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Archiv "Brusterhaltende Behandlung des Mammakarzinoms - auch ohne Strahlentherapie?" (24.03.1995)

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MEDIZIN KURZBERICHT

Brusterhaltende Behandlung des Mammakarzinoms -

auch ohne Strahlentherapie?

Helmut F. Rauschecker

V

on der NSABP-Studie B-06 wissen wir nach einer durch- schnittlichen Beobachtungs- dauer von zehn Jahren, daß bei der Gruppe von Patientinnen, bei denen das verbliebene Brustdrüsen- gewebe nach Tumorektomie nicht zu- sätzlich bestrahlt wurde, in 50 Prozent ein lokales Rezidiv auftrat (3). Die Zwischenauswertung einer kanadi- schen Studie nach einer medianen Nachbeobachtung von 43 Monaten bestätigt diese Ergebnisse (2). Auch hier wurden Patientinnen mit einem Tumordurchmesser von bis zu 4 cm behandelt. Im Unterschied zur NS- ABP wurden Fälle mit positiven Lymphknoten nicht in die Studie auf- genommen. Dadurch verminderte sich die Häufigkeit der Lokalrezidive bei der nicht bestrahlten Gruppe auf 25,7 Prozent im Vergleich zu nur 5,5 Pro- zent bei den bestrahlten Patientinnen.

Auch wenn — abgesehen von dem kur- zen Follow-up — die durchschnittliche Überlebensrate ebenso wie bei der NSABP keinen Unterschied zwischen den beiden Behandlungsgruppen auf- weist, so wird als Fazit dieser Zwi- schenergebnisse die Strahlentherapie als notwendiger Bestandteil der brust- erhaltenden Behandlung angesehen.

Andererseits wird aus den Er- gebnissen dieser beiden Untersu- chungen klar, daß bei etwa 50 Prozent der nicht bestrahlten Patientinnen kein Rezidiv in der Brust auftritt.

Daraus folgt, daß ein Großteil der brusterhaltend therapierten Frauen mit der zusätzlichen Strahlenbehand- lung übertherapiert ist. In einer — al- lerdings retrospektiven — Analyse der kanadischen Studie hat man festge- stellt, daß bei der Untergruppe von nicht bestrahlten Frauen, die älter als 50 Jahre waren und einen Tumor- durchmesser von bis zu 2 cm aufwie-

Tabelle 1: Definition der Einschluß- kriterien des prognostisch günstigen Mammakarzinoms

—T1 (mittlerer Tumordurch- messer bis 2 cm)

—Grading I + II

—Keine Lymphangiosis

—Restbrust ohne EIC (extensive intraaductal component)

—pNO (10 Lymphknoten im Dissektat)

—ER und/oder PR positiv (> 10 fmol)

—Alter 45 bis 75 Jahre

Tabelle 2: Darstellung der Randomisa- tion zu den folgenden Therapiearmen

Keine postoperative R Therapie (A) A ---> Strahlentherapie (B) N

D —› Tamoxifen über 2 Jahre (C) 0

M --> Strahlentherapie + Tamoxifen (D)

sen, die Rezidivrate auf 13,5 Prozent abfiel. Diese Definition eines „pro- gnostisch günstigen" Mammakarzi- noms ist relativ grob gefaßt.

Somit ergibt sich die Frage, ob bei einem strenger definierten Patien- tenkollektiv durch einen Verzicht auf die Strahlentherapie das Risiko eines In-Brust-Rezidivs dem von bestrahl- ten Patientinnen angeglichen werden kann, ohne daß den Frauen im Hin- blick auf den weiteren Krankheitsver- lauf ein Nachteil entsteht.

Multizenterstudie „Brusterhaltende Therapie von Mammakarzinomen mit niedrigem Rezi- divrisiko" (GBSG V) (Studienkoordinator: Dr.

med. Helmut F. Rauschecker)

Diese Frage kann nur im Rah- men einer randomisierten Studie ge- klärt werden. Das Protokollkomitee der German Breast Cancer Study Group (GBSG) hat sich daher nach zahlreichen internen Beratungen, nach Konsultationen anderer in- und ausländischer Experten und nach mehrfacher Diskussion des Projekts durch das Protocol Review Commit- tee der Deutschen Krebsgesellschaft zum in Tabelle 1 dargestellten Vorge- hen entschlossen.

Die Relevanz dieser Faktoren er- gab sich aus der letzten Zwischenaus- wertung der GBSG-(BMFT)-I-Studie

„Behandlung des Kleinen Mamma- karzinoms" (5) sowie aus den Ergeb- nissen anderer Studiengruppen.

