genommen hatte, daß sich Klagen über das Verhalten von Reportern gegenüber schutzbedürftigen Perso- nen häuften, hat er eine Richtlinie in den Kodex aufgenommen, die be- sagt, daß die besondere Situation von Menschen, die sich nicht im Voll- besitz ihrer geistigen oder körperli- chen Kräfte befinden (zum Beispiel Patienten), nicht gezielt zur Informa- tionsbeschaffung ausgenutzt werden darf.
Streitfall „Ranglisten“
Für Zündstoff zwischen Medizi- nern und Presse sorgen sicherlich auch immer wieder positive Berichte über einzelne Ärzte oder sogenann- te Ranglisten. Durch das in der Be- rufsordnung verankerte Werbever-
bot für Mediziner entstehen für die dabei genannten Ärzte Publizitäts- und Wettbewerbsvorteile gegenüber ihren Kollegen. Daß derartige Be- richte bei diesen auf wenig Gegen- liebe stoßen, ist natürlich verständ- lich. Gleichwohl überlagern hier die öffentliche Aufgabe der Presse und das Interesse der Leser die Interes- sen des einzelnen. Die Medien ha- ben das Recht und die Pflicht, über nach ihrer Ansicht herausragende Mediziner und ihre Leistungen zu berichten, da der Leser solche In- formationen braucht, um sich um- fassend unterrichten zu können.
Eine derartige Berichterstattung ist also zulässig und wünschenswert, auch wenn sie nicht immer nach völlig objektiven Kriterien erfolgen kann.
Arno H. Weyand Deutscher Presserat Postfach 71 60 53071 Bonn A-712
P O L I T I K LEITARTIKEL/AKTUELL
(20) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 13, 27. März 1998 l Detaillierte Informationen
über die Aufgaben und die Ar- beitsweise des Deutschen Presse- rats können bei der Geschäftsstel- le (Postfach 71 60, 53071 Bonn, Telefon 02 28/98 57 20) oder im Internet unter der Adresse http://www.presserat.de abgeru- fen werden.
elten sie nun als Arzneimittel oder als Lebensmittel? So recht weiß offensichtlich hierzulande niemand, ob sogenannte Nahrungsergänzungsmittel im Zwei- felsfall eher der Ernährung oder der Gesundheit dienen. Eine rechtlich eindeutige Zuordnung sei aber drin- gend notwendig, forderte Rechts- anwalt Wolfgang Reinsch auf dem Deutschen Pharma Recht Tag 1998 in Frankfurt: „Zumal nach gel- tendem Recht ein zum Verzehr be- stimmter Stoff entweder nur Le- bensmittel oder Arzneimittel sein kann.“
Erste Schritte sind getan. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat bereits vor einiger Zeit ei- nen Verordnungsentwurf über Nah- rungsergänzungsmittel vorgelegt. Da- nach werden diese den Lebensmitteln zugerechnet, da sie der „Ergänzung der Ernährung“ dienen.
Klare Kriterien zur Abgrenzung fehlen
Die Vorlage des BMG listet nach Aussage von Reinsch nur eine be- grenzte Auswahl von Aminosäuren, Mineralstoff- und Vitaminverbindun- gen auf und gibt Empfehlungen zur Dosierung. Kriterien für eine klare Abgrenzung von Zweifelsfällen fehl- ten nach wie vor.
Die deutsche Lebensmittelwirt- schaft schlägt hingegen vor, Hinweise auf die Darreichungsform – zum Bei- spiel Kapseln, Sirup, Tabletten – in die Definition aufzunehmen. Aufgrund der bestehenden Unklarheiten sei der Entwurf des BMG deshalb bis auf weiteres auf Eis gelegt worden.
Wenig hilfreich scheint Reinsch auch der umgekehrte Weg über die Definition des Arzneimittelbegriffs
im Arzneimittelgesetz (AMG). Das AMG bestimme zwar eindeutig den Zweck eines Arzneimittels, nämlich
„Krankheiten, Leiden, Körperschä- den oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen“.
Wissenschaft und Recht nicht immer einig
Zugleich wies der Jurist darauf hin, daß die Rechtsprechung häufig einen von der Wissenschaft abwei- chenden Standpunkt einnehme, wel- che Kriterien für die Zweckbestim- mung zugrunde gelegt werden sollen.
Zusammensetzung und Verwen- dungsmöglichkeit eines Erzeugnisses würden im Zweifelsfall gleichgesetzt mit seiner Form, Aufmachung, Dar- reichungsart, Menge oder auch dem Preis, erklärte Reinsch. So entstünden Urteile wie das des Bundesgerichts- hofs vom 19. Januar 1995, nach dem Knoblauchmazerat enthaltende Ge- latinekapseln als Arzneimittel de- klariert werden müssen, weil sie in Blisterstreifen abgepackt sind. Den Bürger werde im Zweifel also glauben gemacht, er leiste mit dem Kauf und Verzehr von Nahrungsergänzungs- mitteln einen eigenverantwortlichen Beitrag für seine Gesundheit.
Der Jurist enttäuschte auch Hoffnungen auf eine europäische Lösung: „Der Europäische Gerichts- hof verweist bei dieser Fragestellung nach wie vor auf die nationalen Be- hörden.“ Mittelfristig sei keine EU- einheitliche Regelung zu erwarten.
„Und wenn, dann wird allenfalls ein Kompromiß zwischen den in einigen Ländern äußerst restriktiven und in anderen Ländern eher liberalen Re- gelungen angestrebt“, prophezeite Reinsch. Petra Spielberg