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Archiv "Katastrophenmedizin: Praktisches Wissen vermittelt" (17.07.1980)

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Aufsätze • Notizen

Katastrophen- medizin:

Praktisches Wissen vermittelt

Ein zweitägiges Ärzteseminar über das Gesundheitswesen im Zivil- schutz und über Katastrophenmedi- zin hat das Bundesamt für Zivil- schutz (Katastrophenschutzschule des Bundes) in Bonn-Bad Godes- berg Ende Mai 1980 zum ersten Male veranstaltet.

Der Präsident des Bundesamtes für Zivilschutz, Dr. Paul W. Kolb, be- zeichnete es als das Ziel des Semi- nars, praktisches Wissen über die Besonderheiten der Katastrophen- medizin zu vermitteln. Was den Son- derfall einer kriegerischen Katastro- phe angeht, so verwies Dr. Kolb auf die Erfahrung der 60er Jahre, nach der auch bei Kriegshandlungen der Massenanfall von Verletzten in zu- nehmendem Maße auf der Seite der Zivilbevölkerung liegt. Die ärztliche Versorgung der Bevölkerung müsse daher ein Schwerpunkt des Zivil- schutzes sein.

Bei dem Seminar wurden behandelt:

der gegenwärtige Stand des Ge- sundheitswesens im Zivilschutz;

Schocktherapie, Schmerzbekämp- fung und Narkoseverfahren beim Massenanfall von Verletzten;

Schwerpunkte der Arzneimittelbe- vorratung der Katastrophenmedizin;

die verschiedenen Möglichkeiten des Verletztentransports in einem Katastrophenfall; die Triage (Ent- scheidung über die weitere Behand- lung einer größeren Anzahl von Ver- letzten).

Dr. med. Christoph Biesing, Köln, und cand. med. Peter Knuth, Kre- feld, probten mit den Seminarteil- nehmern eine „Triage-Übung": An Hand von Lichtbildern von etwa zwei Dutzend Verletzten mit nur wenigen diagnostischen Angaben hatten die Teilnehmer unter simulierten Kata- strophenbedingungen — nämlich in- nerhalb von ein biszwei Minuten pro Verletzten — die Einstufung in die bei einem Massenunfall von Verletzten

TAGUNGSBERICHT

empfohlenen drei Dringlichkeitska- tegorien vorzunehmen. Die spätere Auswertung dieser „Übung" führte zu lebhaften Diskussionen und de- monstrierte damit wohl allen Teil- nehmern die besonderen Schwierig- keiten eines konsequenten Um- schaltens von der Individualmedizin auf eine „Massenmedizin".

Über die Ausbildung von Medizin- studenten und Ärzten in der Kata- strophenmedizin in der Schweiz re- ferierte Dr. med. Jost Bircher, Bern, Leiter des ärztlichen Dienstes beim schweizerischen Bundesamt für Zi- vilschutz.

Sein Referat machte deutlich, um wieviel höher der schweizerische Stand des Katastrophenschutzes ist (dies zeigt sich schon in der Dienst- stellung des schweizerischen Refe- renten: Das Bonner Bundesamt für Zivilschutz verfügt nicht einmal über einen Arzt, geschweige denn über einen „Leiter des ärztlichen Dien- stes"!).

Der höhere Grad der Vorbereitung in der Schweiz erklärt sich vor allem dadurch, daß alle fünf medizini- schen Fakultäten der Schweiz kata- strophenmedizinische Kurse anbie- ten und daß rund 85 Prozent der männlichen Ärzte eine Armee-Aus- bildung absolvieren. Hinzu kommt, daß jeder arbeitsfähige Schweizer automatisch auch „zivildienstpflich- tig" ist. Im übrigen hat die Schweiz seit 1976 bei der stationären Versor- gung von Verletzten im Kriegsfall al- le Unterschiede zwischen dem zivi- len und dem militärischen Kranken- hausbereich aufgehoben: Es gibt nur noch Patienten. Dr. Bircher wies besonders darauf hin, daß dieses Sy- stem wegen der alleinigen Zustän- digkeit der 26 Kantone für das Ge- sundheitswesen nur durch freiwil- lige Übereinstimmung der Kantone überhaupt eingeführt werden konn- te.

