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Effektivität des automatischen externen Defibrillators bei der Terminierung von Kammerflimmern oder ventrikulärer Tachykardie

Dauer zwischen Notrufeingang und 1. Schockabgabe

4.2. Effektivität des automatischen externen Defibrillators bei der Terminierung von Kammerflimmern oder ventrikulärer Tachykardie

Aufgrund der Ergebnisse der hier vorgelegten Studie kann festgestellt werden, dass alle 38 Rhythmusstörungen mit VF/VT durch den Einsatz eines AED erfolgreich termi-niert wurden. Alle Patienten erhielten mindestens 1 Schockabgabe, 9 Patienten 2 Schockabgaben, 11 Patienten 3 Schockabgaben, 4 Patienten 4 Schockabgaben und 2 Patienten 5 Schockabgaben. Diejenigen Patienten, die mehr als eine Schockabgabe erhielten, wurden entweder nicht durch die 1. Schockabgabe terminiert oder sie kon-vertierten nach Beendigung von VF/VT erneut in einen defibrillierbaren Rhythmus, so dass mindestens ein weiterer Schock vom AED indiziert wurde. Bei allen Patienten

konnte der AED die Rhythmusstörung terminieren, so dass der Einsatz der AEDs im Münchner U-Bahnnetz insgesamt sehr effektiv war.

Über einen Zeitraum von zwei Jahren untersuchten Caffrey et al. [30] die Effektivität von AEDs an drei Flughäfen in Chicago. Analog zu der Münchner Studie wurden hier AEDs innerhalb der Flughafengebäude installiert, die dort jedoch zusätzlich videoüber-wacht wurden. Mit Hilfe von Videoinstallationen in den Wartebereichen der Flughäfen, mit Broschüren und mit Berichten in den Medien wurde versucht, die Bevölkerung auf die AEDs aufmerksam zu machen. Anschließend wurden die Einsätze dokumentiert und ausgewertet. Insgesamt detektierten die AEDs 21 Personen mit VF/VT. VF/VT konnte bei 18 Patienten erfolgreich terminiert werden. Bei 3 Patienten wurde VF/VT mittels einer Schockabgabe nicht beendet. Zwei dieser Patienten erhielten 7 Schock-abgaben und 1 Patient erhielt 9 SchockSchock-abgaben, bis der Rettungsdienst den Unfallort erreichte und die Weiterbehandlung fortführte. Alle 3 Patienten verstarben am Unfall-ort. In der Studie aus Chicago zeigte sich somit, dass die AEDs bei über 85% aller Patienten mit VF/VT die Rhythmusstörung erfolgreich terminierte.

In einer weiteren Studie untersuchte Zacher [52] den Nutzen und die Sicherheit von privat vorgehaltenen AEDs in häuslicher Umgebung. Im Rahmen dieser prospektiven Studie analysierte Zacher, wie effizient der Gebrauch von AEDs war und welchen Ein-fluss ein neues AED Model auf die Überlebensrate bei Patienten mit VF/VT in häusli-cher Umgebung hatte. Von insgesamt 25 Fällen, bei denen der AED zum Einsatz kam, detektierte das Gerät bei 14 Patienten ein VF. Bei allen 14 Patienten wurde das VF durch die 1. Schockabgabe terminiert. Bei 6 von 14 Patienten konvertierte der Rhyth-mus erneut in ein VF, so dass der AED eine 2. Schockabgabe empfahl. Nach der 2.

Schockabgabe wurde das VF bei allen 6 Patienten terminiert.

In der Studie von Page et al. [50], in der Flugzeuge einer amerikanischen Fluggesell-schaft und deren Terminals mit AEDs ausgestattet wurden, detektierte der AED in allen 200 Einsätzen den korrekten Rhythmus. Bei 14 Patienten wurde VF analysiert, wel-ches bei 13 Patienten durch die 1. Schockabgabe terminiert wurde. Auch hier zeigte sich, dass der Nutzen von AEDs sicher und effektiv war.

Es lässt sich somit feststellen, dass zahlreiche Studien unabhängig vom jeweiligen Gerätemodel die Effektivität der einzelnen AEDs im öffentlichen Umfeld belegten.

4.3. Überlebensrate

Die ausgewerteten Daten der vorliegenden Studie zeigen, dass von insgesamt 38 Pa-tienten mit VF/VT 21 PaPa-tienten in ein Krankenhaus eingewiesen wurden. 16 der ins-gesamt 21 eingelieferten Patienten konnten das Krankenhaus lebend verlassen. Die Überlebensrate betrug somit 76%. Bei 17 Patienten konnte der weitere Verlauf nicht ermittelt werden.

