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OPUS 4 | Selbstgesteuertes Lernen und Organisationsentwicklung in Weiterbildungseinrichtungen

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Academic year: 2022

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1 Vorwort 2 2 Projektziele, Organisationsstrukturen,

Rahmenbedingungen 3

3 Projektdurchführung

3.1 Fremdsprachen 7

3.1.1 Ländlicher Bereich: Landkreis Elbe-Elster, Brandenburg 7 3.1.2 Städtischer Bereich: Bezirke Friedrichshain-Kreuzberg und

Lichtenberg, Berlin 12

3.2 Politische Bildung 16

3.2.1 Ländlicher Bereich: Landkreis Oder-Spree, Brandenburg 16 3.2.2 Städtischer Bereich: Bezirk Treptow-Köpenick, Berlin 21 3.3 Berufliche Bildung

Ländlicher Bereich: Landkreis Elbe-Elster, Brandenburg 26 3.4 Förderliche Faktoren der Umsetzung und Grenzen

der Implementation 31

4 Transfer und Nachhaltigkeit

4.1 Im Bereich des Fremdsprachenlernens 36

4.2 Im Bereich der Politischen Bildung 39

4.3 Im Bereich der Beruflichen Bildung 42

5 Zusammenfassung der Projektergebnisse und Ausblicke

5.1 Wandel der Lernkultur 43

5.2 Wandel der Lehrkultur 44

5.3 Vernetzung 45

5.4 Organisationsentwicklung 46

5.5 Transfer und Nachhaltigkeit 47

Inhalt

(2)

Das Konzept des „Lebenslangen Lernens“ rea- giert auf den gesellschaftlichen und wirtschaft- lichen Wandel, in dessen Folge Wissen, Aus- bildungsinhalte und Qualifikationsprofile mit- unter schneller veralten als sie angeeignet wur- den. Diese Entwicklung, die den Einzelnen und die Gesellschaft vor neue Herausforderungen stellt, macht das lebenslange Lernen für alle unverzichtbar. Die Fähigkeit jedes Einzelnen lebenslang zu lernen, ist von generationsüber- greifender Bedeutung und betrifft daher alle Bildungsbereiche in jeweils spezifischer Weise.

Die Bewältigung des gesellschaftlichen und wirt- schaftlichen Wandels durch organisiertes Lernen gehört zu den Kernaufgaben von Weiterbildung Erwachsener. Diese konnten lange Zeit an zu- meist schulisch erworbenes Wissen oder bereits vermittelte Fähigkeiten der Erstausbildung an- knüpfen und Wissen sowie Fähigkeiten erwei- tern. Die Funktion von schulischen und außer- schulischen Bildungseinrichtungen besteht heute allerdings nicht mehr allein darin, Wissen „auf Vorrat“ zu vermitteln; ihre Funktion ist vielmehr, die Entwicklung von umfassenden Lernkompe- tenzen zu fördern, die die Menschen in die Lage versetzen, den Prozess des lebenslangen Lernens im organisierten und informellen Rahmen eigenständig fortzuführen. Einrichtungen der Weiterbildung bleiben daher im Prozess des lebenslangen Lernens ein wichtiger und unver- zichtbarer Lernort. Zu ergänzen sein wird das hier organisierte Lernen jedoch um flexible, auf den einzelnen Nutzer zugeschnittene Lern- arrangements, auf Lernen in der Lebenswelt und Lernen an vielfältigen Lernorten.

Die strukturellen Veränderungen in der Gesell- schaft erfordern eine Öffnung der Weiterbil- dungseinrichtungen und eine Erweiterung des kursförmigen, institutionalisierten Lernangebots um flexible, offene Lernarrangements. In der Fachdiskussion wird eine Aufgabe der aus- schließlichen Fixierung auf institutionalisierte Lernstrukturen und die bewusste Wahrnehmung und Einbeziehung informeller Lernformen sowie die Ausrichtung auf die Nachfrage seitens der Nutzerinnen und Nutzer gefordert. Die Vielfalt

der Lernformen soll künftig das lebenslange Lernen erleichtern und bereichern.

Das gemeinsame Modellvorhaben der Länder Berlin und Brandenburg setzt an dieser Forde- rung an und nimmt mit der Initiierung und Förderung von eigenverantworteten und selbst- gesteuerten Lernformen in Einrichtungen der Weiterbildung eine ergänzende Perspektive auf.

Ziel des Projekts war, einen Beitrag zur Verände- rung der Lernkultur in den Ländern Berlin und Brandenburg zu leisten. Im Sinne der Zielset- zung wurden neue Lernarrangements entwickelt, Anforderungen an die pädagogische Organisa- tionsentwicklung und vernetztes Arbeiten für Weiterbildungseinrichtungen ermittelt, reflek- tiert, die sich aus der Öffnung und Unter- stützung neuer Lernformen ergaben. Der Ab- schlussbericht beschreibt und dokumentiert diese Prozesse.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Projekts SeLOG haben bei all denen Dank zu sagen, die sich auf Einrichtungs- und Träger- ebene im Modellvorhaben neben ihren um- fangreichen Regelaufgaben auf vielfältige Weise engagiert haben. Der Dank gilt auch dem Sachbeirat, dessen Mitglieder dem Projekt mit Rat und Tat zur Seite standen, sowie der wissen- schaftlichen Begleitung.

Berlin/Potsdam, September 2003

1 Vorwort

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2 Projektziele, Organisationsstrukturen, Rahmenbedingungen

Das Modellversuchsprogramm der Bund-Länder- Kommission (BLK) „Lebenslanges Lernen“ ist von den Zielsetzungen getragen, die Bildungsbe- reitschaft und Bildungsbeteiligung der Menschen zu fördern und die Organisation der Bildungs- systeme durch verbesserte und neue Formen der Zusammenarbeit zu stärken. Der angestrebte Wandel der Lernkultur soll der Eigenverantwor- tung der Lernenden mehr Raum geben; die neue Lernkultur setzt die Eigenverantwortung des Lernenden als Grundprinzip des Lernens voraus.

Im Begriff des selbstgesteuerten Lernens ist die- ser Innovationsgedanke zusammengefasst. Ent- sprechend ist der Begriff der Vernetzung zum Synonym für neue Organisationsstrukturen avanciert, in denen vorhandene Akteure Angebot und Nachfrage bildungsbereichs- und politik- feldübergreifend aufeinander beziehen, abge- stimmt organisieren und umsetzen. Ziel des ver- netzten Arbeitens ist der „Aufbau einer Bildungs- infrastruktur, die den Bürgerinnen und Bürgern Dienstleistungen zur Ermöglichung selbstgesteu- erter Lernaktivitäten anbietet und damit der Bildungsnachfrageseite einen erhöhten Stellen- wert einräumt“. Diese übergeordneten Leitgedan- ken des Programms realisieren sich in drei Programmlinien, die als Orientierung für inno- vative Angebote und Methoden des lebenslan- gen Lernens, für die Stärkung der Motivation und Nachfrage nach lebenslangem Lernen und die Förderung der individuellen Voraussetzun- gen sowie für die Verbesserung der Rahmenbedin- gungen des lebenslangen Lernens dienen sollen.

Die Komplexität des BLK-Programms „Lebens- langes Lernen“ spiegelt die Breite der aktuellen Diskussion zum lebenslangen Lernen wider; sie knüpft aber auch an Entwicklungsprozesse an, die auf vielen Ebenen, regional, in Bildungsein- richtungen und den Verwaltungen der Länder stattfinden. Um diese Bemühungen zur Realisie- rung einer neuen Lernkultur zu stärken, haben sich die für Bildung zuständigen Ministerien der Länder Brandenburg und Berlin frühzeitig zur Erprobung des BLK-Modellversuchs „Selbstge- steuertes Lernen und Organisationsentwicklung in Weiterbildungseinrichtungen“ (SeLOG) ent- schlossen.

Das Projekt SeLOG akzentuiert einzelne Schwer- punkte des BLK-Programms, es greift regional- spezifische Herausforderungen des Bildungsraums Berlin-Brandenburg auf und ist in Planung und Durchführung partnerschaftlich angelegt.

Das Projekt SeLOG folgt den Leitgedanken des BLK-Versuchprogramms, die Bildungsbereit- schaft und -partizipation Erwachsener dadurch zu fördern, dass offene, flexible Lehr- und Lernformen, die unter dem Begriff des selbstge- steuerten Lernens zusammengefasst sind, ent- wickelt und erprobt werden. Dadurch wird das reguläre, planmäßig-institutionalisierte und kursförmige Angebot von Weiterbildungsein- richtungen erweitert. Nach Maßgabe des Programms sollen „für alle Bildungsbereiche neue Lehr- und Lernarrangements entwickelt werden, mit denen Lernen mehr eigenverant- wortlich, selbstgesteuert und zielorientiert erfol- gen kann“. Dabei sollen mediengestützte Vermittlungsformen berücksichtigt werden. Der angestrebte Funktionswandel, demzufolge Bildungseinrichtungen sich durch diese Ange- botserweiterung zu „Informations-, Beratungs- und Coaching-Institutionen“ entwickeln, wird durch SeLOG ebenfalls verfolgt. Der Fokus des Projekts liegt auf der Initiierung einer erwachse- nenpädagogisch angeleiteten Organisationsent- wicklung. Begründet wird dies durch die An- nahme, dass die dauerhafte Integration neuer Lernformen und die Modifikation des Funk- tionsverständnisses von Weiterbildungseinrich- tungen den Blick auf die gesamte Organisation und ihre Abläufe erfordern. Es wird davon aus- gegangen, dass die pädagogische Organisations- entwicklung geeignet ist, qualitative Innova- tionsprozesse der Weiterbildungsarbeit zu verstärken. Indem Rückwirkungen innovativer Prozesse auf die Institutionen der Weiterbildung dokumentiert werden, können Aussagen über geeignete Rahmenbedingungen einer neuen Lehr- und Lernkultur formuliert werden.

Die Veränderung der Lernkultur erfordert die Modifikation der Rahmenbedingungen. Folge- richtig werden daher als Programmziel die Entwicklung und Erprobung „verbesserte(r)

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Rahmenbedingungen als unterstützende Struk- turen und Systemvoraussetzungen“ gefordert.

