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W/inter in den Fischerdörfern der Memelniederung

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N u m m e r 1 V e r l a g s o r t G ö t t i n g e n Januar 1952 Einzelpreis 0,35 D M 3. Jahrgang

Zur Jahreswende

S t ä r h m g bes gefamtbctttfdjcn

Scumjjtjetns

T n diesen T a g e n gehen die G e d a n k e n z u -

* r ü c k an das, was die vergangenen z w ö l f M o n a t e brachten, u n d der menschliche Geist sucht das D u n k e l der Zukunft zu durchdrin- gen u n d zu e r s c h l i e ß e n , was sein w i r d . So notwendig das erstere ist, so fruchtlos das letzere, denn nicht was sein w i r d , k ö n n e n wir erkennen, sondern allein planen, was sein s o l l — u n d nur deshalb ist auch die R ü c k - schau gerechtfertigt. O b es gelingt, was Menschen v o r h a b e n , steht in Gottes H a n d , aber d a ß es notwendig ist zu streben u n d zu planen in V e r a n t w o r t u n g f ü r das Ganze ist a u ß e r Frage, es sei d a » « , man verneine L t ; ü e n s s m n und Dasein.

W i r d dieses k l a r erkannt, ist v i e l gewon- nen. U n d selbsc die R ü c k s c h l ä g e , die dieses Leben i n so reichem M a ß e mit sich bringt, sind nur A n l a ß zur S e l b s t p r ü f u n g u n d da- mit A n s p o r n . Sicherlich war der W e g der

deutschen Heimatvertriebenen im J a h r e 1951 nicht leicht u n d voller E n t t ä u s c h u n - gen: K e i n Lastenausgleich, u n z u l ä n g l i c h e Umsiedlung, D i s k r i m i n i e r u n g i n der Pen- sionsfrage, z u s ä t z l i c h e Belastung durch die gestiegenen Lebenshaltungskosten, weite

V e r b r e i t u n g der Dauerarbeitslosigkeit, 350 000 immer noch i n Lagern, allzu v i e l e i n tiefer N o t — trotz selbstloser H i l f e u n d man- cher staatlichen M a ß n a h m e .

A b e r es stehen dagegen die Berichte ü b e r die Initiative derjenigen, die sich eine neue Existenz schufen. G a n z e D ö r f e r sind auf M o o r - und Ö d l a n d erstanden. Industrie- betriebe b l ü h t e n auf, manch einer k a m wie- der zu einer m e n s c h e n w ü r d i g e n W o h n u n g und erwarb einiges Eigentum.

Freilich h ä t t e v i e l mehr getan werden k ö n n e n D i e E i n g l i e d e r u n g des heimatver- triebenen L a n d v o l k s zum Beispiel wurde nur mit u n z u l ä n g l i c h e n M i t t e l n f o r t g e f ü h r t . Die H i l f e zur Selbsthilfe war bei weitem nicht ausreichend. D i e F ü r s o r g e f ü r die A l t e n u n d H i l f l o s e n e r m ö g l i c h t e es ihnen nur, das D a s e i n zu fristen.

Die S c h l u ß f o l g e r u n g , die hieraus zu zie- hen ist, lautet: Es gilt mehr denn je d a f ü r einzutreten, d a ß die s o z i a l e G l e i c h - b e r e c h t i g u n g der V e r t r i e b e n e n er- reicht w i r d . H i e r f ü r aber ist e i n f e s t e r o r g a n i s a t o r i s c h e r Z u s a m m e n - s c h l u ß d e r H e i m a t v e r t r i e b e n e n e r f o r d e r l i c h , d e n n d e r e i n z e l n e v e r m a g w e n i g .

Zugleich aber ist dieser Z u s a m m e n s c h l u ß notwendig des anderen g r o ß e n A n l i e g e n s wegen, das den Heimatvertriebenen v o r allem am H e r z e n liegt: D i e V e r t r e t u n g des Rechts auf die H e i m a t als u n v e r ä u ß e r l i c h e s Menschenrecht. H i e r ergaben sich im Jahre 1951 hochbedeutsame Entwicklungen. Der K a n z l e r der Bundesrepublik hat sich die Forderungen der Heimatvertriebenen zu eigen gemacht, wie er in Berlin und H a n - nover zum A v s d r u c k brachte, und er hat sie in Paris u n d L o n d o n vertreten. Sicherlich war das Echo durch starke G e g e n k r ä f t e be- dingt, aber es wurde doch v o r der W e l t - ö f f e n t l i c h k e i t deutlich, d a ß hier nicht nur Einzel Organisationen sprachen, sondern d a ß hier D e u t s c h l a n d nicht z u ü b e r - h ö r e n d e Forderungen anmeldete.

Das ist ein wichtiger Schritt nach v o r - w ä r t s , dessen A u s w i r k u n g e n sich i m V e r -

W/inter in den Fischerdörfern der Memelniederung

laufe der weiteren politischen Entwicklung zeigen werden. D e n V e r t r i e b e n e n und ihren Organisationen steht hier die A u f g a b e f ü r 1952 ebenso klar v o r A u g e n wie auf dem sozialpolitischen Felde: W i e zu Pfingsten 1951 auf dem Treffen der Landsmannschaf- ten, wie auf dem K o n g r e ß der V e r e i n i g t e n Ostdeutschen Landsmannschaften in der Paulskirche, wie auf dem Bundestreffen der Schlesischen Landsmannschaft in M ü n c h e n und bei so vielen anderen A n l ä s s e n ist auch 1952 dem In- und A u s l a n d e immer wieder davon Kenntnis zu geben, d a ß die V e r t r i e - benen niemals auf das Recht auf ihre an- gestammte Heimat verzichten. Das ist ihr a u ß e n p o l i t i s c h e r A u f t r a g nicht nur v o n gesamtdeutscher, sondern v o n euro- p ä i s c h e r Bedeutung; denn sie unterstreichen damit, d a ß eine neue W e l t nur auf der Grundlage des Rechts und der Menschlich- keit errichtet werden kann. D i e ' V e r t r i e - benen haben selbst bereits Entscheidendes zur Schaffung dieser Grundlagen beigetra- gen, indem verschiedene Landsmannschaf- ten A b k o m m e n mit E x i l g r u p p e n der Ost- v ö l k e r trafen oder vorbereiteten oder wei- terhin d u r c h f ü h r t e n .