Besonders interessant für die Bewertung der Überlebensrate der Münchner Studie wa-ren die von Valenzuela et al. [31] gemachten Erfahrungen, die mit der Installation von AEDs in Las Vegas erzielt wurden. Hier wurden Casinos flächendeckend mit AEDs ausgestattet. Insgesamt nahmen an dieser Studie 32 Casinos über einen Zeitraum von 32 Monaten teil. Die AEDs waren in den Casinos so platziert, dass die Entfernung von der Person mit einem kardiovaskulären Notfall bis zum Standort des nächst gelegenen AED nicht länger als drei Minuten zu Fuß erforderte. Zusätzlich bekamen alle Casino Mitarbeiter eine Schulung über die korrekte Ingebrauchnahme von AEDs, um damit die Effektivität und die Überlebensrate zu steigern. Innerhalb des Studienzeitraumes ereigneten sich 148 kardiovaskuläre Notfälle, wovon bei 105 Notfällen VF zu verzeich-nen war. Im Mittel betrug in dieser Studie die Überlebensrate 53% und sogar 74% für diejenigen Betroffenen, bei denen die erste Schockabgabe innerhalb der ersten 3 Mi-nuten nach dem Auftreten des kardialen Ereignisses erfolgte. In Anbetracht der Tatsa-che, dass die Mitarbeiter der Casinos eine ausführliche Einweisung bezüglich der Merkmale akut auftretender kardiovaskulärer Notfälle und der Anwendung der Defibril-latoren erhalten hatten, wäre hier eigentlich eine höhere Überlebensrate als in der hier vorliegenden Studie zu erwarten gewesen. Zwar handelte es sich bei den Ersthelfern ebenfalls um Personen, die vor der Einweisung über keinerlei medizinische Kenntnisse verfügten, sie wussten jedoch nach dem absolvierten Training genau über den Stand-ort der Defibrillatoren und deren korrekte Benutzung Bescheid. Im Gegensatz hierzu handelte es sich bei der Münchner Studie um Passanten, die rein zufällig Zeugen eines kardiovaskulären Notfalles wurden und die damit ohne entsprechende Kenntnis über

das Krankheitsbild und über die Funktionsweise von AEDs zu Ersthelfern wurden. Un-sere Ergebnisse weisen jedoch darauf hin, dass die Anwendung von AEDs mit moder-ner gut verständlicher Sprachsteuerung auch durch Laien ohne vorherige Schulung keinen negativen Einfluss auf die Überlebensrate haben muss.

In der bereits erwähnten zweijährigen Studie an drei Flughäfen in Chicago konnten Caffrey et al. [30] feststellen, dass 56% der von VF betroffenen Patienten ohne we-sentliche neurologische Defizite überlebten und dass diese auch ein Jahr nach dem Akutereignis noch am Leben waren. Somit lagen auch hier die Überlebensraten durch eine zeitnahe Defibrillation mit AEDs deutlich über den aus der Literatur bekannten Überlebensraten zwischen 3-22% [29, 30, 53].

Diese Ergebnisse werfen die Frage nach der Ursache für die deutlich höheren Über-lebensraten bei VF/VT in Chicago und in München auf. Wie bereits erwähnt, stellt die Defibrillation die effektivste Therapie für Patienten nach einem plötzlich aufgetretenen Herzstillstand dar [22, 54]. Die Zeitspanne, die zwischen dem Eintritt eines kardialen Notfalles und der ersten Schockabgabe durch einen AED liegt, ist für das Überleben entscheidend [21, 44]. Die Überlebenswahrscheinlichkeit ohne größere neurologische Defizite ist dann am wahrscheinlichsten, wenn eine Defibrillation innerhalb der ersten fünf Minuten stattfindet. Belegt wurde dies auch von Roth et al. [25], die an 187 kardi-ovaskulären Notfällen untersuchten, welche Faktoren wichtig für ein Überleben ohne neurologische Defizite sein könnten. Ebenso haben auch Maisch et al. [3] in ihrer Stu-die aus dem Jahr 2006 dargelegt, dass Stu-die Überlebenswahrscheinlichkeit bei VF ohne Defibrillation in jeder Minute um 8-10% abnimmt. Den Ersthelfern, Rettungssanitätern und Notärzten bleibt somit in der Regel nur wenig Zeit, VF durch einen Schockeinsatz in einen Sinusrhythmus zu wandeln [55, 56]. Weitere Autoren, so Eisenberg et al. [24]

und Myerburg et al. [6], haben nach Verwendung von AEDs bei kardiovaskulären Not-fallereignissen nachgewiesen, dass die Erfolgsaussichten für ein Überleben ohne De-fizite am wahrscheinlichsten sind, wenn die Defibrillation unmittelbar nach dem kardi-ovaskulären Notfall stattfindet und dadurch Langzeitschäden durch eine Sauerstoff-minderversorgung lebenswichtiger Organe vermieden werden können.

Die Ergebnisse der hier vorliegenden Studie zeigen, dass die durchschnittliche Dauer vom Eingang des Notrufes bei der Integrierten Leitstelle München bis zur 1.