„Dabei geht es zunächst um die Entwicklung von Personal-, Sozial- und Methodenkompetenz bei den Lehrenden selbst, d.h. um die Weiter- bildung der Weiterbildenden, in der Lehreraus- bildung, in der Lehrerfort- und -weiterbildung sowie in der allgemeinen Weiterbildung sowohl für hauptberufliche Kräfte als auch für nebenbe- rufliche und ehrenamtliche, in den Lernprozes- sen tätige Personenkreise. Zielsetzung ist, die Professionalität beim lebenslangen Lernen fortzuentwickeln. Zu untersuchen sind auch die Neubestimmung der Lernorte sowie eine Neu- bestimmung des Zusammenhangs von fremdge- steuertem und selbstgesteuertem Lernen“.

Erwartet wird in diesem Kontext auch eine Klärung der neuen Funktionen der Bildungs- institutionen.

Der von SeLOG gewählte Ansatz der pädagogi- schen Organisationsentwicklung folgt dieser Zielsetzung und akzentuiert die Professionali- sierung der genannten Mitarbeitergruppen in besonderer Weise. Das Projektdesign trägt den Fortbildungserfordernissen in den genannten Kompetenzbereichen in hohem Umfang Rech- nung. Die Fortbildung aller Projektmitarbeite- rinnen und -mitarbeiter hat einerseits den Charakter einer unterstützenden Dienstleistung, sie trägt andererseits zur Strukturierung der Veränderungsprozesse bei. Hohe Anforderungen stellte das Projekt an die Veränderungskompe- tenz aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denn sie mussten auf unterschiedliche und wechselnde Anforderungen nicht nur flexibel eingehen und diese verarbeiten, sondern die Erfahrungen und das individuell erworbene Wissen in ihre Organisationen einbringen.

Insofern kann das Projekt SeLOG durchaus auch als ein Lernprojekt bezeichnet werden.

Ein strategischer Ansatzpunkt des BLK- Programms „liegt in der partnerschaftlichen Zu- sammenarbeit, Kooperation bzw. der Ent- wicklung von Netzwerken und dem Aufbau von Lernzentren, die von den Lerninteressierten selbstständig genutzt werden können“. Das Programm geht davon aus, dass die Realisierung lebenslangen Lernens die Entwicklung einer Bildungsinfrastruktur erfordert, die „die vorhan- denen Ressourcen in einem kommunikativen und kooperativen Verbund“ optimiert; die ange- strebte qualitative Verbesserung soll insbesonde- re durch den Aufbau von Netzwerken und bil-

dungsbereichsübergreifendes Arbeiten sowie durch die Schaffung von Lernzentren begünstigt werden.

SeLOG folgt den übergeordneten strategischen Zielsetzungen des Programms. Das Projekt ist bereits in der Konzeption durch sein länderüber- greifendes Vorgehen kooperativ angelegt. Zu einer qualitativen Verbesserung der Bildungs- struktur trägt das Projekt bei, da es die im Bildungsraum Berlin-Brandenburg agierenden und im Projekt mitwirkenden Weiterbildungs- einrichtungen in konkrete Arbeitsbeziehungen einbindet und dadurch die Netzwerkbildung auch auf überregionaler Ebene unterstützt.

Damit bettet sich das Projekt ebenso in die wei- terbildungs- und regionalpolitischen Zielsetzun- gen der Länder Berlin und Brandenburg ein.

In beiden Bundesländern Berlin und Branden- burg leben derzeit rund 6 Millionen Menschen.

Im Land Berlin bewohnen 3.4 Millionen Ein- wohnerinnen und Einwohner eine Fläche von 892 km2; das Land gliedert sich in 12 Bezirke.

Während in den Jahren 1994 bis 2000 ein Bevölkerungsverlust zu verzeichnen war, ver- zeichnet Berlin derzeit leichte Zuwanderungs- gewinne.

Im Land Brandenburg leben rund 2.6 Millionen Menschen auf einer Fläche von 29.477 qkm. Das Land gliedert sich in 14 Landkreise und vier kreisfreie Städten. Die Bevölkerungsdichte ist extrem unterschiedlich; im Minimum leben 44 Personen pro qkm (Prignitz), die höchste Dichte weist die Landeshauptstadt Potsdam mit 1.192 Personen je qkm auf. Während der äußere Entwicklungsraum einen Bevölkerungsrückgang verzeichnet, wächst die Bevölkerungszahl im brandenburgischem Teil des engeren Verflech- tungsraums Brandenburg-Berlin.

Die Berliner Bezirke unterhalten ebenso wie die Landkreise und kreisfreien Städte im Land Brandenburg Bildungs- und Weiterbildungsein- richtungen. Die Bewohnerinnen und Bewohner des engeren Verflechtungsraums nutzen die Angebote der Weiterbildungseinrichtungen eher unter pragmatischen Aspekten der Erreichbar- keit. Die Arbeit der Weiterbildungseinrichtungen ist jeweils regional eingebettet; sie orientiert sich an den Erfordernissen der Erwachsenen, die im Nahbereich, im Bezirk oder im Landkreis leben und arbeiten.

Um die Infrastruktur der Weiterbildung zu ver- bessern, um innovative Lehr- und Lernformen

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Projektziele, Organisations- strukturen, Rahmen- bedingungen

zu entwickeln und zu erproben, um die beste- henden, länderübergreifenden lockeren Kontak- te der Weiterbildung zu festigen, die gegenseitige Wahrnehmung von „Stadt und Land“ zu sensibi- lisieren und um die Kooperation, insbesondere im engeren Verflechtungsraum durch gemeinsa- me Projektarbeit zu entwickeln, haben die für Bildung zuständigen Ministerien beider Länder unter Einbeziehung der Humboldt-Universität zu Berlin das Projekt SeLOG gemeinsam konzi- piert. Auch die Durchführung erfolgte in beiden Ländern abgestimmt und zeitgleich; die Mit- arbeiterinnen und Mitarbeiter der Projekte

„SeLOG Berlin“ und „SeLOG Brandenburg“

arbeiteten gemeinsam in einer Geschäftsstelle, die in dem für Bildung zuständigen Ministerium des Landes Berlin angesiedelt war. Aufgrund der engen Abstimmung und Kooperation im Rahmen der Projektplanung und Durchführung kann im Folgenden vereinfacht von einem Projekt „SeLOG“ gesprochen werden.

Ergänzend zur regionalen Organisationsstruktur wurden zur Projektsteuerung und Begleitung Unterstützungsstrukturen geschaffen:

Zur Klärung administrativer und bildungspoliti- scher Fragen wurde eine Koordinierungsgruppe der Länder Berlin und Brandenburg unter Leitung der für Weiterbildung zuständigen Staatssekretäre eingerichtet. Ein Sachbeirat mit Fachvertretern aus der Wissenschaft, der Fort- und Weiterbildung und der Praxisebene der Erwachsenenbildung begleitete das Projekt auf fachlicher Ebene. Eine regionale wissenschaftli- che Begleitung durch Prof. Dr. Ortfried Schäffter, Humboldt-Universität zu Berlin, war vereinbart.

Sie musste bedauerlicherweise nach einem drei- viertel Jahr wegen Erkrankung unterbrochen und konnte dann im letzten Projektjahr aber wieder aufgenommen werden.

Das Projekt ist im ministeriellen Kontext konzi- piert worden. Da es gemäß der beschriebenen Zielsetzungen zu einer veränderten Lernkultur beitragen sollte, sind auch Erkenntnisse über Rahmenbedingungen von Relevanz, die in Einrichtungen der öffentlich verantworteten Weiterbildung eigenverantwortliches und selbst- gesteuertes Lernen fördern oder behindern könnten.

Öffentlich verantwortete Weiterbildung, die dazu beitragen soll, die Persönlichkeitsent- wicklung der Menschen zu fördern, ihre Teil- habe an der Gesellschaft und ihre Beschäf- tigungsfähigkeit für den Arbeitsmarkt zu sichern,

muss sich mit den Anforderungen der neuen Lernkultur auf unterschiedlichen Ebenen, z.B.

der Ziele, der Inhalte, der Methoden und der Organisation auseinander setzen und praxisver- ändernd wirken. Solche umfassenden innovati- ven Zielsetzungen lassen sich nur partnerschaft- lich realisieren. Deshalb waren die Gestaltung und Konkretisierung der Zielsetzungen des Projektes durch die beteiligten Bildungseinrich- tungen von Beginn an wesentlicher Teil des Konzepts.

Die im Land Berlin als auch im Land Branden- burg beteiligten Organisationen sind mit einer Ausnahme Einrichtungen in öffentlicher Träger- schaft. Die im Land Brandenburg mitwirkenden Einrichtungen sind alle auf der Grundlage des Brandenburgischen Weiterbildungsgesetzes an- erkannt und erhalten staatliche Zuschüsse für ihre Weiterbildungsaktivitäten im Rahmen der Grundversorgung. In Berlin wird die Finanzie- rung von Weiterbildungseinrichtungen in öffent- licher Trägerschaft und von Zuwendungs- empfängern im Weiterbildungsbereich durch Haushaltsgesetz bestimmt. Da die Finanzie- rungs- bzw. Förderbestimmungen beider Länder bislang „organisiertes Lernen“ voraussetzen, das auf Stundenbasis ermittelt wird, war die organi- satorische und didaktisch-methodische Darle- gung der neuen Lernarrangements von besonde- rem Interesse. Die „Vierte Empfehlung der Kultusministerkonferenz zur Weiterbildung“, die ausdrücklich das selbstgesteuerte Lernen als sinnvolle Erweiterung der „klassischen Wege des Lernens“ beschreibt, dient der Weiterbildung neben den jeweiligen landesgesetzlichen Bestim- mungen als Orientierung.

Im Rahmen des Projekts wurden innovative Praxisansätze aufgespürt, initiiert und durch Beratung, Professionalisierung sowie finanzielle Unterstützung verstärkt. Im Bereich der Ange- botsentwicklung konnten Impulse für eine neue Lernkultur gesetzt werden.

