunder als aus
einem alten Lesefehler, sozusagen aus einem unberechtigten s ent¬
sprungen ist, indem die Erklärer tiradcyäs ergänzten statt tiradcyä
zu belassen , was nur die metrische Schreibung für tiradcä ist :
höre den Ruf auch abseits (in die Quere, durch andere oder anderes
hindurch), o Indra, wenn man dich verehrt *).
11. Ein i wird eingeschoben, dadhire ist nicht bloss die
im Rv. so häufige, im Av. fast ganz fehlende 3. Person plur. des
Perfekts von dhä, sondem auch die 3. Sing, von dhar, allerdings
meist missverstanden z. B. (taamai) ächidrä darma dadhire pu¬
rüni ihm gehören viele Schutzstätten Rv. 2, 25, 5. Das Zeitwort
steht im Singular beim Neutrum des Plural, ebenso im folgenden
ä sttrye nd radmdyo dhruvöso vaidvänarS dadhire 'gnd vdaüni
wie an der Sonne die Strahlen fest so haften an Agni V. die Güter
1, 59, 3. dadür asmai dadhirS krtndve dhanam sie gaben ihm
und es gehört ihm (bleibt ihm) Geld und Gut 2, 13, 10. So auch
wohl 6, 5, 2. 10, 8, 3. Dagegen ist dadkre AV. 18, 3, 63 auch
dadhire zu sprechen. Aehnlich liest man in AV. 4, 18, 6 datdre,
wo metrisch dadire gilt und so von der Paippaläda-Recension wirk¬
lich geschrieben vrird. Ein ganz vrillkürliches i begegnet uns in
sutah sudaksha dhaniva Sv, 1, 6, 2, 3, 9, wofür Rv. 9, 105, 4
correct dhanva schreibt. So ist auch das i in Janidhäs , richtig
canidhäs (s. oben S. 110) anzusehen und candhOa wäre die reguläre
Form. Wenn es in TBr. 3, 7, 6, 16 metrisch heisst: ahdrn vä
kshipääd cdran und der Commentator dariy. das Causativ von
3 kshi sieht, also sva. kahapitas, so liegt es glaube ich näher
darin kshiptas mit Einschub zu sehen : wenn ich von ihm zu
Grund gerichtet bin.
12. Ein a wird eingeschoben und zwar in eine ümgebung,
wo vrir eher ein i erwartet hätten: advayä rathayä statt advyä
rathyä. gavyö shti, no ydthä puräivayötd rathayä, varivasyd
mahämaha %\. 8, 46, 10. Das kann nicht sagen wollen, wie der
Verfasser des Pada es aufgefasst und damach betont hat: mit Be¬
gierde nach Rindem, Rossen, Wagen schenk uns, sondern: schaff
uns vrie bisher Raum (Ausbreitung) mit unserem Rinderbesitz
(bovinum), Rossebesitz (equinum) und Wagenzeug also gdvyä adtfyä
rathyä. Aehnlich in der Stelle ddvayeva haritä yäti dhdrayä
mandrdyä yäti dhdrayä 9, 107, 8. Säyaiia sieht darin den Instr.
von advä Stute. Ich kann hier weder die goldene Stute noch
einen goldenen Strom oder auch nur: mit einer Stute in gelbem
Strom, gelten lassen, sondem muss, wie mir leider öfters geschieht.
1) Schade dabei ist, dass eines der wenigen Maskulinen auf i dadurch verloren geht.
Roth, Rechtschreibung im Veda. 117
tiefsinnige und unpassende Bilder zerstören und durch ein gemeines
und unerfreuliches aber passendes ersetzen, indem ich divyä instr.
fem. des Adjektivs aivya equinus, als die correcte Form annehme
und übersetze: der Soma fliesst in gelblichem Strahl, wie des
stallenden Rosses (equinus lässt sich nicht nachbilden) , fliesst in
langsamem Strahl. Wer sich an die Vertrautheit des Inders mit
Kuhmist und Ham, an die gläubige Verehrang des letzteren durch
die Parsen erinnert, der wird an dem Vergleich, welcher ohne
Zweifel die Aehnlichkeit besser wiedergiebt als grosse Bilder, keinen
Anstoss nehmen. — Ebenso pavayä statt pävyä instr. zu pdvyd,
Läuterang: utd na enä pavayä pavasva Rv. 9, 97, 53, enä ist
das häufig gebrauchte Adverb. Schon Lanman N. Infi. 358, hat
an jener Form gestrauchelt.
