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Sicherheit und Effektivität automatischer externer Defibrillatoren im Münchner U-Bahnnetz

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Aus der Klinik für Innere Medizin, Kardiologie, Angiologie, Nephrologie, Nuklearmedizin und Pneumologie

am Klinikum Dritter Orden

Sicherheit und Effektivität

automatischer externer Defibrillatoren im Münchner U-Bahnnetz

Dissertation

zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin in der Medizinischen Hochschule Hannover

vorgelegt von

Anna Maria Elisabeth Riedel München 2019

(2)

Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Hochschule Hannover

Angenommen vom Senat: 23.06.2020

Präsident: Prof. Dr. med. Michael P. Manns

Betreuer der Arbeit: Prof. Dr. med. Karl Thomas Korte

Referent: Prof. Dr. med. Gunnar Klein

Korreferent: PD. Dr. med. Harald Bertram

Tag der mündlichen Prüfung: 23.06.2020

Promotionsausschuss

Vorsitz: Prof. Dr. med. Philipp Beerbaum 1. Prüfer/in: Prof.´in Dr. rer. nat. Hildegard Büning 2. Prüfer/in: Prof. Dr. med. Dietrich Peest

(3)

- I -

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ______________________________________________________ 1

1.1. Die Bedeutung des plötzlichen Herztodes ___________________________ 1 1.2. Das Münchner U-Bahnnetz _______________________________________ 5 1.3. Die Installation von automatischen externen Defibrillatoren

im Münchner U-Bahnnetz ________________________________________ 8 1.4. Das Einsatzgebiet der im Münchner U-Bahnnetz installierten

automatischen externen Defibrillatoren _____________________________ 10 1.5. Zielsetzung __________________________________________________ 10

2. Material und Methodik ___________________________________________ 11

2.1. Der automatische externe Defibrillator - das aktuelle Model

CR Plus Lifepak ______________________________________________ 11 2.2. Die Funktion des automatischen externen Defibrillators ________________ 12 2.3. Vorgehensweise bei der Verwendung des CR Plus Lifepak _____________ 13 2.4. Aufzeichnungen und Protokolle des CR Plus Lifepak __________________ 16 2.4.1. Erstellung des Ereignisprotokolls ____________________________ 16 2.4.2. Aufzeichnung des Elektrokardiogramms _______________________ 18 2.4.3. Zusammenfassung des Notfalles ____________________________ 19 2.5. Datenerfassung _______________________________________________ 21 2.5.1. Automatische externe Defibrillatoren __________________________ 22 2.5.1.1. Datenaufzeichnung _________________________________ 22 2.5.1.2. Datenauswertung der Elektrokardiogramme ______________ 22 2.5.2. Rettungsdienstprotokolle ___________________________________ 23 2.5.3. Klinische Befunde der nachbehandelnden Krankenhäuser _________ 23 2.6. Statistische Analyse ___________________________________________ 24

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3. Ergebnisse ____________________________________________________ 25

3.1. Die Einsätze der automatischen externen Defibrillatoren _______________ 25 3.1.1. Patientenkollektiv _______________________________________ 25 3.1.2. Dokumentierter Rhythmus ________________________________ 26 3.1.3 AED-Einsätze mit nicht defibrillierbaren Rhythmusstörungen _____ 27 3.1.4. Einsätze der automatischen externen Defibrillatoren bei

Kammerflimmern oder ventrikulärer Tachykardie _______________ 28 3.1.4. Initialer Status der Patienten bei Kammerflimmern oder

ventrikulärer Tachykardie _________________________________ 30 3.1.5. Dauer zwischen Notrufeingang und 1. Schockabgabe ___________ 31 3.1.6. Anzahl der Schockabgaben bis zur Terminierung

der Rhythmusstörung ____________________________________ 31 3.1.7. Überlebensrate der Patienten ______________________________ 35 3.1.8. Dauer zwischen Notrufeingang und

Ankunft des Rettungsdienstes _____________________________ 36 3.2. Weitere klinische Daten aller Patienten mit Kammerflimmern oder

ventrikulärer Tachykardie _______________________________________ 37 3.2.1. Herzkatheteruntersuchung und Koronarintervention ____________ 37 3.2.2. Koronare Herzkrankheit __________________________________ 38 3.2.3. ST-Streckenhebungsinfarkt und Infarkt

ohne ST-Streckenhebung _________________________________ 39 3.2.4. Kardiovaskuläre Risikofaktoren aller Patienten mit

Kammerflimmern oder ventrikulärer Tachykardie _______________ 39 3.3. Exemplarische Schilderung dreier typischer kardiovaskulärer Notfälle _____ 40 3.3.1. Erfolgreiche Defibrillation ohne neurologisches Defizit __________ 40 3.3.2. Erfolgreiche Defibrillation mit neurologischem Defizit ___________ 41 3.3.3. Exitus letalis trotz erfolgreicher Defibrillation __________________ 42 3.4. Zusammenfassung der Ergebnisse _______________________________ 43

(5)

- III -

4. Diskussion ____________________________________________________ 44

4.1. Analyse der Elektrokardiogramme durch den automatischen

externen Defibrillator ___________________________________________ 44 4.2. Effektivität des automatischen externen Defibrillators bei der Terminierung

von Kammerflimmern oder ventrikulärer Tachykardie __________________ 45 4.3. Überlebensrate _______________________________________________ 47 4.4. Kardiale Grunderkrankungen und kardiovaskuläre Risikofaktoren der

Patienten mit Kammerflimmern oder ventrikulärer Tachykardie __________ 50 4.5. Anzahl der Einsätze automatischer externer Defibrillatoren _____________ 51 4.6. Empfehlungen zur Steigerung der Nutzung von AEDs für

zukünftige Notfalleinsätze _______________________________________ 54 4.7. Limitationen der Studie _________________________________________ 58

5. Zusammenfassung _____________________________________________ 60

6. Abkürzungsverzeichnis __________________________________________ 62

7. Tabellenverzeichnis _____________________________________________ 63

8. Abbildungsverzeichnis __________________________________________ 64

9. Appendix ______________________________________________________ 65

9.1. DIVI Protokoll ________________________________________________ 65

10. Literaturverzeichnis _____________________________________________ 67

11. Lebenslauf ____________________________________________________ 76

12. Erklärung _____________________________________________________ 79

13. Danksagung ___________________________________________________ 80

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1. Einleitung

1.1. Die Bedeutung des plötzlichen Herztodes

Der plötzliche Herztod ist eine der häufigsten Todesursachen weltweit [1, 2]. Circa 50%

aller Todesfälle mit Herzkreislauferkrankungen sind auf den plötzlichen Herztod zu- rückzuführen. Nach Angaben der WHO wird die Inzidenz des plötzlichen Herztodes in den westlichen Industrieländern auf jährlich 0,1% geschätzt [3, 4, 5, 6]. In der Bundes- republik Deutschland verursacht der plötzliche Herztod jährlich ca. 80.000 bis 100.000 Todesfälle, so dass ihm etwa 300 Menschen täglich erliegen [7]. Auch wenn in den vergangenen Jahren sowohl Mortalität als auch Morbidität der Herzkreislauferkrankun- gen rückläufig sind, sterben in Deutschland immer noch mehr als 10-mal so viele Pa- tienten durch den plötzlichen Herztod als bei Verkehrsunfällen [8, 9]. Von dem durch plötzlichen Herztod betroffenen Menschen erreichen nur 2 bis 22% lebend ein Kran- kenhaus [8, 10]. Männer sind vom plötzlichen Herztod häufiger betroffen als Frauen.

Darüber hinaus steigt die Mortalität mit zunehmendem Alter [11].

Zumeist sind es schwerwiegende Herzrhythmusstörungen, wie das Kammerflimmern (VF) oder die ventrikuläre Tachykardie (VT), die einen mechanischen Herzstillstand hervorrufen. Die Bradykardie und die Asystolie sind weitere Ursachen für das Auftreten außerklinischer Herzkreislaufstillstände, sie treten jedoch erheblich seltener auf [3, 5, 9, 12, 13].