Wie bereits beschrieben, gehört die Förderung des Lernens, der Bildungsbereitschaft und der Bildungsbeteiligung aller Menschen zu den grundsätzlichen Zielen des BLK-Programms.

In diesem übergeordneten Sinne sind auch die Projektziele von SeLOG zu verstehen. Adressaten und primäre Nutzer von SeLOG waren Bildungs- einrichtungen und -organisationen beider Länder. Da das Projektziel auf die Gestaltung günstiger Rahmenbedingungen für eine neue

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Lernkultur und damit auf die Strukturentwick- lung gerichtet war, standen die Einrichtungen selbst im Mittelpunkt. Verbesserte Angebote und Organisationsstrukturen sollen sich indirekt aber durchaus auf eine Erhöhung der Bildungsbe- reitschaft und den Wandel der Lernkultur aus- wirken.

Mit Projektbeginn haben die Projektträger im September 2000 Bildungseinrichtungen beider Länder in einer zentralen Veranstaltung um Mitarbeit geworben. Zu diesem Zeitpunkt be- fand sich Berlin in der Umsetzungsphase einer Bezirksgebietsreform, von der auch die Volks- hochschulen durch Zusammenlegung von Ein- richtungen (Reduzierung der Zahl der Volkshoch- schulen von 23 auf 12) betroffen waren. Der damit im Zusammenhang stehende organisa- torische Veränderungs- und Reorganisationspro- zess nahm diese Einrichtungen in hohem Maße in Anspruch, was die Startbedingungen für SeLOG nicht begünstigte. Aufgrund der äußerst knappen Ressourcen mussten auch die Weiter- bildungseinrichtungen im Land Brandenburg für das innovative Projekt aktiv geworben werden.

Als aktive Partner des Projekts waren folgende Einrichtungen beteiligt:

Einrichtungen in öffentlicher Trägerschaft:

Volkshochschulen der Bezirke Friedrichs- hain-Kreuzberg, Lichtenberg, Mitte, Treptow- Köpenick und der Landkreise Oder-Spree und Elbe-Elster, Jugendkunstschule Treptow-Köpenick;

Einrichtungen in freier Trägerschaft:

Gesellschaft zur Förderung der Erwachse- nenbildung Land Brandenburg gGmbH,

„Alte Möbelfabrik“ e.V., Treptow-Köpenick,

■ Informations- und Weiterbildungsbera- tungsstelle der Landesagentur für Struktur und Arbeit Brandenburg GmbH;

Schulen:Salvador-Allende-Oberschule in Treptow-Köpenick, Geschwister-Scholl- Gymnasium Fürstenwalde;

Medienzentren:Kreismedienzentrum Elbe-Elster;

Kulturämter, Bezirksämter;

Schulverwaltungsamt Fürstenwalde.

Teilweise waren die genannten Einrichtungen mit mehreren Standorten beteiligt; alle waren entweder über Dachverbände oder Kooperatio- nen in vielschichtige Arbeitsbeziehungen einge- bunden, was zu erheblichen Multiplikations- effekten führte.

Das Projektdesign verknüpfte die Zielsetzungen des Modellversuchprogramms mit den skizzier- ten regionalen Herausforderungen. Als Um- setzungsebene der Durchführungsphase des Projekts wurden drei Lernregionen definiert, die durch die mitwirkenden Weiterbildungseinrich- tungen in der Vorphase des Projekts konkreti- siert wurden:

■ die großstädtische Region im Land Berlin:

Bezirke Lichtenberg (261.000 Einwohner, 5000 E./ qkm) und Friedrichshain-Kreuz- berg (252.000 Einwohner, 12500 E./qkm);

■ die Brückenregion Berlin-Brandenburg:

Bezirk Treptow-Köpenick (233.000 Einwoh- ner, 1440 E./qkm) und Landkreis Oder- Spree (195.000 Einwohner, rd.2240 qkm, 88 E./qkm).

Der Landkreis Oder-Spree grenzt im Westen an das Land Berlin und im Osten an Polen. Die durchschnittliche Einwoh- nerdichte beträgt 87 Einwohner pro qkm, die jedoch im östlichen Teil des Land- kreises weit unterschritten wird;

■ die ländliche Region Elbe-Elster (129.000 Einwohner, 1889 qkm, 68 E./qkm).

Der Landkreis Elbe-Elster liegt im Süd- westen des Landes Brandenburg und ist mit ca. 68 Einwohnern pro qkm dünn besiedelt. Hohe Arbeitslosigkeit und Abwanderung, auch von Fachkräften, stellen die Region vor besondere Heraus- forderungen. Die Anzahl der Weiter- bildungseinrichtungen ist gering; sie verteilen sich auf wenige Standorte.

Die regionale Organisation in Lernregionen wurde auf fachlicher Ebene durch die Bildung von Entwicklungsgruppen ergänzt, in denen die am Projekt beteiligten Einrichtungen und Träger zusammenarbeiteten. Die Projektstandorte wur- den auch als Lernorte bezeichnet.

Die Arbeit der Projektstandorte wurde durch die im Projekt SeLOG angestellten hauptamtlichen Mitarbeiterinnen organisatorisch und fachlich unterstützt. Dabei standen für alle Standorte ins- gesamt drei Mitarbeiterinnen zur Verfügung. In der Geschäftsstelle arbeitete eine Verwaltungs- kraft auf der Basis von zwanzig Stunden. Die Projektleitung lag in den jeweiligen Bildungs- verwaltungen.

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3 Projektdurchführung

3.1 Fremdsprachen

Einrichtung

Die Volkshochschule Elbe-Elster (VHS) ist eine Weiterbildungseinrichtung in öffentlicher Trä- gerschaft, die nach dem Brandenburgischen Weiterbildungsgesetz anerkannt ist. Sie bietet in ihren drei Regionalstellen Herzberg, Finster- walde und Bad Liebenwerda Weiterbildung und Bildungsgänge des Zweiten Bildungsweges an.

Aufgrund der hohen Abwanderungsbewegung liegt der Altersdurchschnitt bei rund 43 Jahren.

Die VHS verfügt insgesamt über 7 hauptamtliche pädagogische Mitarbeiter und beschäftigt rund 250 nebenamtliche Kursleiterinnen und Kurs- leiter, die im Jahr 2002 12.552 Unterrichts- stunden in 436 Kursen durchgeführt haben.

Diese unterrichten teilweise auch in schulischen und anderen Weiterbildungseinrichtungen.

Knapp 40 % aller Unterrichtsstunden haben Volkshochschulen im Land Brandenburg im Fachbereich Sprachen angeboten (2002).

Zielsetzung

Die VHS hat sich an den Projektstandorten Bad Liebenwerda (rund 11.000 Einwohner) und Finsterwalde (rund 20.000 Einwohner) das Ziel gesetzt, ergänzende Lernarrangements für den Fremdsprachenbereich zu entwickeln, die selbst- gesteuertes Lernen ermöglichen und durch geeignete Rahmenbedingungen befördern. Ins- besondere sollten sie

■ zeitlich und örtlich flexibleres Lernen ermöglichen,

■ stärker individuelle Lernziele, -schwer- punkte und -wege berücksichtigen und unterstützen,

■ dabei moderne Medien für die Flexibilisie- rung des Lernens nutzen,

■ neben dem Lernen in der Gruppe auch das individuelle Lernen einbeziehen,

■ Lernkompetenzen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer fördern und

■ Teilnehmende in geeigneter Form unter- stützen und beraten.

Arbeitsprozesse

Als Arbeitsgremium konstituierte sich an der VHS eine Entwicklungsgruppe, der als Mitglieder angehörten: der Leiter der Volkshochschule, die hauptamtlichen Regionalstellenleiter, 5 freiberuf- liche Fremdsprachendozenten, das Kreismedien- zentrum, die regionale Informations- und Wei- terbildungsberatungsstelle der Landesagentur für Struktur und Arbeit Brandenburg GmbH und die Projektmitarbeiterin des Landes Branden- burg, die die Koordinierung übernahm.

Als Resultat einer inhaltlichen Verständigung zum selbstgesteuerten Lernen und in Abwägung der zur Verfügung stehenden Ressourcen wurde unter fachlichen Aspekten zunächst ein gemein- sames Kurskonzept entwickelt, das als Basis- modul für unterschiedliche Sprachen dient und für verschiedene Themenbereiche und sprachli- che Niveaustufen modifizierbar ist. Es integriert Ansätze des E-Learning, insbesondere Elemente des „blended learning“.

Das Kurskonzept umfasst die folgenden Bestand- teile:

■ Einzelberatung vor Kursbeginn zur Orien- tierung und Information der Interessenten über den Kursaufbau,

■ Einstiegsphase zum Kennenlernen in der Gruppe, zur Ermittlung des Ausgangs- niveaus und der persönlichen Lernziele, -bedürfnisse und -erfahrungen,

■ individuelles Lernen (Selbstlernphasen) unter Einbindung moderner Medien, an Lernorten eigener Wahl sowie mit fach- licher Begleitung je nach Bedarf,

■ Lernen in der Gruppe (Präsenzphasen),

■ Schlussphase zur Auswertung des Kurses und ggf. zum Erfassen weiterführender Lerninteressen.

Den örtlichen Voraussetzungen entsprechend wurden als Kommunikations- und Lernmedien 3.1.1 Ländlicher Bereich:

Landkreis Elbe-Elster, Brandenburg

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PC, Internet, E-Mail und CD-ROMs und an diese gebundene Online-Angebote in das Konzept eingebunden. Auf die Einrichtung einer Lern- plattform wurde aus Ressourcengründen ver- zichtet.

Die zugrunde gelegte Kurskonzeption wurde für die Fremdsprachen Englisch, Spanisch und Französisch weiterentwickelt. In zwei aufeinan- der folgenden Erprobungsphasen wurden insge- samt 9 Kurse an 3 Standorten erprobt:

■ Englisch-Kommunikation am Arbeitsplatz, zweifache Erprobung jeweils im Umfang von 60 Stunden (Finsterwalde),

■ Spanisch für Anfänger oder Interessierte mit geringen Vorkenntnissen, zweifache Erprobung jeweils im Umfang von 60 Stunden (Finsterwalde),

■ Spanisch für Fortgeschrittene, 2 Kurse, jeweils mit einem Umfang von 60 Stunden, Senftenberg,

■ Aufbaukurs Englisch, Umfang 60 Stunden (Bad Liebenwerda),

■ Aufbaukurs Englisch, Umfang 30 Stunden (Bad Liebenwerda),

■ Aufbaukurs Französisch,

Umfang 60 Stunden (Bad Liebenwerda).

