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Archiv "Prävalenz und prognostische Bedeutung von Beinahe-Synkope und Synkope" (21.03.2014)

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(1)

ORIGINALARBEIT

Prävalenz und prognostische Bedeutung von Beinahe-Synkope und Synkope

Prospektive Erhebung von 395 Fällen in einer Notaufnahme (SPEED-Studie)

Yvonne Greve, Felicitas Geier, Steffen Popp, Thomas Bertsch, Katrin Singler, Florian Meier, Alexander Smolarsky, Harald Mang, Christian Müller, Michael Christ

ZUSAMMENFASSUNG

Hintergrund: Die prognostische Bedeutung einer Beinahe-Synkope ist unzurei- chend charakterisiert.

Methode: Prospektiv wurden Daten erhoben zu konsekutiven Notfallpatienten mit Synkope (kurzzeitiger Bewusstseinsverlust üblicherweise mit Tonusverlust) oder Beinahe-Synkope (Patient berichtet über drohende Synkope, ohne Be- wusstseins- und Tonusverlust) hinsichtlich Prävalenz, Ätiologie und Prognose (SPEED-Studie). Das Follow-up erfolgte nach 30 Tagen und 6 Monaten.

Ergebnisse: Vom 17. 7. bis 31. 10. 2011 stellten sich 395 (3 %) Notfallpatienten mit dem Beschwerdebild einer Synkope oder Beinahe-Synkope vor (Alter: 70 Jahre [Median], 55 % Männer; 38 % Beinahe-Synkope). Patienten mit Beinahe- Synkope waren jünger (63 Jahre versus 72 Jahre [Synkope]; p < 0,014). Bei Patienten mit Beinahe-Synkope war der Anteil von Männern höher als bei Patienten mit Synkope (63 % versus 49 %, p = 0,006). Die Patientengruppen wiesen keine Unterschiede hinsichtlich der erhobenen Labor- und Vitalparame- ter sowie der Begleiterkrankungen auf. Synkope-Patienten wurden häufiger hospitalisiert (86 % versus 70 %; p < 0,001). Patienten beider Gruppen zeigten eine ähnliche Verteilung der Ätiologie in Bezug auf Reflexsynkope, orthostati- sche Synkope, kardiale Synkope und unklare Synkope. Insgesamt traten bei 123 von 379 Patienten (32 %) unerwünschte Ereignisse im Zeitraum von 30 Tagen auf. In der multivariablen logistischen Regression waren Alter, Herz- frequenz und Nierenfunktionsstörungen unabhängige Prädiktoren für un - erwünschte Ereignisse, wohingegen die Art der Synkope kein Prädiktor war.

Schlussfolgerung: Patienten mit Beinahe-Synkope unterscheiden sich kaum von Patienten mit Synkope. Patienten beider Gruppen sollten daher eine ähnli- che diagnostische Evaluation erhalten.

►Zitierweise

Greve Y, Geier F, Popp S, et al.: The prevalence and prognostic significance of near syncope and syncope—a prospective study of 395 cases in an emergency department (the SPEED Study). Dtsch Arztebl Int 2014; 111(12): 197–204.

DOI: 10.3238/arztebl.2014.0197

E

ine Synkope ist definiert als ein vorübergehen- der Bewusstseinsverlust aufgrund einer kurz- zeitigen globalen zerebralen Minderperfusion, die mit einem Verlust des Muskeltonus einhergehen kann (1, 2). Obwohl viele Ursachen einer Synkope gutartig und selbstlimitierend sind, sind einige Er- eignisse mit einer signifikanten Morbidität und Sterblichkeit assoziiert (1, 3–5). Bis zu 3 % der Be- suche einer Notaufnahme erfolgen wegen einer Syn- kope (6–8), und mehr als 70 % betroffener Patienten werden in Deutschland stationär aufgenommen (5).

Schwerwiegende Ereignisse wie die Notwendigkeit einer Intervention (zum Beispiel einer Kardioversi- on, Defibrillator- oder Schrittmacherimplantation oder einer endoskopischen Intervention) beziehungs- weise der Tod treten während einer 30-tägigen Nachbeobachtungszeit häufig auf (zwischen 5 % und 23 % der Fälle) (4, 9–13).

Während die Vorgehensweisen bei einer Synkope in aktuellen Leitlinien ausführlich dargestellt sind (1, 2), ist die Vorgehensweise bei einer Beinahe-Syn- kope wenig standardisiert. Bei einer Beinahe-Synko- pe berichtet der Patient über eine „drohende Synko- pe“, ohne dass Bewusstlosigkeit oder ein muskulärer Tonusverlust eintreten. Das Fehlen einer klaren Defi- nition einer Beinahe-Synkope umfasst eine Unschär- fe in der Diagnosestellung, weshalb Daten zur Häu- figkeit und Prognose einer Beinahe-Synkope fehlen.

Vereinzelt wurden in Studien zu Synkopen Patienten mit Beinahe-Synkope eingeschlossen (6, 14–18). In einem Großteil der Studien werden Patienten mit Beinahe-Synkope vermutlich aufgrund der unschar- fen Definition ausgeschlossen (4, 8, 9, 19).

In der klinischen Praxis wird häufig bei betroffe- nen Patienten die Frage gestellt, ob eine komplette Bewusstlosigkeit eingetreten war. Die Autoren haben dazu Kollegen befragt: Die überwiegende Meinung der Befragten war, dass das Nichtvorliegen einer Bewusstlosigkeit in diesem Kollektiv mit einer güns- tigeren Prognose assoziiert sei. Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, die Häufigkeit und Ursachen der Beinahe-Synkope in einer deutschen Notaufnah- me sowie deren prognostische Bedeutung zu analy- sieren.