Die effektivste Therapie für die Durchbrechung einer potentiell letalen Rhythmusstö- rung stellt die frühzeitige elektrische Defibrillation dar [8, 14, 15, 20]. Nur hierdurch kann VF/VT beendet und der plötzliche Herztod verhindert werden [3, 16]. Aufgrund ihrer entscheidenden Bedeutung für die sofortige Beendigung von VF/VT kommt der Defibrillation ein zentraler Stellenwert im Rahmen der kardiopulmonalen Reanimation (cardiopulmonary resuscitation / CPR) zu [3, 17, 18]. Die Erfolgsrate einer Defibrillation ist allerdings stark zeitabhängig. Je schneller eine Defibrillation erfolgt, desto höher ist die Überlebenswahrscheinlichkeit des betroffenen Patienten [6, 8, 19, 21]. Die zeit- nahe Defibrillation ist nicht allein für das Überleben, sondern auch für ein unbeein- trächtigtes Leben ohne neurologische Defizite ausschlaggebend [22].

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Studienergebnisse der OPALS-Studie von Stiell et al. [21] und Folke et al. [44] haben nachgewiesen, dass die Überlebenswahrscheinlichkeit am höchsten ist, wenn der De- fibrillator innerhalb von 3 bis 5 Minuten nach Beginn der Rhythmusstörung zum Einsatz kommt. Ohne Defibrillation nimmt die Überlebenswahrscheinlichkeit pro Minute um 8- 10% ab [15, 23]. Bei einem Zeitverzug von 5 Minuten sinkt sie bereits auf etwa 50%, nach 7 Minuten auf ca. 30% und nach 10 Minuten beträgt sie lediglich noch um die 10% [8, 21, 44].

Vor diesem Hintergrund betonen die aktuellen Leitlinien des European Resuscitation Council (ERC) die besondere Bedeutung der automatischen externen Defibrillation (AED) [26]. Reanimationsrichtlinien fordern dementsprechend nicht nur medizinisches Personal, sondern auch Laien zur Durchführung von CPR-Maßnahmen auf. Die AEDs ermöglichen Laien und fachfremden Personen bei dem Auftreten von vermeintlichen Herzkreislaufstillständen schnell und lebensrettend autark zu agieren. Die Leitlinien des ERC zielen darauf ab, die Zeit zwischen der eingetretenen Rhythmusstörung und der darauf folgenden Defibrillation zu verkürzen, um dadurch die Überlebenschancen ohne neurologische Defizite für die betroffenen Patienten zu erhöhen [22, 27, 28, 29].

Um diesem Anspruch gerecht zu werden, wurden während der letzten Jahre immer häufiger AEDs an öffentlichen Plätzen installiert [30, 31, 32]. Verzögerungen innerhalb der Rettungskette wurden hierdurch verringert, da der von einer Rhythmusstörung be- troffene Patient nicht mehr bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes oder des Notarz- tes auf eine Defibrillation warten muss. Eine unverzügliche Behandlung kann somit mit Hilfe eines in der Umgebung platzierten AEDs auch durch Laien erfolgen. Die in der Literatur angegebene initiale Überlebenswahrscheinlichkeit von 90% bei sofortiger und korrekt durchgeführter Defibrillation wird durch diese Möglichkeit signifikant erhöht [8, 55]. So wurde auch in der aktuellen Leitlinie des ERC die Anwendung von AEDs zu einer der essentiellen Basismaßnahmen bei der Wiederbelebung gezählt [26, 37]. Zu- sätzlich wurde in den Leitlinien für den Herzkreislaufstillstand empfohlen, AEDs an Or- ten zu installieren, wo das Auftreten mindestens eines Kreislaufstillstandes innerhalb eines Zeitraumes von 5 Jahren zu erwarten ist [36, 37, 38].

Die Anwendung von AEDs kann auch Laien in einfacher Weise vermittelt werden. Die früher noch zwingend erforderliche Rhythmusanalyse eines abgeleiteten Elektro-

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kardiogrammes (EKG) durch medizinisches Fachpersonal wird nun von dem Gerät selbstständig übernommen. Detektiert der AED eine schockbare Rhythmusstörung, so wird eine Empfehlung zur Schockabgabe gegeben. Dies erfolgt mit Hilfe von einer Reihe von sequentiellen akustischen Aufforderungen: „Elektroden aufkleben, Herz- rhythmus wird analysiert, bitte Wegtreten von dem Patienten, Schock jetzt abgeben, bitte jetzt grüne Taste drücken, mit Herzdruckmassage beginnen“. Damit wird der An- wender durch den kompletten Reanimationsablauf geführt. Er muss lediglich den An- weisungen des Gerätes Schritt für Schritt folgen [39]. Die Anwesenheit eines Arztes oder eines im Auslesen eines EKG geschulten Rettungssanitäters ist für die frühzeitige Defibrillation bei Anwendung moderner AEDs nicht mehr erforderlich.

Aufgrund der einfachen Bedienbarkeit dieser Geräte werden sie hauptsächlich von zwei Gruppen in Anspruch genommen [8, 22, 58]. Zum einen sind dies sogenannte

„first responder“, und zum anderen sogenannte „target groups“. Unter „first responder“

fallen Rettungssanitäter, Polizisten und Feuerwehrleute. Diese „first responder“ haben vor der erstmaligen Nutzung eines AED ein mindestens 40-minütiges Training absol- viert [8, 40, 41, 58]. Der Begriff „target groups“ bezeichnet Laienhelfer. Dieser Perso- nenkreis umfasst Angehörige von Risikopatienten, Sicherheitspersonal öffentlicher Einrichtungen, sowie solche Personen, die zu Hilfeleistungen im Notfall gesetzlich ver- pflichtet sind [8, 42, 43].

Die Erfahrungen der letzten Jahre haben jedoch gezeigt, dass kein relevanter Unter- schied bei der erfolgreichen Anwendung moderner Defibrillatoren zwischen „first res- ponder“ und „target groups“ besteht. Beide Gruppen konnten die Anwendung von AEDs mit vergleichbaren Ergebnissen ausführen. Medizinische Vorkenntnisse sind so- mit bei Ingebrauchnahme dieser Geräte für ein positives Ergebnis nicht mehr zwingend erforderlich. Studien haben außerdem gezeigt, dass sogar Kinder im schulfähigen Al- ter im Stande sind, ohne jegliche Vorkenntnisse einen AED erfolgreich einzusetzen [8]. So ergab eine randomisierte kontrollierte Studie der Ludwig-Maximilians-Universi- tät in München aus dem Jahr 2001, dass beim Vergleich einzelner Probandenkollek- tive Schülerinnen und Schüler aus der 6. und 10. Klasse besonders schnell bereit wa- ren, einen Defibrillationsschock auszulösen. Sie hatten ohne vorherige Einweisung die Funktion eines AED so schnell verstanden, dass sie eine sofortige Schockabgabe ei- genständig vornehmen konnten. Überraschend war, dass vorab geschulte Mitarbeiter

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der Feuerwehr für die initiale Vorbereitung eines Defibrillators im Durchschnitt 9 Se- kunden länger benötigten. Auch die korrekte und sichere Durchführung der Schockab- gabe ergab keine wesentlichen Unterschiede in dem Probandenkollektiv [8]. Es zeigte sich somit, dass der Gebrauch von AEDs weitgehend unabhängig von Vorbildung und Lebensalter ist.

Mindestens genauso entscheidend wie die einfache Bedienung der AEDs ist auch de- ren Platzierung [44, 45]. Sind die Geräte an öffentlichen Plätzen so installiert, dass sie für die Allgemeinheit nicht schnell erkennbar sind, kommen die Geräte selten zum Ein- satz. Entscheidend ist, dass die Existenz und der Standort von AEDs sichtbar gekenn- zeichnet ist. Vielerorts werden heutzutage die Geräte an sogenannten SOS-Säulen platziert.