Die Auswertung und Ergebnisdiskussion der ersten Erprobung in der Entwicklungsgruppe führten zu neuen Erprobungsansätzen und zu einer Erweiterung der Erprobungsrichtungen für die zweite Umsetzungsphase. Die blended-lear- ning-Arrangements nach dem beschriebenen Konzept wurden für die Englisch-Kommunika- tion am Arbeitsplatz sowie für einen Aufbaukurs Spanisch weitergeführt. Ergänzend wurde ein verkürztes, flexibleres Angebot für einen Aufbau- kurs Englisch entwickelt und erprobt, das ver- schiedene sprachliche Ausgangsniveaus in einem Kurs berücksichtigt. Die Einbindung von Elemen- ten selbstgesteuerten Lernens in traditionelle Fremdsprachenangebote stand bei drei weiteren Kursen im Mittelpunkt der Erprobung (Aufbau- kurs Französisch sowie zwei Spanischkurse für Fortgeschrittene).

Überwiegend wurde selbstgesteuertes Lernen in Aufbaukursen realisiert; dabei lernten teilweise auch Menschen mit unterschiedlichen Sprach- ausgangsniveaus zusammen. Dieser Ansatz ist sowohl unter fachdidaktischen als auch ressour- censpezifischen Aspekten sowie aus regionalspe- zifischen Gründen interessant.

So führte der verkürzte Aufbaukurs Englisch Teilnehmer/-innen mit 4 sprachlichen Niveau-

stufen zusammen. Auch bei sorgfältiger Einzel- beratung zu Kursbeginn, der Bereitstellung von CD-ROMs mit unterschiedlichem Schwierigkeits- grad sowie individuellen Unterstützungsangebo- ten stellt die Umsetzung eines Kurses mit hete- rogenen Lernergruppen besondere Anforderun- gen an die Lernbegleitung:

„Die Niveauunterschiede werden natürlich von allen wahrgenommen und es besteht die Gefahr, dass das

‚Wenigerkönnen’ für die Betroffenen als unange- nehm empfunden wird und man sich mehr und mehr zurückhält und die anderen reden lässt. Auf der anderen Seite wird aber auch das ‚Zuhören’ als weiterbringend bewertet. Als Lernbegleiter erkennt man diese Probleme und drohende Gefahren des

‚Verlierens’ des Einzelnen natürlich sehr schnell.

Man muss hier abwägen, wie lange man diese Situation des Nichteingreifens ‚aushalten’ kann und darf. Jedoch sollte man auf die Signale, die einem nicht nur verbal, sondern auch durch Körpersprache und Mimik entgegengebracht werden, möglichst bald reagieren und seine Hilfsbereitschaft signalisieren.“

Die erprobten blended-learning-Arrangements eröffneten jeweils neue Spielräume für die ver- stärkte Selbststeuerung der Lernenden:

durch das eigenständige Festlegen von Zielen und Teilzielen, durch die Auswahl der Lern- inhalte, durch die Flexibilisierung der Lernzeiten und der Lernorte, durch die Auswahl der Lern- materialien, durch die Bestimmung des Lern- pensums und durch eine eigenständige Siche- rung der Lernergebnisse. Dies wurde durch den Einsatz der ausgewählten Medien unterstützt, so z.B. durch eine Lernsoftware, die es ermöglicht, Lerninhalte individuell auszuwählen, die Ab- folge ihrer Bearbeitung selbst festzulegen und über einen Verlagsserver Online-Angebote einer Lernpattform zu nutzen.

Ergebnisse

Im Ergebnis der Erprobung lassen sich für diese Angebotsformen am Standort Elbe-Elster folgen- de Ergebnisse zusammenfassen:

■ Die Werbung mit der Begrifflichkeit des selbstgesteuerten Lernens erschließt kaum neue Teilnehmergruppen; vielmehr bedarf es der gezielten persönlichen Ansprache durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Einrichtungen. Akzeptanz und Kompe- tenz für diese Lernform sind bei einem Großteil der erwachsenen Lernenden ent- wicklungsbedürftig und entwicklungsfähig.

Dazu bedarf es allerdings einer ausführli-

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Projektdurchführung Fremdsprachen

Ländlicher Bereich chen Beratung durch die Kursleiterinnen

und Kursleiter vor Kursbeginn bzw. in der Einstiegsphase, in der Fehlerwartungen auf ein Minimum reduziert und Erwartungs- bilder mit realistischen Zielvorstellungen des gesamten Kurses erarbeitet werden. In der Eingangsberatung hat es sich auch als empfehlenswert erwiesen, gemeinsam einen Zeitplan zu erstellen, in dem der Lernende festlegt, wann er selbstgesteuert an dem Erreichen seines Zieles arbeitet.

Im Kontext der Erstberatung findet auch eine Beratung zur Mediennutzung statt.

In der Beurteilung der Lernbegleiterinnen und Lernbegleiter erweist sich die Ein- gangsberatung als wichtige Orientierungs- hilfe und als wesentliches vertrauens- stiftendes Element mit positiver Wirkung für die weitere Kursumsetzung.

■ Präsenztermine erweisen sich auch bei diesen Lernarrangements als Kristallisa- tionspunkte von hoher sozialer und kommunikativer Relevanz. Sie dienen zudem u.a. der Klärung von fachlichen und technischen Fragen sowie der Festigung und Erweiterung zielsprachlicher Fähig- keiten. Der Turnus der Präsenzphasen wird durch Übereinkunft der Lernbegleitung und der Lernenden zu Kursbeginn festgelegt.

■ Im Rahmen des Gesamtkurses nehmen Phasen individuellen Lernens zeitlich den größten Raum ein (teilweise stehen Präsenz- und Selbstlernphasen im Verhält- nis 1:4). Die Auseinandersetzung mit der Sprache findet so überwiegend in den Selbstlernphasen statt. E-Mail, Telefon und Chatroom sichern den Kontakt und die Beratung durch Lernbegleitung oder auch Mitlernende. Teilweise sehen es die Lern- begleiterinnen und Lernbegleiter ebenfalls als ihre Aufgabe an, dass die Teilnehmen- den ihre festgelegten Arbeitszeiten einhal- ten und eventuelle Lernwiderstände über- winden. Als Vorteil der selbstgesteuerten Arbeit wurde von den Lernenden u.a.

genannt, „... dass man bei der Arbeit nicht progressiv vorgehen muss, sondern nach indivi- duellen Neigungen und Stimmungen zwischen den Lektionen und der Art der Tätigkeit (ob nun Lesen, Schreiben, Hören oder grammati- sche Übungen oder auch Spiel) flexibel hin- und hergehen kann. Man konnte im Gespräch mit den Teilnehmern jedoch auch erfahren, dass diese Freiheit des Selbstentscheidens und Wählens gewisse Kompetenzen und Selbst-

disziplin verlangt. Es wurde von einigen Teil- nehmern berichtet, dass sie gerade in den ersten Wochen zu viel ausprobiert hatten, dabei unterschiedliche Dinge möglichst gleichzeitig machen wollten oder unbequeme Sachgebiete (wie z.B. Grammatikübungen) ganz vernach- lässigt hatten und schließlich zu der Erkenntnis kamen, dass alles nur oberflächlich und nicht tief greifend in dem Maße behandelt worden ist, wie es für Lernfortschritte erforderlich wäre.

Die meisten Teilnehmer waren in der Lage, ihr Vorgehen zu ordnen und zu systematisieren, andere verlangten die Hilfestellung vom Lern- begleiter beim Gestalten des Lernweges.“

Übereinstimmend kommt die Entwicklungs- gruppe zu dem Ergebnis, dass eine der Haupt- herausforderungen an die Lernenden darin besteht, „stets selbst Motor“ zu sein und zwar sowohl zur Überwindung von Schwierigkeiten als auch bei der Integration der Lerntätigkeit in den Arbeitsalltag als ein regelmäßiger, fester Bestandteil des täglichen Lebens.

Eigeninitiative, Selbstdisziplin und Motivation der Lernenden einerseits zu stärken, sie aber bei der Bewältigung von Lernproblemen nicht sich selbst zu überlassen, erfordern eine andere pädagogische Herangehensweise. Die Lehrenden erleben sich dabei zunehmend als Berater und Begleiter individueller Lernprozesse.

Lernbegleitung

Am Projektstandort wurde die neue Rolle des Lernbegleiters vielschichtig beschrieben:

Als eine der Hauptanforderungen erweist sich die Aufgabe, eine neue Balance zu finden zwi- schen „Gewähren lassen“ (Raum für Eigenini- tiative) und dem Geben von notwendigen steu- ernden Impulsen. „Der Lernbegleiter verfolgt beobachtend das Geschehen und tritt mit seiner Erfahrung und seinem Fachwissen hinsichtlich der Lerninhalte sowie der Lernmethoden bera- tend auf, wann immer dies von den Teilnehmen- den gewünscht wird.“ „Es handelt sich weniger um den wissenden Vermittler von Fachkennt- nissen als mehr um den mitlernenden, beobach- tenden und moderierenden Begleiter.“

Das neue Kompetenzprofil geht über die Fach- kompetenz hinaus und fordert psychologische und soziale Kompetenzen sowie Beratungs- und Medienkompetenz. Vielfach werden extrafunk- tionale Qualifikationen wie „Sensibilität“,

„Fingerspitzengefühl“ u.A. als Anforderung be- nannt, z.B. wenn es darum geht, die Teilnehme- rinnen und Teilnehmer in schwierigen Lern-

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phasen wieder „aufzufangen“ und den Zusam- menhalt der Gruppe trotz unterschiedlicher Interessen und Lernziele zu sichern. Es verändert sich auch die Funktion der Unterrichtsplanung, wenn in Präsenzphasen individuelle Lernwege, Lernziele und Lernschritte begleitet werden. Die Planung der Präsenzphasen liegt in fachdidakti- scher und methodischer Hinsicht wie bei tradi- tionellen Kursen in der Verantwortung der Dozenten. Allerdings können dabei „nur einge- schränkt Lernziele präzise vorformuliert und definiert werden“. Gefragt ist stärker die Vorbe- reitung unterschiedlicher aktivitätsfördernder Elemente und Lernimpulse, die je nach Teilneh- merinteressen und -bedürfnissen situationsge- bunden einsetzbar sind. Moderation und Reflexion von Lernprozessen sind anzuregen und zu bewältigen.