Das Bonner Bundesamt für Zivil- schutz beabsichtigt, in diesem Jahr noch zwei weitere Seminare für Ärz- te durchzuführen, und zwar am 11./

12. September und voraussichtlich Ende November 1980. gb

SATIRE

Nachlese zu einem

wissenschaftlichen Kongreß

Wäre der Kranke kein Mensch, gäbe es in der Medizin schon lange keine Probleme mehr! Zum Zwecke der Anerkennung der Medizin als exakte Wissenschaft sollte man den Men- schen deshalb vorbehaltlos aus letz- terer eliminieren! Allein die Isolie- rung seiner Symptome wie die Zu- sammenfassung selbiger in Syndro- me sowie die Reduzierung der Ursa- chen auf einfache wenige Gesetz- mäßigkeiten garantierte endlich die Gleichstellung mit der Mathematik, deren Widerspruchsfreiheit dank der Axiome der Logik seit jeher bei den forschenden Ärzten Neidkom- plexe provoziert.

Zwar bescheinigten schon in ver- gangenen . Epochen Philosophen — und gegenwärtig tun es Psycholo- gen — dem spezifischen Objekt mit der anspruchsvollen Bezeichnung

„Homo sapiens" Verstand, aber ge- rade in der Zeit sensationellen wis- senschaftlichen Fortschrittes be- weist der in der Nichtbefolgung simpler Verhaltenscodices in Sa- chen gesunder Lebensführung man- gelnde Vernunft!

Ungerührt bleibt er von dem stati- stisch gesicherten, graphisch über- ragend per Kurven dargestellten Nachweis, daß es in den Jahren schwerster Not während und nach den beiden Weltkriegen nicht nur Mangel an Nahrungsmitteln gab, sondern ebensolchen auch an Fett- süchtigen, Gichtigen und Diabeti- kern. Undankbar zeigt er sich außer- dem über seine höhere Lebenser- wartung, macht für die vielen damit verbundenen Leiden gar noch die medizinische Wissenschaft verant- wortlich. Die wiederum weist ihm an Hand globaler Erfassungen (inklusi- ve experimenteller Pilotprojekte) zu- mindest ein Mitverschulden als Fol- ge minderer Eigenverantwortung zu

— vermeidbar bei Beachtung einer Vielzahl von (nicht selten allerdings widersprüchlichen) Ratschlägen: >

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Heft 29 vom 17. Juli 1980 1821

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Aufsätze • Notizen Satire

Hat der Mensch beispielsweise aus Gründen der Vorbeugung bisher Margarine genossen, empfehlen neuere Ansichten, wieder der kürz- lich eben noch verteufelten Butter den Vorzug zu geben!

Mit — nach derzeitiger Ansicht! — 1200 Kalorien täglich sind ärzt- licherseits übergewichtige Diabeti- ker problemlos steuerbar.

Angesichts der Erkenntnisse über die Bedeutung des Natriums bei der Hochdruckgenese sollte vielleicht erwogen werden, Restaurants be- hördlich zu zwingen, ihren Gästen aus Sorge um deren Gesundheit ausschließlich salzarme Speisen an- zubieten (wenigstens bis zum Wider- ruf aufgrund anderer anerkannter Forschungsergebnisse!).

Muttermilch für das Baby ist keines- falls ungefährlich, heißt es neuer- dings. Kuhmilch ist weniger vorteil- haft als angenommen. Vielleicht aber verhält es sich bei derartigen Warnungen ähnlich wie mit den Feststellungen honoriger Wissen- schaftler, daß viel Sex einerseits als Prophylaktikum gegen Krebs, ande- rerseits aber als Provokant dieser Horrorerkrankung anzusehen ist.

Schon werden Forderungen laut nach Ergänzung — oder gar Ablö- sung! — medizinischer Gebote durch Verbote, und damit generell nach ei- nem Bestrafungssystem gemäß dem

„Verursacherprinzip" für objekti- vierbares (nicht vielseitig kaschier- tes) Fehlverhalten! Da nach Mei- nung der meisten Ärzte zum Beispiel Dicke disziplinlos mehr Kalorien auf- nehmen, als es die Vernunft erlaubt, gehörten sie demnach zusammen mit Alkoholikern und Rauchern künftig zu denen, die per höhere Versicherungsprämie zur Ordnung gerufen werden.

Dem beträchtlichen Kostenfaktor

„Erkältungskrankheiten" könnte man etwa beikommen, indem haut- nahe Kontrolleure bei biotropen Wetterlagen Straßenpassanten bei- derlei Geschlechts bezüglich Quan- tität und Qualität ihrer Bekleidung manuell und visuell überprüfen. Bei weiterer Abnahme der Scham-

schwelle wäre das ohne Widerstand der Inspizierten durchführbar!