Der Flughafen von Chicago war beispielsweise einer der Ersten, der AEDs flächende- ckend über das gesamte Flughafengebiet (Check-in-Counter, Kaufhäuser, Bürokom- plexe) installiert hat [30]. Bei der Platzierung der AEDs wurde auf gut sichtbare Positi- onen geachtet. Zusätzlich wurde mit Werbebannern, mit Durchsagen am Flughafen, mit Infobroschüren für Reisende und mit Hilfe von lokalen Zeitungsartikeln auf das Vorhandensein von AEDs am Flughafen von Chicago aufmerksam gemacht.

Nur das Zusammenspiel von einfacher Ingebrauchnahme und dem Wissen, wo sich ein AED befindet, garantiert eine schnelle Reaktionsmöglichkeit. Hierdurch kann die Zeitspanne zwischen dem Beginn der Rhythmusstörung und der Defibrillation verkürzt werden. Dies ist der entscheidende Faktor für das Überleben eines betroffenen Pati- enten. Der Rettungsdienst oder der Notarzt müssten andernfalls innerhalb weniger Mi- nuten vor Ort sein, um rechtzeitig agieren zu können. In Großstädten wie München ist dies jedoch selten zu erreichen. Weite Anfahrtswege und die aktuelle Verkehrssitua- tion sind dafür in erster Linie verantwortlich.

Vor diesem Hintergrund wurde im Jahr 2001 der Verein „München gegen den plötzli- chen Herztod e.V.“ gegründet. Unter der Schirmherrschaft des damaligen Münchner Oberbürgermeisters Christian Ude stellte sich der Verein die Aufgabe, die Überlebens- chancen von Menschen mit akut auftretenden Rhythmusstörungen zu verbessern. Das erste Ziel des Vereins war, die finanziellen Mittel zur Beschaffung von AEDs über

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Spenden aufzubringen, um hierdurch das erste Defibrillations-Programm in Deutsch- land zu implementieren. Seit April 2001 wurden AEDs in den Münchner U-Bahnhöfen sukzessive installiert. Damit war München weltweit eine der ersten Städte, die AEDs im Bereich der öffentlichen Personenbeförderung flächendeckend verfügbar machte.

1.2. Das Münchner U-Bahnnetz

Mit dem Bau des Münchner U-Bahnnetzes wurde 1965 begonnen. Rechtzeitig vor den Olympischen Spielen wurde es am 19. Oktober 1971 erstmalig in Betrieb genommen.

Heute verfügt es über eine Gesamtlänge von 95 km und umfasst insgesamt 100 Bahn- höfe (Stand Dezember 2018). Die Münchner U-Bahn ist Teil der Münchner Verkehrs- gesellschaft (MVG) und wird im Rahmen des Münchner Verkehrs- und Tarifverbundes (MVV) betrieben. Sie befördert jährlich 410 Millionen Fahrgäste (Stand Mai 2019) [46].

Das unterirdisch gebaute Tunnelsystem ist über Treppen, Rolltreppen oder Aufzüge barrierefrei zugänglich. Bei einem Teil der 100 Bahnhöfe handelt es sich um Kreu- zungsbahnhöfe, die Anschlussmöglichkeiten zu weiteren U-Bahnlinien, zur S-Bahn oder zu Fernzügen bieten.

Diese Gegebenheiten erschweren einen Notarzteinsatz, da auch Rettungssanitäter und Ärzte weite Distanzen zu Fuß zurücklegen müssen, bis sie die zu betreuende Per- son im U-Bahnnetz erreichen. Je nach Unfallort vergehen wertvolle Minuten, bis der Rettungsdienst oder der Notarzt den Einsatzort erreicht hat und mit lebensrettenden Maßnahmen begonnen werden kann. Im Stadtgebiet München benötigt der Rettungs- dienst durchschnittlich knapp 8 Minuten vom Erhalt des Notrufes bis zum Eintreffen am Unfallort [47].

Weil die Überlebenswahrscheinlichkeit ohne Defibrillation in jeder Minute um 8-10%

abnimmt, sind gerade die ersten Minuten aufgrund der geringen Toleranz des mensch- lichen Gehirngewebes gegenüber einem Mangel an Sauerstoff ausschlaggebend [3, 8, 23]. In dieser Zeit entscheidet sich, ob mit neurologischen Defiziten gerechnet wer- den muss und ob der Betroffene überlebt.

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Für Patienten mit VF/VT im Münchner U-Bahnnetz bedeutete dies vor dem Jahr 2001, dass sie auf die lebensrettende Defibrillation zwangsläufig bis zum Eintreffen des Not- arztes warten mussten, da keine Defibrillatoren vor Ort waren und diese ausschließlich von medizinischem oder geschultem Fachpersonal bedient werden konnten. Seitdem die AEDs an den Münchner U-Bahnhöfen installiert und damit öffentlich zugänglich sind, besteht nun eine neue Möglichkeit der Therapie.

Mittlerweile verfügt das Münchner U-Bahnnetz über 121 AEDs, die sowohl im Gleis- bereich als auch in den Zwischengeschossen der Bahnhöfe installiert sind. An beson- ders frequentierten U-Bahnhöfen wie dem Münchner Hauptbahnhof, dem Bahnhof Münchner Freiheit, dem Odeonsplatz und dem Marienplatz befinden sich zusätzliche Geräte im Sperrengeschoss und auf den Bahnsteigen, um die Wege in einem Notfall möglichst kurz zu halten. Deshalb ist die Anzahl der Geräte hier höher als in den an- deren U-Bahnhöfen [46].

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Abbildung 1: Übersicht des Münchner U-Bahnnetzes mit den vor Ort installierten AEDs (Stand 2019).

(Diese Abbildung dient Anschauungszwecken und erfolgt mit freundlicher Unterstützung der Münchner Verkehrsgesellschaft mbH)

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1.3. Die Installation von automatischen externen Defibrillatoren im Münchner U-Bahnnetz

Das Konzept für die Einführung von AEDs im Münchner U-Bahnnetz stammt aus den USA. Hier existiert bereits seit 1999 das sogenannte „public access defibrillation pro- gram (PAD)“, ein für Laien zugängliches Defibrillations-Programm [46].

Der erste AED wurde in München am 1. April 2001 am Marienplatz installiert. Damit war München die erste Stadt in Deutschland, die AEDs der Öffentlichkeit zugänglich machte. Unmittelbar nachfolgend wurden fünf weitere Geräte an besonders stark fre- quentierten U-Bahnhöfen mit Umsteigemöglichkeiten installiert, wie z.B. dem Odeons- platz und dem Sendlinger-Tor-Platz. Zu Beginn der Installation der AEDs im Münchner U-Bahnnetz wurde das Model Lifepak 500 des Herstellers Physio Control verwendet.

Die ersten 10 installierten AEDs entsprachen diesem Gerätetyp [46].

Abbildung 2: Der erste AED am Münchner Marienplatz aus dem Jahr 2001.

(Diese Abbildung dient Anschauungszwecken und erfolgt mit freundlicher Unterstützung der Münchner Verkehrsgesellschaft mbH)

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Der Gerätewechsel zur nächsten Generation von AEDs fand im Jahr 2003 statt. Mit der Installation des 11. Defibrillators wechselte die Stadt München zu dem Gerätemo- del CR Plus Lifepak von Physio Control. Alle bis zu diesem Zeitpunkt bereits installier- ten Defibrillatoren wurden durch das neue Model ersetzt. Dies ist bisher der einzige Gerätewechsel, den die Stadt München vollzogen hat. Die technischen Funktionsab- läufe wurden bei dem Gerätewechsel nicht verändert. Verändert wurden lediglich die Sprachanweisungen. Sie wurden bei der neueren Gerätegeneration umfangreicher, detaillierter und damit für einen Laien besser verständlich gestaltet. Jeder einzelne Schritt der Benutzung des CR Plus Lifepak Defibrillators wurde nun genauestens er- klärt, so dass der Anwender lediglich den Anweisungen des Gerätes folgen musste, um eine sachgerechte Bedienung durchzuführen [39].