Die Öffnung von Lernarrangements stellt wie beschrieben neue Kompetenzanforderungen als Lernbegleitung und Lernberatung. Die Reflexion dieser Erfahrungen und die intensive Verstän- digung zu damit verbundenen Fragestellungen veränderten das Rollenverständnis der Kurs- leitungen. Dazu gehörte auch das „Verlernen“

traditioneller Verhaltensmuster im Lehr-Lern- prozess, die durch hohe Zentrierung auf die leh- rende Person gekennzeichnet sind. Prozesse des

„learning by doing“ am Standort Elbe-Elster wurden vonseiten des Projekts durch intensive Fortbildungsangebote zur Professionalisierung des Handelns unterstützt.

Im Ergebnis dieser Prozesse sind die beteiligten Lernbegleiterinnen und Lernbegleiter zu Exper- ten des selbstgesteuerten Lernens in ihren Einrichtungen avanciert. Sie identifizieren sich mit dieser neuen Lernform, ohne unkritisch zu sein, und stellen sich engagiert veränderten Anforderungen. Ihre Innovationsbereitschaft ist eine der Voraussetzungen für eine dauerhaftere Verankerung neuer Lehr- und Lernformen in der Weiterbildungseinrichtung.

Bei der Entwicklung und Erprobung von neuen Lernarrangements wurden Fragen geeigneter organisatorischer Rahmenbedingungen in der Einrichtung thematisiert. Unterstützungsbedarf ergab sich z.B. bei der Bereitstellung der techni- schen Infrastruktur für die neuen mediengestütz- ten Fremdsprachenangebote, einschließlich ge- eigneter Räume. An den Standorten Bad Lieben- werda und Finsterwalde konnten durch die Schaffung von jeweils vier zusätzlichen, separa- ten PC-Arbeitsplätzen günstige Voraussetzungen für selbstgesteuertes Fremdsprachenlernen mit modernen Medien gesichert werden. Da der

Informatikbereich in der Entwicklungsgruppe durch einen der Regionalstellenleiter vertreten war, konnten Probleme der technischen Infra- struktur auf kurzem Weg angesprochen und konnte konkrete Unterstützung vereinbart wer- den. Zur Entlastung der Lernbegleiterinnen und Lernbegleiter, die nicht in jedem Fall PC-Exper- ten sind, würde beitragen, wenn eine Fachkraft der Einrichtung die PC-Technik betreut und in Notfällen Ansprechpartner für Lernende und Lernbegleiter wäre.

Für den nachweislich erhöhten Zeitaufwand der Kursleiterinnen und Kursleiter in den SeLOG- Kursen wurde mit Unterstützung des Leiters der VHS eine angemessene Entgeltregelung in Form einer „Erprobungsklausel“ gefunden.

Entwicklungsgruppe

Die Entwicklungsgruppe an der VHS Elbe-Elster etablierte sich als Forum des kollegialen Aus- tauschs und der Entwicklung von Ideen sowie als Ort der inhaltlichen Auseinandersetzung mit einem veränderten Lern- und Lehrverständnis.

Die begleitende Reflexion von Erfahrungen und die produktive Diskussion der Gruppe motivier- ten die Akteure auch in kritischen Phasen der Umsetzung. Zunehmend offener wurden in die- sem Rahmen Hemmnisse bei der Realisierung der neuen Kursangebote angesprochen. Durch die gemischte Zusammensetzung konnten gemeinsam Lösungsvarianten entwickelt und bereichsübergreifende Impulse gesetzt werden.

Im Rückblick erwies sich die Entwicklungs- gruppe als wichtige, wenn nicht entscheidende Unterstützungsstruktur für die Umsetzung der Projektvorhaben.

Eine Öffnung der Einrichtung für neue Lehr- und Lernformen zeigt sich insbesondere für den Fremdsprachen-, aber auch für den Informatik- bereich u.a. darin, dass sich bei den Akteuren die Bereitschaft gefestigt hat, Lernangebote flexibler auf Teilnehmerbedürfnisse auszurichten und da- bei heterogenen Lernvoraussetzungen in stärke- rem Maße gerecht zu werden, zum Beispiel durch Bereitstellung geeigneter Supportstrukturen.

Brückenkurse

Als ein viel versprechender Weg für eine länger- fristig bessere Akzeptanz neuer Lehr/-Lern- formen hat sich die Einbindung von Ansätzen selbstgesteuerten Lernens in traditionelle Fremd- sprachenkurse erwiesen. Ausgangspunkt für diese Überlegung war die Tatsache, dass die zahlrei- chen traditionellen Kurse eine unvermindert starke Anziehungskraft haben und oftmals

(11)

Projektdurchführung Fremdsprachen

Ländlicher Bereich schon zu so genannten „Selbstläufern“ avancie-

ren. Durch eine punktuelle, behutsame Öffnung der Unterrichtsführung konnten die Teilneh- menden im vertrauten Rahmen neue positive Lernerfahrungen sammeln, andere Lernwege kennen lernen und moderne Lernmittel wie CD- ROMs selbst ausprobieren. Die Erprobung zeig- te methodische Möglichkeiten auf, innerhalb dieser Grenzen neue Lehr- und Lernformen ins Bewusstsein zu rücken sowie Interesse und Neugier zu wecken. So konnte in kleinen Schritten der Boden für neue Lernansätze berei- tet werden, ohne diese gleich mit Begriffen wie

„Selbstgesteuertes Lernen“ und „Eigenverant- wortung“ zu etikettieren.

Die im Projekt durchgeführte Auswertung be- stätigt, dass solche methodischen Mischformen positiv aufgenommen werden.

Mehrstufiges Verfahren

Traditionelle und „neue“ Angebotsformen wer- den nicht gegeneinander gesetzt, sondern die herkömmliche Lernform wird genutzt, um im Lernprozess die Vorzüge der Selbststeuerung in Teilbereichen erfahrbar zu machen. So erweisen sich diese Kurse als ‚Brücke’ zu neuen Lern- arrangements.

Übergreifend für alle erprobten Lernarrange- ments zeigt sich als wesentliche Anforderung, selbstbestimmte und selbstgesteuerte Lernfor- men bei den Lernern schrittweise anzubahnen.

Als ein übertragbares Modell zur Entwicklung von Kompetenzen für selbstgesteuertes Lernen erweist sich ein mehrstufiges Vorgehen, das im Kurs Englisch-Kommunikation am Arbeitsplatz erfolgreich erprobt wurde (in Anlehnung an das 4-stufige Prozessmodell nach Grow; Grow, G.

O.: Teaching learners to be self-directed. Adult Education Quarterly, 41 (1991), 125-149).

Es geht davon aus, dass sich der Prozess autono- men Lernens über die vier Stufen fremdgesteu- ert, interessiert, integriert und selbstgesteuert unterstützen lässt. In der fremdbestimmten Stufe gilt es Feedback zu geben und dem Lerner zu helfen, Defizite und Widerstände zu über- winden. Hier steht die Tätigkeit des „Coaching“

im Mittelpunkt. Die interessierte Stufe ist ge- kennzeichnet durch das Abklären von Zielen und das Üben von Lernstrategien. Aufgabe des Kursleiters ist es zu motivieren und zu leiten.

Stufe 3 (integriert) bedeutet, den Lerner als gleichberechtigten Partner im Lernprozess anzu- erkennen und ihm dies auch zu verdeutlichen.

In diesem Zusammenhang stellt die Methode der Diskussion ein gutes Werkzeug dar. Die

Haupttätigkeit des Dozenten liegt bei der Unter- stützung und Hilfestellung. In der selbstgesteuer- ten vierten Stufe schließlich stehen die Lern- beratung und Lernbegleitung im Mittelpunkt der Kursleitertätigkeit. Die Lerner organisieren ihre Aktivitäten zunehmend selbstgesteuert, indivi- duell oder in Gruppen.

Fazit:

Am Standort zeigt sich im Hinblick auf die Akzeptanz neuer Lernformen, dass nicht nur eine Kursform zu favorisieren ist. Die Auswei- tung der Erprobungsansätze ermöglichte es, auf unterschiedliche Weise Hemmschwellen bei Interessenten und Teilnehmenden gegenüber neuen Lehr- und Lernformen zu verringern und die Öffnung für neue Lernerfahrungen zu ermöglichen.

Als übertragbare Ergebnisse aus der Erprobung sind hervorzuheben:

1. Ergänzende mediengestützte Fremd- sprachenangebote in blended-learning- Arrangements haben sich prinzipiell auch für die ländliche Region bewährt. Sie sprechen Zielgruppen an, die aus unter- schiedlichen Gründen traditionelle Ange- botsformen nicht nutzen können oder wollen und das individuelle Lernen in kleinen Gruppen bevorzugen.

2. Die Zusammenführung heterogener sprach- licher Ausgangsniveaus in einer verkürzten Kursform kommt den besonderen regiona- len Bedingungen eines Flächenkreises entgegen. Interessenten, die nicht die tradi- tionellen Kurse nutzen möchten, konnte so ein Lernangebot unterbreitet werden, das ihren individuellen Interessen entgegen- kommt und es ihnen zugleich ermöglicht, die Eignung für sich auszuprobieren.

3. Die Einbindung von Ansätzen selbstge- steuerten Lernens in traditionellen Kursen erweist sich als geeignete methodische Mischform, um Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser Angebote für neue Lern- erfahrungen zu motivieren und längerfristig Brücken zu selbstgesteuerten Lernformen zu schlagen.