Klinik für Notfall- und Internistische Intensivmedizin, Klinikum Nürnberg:

Greve, Geier, Dr. med. Popp, Smolarsky, Prof. Dr. med. Christ

Institut für Klinische Chemie, Laboratoriumsmedizin und Transfusionsmedizin, Klinikum Nürnberg:

Prof. Dr. med. Bertsch

Masterstudiengang M. Sc. Medical Process Management, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg:

Geier, Prof. Dr. med. Mang

Klinik für Geriatrie, Klinikum Nürnberg: PD Dr. med. Singler

Lehrstuhl für Gesundheitsmanagement, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg:

Dipl.-Sozialwirt Meier

Departement Innere Medizin, Universitätsspital Basel, Schweiz: Prof. Dr. med.Müller

(2)

Methoden

Studiendesign, Patienten

Die Autoren führten zwischen dem 17. Juli und 31. Ok- tober 2011 eine prospektive Erhebung zur Evaluation von konsekutiven Patienten mit Synkope beziehungs- weise Beinahe-Synkope („Syncope Patient Evaluation in the Emergency Department“, SPEED) in der Notauf- nahme eines Krankenhauses der Maximalversorgung durch (circa 90 000 Notfallpatienten/Jahr). Es erfolgten keine studienspezifischen Interventionen. Die Einwilli- gung der Patienten für diese den Datenschutz berück-

sichtigende Qualitätserhebung ist durch die Allgemei- nen Vertragsbedingungen gegeben (AVB § 14 Abs. 4).

Das Projekt wurde in dieser Form von der Ethikkom- mission als ethisch unbedenklich bewertet und ist bei

„clinicaltrials.gov“ registriert (ID NCT01916070). Im Rahmen der Nachbeobachtung wurde das Einverständ- nis zur mündlichen Befragung eingeholt. Die Deklara- tion von Helsinki wurde berücksichtigt.

Die erhobenen Untersuchungsvariablen richteten sich nach aktuellen Empfehlungen (1, 2, 4, 5). Begleit- erkrankungen wurden mittels Charlson-Komorbiditäts- TABELLE 1

Demografie und Charakteristika von Patienten, die sich wegen einer Synkope oder einer Beinahe-Synkope in der Notaufnahme vorstellten

*1 Unterschiede zwischen den Gruppen Synkope und Beinahe-Synkope sind signifikant (p ≤ 0,05) KHK = koronare Herzkrankheit; pAVK = periphere arterielle Verschlusskrankheit

Q1 = 25. Quartile, Q3 = 75. Quartile Variablen

männlich, n (%)*1 Alter, Jahre (Median)*1

> 70 Jahre,. n (%)*1

> 80 Jahre, n (%)*1 Vorgeschichte KHK, n (%) Arrhythmien, n (%) Herzinsuffizienz, n (%) pAVK, n (%)

Diabetes mellitus, n (%) Hypertonie, n (%)*1 Demenz, n (%) Lungenerkrankung, n (%) Tumor, n (%)

Niereninsuffizienz, n (%) Lebererkrankung, n (%) Vitalparameter Atemfrequenz, 1/min Herzfrequenz, 1/min systolischer Blutdruck, mm Hg

Sauerstoffsättigung, % Körpertemperatur, °C Laborparameter Leukozyten, 103/µL Hämoglobin, g/dL*1 Natrium, mmol/L Kalium, mmol/L Kreatinin, mg/dL Glukose, mg/dL

Kohorte (N = 395) 216 (55) 70 (Q1-Q3; 47–80)

191 (48) 93 (24)

76 (19) 81 (21) 80 (20) 22 (6) 91 (23) 237 (60)

45 (11) 41 (10) 52 (13) 121 (31)

8 (2)

16 (Q1–Q3; 14–18) 76 (Q1–Q3; 65–88) 135 (Q1–Q3; 120–152)

98(Q1–Q3; 96–100) 36,6 (Q1–Q3; 36,3–36,8)

8,2 (Q1–Q3; 6,6–10,1) 13,6 (Q1–Q3; 12,5–14,8)

136 (Q1–Q3; 134–137) 3,9 (Q1–Q3; 3,6–4,2) 0,99 (Q1–Q3; 0,8–1,26) 122 (Q1–Q3; 105–151)

Synkope (n = 242)

119 (49) 72 (Q1–Q3; 50–82)

130 (54) 66 (27)

46 (19) 51 (21) 49 (20) 14 (6) 57 (24) 155 (64)

30 (12) 29 (12) 30 (12) 76 (31) 3 (1)

16 (Q1–Q3; 14–18) 76 (Q1–Q3; 66–89) 135 (Q1–Q3 119–152)

98 (Q1–Q3; 96–100) 36,6 (Q1–Q3; 36,3–36,9)

8,3 (Q1–Q3; 6,6–9,7) 13,4 (Q1–Q3 ;12,2–14,7)

136 (Q1–Q3; 134–137) 3,9 (Q1–Q3; 3,6–4,2) 0,98 (Q1–Q3; 0,8–1,3) 122 (Q1–Q3; 105–160)

Beinahe-Synkope (n = 153)

97 (63) 63 (Q1–Q3; 53,5–78)

61 (40) 27 (18)

30 (20) 30 (20) 31 (20) 8 (5) 34 (22) 82 (54) 15 (10) 12 (8) 22 (14) 45 (29) 5 (3)

16 (Q1–Q3; 14–18) 75 (Q1–Q3; 64–86) 134 (Q1–Q3; 120–150)