Über die letzten Jahre wurde die Installation von Defibrillatoren im Münchner U-Bahn- netz immer weiter ausgedehnt. Jedes Jahr kamen weitere AEDs hinzu. Diese wurden nicht nur auf den U-Bahnsteigen, sondern auch in den Zwischengeschossen des Münchner U-Bahnnetzes installiert. Mittlerweile verfügt das Münchner U-Bahnnetz über insgesamt 121 AEDs (Stand Dezember 2018).

Abbildung 3: Anzahl der im Münchner U-Bahnnetz installierten AEDs.

0 20 40 60 80 100 120 140

2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Anzahl der AEDs

Jahr

Anzahl der installierten AEDs im

Münchner U-Bahnnetz

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1.4. Das Einsatzgebiet der im Münchner U-Bahnnetz installierten automatischen externen Defibrillatoren

Als Einsatzgebiet der in den Münchner U-Bahnhöfen installieren AEDs wurde das ge- samte Bahnhofsgebiet der jeweiligen U-Bahnstationen definiert. Die Geräte wurden nicht nur bei Herzkreislaufstillständen in den U-Bahnen genutzt. Ihr Einsatzgebiet um- fasste die gesamte Umgebung der SOS-Säulen, die die AEDs enthielten. Dies bein- haltete neben den Bahngleisen und Haltestellen der U-Bahn auch das unterirdische Tunnelsystem und die zahlreichen Treppen, die zu den Bahngleisen führten. In den größeren U-Bahnhöfen umfasste das Einsatzgebiet der AEDs auch die Aufenthaltsbe- reiche in den Zwischengeschossen, in denen sich auch Zeitschriftenkioske und sons- tige Einzelhandelsgeschäfte befanden.

1.5. Zielsetzung

In der vorliegenden Studie wurden anhand einer retrospektiven Kohortenanalyse alle Einsätze der AEDs im Münchner U-Bahnnetz von April 2001 bis Dezember 2016 un- tersucht. Dies beinhaltete sowohl die erste Gerätegeneration der AEDs, die von 2001 bis 2003 im Einsatz war, sowie die neuste Gerätegeneration, die seit 2003 im Münch- ner U-Bahnnetz installiert ist. Dabei wurde geprüft, ob die AEDs bei den durchgeführ- ten Einsätzen eine korrekte Analyse des Herzrhythmus durchführten, wie oft VF/VT durch den Einsatz von AEDs effektiv behandelt werden konnte, wie viele Patienten ohne neurologische Defizite die Klinik verlassen konnten oder ob die AEDs Störungen unterlagen. Die Daten dieser Studie stammen aus den Aufzeichnungen der AEDs in- klusive der gespeicherten EKGs vor und nach Schockabgabe, den Rettungsdienstpro- tokollen und den Arztbriefen nachfolgender Behandlungsmaßnahmen.

Ziel dieser Studie war es, die Sicherheit und Effektivität der im Münchner U-Bahnnetz installierten AEDs im Langzeitverlauf zu analysieren, einen Beitrag für deren Optimie- rung zu leisten und damit das Risiko des plötzlichen Herztodes im öffentlichen Raum zu minimieren.

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2. Material und Methodik

2.1. Der automatische externe Defibrillator - das aktuelle Model CR Plus Lifepak

Bei den im Münchner U-Bahnnetz installierten AEDs handelt es sich, wie eingangs erläutert, um das halbautomatische Model CR Plus Lifepak des Herstellers Physio Control. Diese Model wurde speziell für den Einsatz von Personen konzipiert, die kein medizinisches Hintergrundwissen haben [39]. Der AED analysiert den Rhythmus, be- vor es den Helfer zur Abgabe eines Schockes anleitet. Über Sprachanweisungen for- dert das Gerät den Anwender auf, die Schocktaste zu drücken und damit einen Stro- mimpuls abzugeben.

Abbildung 4: CR Plus Lifepak in der halbautomatischen Ausführung.

(Diese Abbildung dient Anschauungszwecken und erfolgt mit freundlicher Unterstützung der Stryker GmbH & Co. KG)

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2.2. Die Funktion des automatischen externen Defibrillators

Der AED soll immer dann zur Anwendung kommen, wenn VF/VT vorliegt oder der Verdacht auf einen Herzstillstand besteht. Als klinische Zeichen eines Herzstillstandes gelten der Kreislaufstillstand, die fehlende Atmung und die Bewusstlosigkeit. Laien sol- len keine Scheu verspüren den AED bei einem Verdacht auf einen Herzstillstand an- zuwenden. Nachdem die Elektroden an den Brustkorb des betroffenen Patienten an- geschlossen sind, analysiert das Gerät zuerst den Rhythmus. Nur wenn es sich tat- sächlich um eine defibrillierbare Rhythmusstörung handelt, also VF/VT vorliegt, wird eine Schockabgabe von dem AED mittels Sprachanweisung empfohlen. Dabei stellt die Defibrillation die wichtigste Erstmaßnahme dar. Bei allen anderen Diagnosen emp- fiehlt der AED keine Schockabgabe. Der Patient solle in diesem Fall in eine stabile Seitenlage gelegt und bei Bedarf reanimiert werden, bis der Rettungsdienst oder der Notarzt eintreffen.

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2.3. Vorgehensweise bei der Verwendung des CR Plus Lifepak

Die Behandlung des plötzlichen Herztodes mittels des CR Plus Lifepak Gerätes setzt sich aus drei wesentlichen Maßnahmen zusammen:

1. Notruf absetzen und das Gehäuse an der SOS-Säule öffnen, um den AED zu entnehmen.

Abbildung 5: Entnahme des AEDs von der SOS-Säule.

(Diese Abbildung von Kerstin Groh dient Anschauungszwecken und erfolgt mit freundlicher Unterstützung der Münchner Verkehrsgesellschaft mbH)

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2. Anschließend den AED mittels der EIN-/AUS Taste öffnen und den Oberkörper der betroffenen Person freimachen. Die Elektroden aus dem Elektrodenpaket entnehmen und die Schutzfolie von den Elektroden entfernen, bevor sie auf den Brustkorb entsprechend der gezeichneten Anweisungen geklebt werden.

Abbildung 6: Entnahme der Elektroden aus dem Elektrodenpaket mit dem roten Öffnungsgriff.

(Diese Abbildung dient Anschauungszwecken und erfolgt mit freundlicher Unterstützung der Stryker GmbH & Co. KG)

3. Den Sprachanweisungen des Gerätes folgen und den Patienten während der Rhythmusanalyse nicht berühren. Auf Schocktaste drücken, wenn diese rot blinkt.

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Die Abbildung 7 fasst die wesentlichen Bedienungsschritte zusammen. Diese Abbil- dung befindet sich auf jedem Gerätedeckel.

Abbildung 7: Kurzanleitung des AED auf dem Gerätedeckel.

(Diese Abbildung dient Anschauungszwecken und erfolgt mit freundlicher Unterstützung der Münchner Verkehrsgesellschaft mbH.

Die Piktogramme der Abbildung dienen ebenfalls Anschauungszwecken und erfolgen mit freundlicher Unterstützung der Stryker GmbH & Co. KG)

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2.4. Aufzeichnungen und Protokolle des CR Plus Lifepak

2.4.1. Erstellung des Ereignisprotokolls

Der Defibrillator erfasste bei jedem Einschalten und nach Anbringen der Elektroden die Daten des Defibrillationsprozesses. Er protokollierte alle Ereignisse, die sich wäh- rend des gesamten Vorganges ergaben in einem Ereignisprotokoll. Anhand des Ereig- nisprotokolls ist es möglich nachzuvollziehen, wie viel Zeit vom Anbringen der Elektro- den bis zur ersten Schockabgabe vergangen war. Des Weiteren wurde analysiert, ob es eine Aufforderung zur Herzlungenwiederbelebung (HLW) gab und ob diese erfolgte.

Das Ereignisprotokoll stellte die Abläufe aller Geschehnisse während der Anwendung des CR Plus Lifepak dar. Es protokollierte die Chronik aller abgelaufenen Ereignisse während der Nutzung des AEDs (Abbildung 8).

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Abbildung 8: Ereignisprotokoll eines Patienten aus dem Jahr 2016.