Zugleich aber wurde ganz i m stillen eine

weitere — u n d zwar s t a a t s p o l i t i - s c h e — A u f g a b e v o n ihnen i n Angriff ge- nommen: Durch die Pflege des Heimat- b e w u ß t s e i n s und der Traditionswerte, wie sie aus der langen Geschichte des Ost- deutschtums ü b e r k o m m e n s'ind, sind sie daran gegangen, ein neues Gemeinschafts- b e w u ß t s e i n der Deutschen im Geiste euro- p ä i s c h e r V e r a n t w o r t u n g zu schaffen. Sie verbanden die Uberlieferung und Pflege heimischer K u l t u r g ü t e r mit den Prinzipien staatlichen Denkens und a b e n d l ä n d i s c h e r Verpflichtung, wie sie bei den Grenzland- deutschen und bei den V o l k s g r u p p e n leben- dig waren — und dank des W i r k e n s der Landsmannschaften — lebendig blieben.

Diese A r b e i t gilt es nun v e r s t ä r k t fortzu- setzen, und es ist die Aufgabe der Lands- mannschaften vor allem.

So sind die Ziele f ü r das Jahr 1952 die gleichen wie für das Jahr 1951: Soziale Gleichberechtigung — Durchsetzung der A n e r k e n n u n g des Rechtes auf die Heimat

— S t ä r k u n g d e s g e s a m t d e u t - s c h e n B e w u ß t s e i n s in e u r o p ä i s c h e r Verantwortung. Es w i r d auch in Zukunft viele R ü c k s c h l ä g e und manches Versagen aus menschlicher U n z u l ä n g l i c h k e i t geben,

aber das Jahr 1951 hat doch den Beweis er- bracht, d a ß der eingeschlagene W e g der richtige war.

Es war richtig, d a ß man v o n vornherein keine Jllusionen hegte ü b e r das, was z u erreichen war. Es war richtig, d a ß die ge- samte H a l t u n g der Vertriebenen im Jahre 1951 m a ß v o l l und zugleich z i e l b e w u ß t war.

Es war richtig, d a ß die V e r z ö g e r u n g e n u n d R ü c k s c h l ä g e auf dem sozialpolitischen Felde aufs deutlichste in ihren H i n t e r g r ü n d e n e n t h ü l l t und n a c h d r ü c k l i c h e Forderungen auf die Herstellung der sozialen Gerechtig- keit erhoben wurden. Es war richtig, d a ß die Vertriebenen nicht nur ein Bekenntnis zum Staate ablegten, sondern ihrerseits die Aufgabe in Angriff nahmen, diesen Staat mit ihren Gedanken zu e r f ü l l e n und ein echtes S t a a t s b e w u ß t s e i n zu schaffen.

A l l das h e i ß t aber, d a ß die Heimatvertrie- benen sich bereits jetzt der Aufgabe, die ihnen das Schicksal — und welch schweres Schicksal — auferlegt hat, i m v o l l e n Be- w u ß t s e i n ihrer V e r a n t w o r t u n g unterzogen haben. Es w i r d ihnen das sicherlich k a u m jemand danken. A b e r sie g e n ü g t e n damit dem inneren Gesetz, nach dem sie handeln m u ß t e n aus ihrem ganzen ostdeutschen W e - sen heraus: D e m Gesetz der P f l i c h t e r f ü l - lung für das Ganze.

M ö g e n dies alles g ü n s t i g e V o r - z e i c h e n für das Jahr 1952 sein und m ö g e all dieses B e m ü h e n und Suchen nach dem rechten W e g e dazu beitragen, d a ß die gei- stige und materielle N o t unserer Zeit ü b e r - wunden und das T o r in eine neue Zukunft der Deutschen in einem Europa der Freiheit und des Friedens g e ö f f n e t wird.

hvp — Göttinger Arbeitskreis)

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der Sprecher der deutschen Heimatvertriebenen Der Bundesminister für Vertriebene, Dr.

Lukaschek, und die Vorsitzenden und Sprecher der Vertriebenenorganisationen rich- teten anläßlich des Jahreswechsels Grußworte und Aulrule an die deutschen Heimatvertrie- benen.

Der Bundesminister für Vertriebene, Dr. Luka- schek, gibt in seinem Neujahrsgruß vor allem der Erwartung Ausdruck, daß das neue Jahr den Lastenausgleich bringen werde. Sicherlich werde er bei weitem nicht alle berechtigten Wünsche erfüllen und mancher werde erst dann erkennen, was er in Wirklichkeit verlor. Aber dadurch solle sich niemand niederdrücken lassen: .Entscheidend ist die innere Stärke, mft der ein jeder sein Schicksal trägt.' Es sei zu hoffen, daß das Jahr 1952 einen wesentlichen Schritt vorwärts auf dem Wege zur .inneren Gleichberechtigung' der Vertriebenen und Ein- heimischen bringen werde. Hier liege die eigentliche Schicksalsfrage für unser deutsches Volk!

Der Präsident des „Bundes der vertriebenen Deutschen" (BVD), Bundestagsabgeordneter Dr.

Linus Kather, weist in seinem Neujahrswort auf die Verabschiedung des Schadensfeststel- lungsgesetzes hin und hebt hervor, daß auch das größte Anliegen der Vertriebenen, der An- spruch auf Rückgabe der Heimat, im Jahre 1951 mehr als vorher zum Gegenstand der Erörte- rung auf weltpolitischer Ebene gemacht wurde.

Mit der Gründung des Bundes der vertriebenen Deutschen sei ein starkes Instrument für die Durchsetzung der Ziele der Vertriebenen ge- schaffen worden, und es stehe zu hoffen, daß die volle Einheit aller Vertriebenenorganisa- tionen in Kürze erreicht werde.

Der Präsident der Vereinigten Ostdeutschen Landsmannschaften, Staatssekretär a. D. von Bismarck, stellt den Heimatgedanken in den Mittelpunkt seines Neujahrsaufrufes an die Heimatvertriebenen: „Unsere Aufgabe ist es, aller Welt zu sagen, daß unsere Heimat — und wir in ihr — zum neuen Europa gehört, daß wir darin und dafür arbeiten müssen und daß wir dafür verantwortlich sind.' Der Ruf der Heimat solle nicht nur Wehmut wecken oder gar Bitterkeit, sondern Verantwortung und Willen.

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O s t p r e u ß e n - W a r t e

Schadensfeststellungsgesetz und Heimatauskunftstellen

Das Gesetz ü b e r die Feststellung der S c h ä - d e n ist i m Dezember nach harten K ä m p f e n vom Bundestag i n dritter Lesung angenommen worden. A u c h der Bundesrat hat kurz v o r W e i h n a c h t e n diesem Gesetz zugestimmt, je- doch die damit verbundene G r u n d g e s e t z - Ä n d e - rung abgelehnt Damit erscheint das Schaden- feststellungsgesetz e r n e u t s t a r k g e - f ä h r d e t , zumal man sich i n der Frage der Koslenverteilung bisher nicht einigen konnte.

