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Archiv "Der Arzt im Spannungsfeld der Gesetzgebung" (25.04.1974)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen TAGUNGSBERICHT

Dr. Herbert Micka:

Gesetze auf dem Prüfstand In seinem berufspolitischen Haupt- referat anläßlich des XXII. Interna- tionalen Fortbildungskongresses der Bundesärztekammer vom 10.

bis 23. März 1974 in Davos vermit- telte Dr. med. Herbert Micka, Präsi- dent der Ärztekammer des Saar- landes und Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer, eine umfas- sende Tour d'horizon durch die neue Gesetzgebung und unterzog sie gleichzeitig einer berufspoliti- schen Wertung. Er begann mit dem Eichgesetz vom 1. Juli 1969, das eine umfassende „Qualitätskontrol- le" mit sich gebracht hat. Nachdem klinisch-chemisch quantitative Un- tersuchungen heute in großem Um- fange von freipraktizierenden Ärz- ten durchgeführt werden, erfaßt das Eichgesetz — so Dr. Micka — alle Arztpraxen, die diese Untersu- chungen durchführen. In verschie- denen Publikationen werde ver- sucht, die Arbeit der niedergelas- senen Ärzte dadurch abzuwerten, daß man vor allem deren diagnosti- sche Arbeitsergebnisse in Zweifel ziehe. Dabei würden Laboruntersu- chungen positiv herausgestellt in der Absicht, sie der Arztpraxis zu entziehen und entweder in medizi- nisch-technischen Zentren durch- führen zu lassen oder die vorstatio- näre Diagnostik durch die Kran- kenhäuser auszudehnen. Dabei werde allerdings übersehen, daß damit keinesfalls eine Verbesse- rung der Qualität der Leistungen garantiert werde, ganz abgesehen davon, daß die Krankenhäuser nach ihrer heutigen Struktur und personellen Besetzung gar nicht in

der Lage seien, diese Aufgaben zu- sätzlich zu übernehmen. Der Refe- rent wies darauf hin, daß sowohl die Kassenärztliche Bundesvereini- gung als auch die überwiegende Zahl der Kassenärztlichen Vereini- gungen bereits längst Maßnahmen zur internen und externen Quali- tätssicherung getroffen hätten, die zu einer Verbesserung der Lei- stungsfähigkeit des Labors führten und die auf den Richtlinien der Bundesärztekammer aufbauten.

Zwei Abschnitte der Qualitätssicherung

Über den Inhalt des neuen Geset- zes führte Dr. Micka aus: „Quali- tätskontrolle und Ringversuche sind dort vorgeschrieben, wo die Untersuchungsvorgänge nicht mehr mit reinen Volumenmessun- gen laufen. Die Qualitätssicherung besteht also aus zwei Abschnit- ten, der sogenannten laborinternen Qualitätssicherung und der exter- nen Qualitätssicherung in Ringver- suchen." Der Vorteil für den Arzt besteht darin, daß er erkennt, wie groß die Schwankungen seiner Er- gebnisse im Laufe des Beobach- tungszeitraums sind, und er kann dann, wenn nötig, die Zuverlässig- keit seiner Analyse überprüfen und Korrekturen vornehmen. Dies ge- schieht intern im Labor. Bei dem sogenannten Ringversuch werden dem Arzt Kontrollproben zuge- schickt mit dem Auftrag, darin vor- gegebene Bestandteile quantitativ zu bestimmen. Die Ergebnisse wer- den an die Versuchsleitung ge- sandt und von dieser statistisch ausgewertet.

In der täglichen Arbeit muß sich der Arzt in Krankenhaus und freier Praxis mit einer Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen herumschla- gen, die unmittelbar oder nur mittelbar die ärztliche Berufs- ausübung berühren und be- einflussen. Allein in den ver- gangenen Wochen und Mo- naten wurde die Ärzteschaft mit einem Konvolut neuer Paragraphen konfrontiert, die zum Teil kurzfristig bereits in Kraft getreten sind oder aber in den kommenden Wochen Gesetzeskraft erlangen wer- den. Krankenhausgesetze vom Bund und den Ländern, die Bundespflegesatzverordnung, das Eichgesetz, das Betriebs- ärztegesetz, die Betäubungs- mittelverschreibungs -Verord- nung und ebenso der Entwurf eines Facharztgesetzes sind hier an vorderster Stelle zu nennen. Was not tut, ist eine umfassende und schnelle In- formation über den ärztlich relevanten Inhalt der neuen Gesetze, um sie schnell und reibungslos in die tägliche Praxis umzusetzen.