98 (Q1–Q3; 96–100) 36,5 (Q1–Q3; 36,2–36,8)

8,1 (Q1–Q3; 6,5–10,5) 14,1 (Q1–Q3; 12,7–15) 136 (Q1–Q3; 134–137) 3,9 (Q1–Q3; 3,7–4,2) 1,20 (Q1–Q3; 0,83–1,24)

122 (Q1–Q3;105–145) p

0,01 0,01 0,01 0,03

0,88 0,73 0,99 0,81 0,88 0,04 0,43 0,19 0,76 0,23 0,17

0,27 0,10 0,69

0,06 0,20

0,93 0,04 0,56 0,44 0,80 0,54

(3)

Index (CCI) abstrahiert (20, 21), unvollständig doku- mentierte Fälle oder Fälle mit nichtsynkopaler Be- wusstlosigkeit wurden ausgeschlossen (eGrafik 1). Bei allen Patienten wurden folgende diagnostische Maß- nahmen standardisiert durchgeführt (5, 22):

Erhebung der Krankengeschichte

körperliche Untersuchung

Erhebung der Vitalparameter (einschließlich 12-Kanal EKG)

Routine-Laboruntersuchungen – kleines Blutbild

– Natrium – Kalium – Glukose – Harnstoff – Kreatinin

– „International Normalized Ratio“ (INR) – aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT).

Alle weiteren Untersuchungen erfolgten indikations- bezogen. Die Daten wurden prospektiv von einer Studi- enassistentin extrahiert und in eine elektronische Da- tenbank eingegeben.

Eingeschlossen wurden alle Patienten ≥ 18 Jahre, die sich mit Synkope oder Beinahe-Synkope in der Notauf- nahme vorstellten. Die Definition der Synkope umfasst eine kurz dauernde Bewusstlosigkeit im Rahmen einer transienten globalen zerebralen Minderperfusion, ein- hergehend mit einem muskulären Tonusverlust (1). Pa- tienten mit einer Beinahe-Synkope berichten von einer drohenden Synkope mit Bewusstlosigkeit beziehungs- weise Tonusverlust, ohne dass die Kriterien einer Syn- kope erfüllt wurden (15, 23).

Ausgeschlossen wurden alle Patienten, die eine pro- grediente Störung des Bewusstseins hatten, bewusst- seinsverändernde Substanzen eingenommen hatten, oder eine nichtsynkopale Bewusstlosigkeit (beispiels- weise Hyperventilation, Hypoglykämie, epileptischer Anfall) aufwiesen (1).

Die finale Goldstandarddiagnose wurde unabhängig von zwei erfahrenen Notfallmedizinern unter Kenntnis aller Patientenunterlagen festgelegt. Insbesondere durch Fehlen klarer Kriterien für eine Beinahe-Synko- pe ist eine beträchtliche Unschärfe der Diagnose zu er- warten. Es wurde eine 90-prozentige Übereinstimmung erzielt (kappa 0,77). Hinsichtlich der Ätiologie der Synkopen zeigte sich eine 69-prozentige Übereinstim- mung (kappa 0,59). Die abschließende Festlegung der Goldstandarddiagnose erfolgte bei Unstimmigkeiten unabhängig durch einen Kardiologen.

Endpunkte

Neben der Charakterisierung des Patientenkollektivs sollten die innerhalb von 30 Tagen nach Indexvorstel- lung auftretenden klinischen Endpunkte quantifiziert und benannt werden (Notwendigkeit invasiver Inter- ventionen beziehungsweise schwerwiegende uner- wünschte Ereignisse = kombinierter Endpunkt) (5, 6, 24–26). Dazu wurden vorhandene Behandlungsunterla- gen während der Nachbeobachtung einbezogen. Zu den prospektiv definierten Endpunkten zählten:

Reanimation

plötzlicher Tod

Myokardinfarkt

Intervention an den Koronargefäßen oder Herz- klappen

Implantation eines Schrittmachers oder eines au- tomatischen implantierbaren Kardioverter-Defi- brillators (AICD)

elektrische Kardioversion

höhergradige Herzklappenvitien

bedrohliche Dysrhythmien

dekompensierte Herzinsuffizienz.

Die nichtkardialen Endpunkte umfassten die folgen- den Parameter:

Endoskopie mit Intervention

Bluttransfusion

Aortendissektion

Schlaganfall

Lungenembolie

schwere Infektion

Schädel-Hirn-Trauma

Wiedervorstellung < 30 Tage

schwere Elektrolytstörungen

akutes Nierenversagen

sonstige lebensbedrohliche Ereignisse (5).

Die telefonische Folgebefragung im Rahmen der Nachbeobachtung führte 30 Tage und 6 Monate nach Indexvorstellung eine Studienassistentin anhand eines strukturierten Abfrageprotokolls durch. Konnten ein- zelne Patienten nicht erreicht werden, erfolgte die Be- fragung auf postalischem Weg.

Statistische Analyse

Die erhobenen Daten sind als Häufigkeiten, Mittelwer- te und Standardabweichung, 95-%-Konfidenzintervalle beziehungsweise Median sowie Angabe von 1. und 3.

