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Archiv "Akupunktur für alle?" (27.01.2006)

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D

ie Ergebnisse der ersten beiden von drei Modellvorhaben „Aku- punktur“ der gesetzlichen Kran- kenversicherer sind national und inter- national auf großes Interesse ge- stoßen. Umfang und Art der Projekte mit riesigen Kohortenstudien und rigi- den, randomisiert-kontrollierten Stu- dien sind einmalig für die Akupunktur.

Die beteiligten Wissenschaftler haben im Rahmen der Vorgaben des Bundes- ausschusses der Ärzte und Kranken- kassen gute Arbeit geleistet. Solche Projekte wären für viele konventionel- le Therapieverfahren wünschenswert.

In dieser Ausgabe des Deutschen Ärzteblattes sind die Ergebnisse der Modellvorhaben der Ersatzkassen und der Techniker Krankenkasse zusam- menfassend dargestellt. Die Ergebnis- se des Modellvorhabens der AOK (GERAC) werden in absehbarer Zeit an dieser Stelle folgen.

Die Befunde der Modellvorhaben bestätigen die Resultate bekannter Studien: Hohe Patientenzufriedenheit in offenen Beobachtungsstudien, kli- nisch relevante Wirkungen unter kon- trollierten Bedingungen, aber Schwie- rigkeiten beim Nachweis punktspe- zifischer Wirkungen im Vergleich zu Schein- oder Minimalakupunktur bei bestimmten Indikationen. Letztere sind Gegenstand intensivster Exper- tendiskussionen. Dabei besitzen we- der Gegner noch Befürworter der Akupunktur das finale Argument für oder gegen die Spezifität der Aku- punktur. Betrachtet man die vorlie- genden Metaanalysen, sind unter- schiedliche indikationsabhängige Ant- worten möglich. Bei Indikationen wie Kniegelenkschmerz, Übelkeit, Zahn- schmerz und Tennisellenbogen ist die Spezifität der Akupunktur(-punkte)

vorhanden (1–4). Hier ist die Aku- punktur an traditionellen Punkten einer Nadelung an „falschen“ Punk- ten überlegen. Dagegen spielt die Punktlokalisation bei Kopfschmerzen (5, 6) und teilweise bei Rücken- schmerzen (7–9) nach den aktuellen Ergebnissen eine untergeordnete Rol- le. Aber selbst bei den letztgenann- ten Indikationen ist die Akupunktur mindestens so wirksam wie die Stan-

dardtherapie. Die vorläufigen Ergeb- nisse der GERAC-Studien scheinen dies zu bestätigen.

Wie können dann aber die zweifels- ohne vorhandenen Effekte der Aku- punktur erklärt werden? In der Grundlagenforschung wurden physio- logische Wirkungen der Nadelstiche eindeutig nachgewiesen. Dazu gehört die lokale Transmitterfreisetzung, die Aktivierung segmentaler und supra- segmentaler antinozizeptiver Inhibiti- onsmechanismen, der Einfluss der Na- delung auf die Aktivierung spezifi- scher Hirnareale sowie die längst be- kannte zentrale Ausschüttung ver- schiedener Endorphine und Neuro- transmitter wie Serotonin und Nor- adrenalin (10, 11). Dennoch gibt es kei-

ne allgemein anerkannte Theorie, die Langzeitwirkungen oder Punktspezi- fität erklären könnte.

Setting für Wirkung wichtig

Man kann vermuten, dass das Behand- lungssetting der Akupunktur den Be- dürfnissen vieler Patienten entgegen- kommt und selbstaktivieren- de, selbstheilende Kräfte sti- muliert. Dazu gehören die ausführliche Anamnese, also das Zuhören, die Sammlung sämtlicher Symptome, und so- mit die Wahrnehmung aller Aspekte der Krankheit und nicht die Reduktion auf eine fachgebietsspezifische Sym- ptomatik. Ferner besteht eine zeitintensive Arzt-Patienten- Interaktion, also das Gegen- teil dessen, was manche Pati- enten im heutigen Medizinbe- trieb erfahren. Aber genau dieser Aspekt ist das Problem, wenn nun, aus Sicht der Ver- sorgungsforschung oder anderer Mei- nungsbildner, die Integration der Aku- punktur bei den drei Indikationen in den Leistungskatalog der GKV gefor- dert wird. Hierbei besteht die Gefahr, dass die Akupunktur auf ein reines Na- delstechen reduziert wird und damit ein Teil der Wirkungen verloren geht. Dar- über hinaus zeigen die Akupunkturstu- dien, dass erfahrene Akupunkteure bessere Ergebnisse erreichen: B-Diplo- manden (350 Stunden Ausbildung) ha- ben weniger unerwünschte Wirkungen als A-Diplomanden (140 Stunden).