Qualitätskontrollen — für Ärzte nichts Neues

Eines hob Dr. Micka besonders hervor: Bei den Ringversuchen gibt es keine staatliche Kontrolle. Die Durchführung ist also voll auf die Organe der ärztlichen Selbstver- waltung übertragen; diese sind auch berufen, die Beratung im An- schluß und im Zusammenhang mit den Ringversuchen zu organisie- ren. Im Grunde beinhaltet das neue Eichgesetz für die Ärzte nichts Neues, denn, so Dr. Micka: „Durch dieses Gesetz wird nur in Paragra- phen gebracht und vorgeschrie- ben, was für uns Ärzte nichts Neu- es ist, denn nicht wenige Labors von Ärzten in der Bundesrepublik machen bereits seit Jahren diese Qualitätskontrollen, benutzen Kon-

Der Arzt im Spannungsfeld der Gesetzgebung

Berufspolitisches Hauptthema beim

XXII. Internationalen Fortbildungskongreß der Bundesärztekammer in Davos

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 17 vom 25. April 1974 1267

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen

Fortbildungskongreß Davos

trollseren, arbeiten mit statistischer Qualitätskontrolle. Einige Labors nehmen bereits regelmäßig an den Ringversuchen teil."

Aktiv-Seite überwiegt

Insgesamt gesehen, ist das Eichge- setz aus ärztlicher Sicht positiv zu werten: Zwar bringt es erhöhte Kosten und vermehrten Verwal- tungsaufwand mit sich, doch schla- gen sich auf der Aktivseite wichti- ge Vorteile nieder wie z . .S. die Ver- gleichbarkeit der Laborergebnisse und Wegfall von Wiederholungen, wenn fremde Untersuchungsergeb- nisse bereits vorliegen.

Röntgenverordnung nimmt zuwenig Rücksicht auf die Praxis

Seit dem 1. September 1973 sieht sich die Ärzteschaft mit der soge- nannten Röntgenverordnung kon- frontiert. Die neue Verordnung um- faßt praktisch den gesamten Be- reich der Anwendung und Erzeu- gung von Röntgenstrahlen. Die Vorschriften dienen, so Dr. Micka, einerseits dem Schutz der bei der Anwendung tätigen Personen und andererseits dem Schutz von Pa- tienten, die zu diagnostischen und therapeutischen Zwecken Röntgen- strahlen ausgesetzt sind. Um dem Gesetz trotz der ziemlich kurzfristi- gen Terminierung Rechnung zu tragen, seien Bundesärztekammer und Landesärztekammern bemüht, so schnell wie möglich Strahlen- schutzveranstaltungen durchzufüh- ren.

Einmal abgesehen von den not- wendigen Auflagen, sich als rönt- genologisch tätiger Arzt den ver- schiedenen Anmelde- und Regi- strierungsvorschriften zu unterwer- fen, kritisierte Dr. Micka aus seiner Sicht, daß die Verordnung "weit über das notwendige und zulässige Maß" hinausgehe und zuwenig Rücksicht auf die Bedürfnisse und den Arbeitsablauf in der ärztlichen Praxis nehme.

Haken und Ösen

der Bundespflegesatzverordnung Auch die am 1. Januar 1974 in Kraft getretene Bundespflegesatzverord- nung hat nach Ansicht Dr. Mickas eine Menge Haken und Ösen. Er verwies dabei auf die einschlägige Stellungnahme der Bundesärzte- kammer zum § 6 der Bundespflege- satzverordnung, wonach die bei- derseitig vereinbarten Rechte und Pflichten aus Chefarztverträgen, die vor dem 1. Juli 1972 geschlos- sen worden sind, auch nach ln- krafttreten der neuen Verordnung weiterbestehen. Wenn nun einzel- ne Landesgesetzgeber und Kran- kenhausträger die zwingenden Vorschriften des Bundesgesetzes zu unterlaufen suchten, so sollten die betroffenen Ärzte mit aller Ent-

Dr. Herbert Micka, Präsident der Ärz- tekammer des Saarlandes und Mit- glied des Vorstandes der Bundesärzte-

kammer Foto: Archiv

schiedenheil den Anfängen wehren (siehe hierzu auch DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 8/1974, Seite 503 ff).

Dr. Micka betonte, daß das neue Recht nicht nur die Position der Chefärzte verschlechtere, sondern vielmehr auch tief in die innere Struktur des gesamten ärztlichen Dienstes eingreife. Es besteht kein Zweifel: Die Position der Krankenhausadministration wurde, wie die bereits verabschiedeten Krankenhausgesetze der Länder

1268 Heft 17 vom 25. April1974 DEUTSCHES ARZTEBLATI'

beweisen, zuungunsten der Ärzte- schaft über Gebühr verstärkt.

Mängel des

Facharzt-Gesetzentwurfs

Der Gesetzentwurf zur Neugliede- rung des Facharztwesens stößt ärztlicherseits auf wenig Gegenlie- be, wie in Davos nicht nur im be- rufspolitischen Referat Dr. Mickas, sondern auch anläßlich des Sozial- medizinischen Kollegs und des Chefarztseminars mehrfach betont wurde. Dr. Micka faßte vor den ärztlichen Zuhörern in Davos noch einmal die wesentlichen Kritik- punkte der Ärzteschaft zusammen:

~ Ärztliche Bedenken gelten vor allem dem Trend, die Weiterbil- dung via Gesetz in eine Ausbil- dung umzufunktionieren. Dadurch bestehe die Gefahr, daß die Einheit des Arztberufes aufgespalten wird, daß die Vertreter der einzelnen Fachgebiete zu Vertretern selb- ständiger Ärzteberufe werden.