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o N -o L o -g p 6' 7 o a f d z 1 o = t2. : !, I

(23)

2.4.2. Aufzeichnung des Elektrokardiogramms

Der Defibrillator zeichnete während der Ingebrauchnahme ein kontinuierliches EKG auf. Die Aufzeichnung begann, sobald das Gerät eingeschaltet war und die Elektroden auf dem Brustkorb des Patienten klebten. Beendet wurde die EKG Aufzeichnung so- bald der Defibrillator ausgeschaltet war oder wenn die Elektroden vom Brustkorb des Patienten entfernt wurden. Das aufgezeichnete EKG wurde von dem Defibrillator ge- speichert.

Zusätzlich wurde jede einzelne Schockabgabe aufgezeichnet. Nach jeder Schockab- gabe wurde der Rhythmus neu analysiert. Der Defibrillator bewertete mittels Eigen- analyse, ob weiterhin VF/VT Episoden vorlagen und somit eine erneute Schockabgabe erfolgen sollte. Sobald die Rhythmusstörung erfolgreich beendet war, gab der Defibril- lator keine Empfehlung zu einer erneuten Schockabgabe mehr ab.

Mittels elektronischer Datenübertragung konnten die aufgezeichneten EKGs nach dem Einsatz auf einen Rechner überspielt werden. Somit blieb der Herzrhythmus, der während eines Einsatzes aufgezeichnet wurde, dokumentiert und konnte zu jedem späteren Zeitpunkt aufgerufen werden. Anhand dieser Aufzeichnungen konnte nach- vollzogen werden, welcher Herzrhythmus vor dem Schockereignis vorlag, und ob es sich überhaupt um eine defibrillierbare Rhythmusstörung handelte. Dieses Vorgehen ermöglichte eine genaue Funktionskontrolle des Defibrillators und zeigte außerdem, ob der Defibrillator anhand des vorliegenden Rhythmus auch korrekte Instruktionen gab. Nur wenn eine defibrillierbare Rhythmusstörung wie VF/VT bestand, durfte das Gerät zur Schockabgabe auffordern. Hätte das Gerät bei einer Rhythmusstörung, die keinem VF/VT entsprach, eine Schockabgabe empfohlen, so hätte dies fatale Folgen für die betroffene Person haben können. Das vom Defibrillator aufgezeichnete EKG ermöglichte somit eine nachträgliche Kontrolle, ob das Gerät in der Lage war, dem Benutzer auch bei sich ändernden klinischen Gegebenheiten korrekte Anweisungen zu übermitteln.

(24)

2.4.3. Zusammenfassung des Notfalles

Abschließend generierte das Gerät eine Zusammenfassung, die eine Kombination des Ereignisprotokolls mit exemplarischen EKG-Aufzeichnungen darstellte. Wie in Abbil- dung 9 veranschaulicht, gibt Zeile A einen Überblick über die wichtigsten Eckdaten des Einsatzes. Zeile B zeigt die Zusammenfassung des anfänglich detektierten Rhythmus.

Dieser vom AED selbst analysierte Rhythmus war ausschlaggebend für jedwede wei- tere Empfehlung. In Abbildung 9 zeigt sich anfänglich VF, so dass der AED eine Schockabgabe empfahl. In Zeile C der Abbildung 9 wurde der Rhythmus unmittelbar vor der Schockabgabe dargestellt und die Stärke der Energie, mit welcher der erste Schock abgegeben wurde. Zeile D zeigt die Schockabgabe und stellt den Herzrhyth- mus unmittelbar nach Schockabgabe dar. Im Beispiel von Abbildung 9 handelte es sich um einen breitkomplexigen Rhythmus, der in Zeile E wieder in VF wechselte.

Alle vom AED aufgezeichneten Daten wurden unmittelbar während des Einsatzes di- gital gespeichert und konnten anschließend über ein Datenmanagement-System auf einen Rechner übertragen werden. Diese Daten konnten dann von medizinischem Fachpersonal ausgewertet werden. Somit konnte jeder Einsatz des CR Plus Lifepak rekonstruiert werden. Der AED des Modelles CR Plus konnte maximal zwei Patienten- berichte speichern. Sobald ein dritter Patient mit dem Defibrillator behandelt wurde, wurden die Daten des ersten Patienten gelöscht. Deshalb war eine zeitnahe Speiche- rung der vom Defibrillator aufgezeichneten Daten nach jedem Einsatz erforderlich.

(25)

Abbildung 9: Beispiel einer Zusammenfassung eines AED aus dem Jahr 2016.

Kontinuierlich. Zusammenfassun

Vorfall-lD. 0001-2016 Gerätetyp:

Patienten-lD: 2016012100180000-1PCRP38866279 Geräte-lD:

Patientenname: Seriennummer des Geräts:

Gerätekonfiguration:

S oftwa reve rs io n :

LPCRP 38866279 1PCRP38866279 0000004842200000000 3202124-027 REV 3.00 Strom ein: 21.01.2016 07:43:56

GeschwindigkeiUcrösse: 25mm/s/x1,0

Frequenz: Defib.elektrode (,5-21H2)

07:43:56 Ström ein

07 :44:02 Elektroden anschliessen

07 :44:22 Patient angeschlossen

*Die Zeiten wurden vom System angepasst.

07 .44:39 Ladung abgeschlossen

07:44:46 lmpedanz (8) 120.0

07 .46:52 H LW-Aufforderung beenden

U-Bahn-Projekt

21 .O1.2016 12i54i51

O 1996 - 201'l Physio-Control, lnc. Alle Rechte vorbehalten.

Seite 1 von 2

LifeNetReports Version: 1 5.0.1 5

A

B

C

D

E

(26)

2.5. Datenerfassung

Die Ereignisprotokolle des AEDs in Zusammenschau mit den Einsatzprotokollen der Leitstelle der MVG, der Integrierten Leitstelle für Feuerwehr und Rettungsdienst, des Rettungsdienstes und des Notarztes wurden im Rahmen des gesetzlich geforderten Qualitätsmanagements entsprechend § 135a Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch durch die ärztliche Programmleitung für das Laiendefibrillationsprojekt der Stadt München sowie durch den ärztlichen Leiter des Rettungsdienstes in München nach jedem Einsatz erhoben und zusammengeführt.

Die Erfassung des Outcomes der in eine Klinik transportierten Patienten erfolgte ent- sprechend den Vorgaben aus Art. 12 Abs. 5 des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes (BayRDG): „Die Zielkliniken des Rettungsdienstes haben den Ärztlichen Leitern Ret- tungsdienst die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte einschließlich der in der Klinik erhobenen Daten zur Weiterbehandlung von Patienten zur Verfügung zu stellen.“ Die Datenauswertung der in Papierform vorliegenden Protokolle und Be- richte erfolgte in unmittelbarer Abstimmung mit dem Ärztlichen Leiter Rettungsdienst München Prof. Dr. med. Karl-Georg Kanz und ausschließlich anhand anonymisierter Datensätze entsprechend Art. 47 Abs. 3 des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes (BayRDG): „Anonymisierte oder pseudoanonymisierte Daten können auch For- schungseinrichtungen übermittelt werden, wenn diese die Daten zur Durchführung wissenschaftlicher notfallmedizinischer Forschung nutzen.“

Die Daten der vorliegenden Studie wurden somit aus den folgenden Quellen zusam- mengeführt:

Abbildung 10: Die drei Säulen der Datengewinnung.

AEDs Rettungsdienstprotokolle Klinische Befunde

(27)

2.5.1. Automatische externe Defibrillatoren

2.5.1.1. Datenaufzeichnung

Für die hier vorgelegte Studie wurden alle auf den automatischen externen Defibrilla- toren gespeicherten Daten im Zeitraum von April 2001 bis Dezember 2016 ausgewer- tet. Diese stellten die Datengrundlage dieser Erhebung dar.

Die Datengrundlage umfasste das Ereignisprotokoll für jeden Einsatz, die EKG-Auf- zeichnung der betroffenen Patienten und die Zusammenfassung der Ereignisse.