In dem Gesetz zur Feststellung der S c h ä d e n sind auch die Paragraphen ü b e r die Heimat- auskunftstellen, d i e auf der Basis der Regie- rungsbezirke errichtet werden sollen, veran- kert. Da dies Gesetz, w i e gesagt, noch stark g e f ä h r d e t erscheint b z w . noch einige Ä n d e r u n - gen und Erweiterungen z u erwarten sind, wer- den w i r den W o r t l a u t erst dann v e r ö f f e n t - lichen, w e n n es i n seiner e n d g ü l t i g e n F a s s u n g v o r l i e g e n w i r d . W i r werden unsere Leser ü b e r alle z u treffenden M a ß n a h m e n k . n i t i g rechtzeitig unterrichten.

„Tag der Heimat" 1952

H a m b u r g . V o n den ostdeutschen Lands- mannschaften wurde beschlossen, den „ T a g der H e i m a t " i m Jahre 1952 am ersten Sonn- tag nach dem Jahrestag der U n t e r z e i c h n u n g des Potsdamer A b k o m m e n s ü b e r d i e M a s s e n - austreibungen, also am 3. A u g u s t , z u begehen.

G l e i c h z e i t i g wurde beschlossen, b e i den z u - s t ä n d i g e n Stellen des Bundes und der L ä n d e r v o r s t e l l i g z u werden mit dem Z i e l , d a ß der

„ T a g der H e i m a t " z u m „ S t a a t s g e d e n k t a g " er- k l ä r t w i r d . D e r „ T a g der H e i m a t " 1952 s o l l gemeinsam mit den H e i m a t b ü n d e n der W e s t - deutschen begangen werden.

700000 Deportierte

N a c h einem v o r l ä u f i g e n Bericht des Deut- schen Roten Kreuzes ü b e r das Ergebnis der Sucharbeit b e t r ä g t die Gesamtzahl der n a c h dem Osten verschleppten deutschen Z i v i l p e r - sonen 700 000. V o n Dezember 1944 an seien Sammeltransporte v o n Reichs- u n d V o l k s d e u t - schen i n die Sowjetunion b e f ö r d e r t w o r d e n . Der W e g u n d die landsmannschaftliche Z u - sammensetzung v o n 136 Transporten sei genau rekonstruiert u n d stehe dokumentarisch fest.

Das Z i e l der Transporte w a r v o r a l l e m der U r a l , die U k r a i n e u n d der R a u m u m M o s k a u . Die Deportierten w u r d e n i n 4200 L a g e r n unter- gebracht. E t w a 400 000 v o n ihnen gelten als verstorben. Ende 1949 w u r d e n n o c h 190 000 Deportierte i n den russischen Lagern g e z ä h l t . 35 000 Z i v i l p e r s o n e n sind bisher z u r ü c k g e - kehrt. Es bleibt e i n u n g e k l ä r t e r Rest v o n etwa 10 000.

„Rundfbrief der A l b e r t u s - U n i v e r s i t ä t "

Zu Weihnachten 1951 erschien der „ R u n d - brief der A l b e r t u s - U n i v e r s i t ä t " , der sich an die ehemaligen A n g e h ö r i g e n u n d die Freunde der K ö n i g s b e r g e r U n i v e r s i t ä t richtet. D e r R u n d - brief e n t h ä l t neben kurzen Nachrichten und einer Toten- und Geburtstagsliste eine aus- f ü h r l i c h e W ü r d i g u n g des Lebenswerkes des letzten K u r a t o r s der A l b e r t u s - U n i v e r s i t ä t , D r . h. c. F r i e d r i c h H o f f m a n n , der am 7 .März 1951 i n Lugano starb. D e n Lebenslauf schrieb Prof. Goetz v o n S e i l e , der jetzt die H e r - ausgabe des Rundbriefes ü b e r n o m m e n hat.

Hilfskomitees arbeiten weiter M i t der U n t e r s t ü t z u n g von 11 Landeskirchen werden die Evangelischen Hilfskomitees f ü r die Heimatvertriebenen auch i m kommenden J a h r ihre A r b e i t fortsetzen k ö n n e n , wurde auf

einer Besprechung v o n V e r t r e t e r n des Ost- kirchenausschusses, des Konvents der H i l f s - komitees und der L a n d e s g e s c h ä f t s s t e l l e für k i r c h l i c h e Vertriebenenarbeit i n B a y e r n fest- gestellt.

Um die vollständige Einigung

Die G r ü n d u n g des B v D (Bund der vertriebe- nen Deutschen) hat i n weiten K r e i s e n der H e i - matvertriebenen lebhaften W i d e r h a l l gefunden.

N a c h den vorliegenden M e l d u n g e n d ü r f t e die v o l l s t ä n d i g e Einigung nur noch eine Frage der Zeit sein. So fanden i m Dezember i n B o n n i n A n w e s e n h e i t v o n D r . K a t h e r und v . B i s - m a r c k Einigungsverhandlungen z w i s c h e n dem BvD und der noch abseits stehenden V O L - Gruppe der Landsmannschaften statt. D i e V e r - handlungen wurden i n harmonischem Geiste g e f ü h r t und werden weiter fortgesetzt.

Auf einer Delegiertenversammlung der P o m - merschen Landsmannschaft i n H a n n o v e r er- k l ä r t e der Sprecher der Pommerschen Lands- mannschaft, Herbert v . B i s m a r c k , d a ß gegen den A n s c h l u ß an den Bund der vertrie- benen Deutschen nichts mehr einzuwenden sei.

Die Delegierten faßten den einstimmigen Be- s c h l u ß , , sofort mit dem B v D i n V e r b i n d u n g z u treten.

A u s verschiedenen Ä u ß e r u n g e n geht die B e f ü r c h t u n g hervor, d a ß i n dem B v D die B e - lange der nordostdeutschen Landsmannschaften nicht g e n ü g e n d B e r ü c k s i c h t i g u n g finden w ü r d e n . Diese A n s i c h t ist i r r i g , denn durch einen B e i - tritt der noch a u ß e r h a l b des B v D stehenden Landsmannschaften w ü r d e n diese Sitz und Stimme i n der F ü h r u n g des B v D erhalten und so ihre Interessen i n jeder W e i s e wahrnehmen k ö n n e n .