~ Micka kritisierte weiter, daß ne- ben der Ermächtigung von Ärzten auch die Zulassung von Kranken- häusern als Weiterbildungsstätten vorgesehen ist.

~ Durch das vorgesehene Prü- fungsverfahren könne nicht der Nachweis praktischer Erkenntnisse und Erfahrungen erbracht werden.

Ob ein Arzt die Facharztreife besit- ze, ließe sich nur am Krankenbett, am Operationstisch oder im Um- gang mit Kranken beurteilen, mein- te der Vortragende.

~ Der Facharzt müsse sich auch weiterhin grundsätzlich auf sein Fachgebiet beschränken, damit Ärzteschaft und Patienten die Ge- währ haben, daß jeder behandeln- de und überweisende Arzt sich streng .an seine Fachgebietsgren- zen hält. Insgesamt sieht Micka die Gefahr am Horizont heraufziehen, daß in den einzelnen Ländern un- terschiedliche Kammergesetze er- lassen werden mit der Folge, daß unterschiedliche Qualifikationen

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der einzelnen Fachärzte daraus re- sultieren. Dies gelte es aber mit al- len Mitteln zu verhindern.

Betriebsärztegesetz — Chance für junge Mediziner!

Eine wesentlich bessere Note er- teilte Micka dem sogenannten Ar- beitssicherheitsgesetz, das zwar nicht in allen Einzelheiten den ärzt- lichen Vorstellungen entspräche, das aber immerhin die Vorausset- zung für eine wirksamere und brei- tere arbeitsmedizinische 'Versor- gung biete. Zudem eröffne es dem jungen Arzt die Möglichkeit, ein noch relativ unbeackertes und jun- ges Arbeitsgebiet zu wählen, das in der betrieblichen Praxis viele Ent- faltungsmöglichkeiten bieten kann.

Allerdings dürfe die Berufswahl und die Tätigkeit als Betriebsarzt nicht dadurch von vornherein belastet und erschwert werden, daß die berufli- che Unabhängigkeit und das Ver- trauensverhältnis — sei es von sei- ten der Arbeitgeber, der Gewerk- schaften oder der Berufsgenossen- schaften — zum Nachteil aller in Frage gestellt wird.

Schließlich informierte Micka noch über Einzelheiten der am 1. April 1974 in Kraft getretenen Betäu- bungsmittel-Verschreibungsverord- nung. Micka meinte, daß sich die Nachweisvorschriften sowie die Verwendung der neuen Rezepte nach einer gewissen Anlaufzeit er- fahrungsgemäß bewähren dürften.

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Fortbildungskongreß Davos

Blick in den Großen Saal des neuen Kongreßzentrums in Davos während des Berufspolitischen Hauptreferats am 13. März 1974 Foto: DÄ Rechts- und standeswidriges

Verhalten einiger Außenseiter Das Vorgehen verschiedener Berli- ner Ärzte, die Veröffentlichung des Nachrichtenmagazins „Der Spie- gel" sowie die seinerzeit geplante Ausstrahlung eines Abtreibungsfil-

mes im Rahmen der NDR-Sendung

„Panorama" gaben Kammerpräsi- dent Dr. Herbert Micka Veranlas- sung, auch namens der Bundesärz- tekammer energischen Protest zu erheben. Straftaten müßten von der Staatsanwaltschaft konsequent ver- folgt werden; sie verstießen zudem gegen die Berufsordnung, sagte er

unter dem Beifall der zahlreichen Zuhörer. Er selbst sprach von ei- nem rechts- und standeswidrigen Verhalten und meinte: „Ich hoffe, daß unser Staat noch in der Lage ist, diese kriminelle Handlung ge- richtlich zu bestrafen. Die Berliner Ärztekammer muß ein Berufsge- richtsverfahren gegen diese Ärzte einleiten."

Und im Hinblick auf viele in die ärztliche Berufsarbeit eingreifen- de Gesetzesvorhaben meinte Dr.

Micka: „Bekämpfen werden wir aber schärfer als bisher alle ideo- logisch motivierten Reformen, die nicht der Verbesserung der ärztli- chen Versorgung unserer Bevölke- rung dienen, sondern der Durch- setzung gesellschaftlicher Grund- sätze, die wir ablehnen."

(Über das Berufspolitische Kollo- quium anläßlich des Fortbildungs- kongresses in Davos berichtet das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT in einem der nächsten Hefte.) Dr. H. Clade

1270 Heft 17 vom 25. April 1974 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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