Quartil (Q1, Q3) dargestellt. Zum Test auf Normalver- teilung wurde der Shapiro-Wilk-Test verwendet, nor-

GRAFIK 1

Art der Einweisung für Patienten, die sich wegen einer Synkope oder Beinahe-Synkope in der Notaufnahme vorgestellt haben

Häufigkeiten (%)

Art der Einweisung 60

50 40 30 20 10 0

Facharzt Rettungs- dienst

Notarzt Selbst - vorstellung

sonstiges

p = 0,65 p = 0,19 p = 0,01 p = 0,16 p = 0,56

n = 40

n = 57

n = 117

n = 17

n = 11 n = 28

n = 45

n = 54

n = 17

n = 9 Synkope n = 242 Beinahe-Synkope n = 153

(4)

malverteilte Daten wurden mit dem Student-t-Test für unverbundene Stichproben, nichtnormalverteilte Daten mit nichtparametrischen Tests verglichen (U-Test).

Kategoriale Daten wurden mittels Chi-Quadrat-Test verglichen. Die dargestellten p-Werte dienen zur Sicht- barmachung von Unterschieden zwischen den prospek- tiv definierten Gruppen. Sie sind nicht nach Bonferroni korrigiert und nicht als Signifikanztests im engeren Sinne zu verstehen. Überlebensanalysen wurden mit- tels einer Kaplan-Meier Analyse durchgeführt. Die sta- tistischen Tests einschließlich der univariaten und mul- tivariablen logistischen Regressionsanalyse erfolgten mittels Standardsoftware (SPSS Version 20).

Ergebnisse

Von insgesamt 12 872 Patienten, die sich während des Untersuchungszeitraums in der Notaufnahme vorstell- ten, wurden 408 Patienten gescreent. Es wurden 13 Pa- tienten ausgeschlossen (Patienten, die die Kriterien ei- ner Synkope beziehungsweise Beinahe-Synkope nicht erfüllten oder unvollständig dokumentierte Fälle;

eGrafik 1). Bei den übrigen 395 Patienten erfüllten ihre Symptome die Kriterien für Synkope (n = 242) bezie- hungsweise Beinahe-Synkope (n = 153).

Die demografischen Charakteristika sind in Tabelle 1 zusammengestellt (Alter: 70 Jahre, Median; 48 % der Pa- tienten > 70 Jahre [n = 191]; und 24 % > 80 Jahre [n = 93]; 55 % Männer [ n= 215]). In der Gruppe der Pa- tienten mit Beinahe-Synkope war der Anteil der Männer höher als in der Gruppe der Patienten mit Synkope (63 % [n = 97] versus 49 % [n = 119], p = 0,006). Es lagen keine Unterschiede hinsichtlich Komorbiditäten, Vital- und La-

borparametern vor (Tabelle 1). Patienten mit Beinahe- Synkope wurden häufiger über niedergelassene Fachärzte (n = 28; 18 %) beziehungsweise Rettungsdienste (n = 45, 29 %), Patienten mit Synkope häufiger durch Notärzte eingewiesen (n = 117; 48 %) (Grafik 1). Beide Patienten- gruppen waren hinsichtlich der zugrundeliegenden Ursa- chen vergleichbar (eGrafik 2). 86 % der Patienten mit Synkope (n = 209) und 71 % der Patienten mit Beinahe- Synkope (n = 109) wurden nach ihrer Vorstellung in der Notaufnahme stationär aufgenommen (p < 0,001) (Grafik 2). Während einer Nachbeobachtungszeit von 30 Tagen traten bei 82 Patienten mit Synkope (34 %) und bei 41 Pa- tienten mit Beinahe-Synkope (27 %) ein unerwünschtes Ereignis (kombinierter Endpunkt; p = 0,15) auf. Der End- punkt Tod nach 30 Tagen trat bei beiden Patientengruppen in 2 % der Fälle auf (Grafik 2).

Klinische Endpunkte

Bei 379 Patienten konnte nach 30 Tagen der Gesund- heitszustand erfragt werden (96 %). Die beiden Patien- tengruppen unterschieden sich nicht hinsichtlich der Art der Endpunkte nach 30 Tagen Nachbeobachtung (Tabelle 2). Bei 4 % (n = 16) der Gesamtkohorte wurde aufgrund einer Rhythmusstörung die Indikation zur Schrittmacher- oder AICD-Implantation gestellt. Häu- figster nichtkardialer Endpunkt war mit 5 % (n = 20) die Diagnose einer schweren Infektion beziehungswei- se Sepsis. Ein Patient (0,3 %) starb infolge eines akuten Myokardinfarkts während des Follow-up.

Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten uner- wünschter Ereignisse nach 30 Tagen lag in der Patien- tengruppe mit Synkope bei 34 % (82 von 242), in der Patientengruppe mit Beinahe-Synkope bei 27 % (41 von 153; p = 0,135). Innerhalb eines Nachbeobach- tungszeitraums von 6 Monaten nach Indexvorstellung (95 % Rücklaufquote) waren 6 % der Personen mit Synkope (n = 14) und 5 % der Personen mit Beinahe- Synkope verstorben (n = 8; p = 0,44) (Grafik 3a). Der kombinierte Endpunkt wurde nach 6 Monaten bei ins- gesamt 149 Patienten (38 %) erreicht. Die Wahrschein- lichkeit des ereignisfreien Überlebens nach 6 Monaten lag für die Synkopen-Patienten bei 58 % (n = 134), bei den Patienten mit unvollständiger Bewusstlosigkeit bei 67 % (n = 95; p = 0,09) (Grafik 3b).

In einer univariaten und multivariablen logistischen Regressionsanalyse wurden Prädiktoren für das Auftre- ten des kombinierten Endpunkts innerhalb eines 30-tä- gigen Nachbeobachtungszeitraums analysiert (Tabel- le 3). Während die Art der Synkope kein Prädiktor für das Auftreten eines Endpunktes ist, sind Alter, Herzfre- quenz und Nierenfunktion unabhängige Prädiktoren für das Auftreten eines unerwünschten Ereignisses wäh- rend der Nachbeobachtung.