Zu der G r ü n d u n g des B v D schreibt Dr. K a - t h e r u . a. i n einem N e u j a h r s a r t i k e l :

„ A l l e n , die noch abseits stehen, k a n n i c h n u r sagen, sie wissen nicht, w i e s e h r sie s i c h und i h r e n S c h i c k s a l s g e f ä h r t e n dadurch Schaden z u -

fügen. Das Gerede v o n parteipolitischen E i n -

flüssen ist v ö l l i g u n s i n n i g . ^ Sprecher und Landesverbandsvorsitzenden w e r d e n v o n ihren Organen g e w ä h l t . N u r fünf v o n i h n e n ^gehören der C D U an, die anderen W ö l f s m d M i t g l eder anderer Parteien oder p a r t e i p o l i t i s c h n cht ge- bunden. Der Bund der vertriebenen Deutschen w i r d nur dann bestehen, w e n n er s t r e n g ü b e r p a r t e i l i c h bleibt.

Das J a h r 1952 m u ß gekennzeichnet sein d a - durch, d a ß die E i n h e i t s o r g a n i s a t i o n der V e r t r i e - benen i n s t ä r k s t e m M a ß e p r a k t i s c h i n die w i r t - schaftliche E i n g l i e d e r u n g i h r e r Schutzbefohlenen eingeschaltet w i r d . Diese praktische A r b e i t , deren staatspolitischen W e r t jeder E i n s i c h t i g e sofort erkennen sollte, w i r d uns v o r ungeheure Aufgaben stellen, und w i r werden den letzten w i r k l i c h f ä h i g e n M a n n heranholen m ü s s e n , u n d s c h o n d e s h a l b w ä r e e s e i n V e r - b r e c h e n , w e n n w i r d e n B r u d e r - s t r e i t f o r t g e s e t z t h ä t t e n o d e r f o r t - s e t z e n w ü r d e n . N i e m a n d , der z u w i r k l i c h f ü h r e n d e r M i t a r b e i t entschlossen ist, braucht Sorge zu haben, d a ß er abseits stehen m u ß .

Ich verspreche m i r v o n der Zusammenarbeit zwischen Landsmannschaften und L a n d e s v e r - b ä n d e n neue und starke Impulse für unseren er- weiterten A u f g a b e n b e r e i c h . "

Sparguthaben-Gesetz

Dem Bundestag ist e i n Gesetzantrag ü b e r einen W ä h r u n g s a u s g l e i c h für Sparguthaben V e r t r i e b e n e r zugeleitet w o r d e n . U b e r diesen Gesetzantrag s o l l i m J a n u a r entschieden wer- den. Sobald dies Gesetz i n Kraft tritt, w e r d e n wir unsere Leser genauestens unterrichten.

„ W i r k ö n n e n n i c h t j a s a g e n "

„ W a s sollte der R u f nach der E i n h e i t Deutschlands anderes sein, als der R u f nach der W i e d e r k e h r einer H e i m a t für alle Deut- schen?", schreibt die evangelische M o n a t s - schrift „ K i r c h e u n d M a n n " . N a c h d e m die Zeit- schrift den Begriff H e i m a t als einen umhegten Raum r e l a t i v e r Sicherheit des Lebens beschrie- ben hat, z u dem das H i n a u s g e s t o ß e n s e i n , das Ausgeliefertsein an d i e W i l l k ü r b ö s e r M ä c h t e im Gegensatz steht, weist sie i n diesem Z u - sammenhang auf d i e Frage nach der deut- schen E i n h e i t u n d das Recht auf H e i m a t h i n und sagt: „Der P o l i t i k e r k a n n nie aus d e m Unrecht Recht machen — u n d darum k ö n - nen w i r a l s C h r i s t e n z u der Regelung der O d e r - N e i ß e - F r a g e , w i e sie der Osten v o l l - zogen hat, nicht j a sagen,"

Austreibungen, „größtes Verbrechen"

C h i c a g o . D e r P ä p s t l i c h e N u n t i u s b e i der Bundesregierung, M ö n s . A l o i s J . M u e n c h , hat sich w i e d e r h o l t m i t der Frage der deutschen H e i m a t v e r t r i e b e n e n b e f a ß t u n d insbesondere früher, als er n o c h Bischof v o n Fargo i n N o r d - Dakota w a r , aufs s c h ä r f s t e die Massenaustrei- bung der Deutschen i n der N a c h k r i e g s z e i t verurteilt. D i e Zeitschrift der Steubengesell- schaft für M i l w a u k e e „ T h e S t u b e n i t e ' hebt i n ihrer letzten A u s g a b e hervor, d a ß Bischof M u e n c h damals, als die Massenaustreibungen im v o l l e n Gange waren, folgendes e r k l ä r t e :

„Die erzwungene W a n d e r u n g v i e l e r M i l l i o n e n M e n s c h e n ist das g r ö ß t e V e r b r e c h e n unserer Zeit. N i c h t s i n der ganzen Geschichte kommt dem gleich, n u r v i e l l e i c h t eines. W a s ist w o h l grausamer als die A u s p l ü n d e r u n g v o n 16 M i l - l i o n e n M e n s c h e n ? D i e V e r s c h w ö r u n g

d e s S c h w e i g e n s d a r ü b e r ! N i c h t s i n der ganzen Geschichte k o m m t d e m g l e i c h , m i t A u s n a h m e v i e l l e i c h t der Tatsache, d a ß d i e M e n s c h e n anderer N a t i o n e n nicht gegen diese G r a u s a m k e i t e n aufschreien u n d d a ß d i e R e - gierungen, die dazu d i e M a c h t haben, nichts dagegen unternehmen."

2500 polnische Publikationen...

G ö 11 i n g e n. D i e A n z a h l der v o n p o l n i - scher Seite seit 1945 ü b e r die deutschen O s t - gebiete herausgegebenen V e r ö f f e n t l i c h u n g e n v e r h ä l t sich z u den i m g l e i c h e n Z e i t r a u m er- schienenen deutschen V e r ö f f e n t l i c h e n ü b e r den g l e i c h e n T h e m e n k r e i s w i e v i e r z u eins.