Wenn diese Einschlußkriterien erfüllt sind, erfolgt die zentrale Ran- domisation durch das Methodische Zentrum in Freiburg zu einem der fol- genden Therapiearme (Tabelle 2).

Sollte sich eine Klinik oder die Patientin nicht zu einer Tamoxifenbe- handlung entschließen können, so ist auch die alleinige Randomisation zu den Armen A und B möglich; ande- rerseits können Kliniken, die nicht auf eine postoperative Nachbehand- lung verzichten möchten, die alleinige Randomisation zu den Armen C und D durchführen.

Die Fragestellung, ob die post- operative Radiatio durch eine zwei- jährige Gabe von Tamoxifen ersetzt werden kann (Therapiearm C), ergibt sich aus den Resultaten der NATO- Studie (1), des Stockholm Trial (6), der NSABP-Studie B-14 (3) und des Scottish Adjuvant Tamoxifen Trial (7). Außerdem soll überprüft werden, ob die Strahlenbehandlung und die Anti-Östrogen-Therapie synergi- stisch wirksam sind (Therapiearm D).

Die strengen Einschlußkriterien haben zur Folge, daß von einer Insti- tution nur relativ wenige Frauen mit A-846 (54) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 12, 24. März 1995

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MEDIZIN

einem Mammakarzinom in diese Stu- die eingebracht werden können. Der erfolgreiche Verlauf dieses Projekts steht und fällt daher mit der Teilnah- me möglichst vieler Kliniken, die Mammakarzinome behandeln.

Daß es sich dabei um eine „heiße Sache" handelt, ist schon daraus er- sichtlich, daß im vergangenen Jahr so- wohl in England als auch durch die NSABP eine Studie mit derselben Fragestellung aktiviert wurde.

Das Design der englischen Studie ist mit dem deutschen Projekt iden- tisch, bei der NSABP sind die Ein- schlußkriterien zu den gleichen The- rapiearmen — wie üblich — deutlich großzügiger. Wenn es einerseits dar- um geht, die deutsche Studie zu einem erfolgreichen Ende zu führen, so ver- knüpft sich damit die Frage, ob auch von deutscher Seite ein essentieller Beitrag zur Optimierung der Primär- therapie des Mammakarzinoms gelei- stet werden kann.

Resultiert aus der Studie, daß ein Verzicht auf die Strahlentherapie bei der brusterhaltenden Behandlung oh- ne Schaden für die Patientin möglich ist, so erspart dies der Patientin die Belastung und die Gefahr der Morbi- dität einer sechswöchigen postopera- tiven Radiatio — abgesehen von einer Senkung der B ehandlungskosten.

Die Anforderungen des Proto- kolls hinsichtlich Aufarbeitung des Materials und Durchführung der The- rapie werden von fachspezifischen Referenzzentren überwacht; sie ent- sprechen dem heute üblichen durch die BMFT-Studie „Kleines Mamma- karzinom" bekannten Standard bei der brusterhaltenden Behandlung.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1995; 92: A-846-848 [Heft 12]

Die Studie der German Breast Cancer Study Group (GBSG V) wird mit Mitteln der Deut- schen Krebshilfe gefördert.

Mitglieder der Studienleitkommission: Prof.

H. Bojar, Düsseldorf, Prof. H. Guski, Berlin, Prof. H. Hübner, Frankfurt, Prof. M. Kauf- mann, Heidelberg, Prof. N. Lang, Erlangen, Dr. H. F. Rauschecker, Göttingen, Prof. R.

Sauer, Erlangen, Prof. A. Schauer, Göttingen, Prof. M. Schumacher, Freiburg, Dr. K.-J. Win- zer, Berlin

KURZBERICHT / FUR SIE REFERIERT

Literatur

1. Baum J et al.: „Nolvadex" Adjuvant Trial Organisation: Controlled trial of tamoxifen as a single adjuvant agent in the manage- ment of early breast cancer. Br J Cancer 1988; 57: 608-611

2. Clark RM et al.: A randomized clinical trial to assess the effectivness of breast irradia- tion following lumpectomy and axillary dissection for node negative breast cancer.