Nach jeder Benutzung wurden die Geräte gereinigt und geprüft. Nach der Übertragung wurden alle Daten auf dem Defibrillator gelöscht und das Gerät an die jeweilige SOS Säule im Münchner U-Bahnnetz zurückgebracht. Der AED war damit für einen neuen Einsatz bereit.

Durch diese Vorgehensweise wurden alle Einsätze der Defibrillatoren an den Münch- ner U-Bahnhöfen von April 2001 bis Dezember 2016 aufgezeichnet und gespeichert.

Anhand der Ereignisprotokolle und der EKGs war es somit möglich, den anfänglichen Rhythmus des AED Einsatzes zu analysieren und nachzuvollziehen, ob sich der Herz- rhythmus während des Einsatzes verändert hatte, ob und wie viele Schockabgaben erfolgt waren und ob die HLW vollzogen wurde. Auch konnte ermittelt werden, wie viel Zeit bis zu der ersten Schockabgabe vergangen war.

2.5.1.2. Datenauswertung der Elektrokardiogramme

Die Auswertung der von den AEDs aufgezeichneten EKGs erfolgte von den beiden unabhängigen, erfahrenen Rhythmologen Prof. Dr. med. Karl Thomas Korte und Dr.

med. Markus Matula. Diese werteten jedes EKG unabhängig voneinander aus, wel- ches vor der jeweiligen Schockabgabe und nach den Schockabgaben von den AEDs aufgezeichnet wurde.

(28)

2.5.2. Rettungsdienstprotokolle

Zusätzlich wurden die Rettungsdienstprotokolle der Leitstelle der MVG, die der Inte- grierten Leitstelle Münchens, die des Rettungsdienstes und die des Notarztes erfasst und ausgewertet.

Die Rettungsdienstprotokolle beinhalteten Angaben über die Zeitspanne vom Notruf an der SOS-Säule bis zum Eintreffen des Notarztes, und sie erläuterten die vom Not- arzt vorgefundene Situation. Des Weiteren dokumentierten sie die daraufhin erfolgte Vorgehensweise des Rettungsdienstes und des Notarztes. So wurde beispielsweise festgehalten, wie der Zustand des vorgefundenen Patienten war, welche Maßnahmen vor Ort von dem Rettungsdienst und oder dem Notarzt ergriffen wurden, welche Medi- kamente der Patient am Einsatzort erhielt und von welcher Verdachtsdiagnose ausge- gangen wurde. Die Rettungsdienstprotokolle beinhaltete außerdem die Qualifikation und die Anzahl der beteiligten Einsatzkräfte. Der gesamte Einsatz wurde auf diese Weise in einem standardisierten Protokoll erfasst (Anhang I, DIVI Protokoll).

Bei Patienten, die nach der Reanimation kreislaufstabil waren oder die unter laufender Reanimation in ein Krankenhaus eingeliefert wurden, wurde der Name des weiterbe- handelnden Krankenhauses im Rettungsdienstprotokolle vermerkt. Bei denjenigen Pa- tienten, die nach erfolgloser Defibrillation bzw. Reanimation noch am Einsatzort ver- starben, wurde dies ebenfalls im Protokoll vermerkt.

2.5.3. Klinische Befunde der nachbehandelnden Krankenhäuser

Im nächsten Schritt wurden die Krankenhäuser kontaktiert, in die die betroffenen Pati- enten laut Rettungsdienstprotokolle eingeliefert wurden. Die klinischen Verlaufsbe- funde enthielten Informationen über das schrittweise Vorgehen in der Klinik. Dokumen- tiert wurde in welchem Zustand die Patienten eingeliefert wurden, anhand welcher Me- thoden eine Diagnose erhoben werden konnte und welche medizinischen Maßnahmen eingeleitet wurden. Über die zentrale Patientenaufnahme konnte nach Sichtung des Entlassungsbriefes ermittelt werden, ob die betroffene Person die Reanimation

(29)

überlebt hatte und ob sie das Krankenhaus mit oder ohne neurologische Defizite ver- lassen konnte. Somit wurden jeweils allumfassende Protokolle über die betroffenen Patienten erstellt.

Die Kenntnis der akuten Ereignisse am Unfallort durch die Aufzeichnungen der AEDs, die Informationen in den von der Integrierten Leitstelle München erhaltenen Einsatz- protokollen und die bei Verlegung in ein Krankenhaus erhobenen klinischen Befunde wurden für jeden einzelnen Patienten zu einem Datensatz zusammengefügt und damit der Gesamtauswertung zugänglich gemacht.

2.6. Statistische Analyse

Die Auswertung der vorliegenden Daten erfolgte mittels dem „Statistical Package for the Social Sciences“ (SPSS Statistics) der Firma IBM (Version 21, IBM Deutschland GmbH, Ehingen, Deutschland). Komplette Datenreihen, bestehend aus den Aufzeich- nungen der AEDs, dem Notarzt-Bericht und den klinischen Befunden, waren für 21 Patienten verfügbar. Für alle übrigen Patienten konnte die Datenanalyse nur mit Ein- schränkungen erfolgen. Bei diesen Patientenakten konnten nur die Parameter in die Studie einfließen, die auch wirklich dokumentiert worden waren.

(30)

3. Ergebnisse

3.1. Die Einsätze der automatischen externen Defibrillatoren

Bei allen dokumentierten Einsätzen der im Münchner U-Bahnnetz installierten AEDs gaben die Defibrillatoren anhand der Rhythmusanalyse die korrekte Anweisung, wie der Laie fortzufahren hatte. In dem gesamten Studienzeitraum gab es keinen Vorfall, in dem der AED den Rhythmus falsch analysierte oder eine fehlerhafte Instruktion zur Schockabgabe gab. Die AEDs empfahlen nur dann einen Schock, wenn entweder ein VF oder eine VT bestand. Dies galt für alle 78 dokumentierten Fälle in den Jahren 2001 bis Ende 2016 [48, 49]. Entsprechend den vorgefundenen Unterlagen wurde bei dem ersten Einsatz der im Münchner U-Bahnnetz installierten AEDs eine fehlerhafte Instruktion zur Schockabgabe bei einer zuvor klinisch analysierten Asystolie gegeben.

Da über diesen ersten Einsatz keinerlei weiteren Aufzeichnungen oder Dokumente auffindbar waren und es somit auch keine Bestätigung über dieses Vorkommnis gab, wurde dieser Fall nicht in der weiteren Ergebnisauswertung und Analyse berücksich- tigt.

3.1.1. Patientenkollektiv

In die Studie aufgenommen wurden alle Personen, bei denen im genannten Zeitraum ein im Münchner U-Bahnnetz installierter AED zum Einsatz kam. Das für die vorlie- gende Studie untersuchte Gesamtkollektiv umfasste insgesamt 78 Personen, wobei 61 Personen männlich und 9 Personen weiblich waren. Bei 8 Patienten war das Ge- schlecht aus den Unterlagen nicht zu ermitteln.

(31)

3.1.2. Dokumentierter Rhythmus

Von insgesamt 78 Patienten wurde bei 37 Patienten initial ein VF diagnostiziert. Bei einem Patienten wurde eine VT dokumentiert. Bei 26 Patienten bestand anfänglich ein Sinusrhythmus, 2 Patienten wiesen eine Bradykardie auf und 5 Patienten zeigten eine Asystolie. Im Patientenkollektiv konnte der initiale Rhythmus bei 5 Patienten nicht er- mittelt werden.

Abbildung 11: Rhythmus des gesamten Patientenkollektivs.