Diese Z a h l w u r d e auf G r u n d der b i b l i o g r a p h i - schen Erfassung der i n - u n d a u s l ä n d i s c h e n Literatur ü b e r die Heimatgebiete der deutschen H e i m a t v e r t r i e b e n e n ermittelt, die laufend i m

„ G ö t t i n g e r A r b e i t s k r e i s " d u r c h g e f ü h r t w i r d . V o n den z a h l r e i c h e n p o l n i s c h e n Instituten, K o m m i s s i o n e n u n d Gesellschaften, d i e a l l e eine g r o ß z ü g i g e staatliche U n t e r s t ü t z u n g erfahren, und i n den e i n s c h l ä g i g e n Fachzeitschriften s i n d bisher r u n d 2500 B ü c h e r , B r o s c h ü r e n u n d A u f - s ä t z e v e r ö f f e n t l i c h t w o r d e n . M i t N a c h d r u c k w i r d auch die Ubersetzung der w i c h t i g s t e n wissenschaftlich getarnten Propagandaschriften betrieben, so s i n d a l l e i n i m J a h r e 1948 v o n 64 i m sogen. „ W e s t v e r l a g " erschienenen Bü- chern 15 i n verschiedene F r e m d s p r a c h e n ü b e r - setzt u n d i m A u s l a n d v e r t r i e b e n w o r d e n . D e m - g e g e n ü b e r sind i m g l e i c h e n Z e i t r a u m n u r e t w a 600 deutsche B ü c h e r u n d A u f s ä t z e erschienen, von denen nur 10 — i n fünf J a h r e n — auch mit einer fremdsprachlichen A u s g a b e heraus- k a m e n .

HIHIHI iiiitiiiiiiiiiiiimii iiiiiiiiiimmiiimiiiiii miiiiiiiiiiiiiiiiiiimmmiiimmiimmii n i MHiiMiiiHiinMiMiiiiiiiiiMiiiiiimitiiiniiiiiiiiiniiHiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiMiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii

Preußen und die polnischen Teilungen

Von Prof. Dr. L a u b e r t , Göttingen

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ine unausrottbare, v o n der polnischen Pro- paganda geflissentlich g e n ä h r t e Geschichts- legende stellt P r e u ß e n als Urheber u n d Haupt- schuldigen an dem v e r m e i n t l i c h e n V e r b r e c h e n der polnischen T e i l u n g e n F r i e d r i c h s IT. als skrupellosen Imperialisten dar. In W a h r h e i t hat der K ö n i g nur z ö g e r n d , v o n seinem B r u - der H e i n r i c h angetrieben, sich auf die erste T e i l u n g eingelassen, u m den F r i e d e n Europas zu sichern. Der A n s t o ß aber ging v o n Ö s t e r - reich aus, das die 1421 an W l a d y s l a w J a g i e l l o v e r p f ä n d e t e Zips m i l i t ä r i s c h besetzte, nachdem geistliche „ K a s u i s t e n " , M a r i a Theresias r e l i - g i ö s e Bedenken beschwichtigend, es für e i n V e r d i e n s t e r k l ä r t hatten „ B a r b a r e n z u berau- ben". R u ß l a n d aber w a r i m Begriff, ganz P o l e n zu v e r s c h l u c k e n , standen doch seit 1717, seit der durch A u g u s t s des Starken absolutistische Bestrebungen i n seiner Freiheit bedrohte A d e l Peter den G r o ß e n z u m Schiedsrichter z w i s c h e n sich u n d dem K ö n i g gemacht hatte, seine T r u p p e n ununterbrochen i n dem v o m Peters- burger Residenten regierten L a n d . O h n e E i n g r e i f e n P r e u ß e n s h ä t t e n sich die M o s k o w i t e r schon unter der z i e l b e w u ß t Peters Spuren folgenden K a t h a r i n a II. an der W e i c h - sel eingenistet. F r i e d r i c h der G r o ß e hat sich also den Dank ganz Europas verdient, als er unter dem Beifall v o n V o l t a i r e , Goethe, H e r - der diese E n t w i c k l u n g hemmte. Zudem gewann P r e u ß e n fast durchweg nur ü b e r w i e g e n d deutsche, v o n Polen gewaltsam eroberte G e - biete und machte nur das Unrecht des 2. Thor- ner Friedens v o n 1466 und den W e s t p r e u ß e n zur polnischen Provinz h e r a b g e d r ü c k t e n Rechts- bruch der Lubliner U n i o n v o n 1569 wieder gut.

A l s F ü r s t K a u n i t z den W i d e r s t a n d des p o l -

nischen Reichstages durch V e r g r ö ß e r u n g der ö s t e r r e i c h i s c h e n Beute brechen w o l l t e , befolgte F r i e d r i c h die russische T a k t i k der Bestechung.

A m 17. M a i 1772 schrieb er, sich des Sachver- halts durchaus b e w u ß t , seinem W a r s c h a u e r V e r t r e t e r Benoit: „Ich bewundere die V o r - liebe, die der polnische K ö n i g (Stanislaus August) für die Ö s t e r r e i c h e r bezeugt. Ihre Portion bildet ebenso gut einen T e i l Polens wie die m i r g e b ü h r e n d e , so d a ß nur die Bigot- terie Ursache eines so lebhaften Hasses gegen mich sein k a n n . M a n betrachtet m i c h als Ketzer und v i e l l e i c h t auch als Urheber u n d Haupt- anstifter des ganzen Teilungsplanes", u n d an V o l t a i r e am 9. O k t o b e r 1773, fast ganz E u r o p a glaube, die V e r k l e i n e r u n g Polens sei eine Folge seiner listigen P o l i t i k , was so falsch w ä r e w i e nur irgend etwas i n der W e l t . E r habe v e r g e b l i c h verschiedene andere W e g e vorgeschlagen, aber e n d l i c h seine Zuflucht z u dem A k t v o n 1772 nehmen m ü s s e n als ein- zigem M i t t e l zur V e r h ü t u n g eines infolge der B a l k a n w i r r e n drohenden allgemeinen K r i e g e s . A l l e n V e r l o c k u n g e n z u weiteren T e i l u n g e n widerstand er durchaus,, ungeachtet der noch immer noch h ö c h s t u n g ü n s t i g e n G r e n z z i e h u n - gen i m Osten, u n d erschwerte sie sogar durch Heraussziehung der Deutschen i n P o l e n zur K o l o n i s a t i o n i m eigenen L a n d .