Auch ein Leben in Freiheit, in einer pluralistischen Gesellschaft schließt solche Maßnahmen einer totalen Präventivmedizin zum Schutze der Allgemeinheit mit ein: Denn, wer alt werden und gesund bleiben will, hat schließlich Opfer zu bringen! Weil eben, wer jung stirbt, dem Gesamt- sozialprodukt des ganzen Volkes unermeßlichen Schaden zufügt. In Solidarität hat jeder um der Gemein- schaft, aber auch um der statisti- schen Medizin willen dafür Sorge zu tragen, daß die Lebenserwartung al- ler steigt! Letzteres selbstverständ- lich auch ohne zielgerichtete Fami- lienpolitik, die eine angemessene Antwort auf die Nachwuchsfrage und damit die Einlösung des Gene- rationsvertrages gibt. Bei explosiver Zunahme der Zahl der Hundertjähri- gen und Betagteren wurde die Be- zahlbarkeit des Gesundheitswesens illusorischer denn je, schließlich sterben ja auch sie an Krankheiten mit komplexen Ursachen. Doch darf man eigentlich danach noch fra- gen? „Tod" wird von manchem For- scher doch als Widerspruch statt als sinnvoller polarer Gegensatz zum Leben angesehen — ein Umstand, der einen Forscher eher zu neuem induktiv-analytischen Vorgehen ver- anlassen kann. Dr. H. W. Rölke P. S.: Wem das hier Aufgezeigte als Utopie erscheinen mag, der möge doch mal so manchen wissenschaft- lichen Kongreß, so manche Publika- tion der letzten Zeit Revue passieren lassen: solche Tendenzen sind doch, und sei es vorerst nur im An- satz, zu erkennen! Genetische Pro- grammierung des Alters und vieler—

wenn nicht der Mehrzahl aller — Er- krankungen werden kaum disku- tiert; alles erscheint vielmehr mach- bar, und wenn nicht, dann nur, weil die vielen Appelle der Wissenschaft von Kranken und noch Gesunden aus Unvernunft nicht beachtet wer- den. Sonst würde es für uns Ärzte keine Probleme mehr geben, wäre das Intersubjekt unseres Handelns nicht der Mensch mit all seinen das Leben kennzeichnenden, damit not- wendigen Widersprüchen .

BEKANNTMACHUNGEN

Kassenärztliche Bundesvereinigung:

Kassenarztsitze

Nord-Württemberg

Von der Kassenärztlichen Vereinigung Nord-Württemberg werden nachfolgen- de Kassenarztsitze vordringlich zur Be- setzung ausgeschrieben:

Althütte, Rems-Murr-Kreis, Arzt für All- gemeinmedizin. In dem landschaftlich sehr reizvoll gelegenen Erholungsort Alt- hütte mit einer Wohnbevölkerung von rund 3000 ist durch die Praxisaufgabe der bisherigen Kassenärzte die Wieder- besetzung dieses Kassenarztsitzes zum 1. Oktober 1980 dringend angezeigt. Pra- xis- und Wohnräume (140 qm Wohnung und 120 qm Praxis) stehen zu sehr gün- stigen Bedingungen zur Verfügung. Die Landeshauptstadt Stuttgart ist ca. 35 km entfernt.

Waiblingen, Ortsteil Korber Höhe, Rems-Murr-Kreis, Arzt für Allgemeinme- dizin. Im Ortsteil Korber Höhe der Gro- ßen Kreisstadt Waiblingen mit einer Wohnbevölkerung von rd. 4000 ist zum 1. Oktober 1980 infolge bevorstehender Praxisaufgabe eines Kassenarztes die Wiederbesetzung dieses Kassenarztsit- zes dringend erforderlich. Praxis- und Wohnräume stehen zur Verfügung (148 qm Praxis und rund 100 qm Wohnräu- me). Apotheke im Haus. Alle weiterfüh- renden Schulen sowie Kreiskrankenhaus mit gynäkologisch-geburtshilflicher, in- terner, chirurgischer, radiologischer und ophthalmologischer Abteilung am Ort.

Die Landeshauptstadt Stuttgart ist ca.

10 km entfernt.

Mulfingen, Hohenlohekreis, Arzt für All- gemeinmedizin bzw. praktischer Arzt. In der Gemeinde Mulfingen (Nähe Bad Mer- gentheim) mit einer Wohnbevölkerung von rd. 3400 ist wegen bevorstehender Praxisaufgabe eines Kassenarztes die Wiederbesetzung dieses Arztsitzes drin- gend erforderlich. Betriebsarzttätigkeit am Ort ist zu einem späteren Zeitpunkt möglich. Praxisräume werden zu günsti- gen Bedingungen bereitgestellt.

Nähere Auskünfte erteilt die Zulassungs- abteilung der Kassenärztlichen Vereini- gung Nord-Württemberg, Jahnstraße 30, 7000 Stuttgart 70 (Degerloch), Telefon:

07 11/76 50 51 oder 07 11/72 06 11, App.

235.

1822 Heft 29 vom 17. Juli 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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