Hier ist Qualitätssicherung gefragt.

Noch einmal zurück zum Setting der Modellvorhaben: Die teilnehmenden Ärzte und Patienten wollten die Aku- punktur, und durch die Teilnahme war M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 4⏐⏐27. Januar 2006 AA185

Editorial

Akupunktur für alle?

Dominik Irnich

Klinik für Anaesthesiologie (Direktor Prof. Dr. med. Dr. h. c.

Klaus Peter), Ludwig-Maximilians-Universität, München

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die Kostenerstattung gesichert. Sportlich gesehen ist das ein Heimspiel. Dies zeigt sich in den Ergebnissen der Vergleichs- studie Akupunktur versus Metoprolol.

In der täglichen Praxis haben Patien- ten aber unterschiedliche Bedürfnisse.

Die Akupunktur ist nicht für alle Pati- enten geeignet. Oft stellt die konventio- nelle Medizin eine bessere und vor al- lem schneller wirkende Behandlungs- option dar. Darüber hinaus gibt es viele Indikationen, bei denen aus Erfahrung des Akupunkteurs und auch aus wissen- schaftlicher Sicht die Nadelung effekti- ver ist als beim Patienten mit hoch chro- nifiziertem Rückenschmerz, wie in den Modellvorhaben vorgegeben. Eine wei- tere entscheidende Frage ist die Ko- stenfrage. Hier steht der Nachweis noch aus. Entstehen zusätzliche Kosten oder werden Kosten eingespart? Auch dies- bezüglich kann die Antwort nur in der Betrachtung des Einzelfalls liegen.

Manchmal scheint die aufwendige, zeit- intensive Akupunktur angemessen, in anderen Fällen wird sie aber nur neben anderen Therapien „konsumiert“.

Der erfolgreichen Anwendung der Akupunktur geht also ein individueller Entscheidungsprozess von Arzt und Pa- tient voraus. Und er betrifft weitaus mehr, teilweise besser validierte Indika- tionen als die drei untersuchten. Dieser Prozess wäre auch individuell von den Kostenträgern überprüfbar, wie dies bereits vor der Entscheidung des Bun- desausschusses vom Oktober 2000 der Fall war. Eine Entscheidung des Bun- desausschusses über die Vergütung von Akupunktur wird in Kürze erwartet.

Was bleibt? Viele, besonders chroni- sche Patienten brauchen Zeit und Zu- wendung vom Arzt und nicht nur ein Rezept. Die Akupunktur als periphere Reiztherapie scheint diesen Aspekt, neben ihrer unbestrittenen physiologi- schen Wirkung, wirksam in ihr Behand- lungssetting zu integrieren. Es müssen die Patienten identifiziert werden, die eine solche Behandlung brauchen.

Manuskript eingereicht: 10. 10. 2005, revidierte Fassung angenommen: 4. 1. 2006

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Acupuncture for all?

M E D I Z I N

A

A186 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 4⏐⏐27. Januar 2006

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2006; 103(4): A 185-6.

Literatur

1. Witt C, Brinkhaus B, Jena S et al.: Acupuncture in pa- tients with osteoarthritis of the knee – a randomised trial (ART Osteoarthritis). Lancet 2005; 366: 136–43.

2. Lee A, Done ML: Stimulation of the wrist acupunc- ture point P6 for preventing postoperative nausea and vomiting. Cochrane Database Syst Rev 2004;

(3): CD003281.

3. Ernst E, Pittler MH: The effectiveness of acupuncture in treating acute dental pain: a systematic review. Br Dent J 1998; 184: 443–7.