Die 2. T e i l u n g v o n 1793 haben die P o l e n selbst verschuldet, indem sie durch V e r w e i g e - rung jeglicher E n t s c h ä d i g u n g das B ü n d n i s des M i n i s t e r s Hertzberg m i t P r e u ß e n entwerteten, wogegen eine russophile Magnatenpartei K a t h a n n a s Schutz gegen die Reformpartei und die Verfassung v o n 1791 anrief, i h r also einen neuen V o r w a n d z u m Eingreifen lieferte

Die 3. T e i l u n g 1795, eine F o l g e des p o l n i - schen Aufstandes v o m V o r j a h r , w a r z u n ä c h s t ein W e r k der beiden K a i s e r m ä c h t e a l l e i n . Erst d u r c h deren V o r g e h e n w u r d e P r e u ß e n z u r Er- h a l t u n g des G l e i c h g e w i c h t s gezwungen, d u r c h den i h m oft z u m V o r w u r f gemachten, aber durch die W i e n e r P o l i t i k h e r b e i g e f ü h r t e n F r i e - den v o n Basel sich i m W e s t e n freie H a n d z u verschaffen u n d gleichfalls i m O s t e n eine Ent- s c h ä d i g u n g z u suchen.

Trotzdem w a r i m ganzen sein A n t e i l g e r i n - ger als der seiner Partner (2 635 000 E i n w o h - f7rnn3ef " 6 M i l l i o n e n für R u ß l a n d u n d 3 700 000 für Ö s t e r r e i c h ) . W e n n sich dessen ungeachtet der H a ß der P o l e n v o r n e h m l i c h gegen den H o h e n z o l l e r n s t a a t richtete, so des- halb, w e i l die K l u f t z w i s c h e n i h n e n u n d d e m

» J a w i s c h e n R u ß l a n d u n d dem mit s l a w i s c h e n V o k e r n durchsetzten k a t h o l i s c h e n Ö s t e r r e i c h weit geringer w a r als d i e sie v o n d e m v o r - wiegend protestantischen P r e u ß e n trennende und w e i l der G e i s t v o n W i e n i h r e m W e s e n nicht so fremd w a r w i e der v o n Potsdam sie also unter dem D o p p e l a d l e r e i n i h n e n ' z u - sagenderes Leben erhofften a ls unter dem e i n -

kopfigen.

w?e[ d R G r, o ^e n- 4 Teilun3 dl,rch den W i e n e r

£ Sr e r n815 V"suchten En^land » n d Oster- reich T a l l e y r a n d als V e r t r e t e r F r a n k r e i c h s v o r z e i t i g m die V e r s a m m l u n g s c h m u g g e l n d wie dieser P r e u ß e n mit seinen A n s p r ü c h e n gegen dessen u n d R u B U n d s W i l l e n n a c h O s t e n abzulenken D u r c h die den drohenden. K r ea d eer T Tdp ? adn f ^ T ^ w^ d e Ä l e x T aers l . Plan einer A n n e x i o n Gesamtnolons in b Z e n e ne S S ? * " ÖUrch P^ ° n a T u n i o n v e "

bundenen autonomen K ö n i g r e i c h s v e r e i t e l t

tigkeit w i e d e r entrissen haben!

Verstärkte Ostforschung .^fordert

Die V e r e i n i g t e n O s t d e u t s c h e n Landsmann- schaften s i n d bei der W e s t d e u t s c h e n Rektoren- konferenz v o r s t e l l i g g e w o r d e n , a l l e personel- len u n d m a t e r i e l l e n M ö g l i c h k e i f e n a u s z u s c h ö p . fen u m a n d e n d e u t s c h e n H o c h s c h u l e n die w i s s e n s c h a f t l i c h e F o r s c h u n g u n d L e h r e hin- s i c h t l i c h der o s t d e u t s c h e n Gebiete u n d des V e r t r i e b e n e n p r o b l e m s w e i t e s t g e h e n d auszu- bauen. D i e s e F r a g e n haben Iiisher «n den deutschen H o c h s c h u l e n eine- Behandlung e r. fahren, d i e deren B e d e u t u n g für Deuts hlatid und die w e s t l i c h e W e l t a u c h n i c h t entfernt gerecht w i r d u n d das in G e s t a l t der heimst, v e r t r i e b e n e n H o c h s c h u l l e h r e r v o r h a n d e n « W i s s e n s c h a f t s p o t e n t i a ! b r a c h l i e g e n l ä ß t . A u ß e r der E r r i c h t u n g n e u e r L e h r s t ü h l e wird von d e n V e r e i n i g t e n O s t d e u t s c h e n Lands- mannschaften u . a. d i e B e r ü c k s i c h t i g u n g der V e r t r i e b e n e n - u n d O s t p r o b l e m e i m Studium generale, d i e E i n f ü h r u n g eines diesen Fragen g e w i d m e t e n dies a c a d e m i c u s s o w i e d i e Ü b e r - nahme v o n Patenschaften f ü r d i e ehemaligen deutschen H o c h s c h u l e n i m O s t e n i m Sinne einer w i s s e n s c h a f t l i c h e n u n d p e r s o n e l l e n T r a - ditionspflege gefordert.

G e s a m t d e u t s c h l a n d i n d e n G r e n z e n v o n 1937 P a r i s . I m A n s c h l u ß a n d i e S i t z u n g des z w e i t e n p o l i t i s c h e n A u s s c h u s s e s der U N - V o l l - v e r s a m m l u n g , i n d e r d i e F r a g e d e r gesamt- deutschen W a h l e n e r ö r t e r t w o r d e n w a r , fand eine P r e s s e k o n f e r e n z statt, auf der s i c h d i e westdeutsche D e l e g a t i o n insbesondere z u d e n deutschen O s t g r e n z e n ä u ß e r t e . D e r V i z e p r ä s i - dent des Bundestags, H e r m a n n S c h ä f e r , unter- strich, d a ß z. B . s o w o h l S c h l e s i e n w i e a u c h die Saar n a c h w i e v o r z u G e s a m t d e u t s c h l a n d g e h ö r e n . D e r B e r l i n e r O b e r b ü r g e r m e i s t e r R e u - ter u n t e r s t r i c h i n Ü b e r e i n s t i m m u n g m i t d e m K o m m e n t a r der „ N e w Y o r k T i m e s " z u d e n P a r i s e r K o m m u n i q u e ü b e r d i e V e r h a n d l u n g e n der v i e r A u ß e n m i n i s t e r , d a ß d i e G r e n z e n D e u t s c h l a n d s n a c h w i e v o r d i e j e n i g e n seien, die v o r d e m M a c h t a n t r i t t H i t l e r s bestanden.