(VF: Kammerflimmern; VT: ventrikuläre Tachykardie; SR: Sinusrhythmus) Rhythmus bei 78 Notfällen

Asystolie VF VT unbekannt Bradykardie SR

(32)

3.1.3 AED-Einsätze mit nicht defibrillierbaren Rhythmusstörungen

In Tabelle 1 werden alle 41 AED-Einsätze zusammengefasst, bei denen keine defibril- lierbare Rhythmusstörung von den AEDs ermittelt wurde und bei denen auch keine Schockabgabe erfolgt war.

n anfänglicher Rhythmus CPR durchgeführt

1 Asystolie ja

2 Asystolie ja

3 Asystolie ja

4 Asystolie ja

5 Asystolie ja

6 Bradykardie ja

7 Bradykardie ja

8 SR nein

9 SR ja

10 SR nein

11 SR ja

12 SR ja

13 SR ja

14 SR nein

15 SR unbekannt

16 SR ja

17 SR unbekannt

18 SR ja

19 SR unbekannt

20 SR unbekannt

21 SR ja

22 SR ja

23 SR ja

24 SR nein

25 SR ja

26 SR ja

27 SR unbekannt

28 SR unbekannt

29 SR nein

30 SR nein

31 SR ja

32 SR ja

33 SR ja

34 SR ja

35 SR ja

36 SR ja

37 unbekannt ja

38 unbekannt nein

39 unbekannt nein

40 unbekannt nein

41 unbekannt ja

Tabelle 1: Einsätze mit nicht defibrillierbaren Rhythmusstörungen.

(SR: Sinusrhythmus)

(33)

In der weiteren Analyse wurden ausschließlich Patienten mit VF/VT als Indexarrythmie (n=38) analysiert, da nur hier eine Indikation zur Schockabgabe gegeben war. Von den 38 Patienten mit defibrillierbarem Rhythmus waren 5 weiblich und 33 männlich.

3.1.4. Einsätze der automatischen externen Defibrillatoren bei Kammerflimmern oder ventrikulärer Tachykardie

In Tabelle 2 werden, wie oben erwähnt, alle dokumentierten AED Einsätze mit VF/VT zusammengefasst. Das Alter betrug im Mittel 65 ± 11,1 Jahre.

(34)

AED-Einsätze mit defibrillierbaren Rhythmusstörungen

n=38 anfänglicher Rhythmus

letzter vom AED registrierter

Rhythmus

CPR durch- geführt

Zeitspanne (Minuten) vom Notrufeingang bis zur

Schockabgabe

1 VF AF ja unbekannt

2 VF AF ja 9

3 VF AF ja 1

4 VF AF ja 2

5 VF Bradykardie ja 6

6 VF Bradykardie ja 7

7 VF Bradykardie ja 3

8 VF SR ja 5

9 VF SR ja unbekannt

10 VF SR ja unbekannt

11 VF SR ja unbekannt

12 VF SR nein unbekannt

13 VF SR ja 3

14 VF SR ja 5

15 VF SR ja 1

16 VF SR ja 4

17 VF SR ja 6

18 VF SR ja 1

19 VF SR ja unbekannt

20 VF SR ja 7

21 VF SR unbekannt 8

22 VF SR ja 3

23 VF unbekannt nein unbekannt

24 VF unbekannt nein 1

25 VF unbekannt nein 12

26 VF unbekannt ja 5

27 VF unbekannt ja 6

28 VT unbekannt ja unbekannt

29 VF VF ja 4

30 VF VF nein 5

31 VF VF ja unbekannt

32 VF VF ja unbekannt

33 VF VF ja 6

34 VF VF ja 2

35 VF VF ja 10

36 VF VF nein 10

37 VF VF ja 12

38 VF VT unbekannt 14

Tabelle 2: AED-Einsätze mit defibrillierbaren Rhythmusstörungen.

(VF: Kammerflimmern; VT: ventrikuläre Tachykardie; SR: Sinusrhythmus; AF: Vorhofflimmern)

(35)

3.1.4. Initialer Status der Patienten bei Kammerflimmern oder ventrikulärer Tachykardie

Die Patienten mit den Rhythmusstörungen VF/VT wiesen unterschiedliche klinische Befunde auf, wie in Abbildung 12 dargestellt. Bei 15 der 38 Notfälle mit gesichertem VF oder VT ging der Nutzung der AEDs ein klinisch dokumentierter Kreislaufkollaps voraus. Zwei Patienten hatten einen Krampfanfall und 8 weitere Patienten wurden un- ter laufender Reanimation eingewiesen. Bei 13 Patienten konnten keine Daten der kli- nischen Befunde ermittelt werden.

Abbildung 12: Anzahl der Patienten im initialen Status bei VF/VT.

Initialer Status bei VF/VT

unbekannt Kollaps Reanimation Krampfanfall

(36)

3.1.5. Dauer zwischen Notrufeingang und 1. Schockabgabe

Unmittelbar nach der Notrufabgabe brachten die Ersthelfer den von der Notfallsäule entnommenen AED zum Einsatzort und bereiteten den betroffenen Patienten auf eine eventuelle Schockabgabe vor. Bei 28 von insgesamt 38 Einsätzen mit VF/VT betrug die durchschnittliche Dauer zwischen dem Notrufeingang bei der Integrierten Leitstelle München bis zur 1. Schockabgabe durch den AED 5,6 ± 3,6 Minuten. Bei 10 Einsätzen konnte die durchschnittliche Dauer bis zur Ankunft des Rettungsdienstes aufgrund feh- lender Daten nicht ermittelt werden. Die Abbildung zeigt die kumulierte Zeitdauer in Minuten vom Notrufeingang bis zur 1. Schockabgabe durch den AED.

Abbildung 13: Dauer zwischen Notrufeingang und erster Schockabgabe mit Darstellung der kumulativen prozentualen Häufigkeit je Minutenanzahl.

3.1.6. Anzahl der Schockabgaben bis zur Terminierung der Rhythmusstörung

Alle 38 Patienten erhielten eine 1. Schockabgabe. Bei 27 der 38 AED-Einsätze (71%) wurde VF/VT bereits nach dem 1. Schock terminiert. Zwölf Patienten wiesen einen Sinusrhythmus, 1 Patient eine Asystolie, 3 Patienten eine Nulllinie, 7 Patienten einen

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 12 14

Kumulative Prozentzahl %

Minuten

Dauer zwischen Notrufeingang

und 1. Schockabgabe

(37)

breitkomplexigen Rhythmus und 2 Patienten einen schmalkomplexigen Rhythmus nach der 1. Schockabgabe auf. Für 2 Patienten konnte der Rhythmus nach der 1.

Schockabgabe nicht für diese Studie berücksichtigt werden, da dazu keine Daten auf- findbar waren. Bei 9 von 27 Patienten konvertierte der Rhythmus nach erfolgreicher Terminierung der Rhythmusstörung erneut in ein VF/VT.

Vor der 2. Schockabgabe wiesen 20 von 38 Patienten VF/VT auf. Die 2. Schockab- gabe terminierte bei 13 von 20 Patienten VF/VT (65%). Damit ließ sich nach der 2.

Schockabgabe feststellen, dass bei fast zwei Dritteln der Patienten VF/VT beendet wurde. Ein Patient wies eine Nulllinie, 1 Patient eine Asystolie, 6 Patienten einen Si- nusrhythmus, 1 Patient einen breitkomplexigen Rhythmus und 1 Patient einen schmal- komplexigen Rhythmus auf. Bei 10 Patienten konnte aufgrund fehlender Daten nicht eruiert werden, welcher Herzrhythmus nach 2. Schockabgabe vorlag.

Vor der 3. Schockabgabe konvertierten 2 Patienten erneut in VF/VT, so dass der AED bei 11 Patienten eine 3. Schockabgabe empfahl. Durch die 3. Schockabgabe wurde bei 8 von 11 Patienten VF/VT beendet (72,7%). Vier Patienten wiesen nach dem Schock einen Sinusrhythmus, 1 Patient eine Nulllinie, 1 Patient eine Asystolie und 1 Patient einen schmalkomplexigen Rhythmus auf. Bei 3 von 11 weiteren Patienten konnte VF/VT nicht terminiert werden. Bei 3 weiteren Patienten konnte der Rhythmus nach erfolgtem Schock aufgrund fehlender Daten nicht ermittelt werden.