Verweildauer und weitere Versorgung

Die weitere Versorgung von Patienten mit Synkope be- ziehungsweise Beinahe-Synkope nach deren Behand- lung in der Notaufnahme ist eGrafik 3 zu entnehmen.

51 der 395 Patienten (13 %) wurden nach der Behand- lung in der Notaufnahme in die ambulante Betreuung GRAFIK 2

Endpunkte für Patienten mit Synkope oder Beinahe-Synkope, die sich in der Not- aufnahme vorge- stellt haben.

Dargestellt sind die Häufigkeiten von Hospitalisierung, vom kombinierten Endpunkt schwer-

wiegende uner- wünschte Ereignis- se oder Interventio- nen innerhalb von 30 Tagen sowie die Häufigkeit des End- punktes Tod inner- halb von 30 Tagen nach Indexvorstel-

lung in Abhängig- keit davon, ob eine Synkope oder eine Beinahe-Synkope bei der Präsentation in der Notaufnahme vorlag.

Häufigkeiten (%)

Ereignisse 100

90 80 70 60 50 40 30 20 10 0

Hospitali- sierung

kombinierter Endpunkt

Tod p < 0,001 p = 0,15

p = 0,99 n = 209

n = 82

n = 5 n = 109

n = 41

n = 3 Synkope n = 242 Beinahe-Synkope n = 153

(5)

Die Häufigkeit und Art der Endpunkte innerhalb einer Nachbeobachtungszeit von 30 Tagen unter- scheiden sich nicht. Nach 6 Monaten Nachbeob- achtung zeigt sich ein Trend zu einer ungünstige- ren Prognose für Patienten mit Synkope.

Die Ereignisrate von 32 % bei Patienten mit einer Synkope beziehungsweise Beinahe-Synkope in dieser Analyse ist hoch. Italienische Arbeitsgruppen berich- ten von einer Ereignisrate von 5–6 % nach 10 Tagen (13, 27), während US-amerikanische Notfallmediziner eine Ereignisrate von 11,5 % nach 7 Tagen benennen (6). Diese Unterschiede lassen sich möglicherweise auf die unterschiedlichen Strukturen der Gesundheits- systeme zurückführen (5). Bedingt durch die duale Facharztstruktur in Deutschland stellen sich in Notauf- nahmen eines Maximalversorgers weniger leicht er- krankte Patienten vor (5), wohingegen in anderen Län- dern Notaufnahmen Aufgaben der Primärversorgung übernehmen (28–30). Durch die unterschiedliche Prä- valenz unerwünschter Ereignisse sind in anderen Sys- temen entwickelte Diagnostikstrategien nicht auf Deutschland übertragbar (1, 9, 31).

Eine Kohortenstudie aus Boston, USA, weist ver- gleichbare Ereignisraten auf (4). Die im Vergleich zu einer früheren Publikation der eigenen Arbeitsgruppe (5) nun höhere Ereignisrate lässt sich vermutlich da- durch erklären, dass die Synkope als Symptomkom- plex bei anders lautenden Diagnosen (zum Beispiel entlassen. Von den 315 (80 %) stationär aufgenomme-

nen Patienten wurden 121 (31 %) Patienten in einer der Notaufnahme angeschlossenen Beobachtungsstation betreut. 197 (62 %) Patienten wurden von anderen Fachabteilungen stationär weiterversorgt. 25 (6 %) Pa- tienten lehnten eine weitere Behandlung ab. Patienten mit Synkope waren länger hospitalisiert (Median 3 Ta- ge [Q1–Q3; 1–7]) als Patienten mit Beinahe-Synkope (Median 1 Tag [Q1–Q3; 0–7; p = 0,006]).

Diskussion

Die Hauptergebnisse dieser in einer Notaufnahme eines Krankenhauses der Maximalversorgung durchgeführ- ten prospektiven Untersuchung zu Häufigkeit und prognostischer Bedeutung einer Beinahe-Synkope las- sen sich wie folgt zusammenfassen:

Der Symptomkomplex „Synkope“ beziehungs- weise „Beinahe-Synkope“ kommt häufig vor (3 % aller Notfallpatienten). 62 % dieser Patienten er- leiden einen vollständigen Bewusstseinsverlust, während bei 38 % eine Beinahe-Synkope vorliegt.

Bei 34 % beziehungsweise 27 % der Patienten mit Synkope beziehungsweise Beinahe-Synkope tritt innerhalb von 30 Tagen nach Indexvorstel- lung ein schwerwiegendes unerwünschtes Ereig- nis auf. 2 % der Patienten mit Synkope bezie- hungsweise Beinahe-Synkope sterben innerhalb von 30 Tagen.

TABELLE 2

Unerwünschte Ereignisse beziehungsweise invasive Interventionen nach Indexvorstellung von Patienten mit Synkope bzw. Beinahe-Synkope in der Notaufnahme*

* Aufgeführt ist das jeweils erste unerwünschte Ereignis bei 379 Patienten während der Nachbeobachtungszeit nach 30 Tagen.

