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Archiv "Harnsteinleiden" (04.01.1985)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

EDITORIAL

Harnsteinleiden

Jürgen Sökeland

D

as Harnsteinleiden ist so alt wie die Menschheit selbst. In ägyptischen Mu- mien aus dem 5. Jahrhundert vor Christus wurden Harn- steine gefunden, die den heutigen Steinen chemisch ähnlich sind. Keine Alters- gruppe bleibt verschont.

Selbst bei Kindern finden sich Steine. In erster Linie sind es jedoch die 30 bis 60jährigen — Männer häufi- ger als Frauen —.

Die sozialmedizinische Be- deutung der Urolithiasis wird durch den hohen Anteil an jährlichen Arbeitsausfällen — etwa 300 000 Arbeitsausfall- tage pro Jahr in der Bundes-

republik Deutschland — un- terstrichen. Während man früher die Bildung des Harn- steines aus einer organi- schen Matrix und einem kri- stallinen Mantel forderte, tre- ten heute die kristallographi- schen Ursachen, ergänzt durch Risikofaktoren, immer

mehr in den Vordergrund.

Zur Bildung eines Harnstein- kristalls sind in der Regel zwei Prozesse erforderlich:

1. Die Kristallisation der Salze,

2. die Aggregation der gebil- deten Salzkristalle. — Vorbedingung für die Kristal-

lisation ist eine stark über- sättigte Lösung. Aber auch schon bei schwacher Über- sättigung — in einem soge- nannten Grenzbereich — kann es zur Kristallisation kommen.

Gesunde verfügen im Urin über eine ausreichend hohe Konzentration an Hemmstof- fen, die sowohl die Kristalli-

sation als auch die Aggrega- tion in Grenzen halten. Un- zureichende Hemmaktivität des Urins kann ein Faktor sein, von dem der Beginn der Steinbildung abhängt.

Stoffwechselerkranku ngen, wie Hyperparathyreoidismus, renale tubuläre Azidose, Hy- perurikämie und Hyperkalz- urie sowie Zystinurie etc.

müssen ausgeschlossen werden.

70 Prozent aller Steine sind spontan abgangsfähig. Zur Förderung des Spontanab- ganges sind folgende kon- servative Maßnahmen mög- lich: Bewegung, Trinkstöße, Spasmoanalgetika, Wärme- einwirkung, Stuhlregulation.

Alle Harnleitersteine, die mit Harnstauung oder Fieber einhergehen, sollten fach- urologisch betreut werden.

Geht ein Stein trotz konser- vativer Maßnahmen nicht spontan ab, kommen opera- tive Maßnahmen in Betracht.

B

ei den operativen Maßnah- men zur Beseitigung von Harnleitersteinen ist ein Um- denken notwendig. Durch die extrakorporale Nieren- und Harnleiterstein-Litho- trypsie können 60 bis 70 Pro- zent aller operationspflichti- gen Steinträger ohne Opera- tion vom Stein befreit wer- den. Durch die Einbeziehung der perkutanen Nephrolitho- tomie, der Ureterorenosko- pie und der Schlingenbe- handlung werden möglicher- weise 85 Prozent aller Stein- träger keiner operativen Be- handlung mehr bedürfen.

Diese Verfahren sind als er- gänzende, begleitende oder unabhängige Verfahren zur Stoßwellenapplikation zu sehen.

Nierenlithotryptoren werden bald flächendeckend über Deutschland zur Verfügung

stehen. Neben München sind in Stuttgart, Berlin, Mainz und Wuppertal bereits ent- sprechende Geräte in Be- trieb. Damit werden auch die langen Wartefristen, die jetzt noch bestehen, abgebaut werden können. Vorausset- zung für die Stoßwellenappli- kation ist die exakte Ortung des Steines durch Röntgen- strahlen, eine Narkosefähig- keit zumindest für Regional- anästhesie, sowie das Fehlen von Harnabflußstörungen.

it der Entfernung des

M

Steines ist zwar das Sym- ptom des Harnsteinleidens beseitigt, nicht aber seine Ursache. 50 Prozent aller Steine sind Rezidive. Des- halb kommt der Prophylaxe eine erhebliche Bedeutung zu. Um sie effektiv betreiben zu können, müssen wir die chemische Zusammenset- zung der Steine sowie die Pathogenese der jeweiligen Urolithiasis kennen. Außer bei Harnsäuresteinen ist die Auflösung der Steine bis heute ein Wunschtraum ge- blieben. Allerdings könnte die instrumentelle Lyse, er- gänzt durch die perkutane Nierenpunktion wieder an Bedeutung gewinnen.

Grundlage der Prophylaxe ist die Regulation der Trink- und Eßgewohnheiten, bezo- gen auf die jeweilige Stein- art, wie auch ein medika- mentöser Korrekturversuch von Stoffwechselstörungen.

Dem überschießenden Ei- weißkonsum in den Zivilisa- tionsländern kommt eine tra- gende Bedeutung zu.

Professor Dr. med.

Jürgen Sökeland Direktor der

Urologischen Klinik der Städtischen Krankenanstalten Westfalendamm 403-407 4600 Dortmund 1

32 (40) Heft 1/2 vom 4. Januar 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

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