Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 110|
Heft 9|
1. März 2013 A 357RANDNOTIZ
Petra Bühring
„Villa Sana für alle“ – die abschlie- ßende Forderung des Referenten, Dr. Wilfried Kunstmann, stieß bei den Teilnehmern des 37. Interdisziplinä- ren Forums der Bundesärztekammer (BÄK) auf Begeisterung. Das „Re- source Center“ exklusiv für Ärzte im idyllischen Modum Bad in Norwegen bietet nicht nur Interventionspro- gramme für suchtkranke Ärzte und Therapiemöglichkeiten bei Burn-out
– beides Themen der diesjährigen Fortbildungsveranstaltung der BÄK –, sondern auch einfach die Möglich- keit zum „Retreat“. Ärzte können ei- ne individuelle Beratung in Anspruch nehmen oder mehrtägige Gruppen- kurse belegen. Der Partner kann mitkommen. Das Angebot im staatli- chen Gesundheitssystem Norwegens ist kostenfrei – ein Luxus, den es für deutsche Ärzte so nicht gibt.
Beim Vergleich verschiedener In- terventionsprogramme für sucht- kranke Ärzte – Großbritannien, Ka- nada, Norwegen, USA und die Schweiz standen im Fokus –, konnte BÄK-Referent Kunstmann zwar kei- nen unmittelbaren Zusammenhang zu staatlichen oder privatwirtschaft- lich organisierten Gesundheitssyste- men feststellen. Die USA fallen jedoch auf durch die Rigidität bei daten- schutzrechtlichen Bestimmungen ei- nerseits und großzügige Offenlegung beziehungsweise Bloßstellung ande- rerseits. Dort werden in einigen Staaten Ärzte regelrecht an den Pranger gestellt: Im Internet für alle frei zugänglich listet das State Medi- cal Board die Namen der Ärzte auf, gegen die berufsrechtliche Sanktio- nen vorliegen. So können Patienten zwar Ärzte mit Suchtproblemen mei- den und sich möglicherweise vor Behandlungsfehlern schützen. Aber ist so ein Vorgehen kollegial und hilft es Suchtkranken? Für Deutschland ist es jedenfalls unvorstellbar.
Villa Sana versus Pranger
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 21. Februar verord- nungsrelevante Beschlüsse zur me- dikamentösen Diabetestherapie, zu subkutanen Infusionen und zur Os- teodensitometrie gefasst. Außerdem wurde dem Antidiabetikum Lina- gliptin erneut kein Zusatznutzen attestiert.
Humaninsulin und Insulinana - loga zur Behandlung von Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 werden in drei Festbetragsgruppen zusam- mengefasst – für schnell wirkende, für intermediär/langwirkende Insu- line und für Mischinsuline. Damit seien, erklärte Joseph Hecken, un- parteiischer Vorsitzender des G-BA, sämtliche in Deutschland verfügba- ren Insuline zulasten der gesetzli- chen Krankenversicherung (GKV) verordnungsfähig.
Weiter beschloss der G-BA, dass subkutane Infusionen, mit denen man Flüssigkeit verabreicht, im Rahmen der häuslichen Kranken- pflege unter bestimmten Vorausset- GEMEINSAMER BUNDESAUSSCHUSS
Verordnungsrelevante Beschlüsse
zungen ambulant zulasten der GKV verordnet werden können.
Die Voraussetzungen für eine Osteodensitometrie zulasten der GKV wurden gelockert. Bislang konnte sie nur dann verordnet wer- den, wenn Patienten eine Fraktur ohne adäquates Trauma erlitten hat- ten und zugleich ein begründeter Verdacht auf eine Osteoporose be- stand. Der G-BA kommt nun zu dem Ergebnis, dass die Osteodensi- tometrie künftig erbracht werden kann, wenn aufgrund konkreter Be- funde eine gezielte medikamentöse Behandlungsabsicht besteht.
Darüber hinaus hat der G-BA dem Antidiabetikum Linagliptin auch nach Überarbeitung des Dos- siers durch die Herstellerfirma Boehringer Ingelheim keinen Zu- satznutzen attestiert. Ausschlagge- bend für die erneute Ablehnung durch den G-BA sei unter anderem, dass die vorgelegte Studie keine Endpunkte zu kardiovaskulären Er- eignissen enthalten habe. TG/fos
Die vom Bundesgesundheitsministe- rium auf Drängen der Länder nach- gebesserte Rechtsverordnung zur Präimplantationsdiagnostik (PID) ist
jetzt vom Bundeskabinett gebilligt worden. Damit ist der Weg frei für Gentests an künstlich erzeugten Embryonen. In Kraft tritt die Ver- ordnung jedoch erst zwölf Mona- te nach der Verkündung, und da- mit vermutlich erst 2014. Man wolle den Ländern ausreichend PRÄIMPLANTATIONSDIAGNOSTIK
Kabinett stimmt geänderter Verordnung zu
Vorbereitungszeit lassen, heißt es beim Ministerium.
Bundesgesundheitsminister Da- niel Bahr (FDP) erklärte, nunmehr gebe es „endlich Rechtssicherheit für betroffene Paare und alle Betei- ligten“. Es gehe um wenige Fälle in Deutschland. Die betroffenen Paare hätten „häufig eine Tortur hinter sich“. Erlaubt sollen Gen- tests an Embryonen künftig nur dann sein, wenn ein Elternteil oder beide Elternteile die Veranlagung zu einer schweren Erbkrankheit ha- ben oder mit hoher Wahrschein- lichkeit eine Tot- oder Fehlgeburt droht. Eine vorherige Beratung und eine Einzelfallprüfung durch eine Ethikkommission werden notwen- dig sein. Dem Kompromiss mit den Ländern vom 1. Februar zufol- ge wird auch die Zahl der PID- Zentren dem Bedarf entsprechend
begrenzt sein. ER
Künstlich er- zeugte Em- bryonen kön- nen künftig auf Erbkrankheiten untersucht werden.
Foto: dpa