Schockabgabe durch den AED 5,6 ± 3,6 Minuten betrug. Bis zur Ankunft des Rettungs-dienstes vergingen jedoch im Mittel 7,6 ± 4,4 Minuten, so dass eine notwendige Defi-brillation ohne die Anwesenheit eines AED am U-Bahnhof im Mittel erst 2 Minuten später hätte stattfinden können. Die Sicherstellung der zeitnahen Schockabgabe durch die AEDs im Münchner U-Bahnnetz könnte ein Grund für die deutlich höheren Überle-bensraten in München sein.

Auch in der niederländischen Studie von Berdowski et al. [57] konnte gezeigt werden, dass die Überlebensrate durch den Gebrauch von AEDs deutlich über den Überle-bensraten lag, bei denen keine AEDs in Gebrauch waren. Berdowski et al. [57] unter-suchten in einem 6-jährigen Studienzeitraum nicht nur die Überlebensrate, sondern sie analysierten auch, ob die Patienten mit VF/VT nach erfolgreicher Schockabgabe durch den AED das Krankenhaus ohne neurologische Defizite verlassen konnten. Für Patienten mit VF/VT, die einen Schock innerhalb der ersten zwei Minuten erhielten, betrug die Überlebensrate ohne neurologische Defizite über 71%. Bei einer Schockab-gabe erst 12 Minuten nach dem Beginn von VF/VT betrug die Überlebensrate nur noch 20,9%. Auch in der Münchner Studie konnte gezeigt werden, dass die Überlebensrate ohne neurologische Defizite im Mittel 57% betrug und diese damit immer noch deutlich über den zu erzielenden Überlebensraten ohne verfügbare AEDs lag.

Ursächlich für die hohen Überlebensraten könnte ebenfalls die Durchführung einer suffizienten HLW gewesen sein. Studien aus der Vergangenheit haben gezeigt, dass für ein Überleben nicht nur die rechtzeitige Schockabgabe durch einen Defibrillator unabdingbar war, sondern auch die zusätzlich durchgeführte HLW [58, 59, 60]. In ihrer Studie aus dem Jahr 1994 untersuchten Herlitz et al. [61], welche Auswirkungen eine sofortige HLW auf die Überlebensrate bei einem kardiovaskulären Notfall hat. Als ent-scheidend erwies sich, dass die HLW unmittelbar nach dem beobachteten Notfaller-eignis begonnen wurde, um den Patienten bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen. Die Ergebnisse dieser Autoren zeigten, dass sich die Überlebensrate für Patienten mit VF von 8% auf 25% steigerte, wenn eine sofortige HLW erfolgt war. Herlitz et al. [61] sprachen demzufolge von einer potentiel-len Verdreifachung der Überlebensrate, wenn eine suffiziente HLW parallel zur Schockabgabe durchgeführt wurde. Nur hierdurch kann sichergestellt werden, dass

der Körper des Patienten auch während der Rhythmusstörung über genügend Sauer-stoff verfügt und damit die Funktion lebenswichtiger Organe aufrechterhalten wird.

Eine sofortige HLW ist allein deshalb unerlässlich, weil sich der AED so gut wie nie unmittelbar neben der kollabierten Person mit Rhythmusstörungen befindet, sondern erst von der Notfallsäule geholt werden muss. In der Studie von Caffrey et al. [30]

wurde gezeigt, dass mindestens zwei Minuten vergingen, bis ein AED am Unfallort war und der erste Schock abgegeben werden konnte. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte das Risiko eines Exitus letalis oder das Risiko irreversibler Folgeschäden nur durch eine sofort eingesetzte und effektiv durchgeführte Sauerstoffversorgung der Organe, also durch eine HLW, reduziert werden. Dies galt insbesondere für sauerstoffsensitive Or-gane wie beispielsweise das Gehirn. In der Studie aus Chicago hatten ausnahmslos alle überlebenden Patienten mit VF/VT noch vor der 1. Schockabgabe eine HLW er-halten. Deshalb gingen Caffrey et al. [30] davon aus, dass die Kombination von Defi-brillation und gleichzeitiger suffizienter HLW ursächlich für die hohe Überlebensrate an den drei Flughäfen in Chicago war. Die Ergebnisse der Münchner Studie konnten man-gels entsprechender Aufzeichnungen nicht belegen, ob eine HLW bei den überleben-den Patienten mit VF/VT erfolgte und, falls dies zutraf, wie suffizient diese durchgeführt worden war. Somit konnten keine Rückschlüsse auf einen Zusammenhang zwischen einer suffizient durchgeführten HLW und einer damit verbundenen Steigerung der Überlebensrate gezogen werden. Die oben diskutierten Studien legen jedoch nahe, dass eine sofortige HLW noch vor der ersten Schockabgabe in jedem Fall anzustreben ist.

4.4. Kardiale Grunderkrankungen und kardiovaskuläre Risikofaktoren der