Zum Schlüsse soll noch ein etwas schwieriger Fall besprochen
werden. Wir finden an drei Stellen des Rv. das Wort sünäve,
das gemeinhin „dem Sohne" bedeutet, in Verbindungen, wo kein
Verstand der Verständigen — den Commentator ausgenommen —
auch nur von feme etwas von einem Sohn zu entdecken vermag.
Wie soll man sich helfen? Ich versuche das Geheimniss mit dem¬
selben Schlüssel, der ims bisher gedient hat, zu öflBien.
täm asya prkshäm uparäsu dhlmahi
näktam yäh sudäriataro divätaräd
dpräyushe divätarät \
üd asyäyur ffrdbhanavad
vllü idrma nd sündve |
bhaktäm äbhaktam ävo vyänto afärä
agnayo vyänto ajäräJi %y. 1, 127, 5.
Der Leser möge im Auge behalten , dass es sich hier um
eines jener geschraubten Lieder handelt, die von gesuchten Metaphem
und Allegorien voll sind. Ich übersetze: diese Nahrang wollen
wir ihm künftig vorsetzen , ihm der nachts weit schöner ist als
zur Tageszeit — da wird handgreifliches Leben (d. i. materieller
Lebensunterhalt: der Brennstoff) ihm zugevriesen (hingeschafft) —
gleichsam sein festes Haus. Gekostete und noch nie gekostete
Genüsse verzehren gern seine unermüdlichen Flammen , d. h. sie
verzehren die gewöhnlich gebrannten und andere ihnen gleichsam
unbekannte Hölzer. Das aufgeschichtete Holz ist das Haus des
Feuers. Man wird damit nicht gespart haben. Säyana versteht
nnter äyus, worin ich ihm folge, dem Sinne nach annam und das
Wort mag aus SteUen wie diese seinen Weg in das Naigh. 2, 7
unter die anna-nämäni gefanden haben. Auf diese Weise aUein
wird grabhanavat verständlich, sünave aber habe ich zurück¬
geführt auf svnave = sunve 3. pers. von 2. su sü, flektirt in der
»u-Klasse, wie sonst 1. su und mit sowohl aktiver als passiver
Bedeutung, vrie das gleichbedeutende hinve 9, 65, 11. 44, 2.
brhati wa sünäve rödasi giro hotä manuahyb nd ddkshah
1, 59, 4. Der erste päda schliesst mit giro und dem zweiten
118 Roth, Rechtschreibung im Veda.
fehlen zwei Silben vor holü, etwa sattö 1, 105, 13. 14. 2, 36, 6.
Und zu sprechen ist brhativa und rodasi ist Sing, nicht Dual,
eine auch sonst vorkommende Verwechselung, welche hier die Ver¬
derbniss veranlasst hat. Dann ergiebt sich der befriedigende Sinn:
die hohe Rodasi schickt hinaus (stösst aus) ihre Lieder, wie ein
geschickter — menschlicher Hotar dem Vaisvänara zu Ehren.
akro nd babhrih samüM mahinärn didrhshöyah sündve bhdr-
jikah 3, 1, 12 wie ein Reitpferd im Kampfgedräng der Schaaren,
das (seinen Reiter) trägt, ansehnlich, so wird losgelassen (mittitur)
der lichtglänzende Agni. Der Reiter ist erhöht in der Menge
sichtbar. Dass akra, für welches Geldner Ved. St. 1, 168 richtig
die Bedeutung Ross aufstellt, genauer das Reitpferd bedeutet und
vielleicht am besten mit Pohlen, im mittelhochdeutschen Sinn,
wiedergegeben wird, schliesse ich nicht bloss aus dem vorliegenden
Zusammenhang, sondern auch aus 1, 143, 7 und 4, 6, 3, wo das
Heben oder Tragen in der Höhe — vd yansate, ud anakti —
von dem akra ausgesagt wird. Selten kommt das Wort vor, wie
auch das Reiten selten ist. Dass aber geritten wurde, versteht
sich nicht bloss von selbst bei einem das Ross liebenden und
pflegenden Volk, wenn es auch für den Kampf nicht Sitte war,
sondern wn-d durch Texte bezeugt. Den Seholiasten ist das Reiten
so fremd, dass sie auf diese Bedeutung von akra nicht verfallen
konnten.