Endpunkte

1. Plötzlicher Tod 2. Kardiale Endpunkte Koronar

Myokardinfarkt

kardiopulmonale Reanimation

Indikation für aortokoronare Bypass-Operation, perkutane Koronarintervention, Herzklappenersatz

dekompensierte Herzinsuffizienz Dysrhythmien

Implantation eines Schrittmachers oder eines implantierbaren Cardioverters/Defibrillators ventrikuläre Tachykardie

Vorhofflimmern mit Kardioversion supraventrikuläre Tachykardien 3. Nichtkardiale Endpunkte

Wiedervorstellung < 30 Tage Schädel-Hirn-Trauma

Endoskopie mit Intervention (Clipping etc.) Bluttransfusion

Schlaganfall (ischämisch oder Hämorrhagie) schwere Infektion/Sepsis

Lungenembolie

Aortendissektion/Carotisperforation 4. Sonstiges

sonstige lebensbedrohliche Ereignisse Elektrolytstörungen

akutes Nierenversagen

Kohorte (n = 123) 1 (1 %) 63 (51 %)

9 (2 %) 1 (0,3 %)

8 (2 %) 2 (0,5 %) 16 (4 %) 12 (3 %) 3 (0,8 %) 12 (3 %) 48 (39 %)

7 (2 %) 3 (0,8 %)

6 (2 %)0 2 (0,5 %) 20 (5 %) 10 (3 %)

0 11 (9 %) 2 (0,5 %) 3 (1 %) 6 (2 %)

Synkope (n = 82) 0 (0 %) 45 (54 %)

7 (3 %) 1 (0,4 %)

7 (3 %) 0 14 (6 %)

9 (4 %) 1 (0,4 %)

6 (3 %) 31 (39 %)

3 (1 %) 2 (0,8 %)

3 (1 %)0 1 (0,4 %)

15 (6 %) 7 (3 %)

0 6 (7 %) 0 (0 %) 2 (1 %) 4 (2 %)

Beinahe-Synkope (n = 41) 1 (2 %) 18 (43 %)

2 (1 %) 1 (0,7 %)0

2 (1 %) 2 (1 %) 3 (2 %) 2 (1 %) 6 (4 %) 17 (39 %)

4 (2 %) 1 (0,7 %)

3 (2 %)0 1 (0,7 %)

5 (3 %) 3 (2 %)

0 5 (12 %)

2 (1 %) 1 (1 %) 2 (1 %)

p 0,20

0,300,43 0,12 0,07 0,030,32 0,320,42

0,820,85

0,570,74 0,200,57

0,080,85 0,78

(6)

fehlende Bewusstlosigkeit ist jedoch keinesfalls mit einer besseren Prognose assoziiert und erfordert, ebenso wie die vollständige Bewusstlosigkeit, eine hohe Sorgfalt in der diagnostischen Abklärung. Auf- grund einer geringeren Dauer der zerebralen Minder- perfusion, zum Beispiel durch rechtzeitiges Ergreifen geeigneter Gegenmaßnahmen, tritt kein vollständiger Bewusstseinsverlust ein. Obwohl die Komorbiditäten der jüngeren Patienten vergleichbar mit denen bei äl- teren sind, könnten bessere Kompensationsmöglich- keiten eine Erklärung für die unvollständige Be- wusstlosigkeit darstellen (14, 15).

Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass Patien- tenkollektive von Notaufnahmen andere medizini- sche Probleme aufweisen als Patientenkollektive von fachspezifischen Ambulanzen (31, 32). Standardi- sierte Strategien zur Synkopenabklärung, die in spe- zialisierten Synkopen-Einheiten oder kardiologi- schen Fachambulanzen geeignet sind (31, 32), dürf- ten nicht auf die Herausforderungen, die sich bei Pa- tienten in einer Notaufnahme stellen, übertragbar sein. Die vermutete benigne Ätiologie einer Synko- pe, wie die der Reflexsynkope (neural-reflektorisch bedingte Synkope aufgrund inadäquater kardiovas- kulärer Reflexantworten [33, 34]), muss im Kontext der notfallmedizinischen Versorgung in einer Notauf- nahme kritisch hinterfragt werden (5, 15). Insbeson- dere bei älteren Patienten sollte das Auftreten einer Reflexsynkope als Symptom bewertet werden, das auf das Vorliegen einer schwerwiegenden Erkran- kung hinweist und deshalb sorgfältig abgeklärt wer- den muss (35–37). Ähnliches gilt auch für Patienten mit Beinahe-Synkope: 8 % (n = 12) der Patienten mit Reflexsynkope weisen eine schwere Infektion auf, 15 % (n = 12) erleiden andere schwere unerwünschte Ereignisse im Kurzzeitverlauf von 30 Tagen. Zusam- menfassend kann man feststellen, dass die postulierte benigne Prognose einer Reflexsynkope nicht auf das heterogene Patientenkollektiv einer Notaufnahme zu- trifft (33, 34, 38, 39).

Limitationen

Bei der vorliegenden Untersuchung sind einige Limi- tationen zu berücksichtigen:

Es handelt sich um eine monozentrische Studie.

Die Generalisierbarkeit der Ergebnisse ist deshalb kritisch zu sehen. Die Reproduzierbarkeit früherer Befunde, die prospektive Art der Untersuchung, das große Kollektiv und die Vollständigkeit der Verlaufs - untersuchung (Nachbeobachtung von 95 % der Pa- tienten nach 6 Monaten) weisen auf eine hohe Daten- qualität hin und unterstreichen die hohe Relevanz der Analyse.

Es wurde prospektiv keine Fallzahlkalkulation durchgeführt. Das Fehlen eines statistischen Unter- schieds im primären Endpunkt hinsichtlich der Art der Synkope kann nicht mit einer Äquivalenz im kli- nischen Sinne gleichgesetzt werden. Idealerweise könnte dies künftig in einer validen, multizentrischen Erfassung untersucht werden.