4. Da Kompetenzen des selbstgesteuerten Lernens bei den Teilnehmenden nicht grundsätzlich vorausgesetzt werden können, steht die Anforderung, diese sukzessive zu entwickeln. Der erprobte methodische Ansatz eines Stufenmodells ist für die Anwendung in unterschiedlichen Lernarrangements geeignet.

(12)

In der Umsetzung haben die beteiligten Dozen- tinnen und Dozenten den Rollenwandel hin zu erweiterten Kompetenzanforderungen als Lern- begleitung und Lernberatung erprobt, erfahren und vollzogen. Diese Prozesse der Professionali- sierung wurden durch passgerechte Fortbildungs- angebote im Rahmen des Projekts begleitet und unterstützt.

Für selbstgesteuertes Lernen notwendige und ge- eignete Supportstrukturen, insbesondere Ange- bote für individuelle Lernberatungen vor bzw.

zum Kursbeginn sowie kursbegleitend, aber auch ein schrittweises Heranführen an stärker selbstgesteuerte Formen des Lernens und neue Lernmedien wurden verstärkt.

Die für flexiblere, bedarfsorientierte Lernange- bote notwendigen Rahmenbedingungen in der Einrichtung wurden thematisiert, Veränderungs- bedarf wurde aufgezeigt und praktikable Lösungs- ansätze befördert, dies wurden durch die Entwicklungsgruppe als Arbeitsgremium unter- stützt.

Die neu entwickelten Sprachangebote gehören auch nach Projektende zum festen Bestandteil des Veranstaltungsprogramms der beteiligten Volkshochschulen. Da die Kursleitenden in der Regel an mehreren Volkshochschulen tätig sind, ist die Implementation der Lernarrangements an anderen Volkshochschulstandorten im Nachbar- kreis geplant bzw. bereits erfolgt. Aufgrund orga- nisierter und persönlicher Kontakte der Kurs- leiterinnen und Kursleiter untereinander wächst das Interesse an weiteren Erprobungen ebenfalls.

Die Motivierung der Lernenden für die neue Lernkultur im Sinne der Selbststeuerung bedarf der intensiven, persönlichen Werbung und Begleitung.

Die VHS Elbe-Elster hat sich durch das Projekt regional bei der Integration neuer Lehr- und Lern- formen profiliert und bringt ihre Erfahrungen als Projektpartner im Netzwerk „Regionales Lernforum im Wirtschaftsraum zwischen Elbe und Elster“ ein.

3.1.2 Städtischer Bereich: Bezirke Friedrichshain-Kreuzberg und Lichtenberg, Berlin

Einrichtungen

Die am Projekt SeLOG unmittelbar beteiligten Volkshochschulen Friedrichshain-Kreuzberg und Lichtenberg sind Einrichtungen des Amtes für Bildung und Kultur der jeweils zuständigen Bezirksämter. Die Volkshochschule Friedrichs- hain-Kreuzberg verfügt über 6 Stellen für haupt- berufliche Programmbereichsleiter/-innen und beschäftigt 399 freiberufliche Kursleiter/-innen.

Die VHS Lichtenberg verfügt über 7 Stellen für Programmbereichsleiter/-innen und beschäftigt 345 freiberufliche Kursleiter/-innen. Insgesamt bietet die VHS Friedrichshain-Kreuzberg 1083 Kurse an, davon 550 im Fremdsprachenbereich, die VHS Lichtenberg bietet 1172 Kurse an, davon 550 Kurse im Bereich Fremdsprachen.

Zielsetzungen

Der Arbeitsschwerpunkt der beteiligten Einrich- tungen lag im Bereich des Fremdsprachen- erwerbs mittels neuer Angebotsformen und Lernarrangements. Die Nutzung neuer Medien war dabei von grundlegender Bedeutung.

Ziel war die Entwicklung, Erprobung und Etablierung von ergänzenden, neuen offenen Lernangeboten im Fremdsprachenbereich auf der Grundlage von eigenverantwortlichem und selbstgesteuertem Lernen und die Initiierung, Begleitung und Beobachtung von Organisations- entwicklungsprozessen in diesem Kontext.

Konkrete Erprobungsstandorte waren insbeson- dere die beiden Volkshochschulen Friedrichs- hain-Kreuzberg (federführende Einrichtung) und Lichtenberg, die in der zweiten Um- setzungsphase ein deutlich erweitertes Angebot unter den projektbezogenen Schwerpunkten ver- öffentlichten. Die VHS Mitte (City) beteiligte sich am Projekt im Rahmen der angebotenen Workshops und durch Bereitstellung von Infra- struktur für die Arbeitsgruppe Fremdsprachen, an der auch Vertreter der VHS City teilnahmen.

Dem Erwerb von fremdsprachlichen Kompe- tenzen kommt mit der fortschreitenden europäi- schen Integration herausgehobene Bedeutung zu. Der Lernbedarf ist mit konventionellen Methoden und angesichts der neuen Möglich- keiten der medialen Vermittlung allein nicht mehr zu bewältigen. Neue Wege des Fremdspra- chenerwerbs setzen zumeist bei der Optimierung

(13)

Projektdurchführung Fremdsprachen

Städtischer Bereich von Lernmaterialien, Vermittlungs- und Lern-

methoden an. Die Projektarbeit setzte auf die Initiierung veränderter Lernarrangements offener, flexibler Lernformen, die auf Stärkung der Eigenverantwortung und der Selbststeuerung der Lernenden abzielten.

Auch in diesem Feld war für das Projektvor- haben – gemäß der übergreifenden Zielsetzung – primär wichtig, Anforderungen an Organisa- tionsentwicklung und vernetztes Arbeiten zu initiieren, zu reflektieren und gemeinsam zu erörtern, die sich aus der Öffnung und Unterstützung offener und flexibler Lernformen ergaben.

Für das Projekt war zielfördernd, dass die be- teiligten Volkshochschulen bereits erste Experi- mente mit neuen Lernarrangements geplant hat- ten. Die Volkshochschule Friedrichshain-Kreuz- berg verfolgte ein Projekt, das ohne Präsenz- unterricht, allein auf der Basis des Austauschs von elektronischer Post, die Entwicklung schrift- sprachlicher Kompetenzen fördern sollte. In der Volkhochschule Lichtenberg hatte sich eine Kursleiterin ausführlich mit e-learning-Angebo- ten beschäftigt und eine eigene informative Homepage entwickelt. An diese Vorhaben wurde angeknüpft.

Die Volkshochschule Mitte (City) stieß zum Kreis der kooperierenden Einrichtungen hinzu, ohne jedoch eigene Lernarrangements im Projekt- zusammenhang einzubringen.

Arbeitsprozesse

Es wurden insgesamt 21 Lernarrangements in den Sprachen Englisch, Französisch und Spanisch in der Projektlaufzeit angeboten, mit denen ca. 160 Teilnehmer/-innen erreicht wurden. Die Plätze waren wegen der technischen Ressourcen, die zur Durchführung erforderlich waren, und aus didaktischen Gründen (neue Angebotsformen) limitiert. Sie waren aber in den wenigsten Fällen mit zwölf Teilnehmer/-innen tatsächlich ausge- schöpft.

Die im Rahmen des Projekts angebotenen Lern- arrangements waren gekennzeichnet durch

■ die Einbindung neuer Medien und technischer Infrastruktur,

■ eine räumlich und zeitlich flexiblere Gestaltung von Lernphasen,

■ die Kombination von Präsenz- und Onlinephasen („blended learning“), von Lernen in der Gruppe und individuellem Lernen,

■ eine flexiblere Gestaltung von Präsenz- terminen in der Weiterbildungseinrichtung je nach Bedarf,

■ eine differenzierte Lernberatung und individuelle Begleitungs- und Unter- stützungsangebote zwischen den Präsenz- terminen.

Es bestand eine Entwicklungsgruppe, in der die Programmbereichsleiter/-innen der beteiligten Einrichtungen und die Projektmitarbeiter/- innen in loser Folge tagten. Daneben fanden Treffen mit den am Projekt beteiligten freiberuf- lichen Kursleiter/-innen statt, um Prozesse aus dieser Sicht zu reflektieren. Diese Gruppen wur- den durch die Projektmitarbeiter/-innen beglei- tet.

Die Entwicklungsprozesse wurden auf vielfältige Weise durch die Geschäftsstelle des Projekts unter- stützt. Workshops und Arbeitstreffen – inhaltlich abgestimmt auf den jeweiligen Stand der Pro- zessentwicklung – sowie die projektfinanzierte Teilnahme an externen Fortbildungsveranstal- tungen wurden zur Qualifizierung für den betei- ligten Personenkreis ermöglicht.

Bedingt durch die Arbeitssituation der vornehm- lich freiberuflich tätigen Kursleiter/-innen und durch die Vielfalt terminlicher Verpflichtungen der Programmbereichsleiter/-innen konnten diese Angebote nicht immer in dem gewünsch- ten Maße genutzt werden.

Durch die Bereitstellung von Literatur und die Übermittlung von Informationsmaterial wurden Qualifizierungsbedürfnisse von Moderatorinnen aufgegriffen, Anregungen gegeben und Impulse gesetzt. Mit der Bereitstellung von Lernsoftware wurden die Pilotvorhaben der Einrichtungen materiell unterstützt und wurde damit die Entwicklung neuer Lernangebote gefördert.

Für die Projektumsetzung auf Einrichtungsebene hatte die Frage der Teilnehmerakzeptanz auch in diesem thematischen Bereich Bedeutung. Die Darstellung offener, flexibler Lernangebote im Zusammenhang mit den Programmankündi- gungen war frühzeitig Thema von Erörterungen in der Entwicklungsgruppe. Unterstützend wurde seitens der Projektgeschäftsstelle ein Falt- blatt entwickelt, das öffentlichkeitswirksam auf die neuen Lernmöglichkeiten aufmerksam machte.

Fortbildung

Angesichts der Qualifikationserfordernisse so- wohl auf der Ebene der Programmbereichs- leiter/-innen wie auf der der Kursleiter/-innen

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wurde für beide Personengruppen eine Fort- bildung zu Online-Trainerin ermöglicht. An die projektfinanzierte Online-Trainer-Ausbildung war die Erwartung an eine sich daran an- schließende Multiplikatorentätigkeit geknüpft.