Nach diesen Vorbildern können wir wohl auch dem bisher
hilflosen vlrayä in Rv. 7, 90, 1 beispringen: prd vlrayd .4ücayo
dadrire väm adhvaryübhir mddhumantah sutäsäh für euch laufen
heraus die von den Adhvaryu mit Kraft gepressten lauteren süssen
Säfte. Also sva. viryä instr. sing. Die zusammengehörigen Begriffe
vlrayä und sutäsah fassen, wie nicht selten, den Satz ein. Es
wäre aber auch zulässig vlrayä zu didrire zu ziehen: laufen mit
Macht hervor, da in dera gewohnten hyperbolischen Stil dem Soma
wohl vlrya zugeschrieben werden kann.
Desgleichen wird tushdyanti Rv. 10, 27, 16 zufrieden, ver¬
gnügt, nichts anderes sein als metrische Schreibung für tushyanti
mit angepasster Betonung. So sehe ich in der Stelle : äbhogdyam
prä ydd ichdnta aitana Rv. 1, 110, 2 als ihr auszöget um Er¬
werb zu .suchen — die Rbhu als fahrende Handwerker — nur eine
Verschiebung aus äbhogyam vgl. 113, 5. Statt dushmyam wird
TS. 2, 2, 12, 4 dushmayam geschrieben.
Hiermit ist dieses Kapitel noch lange nicht erschöpft, ich will
es aber nicht weiter verfolgen. Dagegen möchte ich als Seiten¬
stück dazu an eine eigene übervolle Schreibung erinnern , durch
welche die Samhitä nicht der Aussprache nachgiebt , sondern mit
ihr sich in Widerspruch setzt.
In allen Fällen, wo suväna den aus der Presse strömenden
Saft bezeichnet, schreibt die Samhitä des Rv. voll suväna, während
stets, in etwa dreissig Pällen, sväna gesprochen werden
Roth, Rechtschreibung im Veda. 119
muss und vom Sv. auch geschrieben wird. Nur zwei Stellen
scheinen davon eine Ausnahme zu machen : äpäyy asydndhaso md-
däya mdnishinah suvändsya prdyasah 2, 19, 1 und p{ba sömam
indra suvänäm ddribhih 1, 130, 2. In der letzteren würde ich
aber vorziehen bei der Regel zu bleiben, svänam zu sprechen und
dafür indriya dreisilbig gelten zu lassen. Bliebe also nur in erster Stelle die Abweichung zu erklären.
Nun giebt es im Rv. ein suväna, das nicht bloss so geschrieben,
sondem auch dreisilbig gesprochen ist, und zwar von Sa¬
vitar s Thun in der bekannten Weise gebraucht: d nrbhyo marta-
bhöjanam suvändh den Männern Menschenspeise schickend, an¬
weisend 7, 38, 2. Damit stimmt jene unsere Stelle sichtlich
zusammen, nur dass das Wort in passivem Sinn gebraucht ist: ge-
tmnken ist von diesem Kraut, zur Fröhlichkeit, ihr Bittende, von
dem uns zugeschiedenen köstlichen Trank, d. h. unser Antheil ist
getmnken. Wir finden also in der Samhitä 1. suväna, gesprochen
sväna '), 2. suväna , so geschrieben und gesprochen , und endlich
giebt es scheinbar von 1. und 2. verschieden 3. ein sväna, ge¬
sprochen und geschrieben, mit einer Ausnahme. In diesem dritten
Fall knüpft der Commentar das Wort stets an die Wz. svan und
übersetzt schallend oder Schall. Dabei kommen sechs Stellen in
Betracht: prd svänäso rdthä ivärvänto nd dravasydvaJi \ sömäso
räyS akramuh 9, 10, 1. svänö rätho nä väjayuh 5, 10, 5. üd
u SKänibhir irata üd räthair üd u väjibhih 8, 7, 17. In diesen
drei ist sväna vom Wagen ausgesagt , in der dritten trotz des
wiederholten ud , und bezeichnet , wie ich nicht zweifle , den in
raschen Lauf gesetzten Wagen, ist also mit dem suväna 2 identisch,
obwohl sväna gesprochen. In der Stelle 9, 10, 1 ist der im
Schuss befindliche Wagen, vgl. hinvänäso räthä iva ebd. v. 2, den
eilenden Rossen parallel, nicht etwa i'uhmbegierigen Rossen. Wie
ehrsüchtig müssten jene Leute, Rosse und Wagen gewesen sein,
wenn alles dravas xAiog wäre ! Dai-an schliesst sich der Gebrauch
vom Fahrenden, wie vorhin vom Wagen: yönish ta indra nishäde
akäri täm ä ni shida svänö närvä (also suväno gesprochen) da
lass dich nieder ein herbeisprengender Renner (Fahrer) lösend die
Stränge, abschirrend die Rosse 1, 104, 1.