GRAFIK 3

Überleben (%)

Zeit (Tage) 100

80 60 40 20 0

Synkope Beinahe-Synkope

0 30 60 90 120 150 180

p = 0,747 (Log-Rank-Test)

Kaplan-Meier-Analyse von Patienten, die sich wegen einer Synkope oder einer Beinahe- Synkope in einer deutschen Notaufnahme vorstellten. Dargestellt ist die Überlebenskurve für den Endpunkt Tod (a) beziehungsweise den kombinierten Endpunkt „Ereignisfreies Überle- ben“ (b).

Ereignisfreies Überleben (%)

Zeit (Tage) 100

80 60 40 20 0

0 30 60 90 120 150 180

p = 0,070 (Log-Rank-Test) Synkope Beinahe-Synkope

a

b

Synkope bei AV-Block 3. Grades) nicht retrospektiv identifiziert wurde. Somit dürfte die vorliegende Ko- hortenstudie das Kollektiv eines deutschen Kranken- hauses der Maximalversorgung abbilden und wert- volle Rückschlüsse für die Herausforderungen ge- ben, mit denen sich die Ärztin/der Arzt in der klini- schen Tätigkeit einer Notaufnahme konfrontiert sieht.

Grossman et al. untersuchten erstmalig die prog- nostische Bedeutung einer Beinahe-Synkope (15):

Patienten mit Beinahe-Synkope wurden zwar weni- ger häufig hospitalisiert als Patienten mit Synkope (49 % versus 69 %; p = 0,001), schwere unerwünsch- te Ereignisse traten jedoch bei Patienten mit Bei- nahe-Synkope ähnlich häufig auf (20 % versus 23 %;

p = 0,40). In einer kleineren Studie (n = 93) war der Anteil unerwünschter Ereignisse bei Patienten mit ei- ner Beinahe-Synkope doppelt so hoch wie bei Patien- ten mit einer Synkope (30 % versus 17 %; [23]).

Die vorliegenden Ergebnisse bestätigen die Resul- tate der Analyse von Grossman et al. (14, 15). Die signifikant niedrigere Hospitalisierungsrate von Pa- tienten mit einer Beinahe-Synkope könnte bedeuten, dass die Möglichkeit unerwünschter Ereignisse bei Beinahe-Synkope als geringer eingeschätzt wird. Die

(7)

Aufgrund der unscharfen Definition einer Bei- nahe-Synkope könnten irrtümlicherweise Patienten mit einer allgemeinen Leistungseinschränkung auf- genommen worden sein. Die hohe Übereinstimmung bei der Erstellung der Goldstandarddiagnose durch zwei unabhängige Untersucher unter Berücksichti- gung aller erhobenen Untersuchungsbefunde in der Nachbeobachtungszeit lässt jedoch auf eine hohe Da- tengüte schließen. Damit hebt sich die vorliegende Studie von zahlreichen anderen Untersuchungen po- sitiv ab.

Resümee

Die 30-Tages-Ereignisrate bei Patienten, die sich we- gen einer Synkope oder Beinahe-Synkope in einer Not- aufnahme eines Maximalversorgers vorstellen, ist mit 32 % sehr hoch. Die Prognose einer Beinahe-Synkope unterscheidet sich nicht wesentlich von der einer Syn- kope. Auch die Art der schwerwiegenden Ereignisse ist vergleichbar. Die Abklärung einer Beinahe-Synkope sollte deshalb ähnlich umfassend erfolgen wie bei einer Synkope, um die potenzielle Gefährdung von Patienten mit Beinahe-Synkope zu vermeiden.

TABELLE 3

Prädiktoren für den kombinierten Endpunkt Tod oder ein unerwünschtes Ereignis bei Patienten mit Synkope oder Beinahe-Synkope

In einem logistischen Regressionsmodell wurden Prädiktoren für Tod oder unerwünschtes Ereignis von Patienten analysiert, die sich wegen einer Synkope bzw. ei- ner Beinahe-Synkope in der Notaufnahme vorstellten. Dargestellt sind Odds Ratio (OR) und 95-%-Konfidenzintervall (95-%-KI) der Variablen.

Variablen Alter

Geschlecht, männlich

Charlson Komorbiditätsindex, Summe Unterbringung in betreuter Einrichtung Einweisung durch Notarzt/Rettungsdienst Art der Synkope

Beinahe-Synkope Vorgeschichte Rezidiv einer Synkope Prodromi

systolischer Blutdruck, mm Hg Sauerstoffsättigung, % Herzfrequenz, 1/min Hämoglobin, g/dL Leukozyten, 103/µL Kreatinin, mg/dL

Univariate Analyse OR

1,04 1,08 1,38 1,30 1,11

0,74

0,82 0,54 0,99 0,79 1,03 0,75 1,10 3,37

95-%-KI 1,03–1,06 0,70–1,66 1,24–1,53 0,52–3,21 0,64–1,90

0,47–1,17

0,46–1,47 0,32–0,90 0,98–1,00 0,73–0,86 1,02–1,04 0,66–0,84 1,03–1,18 2,13–5,35

p

< 0,001 0,74

< 0,001 0,58 0,72

0 ,20

0,51 0,02 0,07

< 0,001

< 0,001

< 0,001 0,005

< 0,001

Multivariable Analyse OR

1,03

0,99

0,87

0,91 1,03 0,91 1,03 2,53

95-%-KI 1,01–1,06

0,82–1,18

0,45–1,68

0,82–1,00 1,01–1,05 0,76–1,10 0,93–1,14 1,24–5,16

p 0,002

0,87

0,68

0,05 0,001

0,32 0,58 0,01

KERNAUSSAGEN

Der Symptomkomplex „Synkope“ beziehungsweise „Beinahe-Synkope“ ist in der Notaufnahme relativ häufig (3 %) und stellt an das dort tätige Behandlungsteam hohe Anforderungen.