Diese Tätigkeit wurde aufgenommen. Es wurde von der betreffenden Programmbereichsleiterin ein umfassendes Fortbildungskonzept für Kurs- leiterinnen und Kursleiter entwickelt („Neue Lehr- und Lernformen im Fremdsprachen- erwerb“). Diesem Konzept wurde die Form des

„blended learning“ mit dem Ziel zugrunde gelegt, eine Fortbildung der Kursleitungen mit Selbststeuerungselementen von exemplarischem und zugleich unmittelbar praxisbezogenem Charakter anzubieten. Das Fortbildungsangebot umfasste 6 Präsenzphasen und 7 tutoriell gesteu- erte Online-Treffen. Zusätzlich zu diesen mode- rierten Lehrabschnitten erhielten die Teilneh- merinnen und Teilnehmer gemeinsam zu erledi- gende Online-Aufgaben, um im medialen Kontext Erfahrungen in Partner- und Gruppen- arbeiten zu sammeln. In den Präsenzphasen lernten sie Lernsoftware kennen, erhielten Maß- stäbe vermittelt, diese für den Unterrichtseinsatz zu bewerten, und erprobten die Anwendung für die eigene Lehrtätigkeit.

Das Fortbildungskonzept ist transferfähig und wird im Fortbildungsprogramm der Senatsver- waltung für Bildung, Jugend und Sport und im Landesinstitut für Schule und Medien des Landes Brandenburg für Mitarbeiter/-innen der Erwachsenenbildung Anwendung finden. Die Qualifizierung von freiberuflichen Kursleiterin- nen und Kursleitern ist grundsätzlich ein wesent- licher Meilenstein in der Umsetzungsstrategie und Förderung des lebenslangen Lernens. Es be- darf allerdings darüber hinausgehender konzep- tioneller Überlegungen, die auf Rahmenbedin- gungen von Lehr- bzw. Vermittlungstätigkeit mit dem Ziel einer Stärkung des eigenverantwortli- chen und selbstgesteuerten Lernens reflektieren.

Hervorzuheben sind beispielhaft die folgende Aspekte:

■ die veränderte zeitliche Strukturierung der Unterrichtstätigkeit,

■ neue, differenzierte didaktische Interven- tionsformen (Stichworte sind hier Lern- begleitung, Lernberatung, Lernerfolgs- kontrollen) durch Kursleiter/-innen,

■ die zusätzlichen informationstechnischen Qualifikationsanforderungen in der fremdsprachlichen Unterrichtstätigkeit.

Mit der Durchführung von selbstgesteuerten, multimedialen Lernarrangements stand die Frage im Mittelpunkt, ob und ggf. welche Ver- änderungen in der Organisationsstruktur der beteiligten Einrichtungen mit diesen Angeboten angeregt bzw. erkennbar eingetreten und der Bewertung zugänglich waren. Die Intention des Vorhabens richtete sich auf die Generierung nutzerfreundlicher Lernoptionen, die sich grund- sätzlich von einer fachsystematisch angelegten Angebotsplanung unterscheidet und statt nach Lernstufen gegliederten Baukastensysteme für Nutzer/-innen Zugänge nach deren Lernanlässen ermöglichen sollte. In diesem umfassenden Sinne konnten in der recht kurzen Projektlauf- zeit lediglich erste Schritte getan werden.

Wesentlich waren die Reflexion und die Sensi- bilisierung für bestehenden Veränderungsbedarf in der Kooperation der Programmbereiche, in die veränderte Einbeziehung von Kursleiter/- innen in die Programmplanung, in zu verän- dernde Tätigkeits- und Anforderungsprofile, in der Bewusstmachung lückenhafter Rahmen- bedingungen für neue Lernarrangements.

Fazit:

Stärker selbstgesteuertes und eigenverantwortli- ches Fremdsprachenlernen im Sinne des „blen- ded learning“ stützt sich in starkem Maße auf multimediale Techniken und das Internet. Das ruft in diesem Programmbereich eine erhebliche Umstellung auf der Ebene von Programm- planung, Unterrichtsorganisation und -durch- führung hervor. Für die Programmplanung bedarf es der entwickelten Medienkompetenz der Programmbereichsleiter/-innen. Hier entsteht mit der Ausweitung des Angebots von selbst- gesteuerten Lernformen im Kontext von e-lear- ning erheblicher Qualifizierungsbedarf. Die Unterrichtsorganisation wird in starkem Maße von IT-Einsatz geprägt, der nur realisierbar ist, wenn eine entsprechende technische Betreuung der Medien realisiert wird. Diese Anforderung ist bekannt aus dem Programmbereich Arbeit und Beruf der beteiligten Einrichtungen. Dort ist die- ser Bedarf im Zusammenhang mit der Unterrich- tung von PC-Anwenderprogrammen entstanden und häufig genug nicht bedarfsgerecht realisiert worden, sodass Programmbereichsleiter/-innen mit diesen Aufgaben in einem oftmals nicht unerheblichen Teil ihrer Arbeit belastet sind. Vor dem Hintergrund der zu erwartenden Entwick- lungen im Fremdsprachenlernen, aber auch im Fachbereich Arbeit und Beruf wird eine zu- kunftsfähige, programmbereichsübergreifende

(15)

Projektdurchführung Fremdsprachen

Städtischer Bereich Lösung für die Anwendungsbetreuung und Ko-

ordination der technischen Ressourcen dring- lich. Aus der Sache ergibt sich hier im Übrigen einmal mehr ein Anstoß dafür, die traditionelle Programmbereichsstruktur zu überdenken.

Das Projekt gab im Verlaufe seiner bisherigen Durchführung den Anstoß (in der VHS Frie- drichshain/Kreuzberg) dazu, einen Fonds für die Entwicklung und Durchführung innovativer Kursangebote (Innovationsfonds) einzurichten, auf den seitens der Programmsbereichsleiter/- innen nach Absprache mit der Leitung zurückge- griffen werden kann.

Das Angebot offener, flexibler Lernarrangements bedarf der Berücksichtigung bei der Regelung von Rahmenbedingungen für die Durchführung.

Es handelt sich hier um neue Veranstaltungs- formen, die mit dem tradierten Kurstypus oder Wochenendseminar nicht zu vergleichen sind.

Die geltenden Entgelt- und Honorarvorschriften berücksichtigen nicht die unterschiedlichen Formen von online-Lernen und Lernen in Präsenzphasen wie sie für das „blended lear- ning“ konstitutiv sind. Aus der Perspektive der Teilnehmer ergibt sich ein Unterschied zwischen Online-Phasen des Lernens, die in der Regel an einem PC-Arbeitsplatz der eigenen Wahl und den Präsenzphasen in der Einrichtung stattfin- den. Die Entgeltregelung sollte diesen Unter- schied transparent machen. Aus der Perspektive der Kursleiter/-innen wiederum hat man es mit einer neuartigen Form von Arbeit zu tun, soweit sie Phasen des Onlinelernens begleitet, die als online-Unterricht bezeichnet wird. Auch diese Arbeiten sind in den gegenwärtig geltenden Honorarbestimmungen nicht erfasst und bewer- tet. Hier wäre eine Ergänzung bzw. Neufassung mittelfristig erforderlich, damit auf eine Auswei- tung offener und flexibler Programmangebote adäquat reagiert werden kann. Für die Modell- phase haben die Leitungen der mitwirkenden Volkshochschulen auf eine „Experimentier- klausel“ zurückgegriffen, auf deren Grundlage die Durchführung offener Angebote möglich wurde.

Neue Anforderungen ergaben sich an bereichs- übergreifende Planungs- und Abstimmungs- prozesse und zwar vor allem zwischen dem Programmbereich Fremdsprachen und Arbeit und Beruf, um z.B. die Verfügbarkeit und Betreuung der technischen Infrastruktur zu sichern. Trotz räumlicher und institutioneller

Nähe musste festgestellt werden, dass bereichs- übergreifende Planungs- und Abstimmungs- prozesse eher die Ausnahme darstellten und nicht zum alltäglichen Handeln der Institution zählten.

Im Unterschied zu traditionellen Kursen waren bei den neuen Angeboten aufgrund ihrer flexi- blen, medial gestützten Anlage umfangreichere inhaltliche Abstimmungsprozesse zwischen Programmbereichsleiter/-innen und Kursleiter/- innen erforderlich. Das hatte seine Ursache darin, dass sich die neuen Angebote grundsätz- lich dadurch von traditionellen Angeboten unterschieden, dass kein Erfahrungswissen an den Einrichtungen vorlag, auf das zurückgegrif- fen werden konnte. Die Lernarrangements wur- den nach Vorgaben der Programmbereichs- leiter/-innen (VHS Friedrichshain-Kreuzberg) oder mithilfe eines selbst konzipierten Konzepts (VHS Lichtenberg, VHS Friedrichshain-Kreuz- berg) durchgeführt. Geeignete Lehrkräfte muss- ten gefunden werden, die die neuen Angebote erproben sollten. PC-Einsatz und Verfügbarkeit sowie Anwendung von Lernsoftware und die Arbeit mit einer Lernplattform waren abzuspre- chen und zu organisieren. Schließlich war auch die Begleitung der Online-Offline-Phasen sicher- zustellen, die erheblich dichtere Absprachen- folgen und Abstimmungsprozesse erforderten.

Im Rahmen der intensivierten Kommunikation waren Schnittstellen und Aufgabenabgrenzun- gen bewusster zu praktizieren.

Bei der Umsetzung der neuen Lehr- und Lern- formen sind insbesondere freiberufliche Kurs- leiter und -leiterinnen mit erheblich veränderten (Kompetenz-)Anforderungen konfrontiert, für deren Bewältigung institutionelle Unterstützung erforderlich ist. Für eine dauerhafte Verankerung neuer Angebotsformen sind begleitende Ange- bote zur Fortbildung und Qualifizierung not- wendig. Neben der Gewinnung geeigneter Tutoren z.B. für E-Learning-Angebote richteten sich Aktivitäten der Einrichtungen darauf, einen internen kontinuierlichen Erfahrungsaustausch der Kursleiter/-innen zu innovativen Konzepten zu initiieren. Von den Institutionen wurde ange- regt und aktiv unterstützt, dass Multiplikatoren- schulungen und Fortbildungsangebote auf Länderebene, aber auch länderübergreifend in Fortbildungsprogramme aufgenommen werden.