Es bleiben also nur noch zwei Fälle übrig, in welchen, wie
ich meine , der Commentar Recht behält : utö te tanyatür yathä
svänö arta tmanä diväh dein Schall geht aus ganz wie der Donner
des Himmels 5, 25, 8 und utd svänäso divi shantv agnSs tigmä-
yudhä räkshase häntavä u auch im Himmel seien deine (Donner-)
Töne, scharfbewehrt, um das Rakshas zu erschlagen 2, 10. Agni
als Blitzfeuer.
1) ta atra j)rttäJi saviin prasvanti tasmäd devasvali Kaush. Br. 19, 5.
nishva AV. 6, 131, 1.
12-
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r
Zu Gagmini's Astronomie.
Von Dr. C. A. Nallino.
Pür die NicM-OrientaUsten, an welche RudloflF und Hochheim's
Aufsatz über die Astronomie des GagmInI (in dieser Zeitschrift,
S. 213 flf.) sich auch wendet, werden vielleicht folgende Be¬
merkimgen nicht ohne Interesse sein.
Aus den wenigen hier zu meiner Verfügung stehenden Büchem
kann ich ebenfalls keine genaue Notiz über öagmlnl's Geburts¬
oder Todesjahr herausbringen; ich bemerke nur, dass Herr Prof.
V. von Rosen , in seinem Katalog der orientalischen Sammlung
Marsigli zu Bononien, 618 d. H. als (jragminl's Todesjahi- angiebt,
ohne die Quelle zu erwähnen; dagegen sagt der Verfasser des
Kairoer Katalogs an mehreren Stellen, dass selbiger ein Gelehrter
des 9. Jahrhunderts d. H. war: ^'läJ! tUJLc Vielleicht
ist ^diese Angabe die richtigere, wenn man annehmen will, dass
al-GagmInI in der zweiten Hälfte des 8. und in der ersten des
9. Jahrh. lebte ; da der sehr verbreitete, dem berühmten Olug Beg
gewidmete Commentar des Müsä ben Mahmüd QftdI-Zädeh ar-Rüml *)
im Jahre 815 d. H. verfertigt wurde.
Die beiden Nisbah^ al-öagmlnl und al-^uwärizml beweisen,
dass der Verfasser aus Gagmln , einem Plecken in IJuw&rizm , den
heutigen transkaspischen Ländem, war ^) ; dass er auch medicinische
Studien betrieb, erfahren wir aus seinem Qänüngeh „der kleine
Qftnün* *), welcher ein Compendium des Qänün von Ibn Sinä war,
und von Husain ben Mubammed ben 'AH al-Astaräbftdl im Jahre
831 commentirt wurde*).
1) Handschriftlich erhalten zu MUnchen (Aumer, Nr. 854), East India Office (Loth, Nr. 751), Bononien (Rosen, Nr. 423), Kairo (Fihrist al-kutnb al- 'arahijjah, V, 223—224, 4 Exx.). Glossen von al-Bar^andi (10. oder 11. Jahrh.)
zu Qädl-Zadeh werden im Kairoer Katalog, V, 221—222 u. 224 erwähnt —
Ein unbestimmter Commentar zu al-Cragmini , in der Biblioteca Nazionale zu Neapel (Cataloghi dei codici orientali d'alcune Biblioteche d'ltalia, S. 240).
2) Vgl. auch Huwärizm S. 272 als Beispiel gewählt.
3) Vgl. H. H. IV, S. 495; Leidener Katalog III, S. 421.
4) Handscbriften dieses Commentars sind nicht selten; z. B. India Office (Loth, S. 297), Neapel (Cataloghi, S. 236), Kairo (Fihrist al-kutub al-'arabijjah, VI, 21).
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