Ein Großteil dieser Patienten erleidet eine Synkope mit Bewusstseinsverlust (62 %), 38 % der Patienten erleiden eine Bei- nahe-Synkope.

Der Anteil unerwünschter Ereignisse ist mit insgesamt 32 % hoch: Während der Nachbeobachtungszeit von 30 Tagen nach Index- vorstellung tritt bei 34 % der Patienten mit Synkope und 27 % der Patienten mit Beinahe-Synkope ein unerwünschtes Ereignis auf.

Hinsichtlich Art und Häufigkeit der unerwünschten Ereignisse gibt es zwischen den beiden Patientengruppen keine Unterschiede.

Patienten mit Beinahe-Synkope weisen im Vergleich zu Patienten mit Synkope ähnliche Eigenschaften und Komorbiditäten auf, haben ein ähnliches Risikoprofil und eine ähnliche Prognose; Patienten mit Synkope werden jedoch häufiger hospitalisiert und die Dauer des Krankenhausaufenthalts ist bei ihnen länger.

Die Abklärung einer unvollständigen Bewusstlosigkeit sollte daher ebenso standardisiert und sorgfältig erfolgen wie die Abklä- rung einer vollständigen Bewusstlosigkeit.

(8)

Danksagung

Die Autoren bedanken sich bei allen Mitarbeitern der Notaufnahme des Klinikums Nürnberg für die Unterstützung bei der Patientenrekrutierung und bei Frau Rafaela Kljaic für die Hilfe bei der Datenerhebung.

Interessenkonflikt

Prof. Christ erhielt Vortragshonorare von den Firmen Roche, Novartis Pharma, Alere und Radiometer. Die Firmen Roche und Novartis Pharma unterstützten Forschungsprojekte von Prof. Christ.

Prof. Müller bekam Studienunterstützung (Drittmittel) von der Firma Brahms, den Schweizerischen Nationalfonds und der Schweizerischen Herzstiftung.

Frau Greve, Frau Geier, Dr. Popp, Prof. Bertsch, PD Dr. Singler, Dipl.-Sozialwirt Meier, Herr Smolarsky und Prof. Mang erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Manuskriptdaten

eingereicht: 9. 8. 2013, revidierte Fassung angenommen: 21. 1. 2014

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Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. med. Michael Christ

Klinik für Notfall- und Internistische Intensivmedizin, Klinikum Nürnberg Prof. Ernst Nathan Straße 1, 90419 Nürnberg

aufnahme@klinikum-nuernberg.de

Zitierweise

Greve Y, Geier F, Popp S, et al.: The prevalence and prognostic significance of near syncope and syncope—a prospective study of 395 cases in an emergency department (the SPEED Study) . Dtsch Arztebl Int 2014; 111(12): 197–204. DOI: 10.3238/arztebl.2014.0197

@

eGrafiken:

www.aerzteblatt.de/12m0197

The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de

(9)

eGRAFIK 1 Rekrutierung von Patienten mit Synkope oder Beinahe-Synkope, die in die Analyse eingeschlossen wurden (Zeitraum vom 17. Juli 2011 bis 31. Oktober 2011) NA: Notaufnahme;

TIA: Transitorisch ischämische Attacke

242 mit Synkope

153 mit Beinahe-Synkope

keine Synkope (n = 11) Krampfanfall/Epilepsie (n = 2) Hyperventilation (n = 2) Hypertension (n = 1)

psychogene Pseudosynkope (n = 3) vertebrobasiläre TIA (n = 1) paroxysmaler

Lagerungsschwindel (n = 1) Sturz (n = 1)

fehlende Daten (n = 2)

395 Patienten analysiert 12 872 Patienten

in der NA

397 Patienten 408 Patienten

ORIGINALARBEIT

Prävalenz und prognostische Bedeutung von Beinahe-Synkope und Synkope

Prospektive Erhebung von 395 Fällen in einer Notaufnahme (SPEED-Studie)

Yvonne Greve, Felicitas Geier, Steffen Popp, Thomas Bertsch, Katrin Singler, Florian Meier, Alexander Smolarsky, Harald Mang, Christian Müller, Michael Christ

(10)

eGRAFIK 2 Ätiologie von Synkope beziehungsweise Beinahe-Synkope und Verteilung der Ursachen in den Gruppen von Patienten mit Synkope und Beinahe-Synkope

Häufigkeiten (%)

Synkopenarten 50

40 30 20 10 0

Reflexsynkope kardiale Synkope orthost.

Hypotension

unklare Synkope

p = 0,26 p = 0,23 p = 0,09 p = 0,35

n = 104

n = 55

n = 43 n = 40

n = 57

n = 27

n = 38

n = 31 Synkope n = 242 Beinahe-Synkope n = 153

eGRAFIK 3 Weitere Versorgung von Patienten

mit Synkope beziehungsweise

Beinahe-Synkope nach Vorstellung in einer deutschen Notaufnahme

ICU: Intensivestation;

IMC: Intermediate Care Station

Häufigkeiten (%)

Weitere Versorgung der Patienten 50

40 30 20 10 0

Entlassung nach Hause

Normalstation Beobachtungs- station

ICU/IMC

p = 0,002 p = 0,119 p = 0,275 p = 0,475

n = 21

n = 111

n = 79

n = 17 n = 30

n = 58

n = 42

n = 8 Synkope n = 242 Beinahe-Synkope n = 153

Referenzen

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