Freiberufliche Dozenten werden verstärkt als wichtige innovative Ressource der Weiterbil- dungseinrichtungen gesehen. Aus organisatori- scher Sicht ist dieser Sachverhalt zu reflektieren,

(16)

da er das Rollenverständnis des hauptamtlichen Personals betrifft. Grundsätzlich ist im Ansatz festzustellen, dass flexible und offene Lern- angebote das Rollenverständnis beider funktio- naler Gruppen berühren bzw. in Bewegung brin- gen. Die scharfe Trennung zwischen disponie- render und durchführender Ebene wird durch- brochen von dem Erfordernis prozessorientierter Abstimmungsmodalitäten.

Einrichtungsintern wurden Vereinbarungen und Finanzierungsregelungen getroffen, um zeitnah nachfrageorientiert zu reagieren und den erhöh- ten Aufwand für die individuelle Lernbegleitung sowie für den Zeitaufwand zur Betreuung der technischen Infrastruktur abzusichern, aber auch um den besonderen Bedingungen bei der Erprobung innovativer Kurskonzepte Rechnung zu tragen (Anwendung einer „Experimentier- klausel“).

Die durch IT-Technik mögliche räumlich-zeitliche Flexibilität des Lernens, aber auch Anforderun- gen an bedarfsgerechtes „just-in-time“-Lernen

für eine heterogene Teilnehmer-Struktur ermög- lichen und erfordern es, Kurskonzepte verschie- dener Einrichtungen aufeinander abgestimmt anzubieten. Diese neuen Lernarrangements drängen stärker auf die Vernetzung der Einrichtungen untereinander und auf ein arbeit- steiliges Vorgehen. Erste Ansätze zeigten sich in dieser Hinsicht im Rahmen von SeLOG beispiel- haft zwischen der VHS Friedrichshain-Kreuzberg und der VHS Lichtenberg, etwa im Hinblick auf die Abstimmung ergänzender Angebote und bei Schwerpunktbildungen.

Als weiterführende perspektivische Entwick- lungsanforderungen werden von den beteiligten Einrichtungen überregionale Berlin-Brandenbur- gische Abstimmungsprozesse und Kooperations- strukturen zu Lernangeboten, zur Sicherung einer bedarfsgerechten Qualifizierung sowie zur langfristigen Entwicklung eines gemeinsamen

„Dozentenpools“ für erforderlich gehalten.

3.2 Politische Bildung

Die gemeinsame Durchführung des BLK-Pro- jekts hatte auch zum Ziel, die Zusammenarbeit und die Praxis vernetzten Arbeitens von Weiter- bildungseinrichtungen im überregionalen Kontext zu fördern. Durch die Zusammenarbeit in der Brückenregion nahm dieser Gedanke seine konkreteste Gestalt an. Sie wurde geplant, um die Zusammenarbeit der in einem engen Verflechtungsraum von Stadt und Land tätigen Weiterbildungseinrichtungen zu fördern. An- knüpfungspunkt dafür bot das von der VHS Oder-Spree in Fürstenwalde bereits begonnene Projekt „Moritat“, das von der Volkshochschule des an den Landkreis angrenzenden Bezirks Treptow-Köpenick mit eigenen Schwerpunkten im Rahmen des Projekts SeLOG aufgegriffen und mit Partnern parallel durchgeführt werden sollte. Installiert wurde eine gemeinsame Ent- wicklungsgruppe, die der konzeptionellen Re- flexion und dem Erfahrungsaustausch nutzte.

Wegbereitend dafür waren zwei länderüber- greifende Workshops, die der gemeinsamen Projektentwicklung dienten. Die nachfolgenden Berichte zeigen, dass gleichwohl bei identischen

Zielgruppen durchaus je eigene Schwerpunkt- setzungen erfolgten und unterschiedliche Wege der Entwicklung und Realisierung beschritten wurden.

3.2.1 Ländlicher Bereich:

Landkreis Oder-Spree, Brandenburg

Einrichtung

Initiator des Projekts „Moritat“ war die Volks- hochschule Oder-Spree (VHS), eine Weiterbil- dungseinrichtung in öffentlicher Trägerschaft, die nach dem Brandenburgischen Weiterbil- dungsgesetz anerkannt ist. Die VHS Oder-Spree arbeitet an drei Regionalstellen in Fürstenwalde, Beeskow und Erkner. In einem Regionalverbund arbeitet die VHS zusammen mit den Volks- hochschulen der Stadt Frankfurt (Oder) und der Stadt Eisenhüttenstadt. Im Landkreis Oder-Spree leben rund 195.000 Menschen; der Landkreis wird im Westen durch den Berliner Bezirk

(17)

Projektdurchführung Politische Bildung

Ländlicher Bereich Treptow-Köpenick und im Osten durch die

Republik Polen begrenzt. Die Einwohnerdichte liegt im Durchschnitt bei 87 Einwohner pro qkm, ist jedoch im Osten des Landkreises weit- aus niedriger. An der VHS arbeiten drei haupt- amtliche Mitarbeiter, die zusammen mit etwa 100 nebenamtlichen Kursleitern ca. 8.000 Unter- richtsstunden in mehr als 200 Kursen vorhalten.

Zielsetzung

Die VHS-Oder-Spree war bereits im Vorfeld des Projekts SeLOG im Fachbereich Gesellschaft mit verschiedenen Veranstaltungsformen in der poli- tischen Bildung engagiert und mit der Ent- wicklung des Projekts „Moritat“ befasst. Mit dem Projekt „Moritat“ setzte die VHS einen wichtigen Schwerpunkt in der politischen Bildung. Akti- viert werden sollte durch das Projekt die Ausein- andersetzung mit Ausländer- und Fremden- feindlichkeit, die in der zweiten Hälfte der 90er- Jahre gravierende Formen angenommen hatte, sodass die Landesregierung Brandenburg im Sommer 1998 das Handlungskonzept gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit „Tolerantes Brandenburg“ beschloss. Zielgruppe des Projekts

„Moritat“ waren insbesondere junge, engagierte Erwachsene und Jugendliche, die sich gegen Hass und Gewalt verhalten wollten. „Moritat“

integrierte sich mit seinem Vorhaben in den Ansatz des Projekts SeLOG. Von der Einbettung in den Projektkontext SeLOG versprachen sich die Akteure neben der Unterstützung bei der konzeptionellen Arbeit und Durchführung des Projekts sowie der Qualifizierung der Lernbe- gleiterinnen und Lernbegleiter auch eine Verbesserung der materiellen Ausstattung und eine Aufwertung ihres Vorhabens.

„Moritat“ thematisierte in spezifischer Weise den Komplex der Ausländer- und Fremdenfeindlich- keit, der in den vergangenen Jahren aufgrund erheblicher Vorkommnisse immer wieder Gegenstand der öffentlichen Berichterstattung im Landkreis und der Auseinandersetzung der jungen Erwachsenen war. Damit knüpfte die politische Bildung an aktuellen gesellschaftli- chen Konfliktkonstellationen an und bot den Lernenden die Möglichkeit, ihre Lernprozesse durch eigene Akzentsetzung anzustoßen. Zu- gleich intendierte das Konzept „Moritat“ durch die Methode der Theatralisierung und Konfron- tation in öffentlichen Auftritten das herauszu- fordern, durch Initiierung von Gesprächen zu informieren und zum Überdenken von Einstel- lungen zu bewegen. Das Projekt wollte „öffent- lich Flagge zeigen“, um damit zur Sensibilisie-

rung und Mobilisierung der Bevölkerung in der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit beizutragen.

Arbeitsprozesse

Die VHS als Träger des Projekts „Moritat“ ko- operierte mit verschiedenen örtlichen Einrich- tungen der Jugend- und Kulturarbeit, der Fürstenwalder „Plattform gegen Rechts“ und dem Geschwister-Scholl-Gymnasium. Dem Kon- zept der Brückenregion entsprechend war die VHS Kooperationspartner des Berliner Stand- ortes Treptow-Köpenick, an dem sich ebenfalls ein Arbeitsschwerpunkt politische Bildung ent- wickelte. Die Zusammenarbeit der Partner erfolgte in der einrichtungsübergreifenden Ent- wicklungsgruppe der Brückenregion, die den organisatorischen Rahmen für den fachlichen Austausch bot. Die standortbezogene Projekt- arbeit erfolgte in regelmäßigen wöchentlichen Arbeitstreffen. Durch Moritat-Rundbriefe wurde der Informationsfluss gesichert und die Kom- munikation sowie das Zusammengehörigkeits- gefühl wurden gestärkt. Durch die schriftliche Zusammenfassung der Arbeitstreffen, die Nen- nung offener Fragen, Betrachtungen zur Nach- bereitung, Klärung organisatorischer Fragen wirkte die Volkshochschule strukturierend und stabilisierend.

Das Team der Lernbegleiter setzte sich zusam- men aus dem Leiter der VHS, einem Theater- pädagogen sowie aus zwei weiteren Mitarbei- tern, die je nach Bedarf die Erarbeitung der musikalischen und künstlerischen Gestaltung begleiteten. Die beim Projektträger SeLOG Brandenburg beschäftigte Mitarbeiterin nahm ebenfalls an den wöchentlichen Arbeitstreffen teil.

Da das Projekt Bestandteil der Volkshochschul- arbeit war, fand das selbstgesteuerte Lernen innerhalb eines institutionellen Rahmens statt.

Der Rahmen für die inhaltliche Arbeit und das methodische Vorgehen wurde durch die Akteure selber gesteckt. Während das Ziel – Erarbeitung einer Moritat zum „Thema Fremden- und Ausländerfeindlichkeit“ – zu Beginn des Projekts durch die Projektdefinition vorgegeben war, bestimmten die Lernenden die Inhalte, das methodische Vorgehen und die Organisations- formen selbst oder intervenierten im Sinne einer

„Nachsteuerung“. In der Anfangsphase erfolgte aufgrund der inhaltlichen Auseinandersetzung eine Zielkorrektur, mit der das ursprüngliche

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