4. Trinh KV, Phillips SD, Ho E, Damsma K: Acupuncture for the alleviation of lateral epicondyle pain: a sys- tematic review. Rheumatology (Oxford). 2004; 43:

1085–90.

5. Linde K, Streng A, Jürgens S et al.: Acupuncture in patients with migraine – a randomized trial (ART Migraine). JAMA 2005; 293: 2118–25.

6. Melchart D, Streng A, Hoppe A et al.: Acupuncture in patients with tension-type headache: randomised controlled trial. BMJ 2005; 331: 376–82.

7. Brinkhaus B, Witt C, Jena S et al.: Acupuncture in pa- tients with chronic back pain – a randomised con- trolled trial. Arch Int Med 2006 (im Druck).

8. Furlan AD, van Tulder M, Cherkin D et al.: Acupunc- ture and dry-needling for low back pain: an updated systematic review within the framework of the Cochrane collaboration. Spine. 2005; 30: 944– 63.

9. Manheimer E, White A, Berman B et al.: Meta-analy- sis: acupuncture for low back pain. Ann Intern Med 2005; 142: 651–63.

10. Irnich D, Beyer A: Neurobiologische Grundlagen der Akupunkturanalgesie. Schmerz 2002; 16: 93–102.

11. Stux G, Hammerschlag R: Clinical acupuncture – scientific basis. Berlin Heidelberg: Springer Verlag 2001; 227.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Dominik Irnich Interdisziplinäre Schmerzambulanz Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität Klinik für Anästhesiologie

Pettenkoferstraße 8A 80336 München

E-Mail: Dominik.Irnich@med.uni-muenchen.de

Die Behandlung der chronischen Hepatitis B ist nach wie vor suboptimal. Die Autoren führten deshalb eine Studie an 814 Patienten mit HBeAg-positiver chro- nischer Hepatitis B durch, die entweder Peginterferon alpha-2a (180 µg pro Wo- che) plus orales Placebo, Peginterferon alpha-2a plus Lamivudin (100 mg täglich) oder Lamivudin allein erhielten. 87 Prozent der Patienten waren Asiaten, die meist mit dem Hepatitis-B-Virus Genotyp B oder C infiziert waren. Die Behand- lung erfolgte primär für 48 Wochen und konnte um weitere 24 Wochen verlängert werden.

Nach 24 Wochen waren signifikant mehr Patienten serokonvertiert unter einer Peginterferon-alpha-Monotherapie (32 Prozent) sowie einer Kombinationsthera- pie Peginterferon plus Lamivudin (27 Prozent) als unter einer Lamivudin-Mono- therapie (19 Prozent). Zu einem Abfall der HBV-DNA-Werte unter 100 000 Kopi- en pro mL kam es unter Peginterferon in 32 Prozent, unter der Kombination in 34 Prozent und unter der Monotherapie mit Lamivudin in 22 Prozent der Fälle. 16 Pa- tienten zeigten darüber hinaus eine HBs-Ag-Serokonversion, unter Lamivudin- Monotherapie war dies in keinem der Fälle zu beobachten.

Ernste unerwünschte Wirkungen wurden bei vier Prozent der mit Peginterferon behandelten Patienten, bei sechs Prozent in der Kombination und bei zwei Prozent in der Lamivudin-Monotherapie registriert. Zwei Patienten, die nur Lamivudin er- halten hatten, kamen nach Absetzen der Behandlung in ein fulminantes Leberver- sagen, das in einem Fall zu einer Lebertransplantation, im zweiten Fall zum Tod des Patienten führte.

Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass HBeAg-positiven Patienten mit chronischer Hepatitis B eine Peginterferon-alpha-Therapie oder eine Kombinati- on Peginterferon alpha plus Lamivudin angeboten werden sollte. w Lau GKK, Piratvistuh T, Luo KX et al.: Peginterferon alfa-2a, Lamivudine, and the combination for HBeAg-positive chro- nic hepatitis B. N Engl J Med 2005; 352: 2682–95.

Dr. G.K.K. Lau, Rm 1838, Block K, Queen Mary Hospital, University of HongKong, HongKong SAR, China, E-Mail:

kklau@netvigator.com

Peginterferon bei HBeAg-positiver chronischer Hepatitis B

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