Ein Patient verfiel nach der 3. Schockabgabe erneut in VF/VT, so dass der AED bei 4 Patienten die Empfehlung zu einer 4. Schockabgabe machte. Die 4. Schockabgabe beendete bei 2 Patienten VF/VT. Ein Patient wies hiernach einen Sinusrhythmus auf, der andere Patient eine Nulllinie. Bei den übrigen 2 Patienten konnte der AED VF/VT nicht beenden, so dass das Gerät eine weitere Schockabgabe empfahl.

Mittels der 5. Schockabgabe konnte VF/VT bei beiden Patienten endgültig terminiert werden. Beide Patienten wiesen nach dem 5. Schock einen Sinusrhythmus auf.

Zusammenfassend war festzuhalten, dass VF/VT bei allen 38 Patienten durch die An- wendung eines AEDs im Münchner U-Bahnnetz terminiert werden konnte. Einige Pa- tienten benötigten lediglich eine Schockabgabe, andere Patienten bis zu 5

(38)

Schockabgaben bis VF/VT beendet wurde. Betrachtete man die einzelnen Schockab- gaben im Detail, ließ sich feststellen, dass der AED bei jeder Schockabgabe eine hohe Effektivität aufwies. Bei der Abgabe von einem, zwei und drei Schocks konnte die de- fibrillierbare Rhythmusstörung bei mindestens knapp zwei Dritteln terminiert werden.

Bei der Abgabe von 4 Schocks wurde die Rhythmusstörung zu 50% beendet und bei der Abgabe von 5 Schocks sogar zu 100% terminiert.

(39)

Häufigkeit der notwendig gewordenen Schockabgaben bei VF/VT

Abbildung 14: Häufigkeit der notwendig gewordenen Schockabgaben bei VF/VT.

(VF: Kammerflimmern; VT: ventrikuläre Tachykardie)

38 •Patienten mit VF/VT

27 •Patienten, deren Herzrhythmsstörung durch den 1. Schock terminiert wurde

20

•verbleibende Patienten, die nach dem 1. Schock weiterhin VF/VT zeigten oder deren Rhythmus nach erfolgreicher Termination wieder in VF/VT wechselte

13 •Patienten, deren Herzrhythmsstörung durch den 2. Schock terminiert wurde

11

•verbleibende Patienten, die nach dem 2. Schock weiterhin VF/VT zeigten oder deren Rhythmus nach erfolgreicher Termination wieder in VF/VT wechselte

8 •Patienten, deren Herzrhythmsstörung durch den 3. Schock terminiert wurde

4

•verbleibende Patienten, die nach dem 3. Schock weiterhin VF/VT zeigten oder deren Rhythmus nach erfolgreicher Termination wieder in VF/VT wechselte

2 •Patienten, deren Herzrhythmsstörung durch den 4. Schock terminiert wurde

2

•verbleibende Patienten, die nach der 4. Schockabgabe weiterhin VF/VT zeigten oder deren Rhythmus nach erfolgreicher Termination wieder in VF/VT wechselte

2 •Patienten, deren Herzrhythmsstörung durch den 5. Schock terminiert wurde

(40)

3.1.7. Überlebensrate der Patienten

Die ausgewerteten Daten zeigten, dass von insgesamt 38 Patienten, die VF/VT auf- wiesen, 21 Patienten in ein Krankenhaus eingewiesen wurden und demzufolge das akute Ereignis im Münchner U-Bahnnetz überlebten. Bei 17 Patienten konnte der wei- tere Verlauf aus den vorhandenen Aufzeichnungen nicht ermittelt werden.

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie belegten, dass 16 der insgesamt 21 eingelie- ferten Patienten VF/VT überlebten und nach stationärer Behandlung entlassen wur- den. Die Überlebensrate betrug somit 76,2%. Fünf der insgesamt 21 eingelieferten Patienten verstarben im Krankenhaus.

Von den insgesamt 16 überlebenden Patienten konnten 12 Patienten das Kranken- haus ohne ein neurologisches Defizit verlassen. Somit zeigte sich, dass der rechtzei- tige Einsatz von AEDs bei drei Viertel aller überlebenden Patienten nicht nur lebens- rettend war, sondern auch, dass er diesen Patienten mit hoher Wahrscheinlichkeit ein weiteres Leben ohne größere neurologische Defizite ermöglichte. Zwei Patienten mit defibrillierbaren Rhythmusstörungen verließen das Krankenhaus mit neurologischen Defiziten, bei 2 weiteren Patienten konnte der neurologische Befund zum Zeitpunkt der Entlassung aufgrund fehlender Daten nicht ermittelt werden.

(41)

Klinischer Verlauf nach erfolgter Krankenhauseinweisung

Abbildung 15: Klinischer Verlauf nach erfolgter Krankenhauseinweisung.

(VF: Kammerflimmern; VT: ventrikuläre Tachykardie)

3.1.8. Dauer zwischen Notrufeingang und Ankunft des Rettungsdienstes

Bei Entnahme eines AED von der SOS-Säule wurde bei jedem Einsatz automatisch ein Notruf an die Integrierte Leitstelle München in München abgesetzt. Die durch- schnittliche Dauer von der Alarmierung des Rettungsdienstes bis zur Ankunft am Un- fallort betrug 7,6 ± 4,4 Minuten.

Patienten mit VF/VT (n=38)

eingewiesen (n=21)

Überlebende (n=16)

ohne neurologisches

Defizit (n=12)

mit neurologischem

Defizit (n=2)

unbekannt (n=2) Exitus (n=5)

unbekannt (n=17)

(42)

3.2. Weitere klinische Daten aller Patienten mit Kammerflimmern oder ventrikulärer Tachykardie

3.2.1. Herzkatheteruntersuchung und Koronarintervention

Von 21 eingelieferten Patienten mit einem VF/VT wurde bei 18 Personen eine Herz- katheteruntersuchung durchgeführt. Bei 14 von 21 Patienten wurden bei der Koronar- intervention ein oder mehrere Stents eingesetzt. Bei 7 Patienten war eine Koronarin- tervention nicht indiziert. Drei der 21 eingewiesenen Patienten wurden nicht in einem Herzkatheterlabor untersucht. Hier hatten weiterführende Untersuchungen im Kran- kenhaus ergeben, dass die Notwendigkeit für eine Katheterisierung der Herzkranzge- fäße nicht gegeben war. Aufgrund fehlender Daten konnte für die restlichen 17 Eins- ätze nicht ermittelt werden, ob eine Koronarintervention notwendig war und ob diese eventuell auch erfolgt war.

(43)

Herzkatheteruntersuchung und Koronarintervention aller Patienten mit Kammerflimmern oder ventrikulärer Tachykardie

Abbildung 16: Anzahl der Patienten mit einer Herzkatheteruntersuchung und Koronarintervention.

(VF: Kammerflimmern; VT: ventrikuläre Tachykardie;

PTCA: perkutane transluminale koronare Angioplastie)

3.2.2. Koronare Herzkrankheit

Die ausgewerteten klinischen Befunde zeigten, dass bei 16 der 21 Patienten mit VF/VT und vollständig auswertbaren Datensätzen eine koronare Herzkrankheit (KHK) be- stand.

Patienten mit VF/VT(n=38)

unbekannt (n=17)

Herzkatheter (n=21)

ja (n=18)

PTCA/ Stent (n=14)

nein (n=3)

(44)

3.2.3. ST-Streckenhebungsinfarkt und Infarkt ohne ST-Streckenhebung

Bei 7 der 21 Patienten mit ausreichend dokumentierten Datensätzen zeigte sich ein ST-Hebungsinfarkt (STEMI) und bei 4 Personen einen Nicht-ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI).

3.2.4. Kardiovaskuläre Risikofaktoren aller Patienten mit Kammerflimmern oder ventrikulärer Tachykardie

Bei 21 Patienten mit ausreichend dokumentierten Daten zeigte sich, dass diese teil- weise mehrere kardiovaskuläre Risikofaktoren aufwiesen.

Anzahl der Patienten

Anzahl

kardiovaskulärer Risikofaktoren

7 0

6 1

4 2

2 3

1 4

1 5

n=21

Tabelle 3: Anzahl der Patienten mit der Anzahl der dokumentierten Risikofaktoren.

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