J Natl Cancer Inst 1992; 84: 683-689 3. Fisher B et al.: Eight-year results of a ran-

domized clinical trial comparing total ma- stectomy and lumpectomy with or without irradiation in the treatment of breast can- cer. N Engl J Med 1989; 13: 822-828 4. Fisher B et al.: A randomized clinical trial

evaluating tamoxifen in the treatment of patients with node-negative breast cancer who have estrogen-receptor-positive tu- mors. N Engl J Med 1989; 320: 479-484 5. Rauschecker HF et al.: Erste Ergebnisse

des Projekts der Deutschen Brustkrebs- Studiengruppe (GBSG) zur „Brusterhal- tenden Therapie des kleinen Mammacarci-

Im Auftrag der Regierung hat ei- ne Gruppe von niederländischen Wis- senschaftlern untersucht, welcher Arzt wie oft mit Entscheidungen über eine aktive oder passive Sterbehilfe zu tun hat. Etwa zwei Fünftel der Todes- fälle ereignen sich in den Niederlan- den im Bereich der hausärztlichen Versorgung. Die Hausärzte haben im Untersuchungszeitraum (das Jahr 1990) bei 34 Prozent ihrer sterbenden Patienten Entscheidungen über eine Sterbehilfe treffen müssen; in den Krankenhäusern waren solche Ent- scheidungen bei 40, in den Pflegehei- men bei 56 Prozent der sterbenden Patienten erforderlich. In 46 Prozent der Fälle bei den Hausärzten und dem gleichen Anteil in den Krankenhäu- sern wurde auf eine Sterbehilfe ver- zichtet; die Ärzte in den Pflegehei- men verhielten sich so nur in 33 Pro- zent der Fälle. Wenn jedoch eine Ent- scheidung getroffen wurde, gab es zwei Abweichungen vom Durch- schnitt: In Pflegeheimen wurde häufi- ger (38 gegenüber 20 und 25 Prozent der Fälle) die weitere Behandlung eingestellt; Hausärzte griffen in 5,1 Prozent der Todesfälle erheblich häu- figer zur aktiven Sterbehlife als die Krankenhausärzte (1,8 Prozent) und die Ärzte in Pflegeheimen (0,2 Pro- zent). Anders ausgedrückt: Jeder Hausarzt in den Niederlanden hatte (durchschnittlich) im Jahre 1990 drei- mal, jeder Krankenhausarzt sechsmal,

noms". Chirurg 1992; 63: 495-500 6. Rutqvist LE et al.: The Stockholm trial an

adjuvant tamoxifen in early breast cancer.

Breast Cancer Res 1987; 10: 255-266 7. Stewart HJ: The Scottish adjuvant tamoxi-

fen trials. NIH Consensus Development Conference, 18.-21. June 1990

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Helmut F. Rauschecker Studienkoordinator der

Multizenterstudie

„Brusterhaltende Therapie von Mammakarzinomen mit niedrigem Rezidivrisiko"

Klinik für Allgemeinchirurgie Georg-August-Universität Robert-Koch-Straße 40 37075 Göttingen

jeder Pflegeheimarzt 18mal über eine Sterbehilfe zu entscheiden.

In mehr als der Hälfte der Fälle, in denen beim Hausarzt potentiell le- bensverkürzende palliative Therapie oder Therapieverzicht erfolgte (54 Prozent), wurde die Entscheidung nicht mit dem Patienten besprochen, meist allerdings, weil es wegen des Zu- standes des Patienten nicht mehr mög- lich war. Gründe, die die Autoren wertfrei als „paternalistisch" bezeich- nen, wurden jedoch auch genannt:

„für den Patienten am besten" oder

„eine Diskussion würde mehr Scha- den als Nutzen bringen". Immerhin konnten die Hausärzte in der Hälfte solcher Fälle die Familie in die Ent- scheidungsfindung mit einbeziehen.

Die Untersuchung beruht auf ausführlichen Interviews mit den Ärz- ten, die in einer ersten Befragung mit- geteilt hatten, daß sie 1990 aktive oder passive Sterbehilfe geleistet hät- ten. Plötzliche Sterbefälle wie bei- spielsweise durch Unfall waren von vornherein nicht berücksichtigt und beeinflussen deshalb die ermittelten Zahlenwerte nicht. bt

Pijnenborg L, van Delden JJM, Kardaun JWPF, Glerum JJ, van der Maas PJ: Na- tionwide study of decisions concerning the end of life in general practice in the Netherlands. BMJ 1994; 309: 1209-1212 Loes Pijnenborg, Department of Public Health, Erasmus-Universität, Postfach 17 38, NL-3000 DR Rotterdam, Nieder- lande.

Sterbehilfe in den Niederlanden

A-848 (56) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 12, 24. März 1995

Referenzen

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