K i r c h l i c h e s aus M a s u r e n

B e r l i n . O b w o h l d i e S c h w i e r i g k e i t e n der k i r c h l i c h e n B e t r e u u n g i n M a s u r e n besonders g r o ß s i n d , ist das r e l i g i ö s e L e b e n d o c h z u stark i n d e n H e r z e n d e r z u m g r o ß e n T e i l e v a n g e l i s c h e n B e v ö l k e r u n g v e r w u r z e l t , als daß es d u r c h V e r f ü g u n g e n v o n p o l n i s c h e r Seite z u m E r l i e g e n g e b r a c h t w e r d e n k o n n t e . Zeugnisse h i e r f ü r l e g t e n i n letzter Z e i t gerade die k l e i n e r e n O r t e M a s u r e n s ab. So b e g i n g m a n i n A w e y d e n , A l t - U k t a , R y b n o und P u p p e n , i m L a n d k r e i s A l l e n s t e i n , g r o ß e M i s s i o n s f e s t e i m F r e i e n . H i e r z u trafen s i c h i n A w e y d e n 2000 T e i l n e h m e r . Es w a r e n P o s a u - nen- u n d K i r c h e n c h ö r e z u r S t e l l e , u n d d r e i Pastoren s p r a c h e n z u r G e m e i n d e . D i e „ S t r a z - n i c a E w a n g e l i c z n a " , das B l a t t d e r e v a n g e l i s c h - a u g s b u r g i s c h e n K i r c h e i n P o l e n , das h i e r v o n berichtet, r ü h m t d i e aasirieunUooi»«.**

D e u t s c h e n u n t e r e i n a n d e r , gesteht aber a n a n - derer S t e l l e a u c h ohne j e d e B e s c h ö n i g u n g ein, d a ß z u r U n t e r d r ü c k u n g dieses w i e d e r - e r w a c h e n d e n G e m e i n s c h a f t s l e b e n s auf r e l i - g i ö s e r G r u n d l a g e „ v o l k s m i s s i o n a r i s c h " g e - schulte D i a k o n i s s e n eingesetzt w ü r d e n , d i e d a - für v e r a n t w o r t l i c h seien, d a ß d e r G e b r a u c h der deutschen S p r a c h e a u c h i n a l l e n r e l i g i ö - sen U n t e r w e i s u n g e n u n d d a m i t a u c h das deutsche S i n g e n b e i G o t t e s d i e n s t e n u n d i n S i n g c h ö r e n z u u n t e r l a s s e n ist.

E i n e beispielhafte Schule

L ü b e c k . Zwölf W a p p e n ostdeutscher S t ä d t e , rechts u n d l i n k s eingerahmt v o m L ü b e c k e r Wappen u n d d e m K r e u z des Deutschen R i t t e r - ordens, dazu das S p r u c h b a n d „ D a s w a r deine H e i m a t — sie w i r d es i m m e r b l e i b e n " s c h m ü k - ken den F l u r i m ersten S t o c k w e r k der A r n d t - M i t t e l s c h u l e u n d d e r B e r t - N o t k e - M ä d c h e n s c h u l e i n L ü b e c k . E i n D r i t t e l der M i t t e l s c h ü l e r sind H e i m a t v e r t r i e b e n e , i m L e h r e r k o l l e g i u m s i n d es 40 P r o z e n t . D e r W a n d - schmuck w i r d e r g ä n z t d u r c h einen g r o ß e n Ausstellungsschrank, i n d e m i m m o n a t l i c h e n Wechsel E r i n n e r u n g s s t ü c k e aus der H e i m a t ausgestellt w e r d e n , die h e i m a t v e r t r i e b e n e F a - m i l i e n als L e i h g a b e z u r V e r f ü g u n g stellen, oft ihr einziger geretteter B e s i t z .

„ D e n k t i h r bei euch auch a n u n s ? "

B e r l i n . B r i e f e aus O s t p r e u ß e n , d i e i n B e r - lin eingegangen s i n d , s c h i l d e r n die V e r e i n - samung, der die z u r ü c k g e b l i e b e n e n Deutschen ausgesetzt s i n d- - E s geht uns nicht gerade s c h l e c h t ' . ist i n solch einer Z u s c h r i f t z u lesen,

„ a b e r m a n kommt sich doch so einsam u n d v e r - lassen, so abgetrennt v o m M u t t e r l a n d s vor, wie ein Z u g auf einem toten Geleise. E i n m a l im M o n a t k o m m t der polnische P f a r r e r und halt Gottesdienst, aber w i r verstehen entweder nicht e i n einziges W o r t davon, ober aber die g r o ß e L ü c k e bleibt offen, d a ß uns M e n s c h e n rehlen. mit denen m a n innere K o n t a k t e hat.

bo sehen w i r m i t sehnsuchtsvollen A u g e n nach dem Westen u n d h a l t e n i m ä u ß e r s t e n W i n k e l die Wacht. D e n k t i h r bei euch noch an uns?"

400000 noch in Lagern

h p n .0, ^ " ' - ^ach einer M i t t e i l u n g des V e r t r i e - b e n c n - M i n . s f e r i u m s befinden sich z. Z . noch immer r d . 400 000 V e r t r i e b e n e i n etwa 2700 J se"lag^ " - °bwohl i m vergangenen B a u - ühora K'100 Wnhn™ w n an Vertriebene U m s ? ^ konn,Pn « n d i m Zuge der

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Nummer 1 O s t p r e u ß e n - W a r t e Seite 3

U r a l t e £ i n 6 e n m e i n e t H e i m a t

Von S a b i n e H o t h

W

enn unsere G e d a n k e n z u r ü c k g e h e n i n unser H e i m a t l a n d — z u r ü c k z u v e r g a n - genen Zeiten, z u K i n d e r - u n d J u g e n d z e i t e n , z u r ü c k i n d i e Jahre des Schaffens auf unse-

rem Heimatboden, z u r ü c k a u c h z u s c h w e r e n und harten J a h r e n —, so s i n d es d o c h fast immer G e d a n k e n des Friedens, die i n uns auf- steigen. Eine W e l t d e r G e b o r g e n h e i t , d i e uns umgibt. L e i d , K a m p f und Sorgen, die es n a t ü r - l i c h auch i n unserer H e i m a t , i n unserer V e r - gangenheit ' r e i c h l i c h gegeben hat, sie l i e g e n uns sehr, sehr fern. T e i l s s i n d s i e v e r b l a ß t i m V e r g l e i c h z u dem a l l e n , was dann k a m , a l s unsere W u r z e l n ausgerissen w u r d e n , teils ist es w o h l auch eine g ö t t l i c h e G n a d e , d a ß L i c h t Schatten z u r ü c k d r ä n g t . U n d so s i n d es fast immer s t i l l e u n d h e l l e G e d a n k e n u n d E r i n n e - rungen, d i e heute m i t uns 6ind — j a , d i e u n - ser zweites, i m ganzen unsichtbares Leben ausmachen, aus dem w i r — n i c h t z u erkennen für unsere U m w e l t — K r a f t s c h ö p f e n für d i e A n f o r d e r u n g e n unserer h e u t i g e n Tage.

A l t e , uralte L i n d e n z e i g e n diese geretteten Bilder. Sie standen a n der S t r a ß e , d i e v o n der Chaussee z u unserem Hofe f ü h r t e , sie standen dicht a n m e i n e m Heimathaus u n d sie standen i n langer A l l e e u m unseren g r o ß e n , echt ost- p r e u ß i s c h e n Gutsgarten. M a n sagt, sie stamm- ten noch aus der Zeit der Ordensritter. I c h w e i ß nicht, ob es wahr ist. A b e r d a ß sie Jahr- hunderte k o m m e n u n d gehen sahen, glaubt i h n e n jeder.

W a r u m zeige i c h diese L i n d e n ? Es gibt a u c h i n anderen T e i l e n unseres V a t e r l a n d e s alte L i n d e n , nicht m i n d e r e i n d r u c k s v o l l u n d g e w i ß a u c h d a u n d dort sehr geliebt. U n d doch habe i c h i m m e r das G e f ü h l , d i e L i n d e n sind u n s e r e B ä u m e . S o v e r b u n d e n m i t dem L e b e n der M e n s c h e n , d i e i n i h r e r N ä h e w o h - nen, s i n d s i e sonst nicht. U n d es w i r d w e n i g e O s t p r e u ß e n geben, d i e m i r n i c h t z u s t i m m e n :

„. . . j a , unsere L i n d e n . " D e n meisten H ö f e n und v i e l e n B a u e r n g ä r t e n w a r e n s i e W a h r - zeichen, Schutz u n d S c h i r m , treue Freunde.

G l e i c h , ob sie alte k n o r r i g e , geschorene H e k - k e n u n d S c h a t t e n g ä n g e bildeten, oder ob ihre K r o n e n d a s D a c h beschatteten, ob sie a m R a n d der W e i d e g ä r t e n S c h a t t e n p l ä t z e für V i e h u n d F o h l e n i n d e r s o m m e r l i c h e n M i t t a g s g l u t spendeten, oder d i e A l l e e z u m H o f e bildeten.

B e i m e i n e n G r o ß e l t e r n s t a n d e n s i e so dicht a m Hause, d a ß d i e hochgelegene Terrasse u m ihre d i c k e n S t ä m m e herumgebaut w a r . A u f jener Terrasse befand »ich rechts u n d l i n k s v o n der G l a s t ü r , d i e z u m G a r t e n h i n a u s f ü h r t e , j e w e i l s e i n Sitzplatz. B a n k und T i s c h , z w i s c h e n H a u s - m a u e r u n d L i n d e n s t a m m . Dort saß m a n a n u n - z ä h l i g e n Sommertagen — m i t seiner A r b e i t , m i t s e i n e n G ä s t e n , g e l e g e n t l i c h m i t seinen M a h l z e i t e n — dort spielten d i e K i n d e r , dort w u r d e so m a n c h e r gute G e d a n k e gedacht.

W e n n i c h jetzt meine L i n d e n b i l d e r ansehe, die i c h v o r J a h r e n gemacht habe, nicht ahnend, w a s sie m i r einst i n der Fremde sein w ü r d e n , so i s t es wieder d i e A t m o s p h ä r e des Friedens und der Geborgenheit, d i e a n d i e Tiefen d e r Seele r ü h r t — n i c h t n u r d e r m e i n e n . I c h glaube, d a ß diese L i n d e n selbst d u r c h diese B i l d e r so m a n c h e m e n t w u r z e l t e n M e n s c h e n etwas z u sagen haben.

W e n n i c h a n m e i n H e i m a t l a n d i n seiner a u g e n b l i c k l i c h e n L a g e denke, so i s t ganz dicht dabei das Gebet: „ H e r r Gott, ist es m ö g - l i c h , s o s c h ü t z e d u unsere L i n d e n ! " — V e r - steppte Felder lassen s i c h w i e d e r i n K u l t u r b r i n g e n , a u s v e r w ü s t e t e n G ä r t e n l ä ß t s i c h b a l d w i e d e r m i t L i e b e etwas m a c h e n , das zukunfts- freudig w ä c h s t u n d w i r d , z e r s t ö r t e G e b ä u d e l a s s e n / s i c h n e u bauen, selbst e i n z e r s t ö r t e s V a t e r h a u s k a n n i n gewissem Sinne, erfüllt mit der T r a d i t i o n u n d dem G e i s t der V ä t e r , w i e - der ersetzt w e r d e n .

A u c h L i n d e n lassen sich w i e d e r pflan- zen — u n d g e w i ß w ä r e dies eine unserer er- sten T a t e n — , aber Gott g a b i h n e n e i n ande- res Z e i t m a ß als uns M e n s c h e n , u n d w i r w i s - sen, d a ß w i r A b s c h i e d nehmen m ü s s e n , w e n n s i e noch i n ihrer Jagendzeit stehen. A l t e L i n d e n sind n i c h t z u ersetzen. F ü r uns, die w i r jetzt atmen, nicht.

Sie s i n d etwas Kostbares, was w i r v e r l i e r e n u n d wiederzufinden hoffen.

D e m m ä c h t i g e n Brausen d e r S t ü r m e i n d e n alten K r o n e n d e r L i n d e n lauschten w i r schon in unsern K i n d e r b e t t e n . Es gab ab u n d zu e i n - m a l einen M e n s c h e n i m H a u s , der das u n h e i m - l i c h fand: d i e L i n d e n k ö n n t e n w o h l m a l das H a u s zerschlagen. W i r verstanden das nicht.

U n s bedeutete dies Brausen tieiste G e b o r g e n - heit i m V a t e r h a u s und w i r lauschten uns i n Schlaf. U n t e r den L i n d e n spielten w i r K i n d e r i m Sand. U n t e r den L i n d e n fuhr jeder W a g e n

— o h ö c h s t e s K i n d e r g l ü c k — hinaus i n s F e l d oder i n d i e Nachbarschaft u n d z u m z w e i t e n Heimathaus, z u den G r o ß e l t e r n . Unter den L i n - den stand so mancher g a s t l i c h gedeckte Kaffee- tisch, u n d v i e l e , d i e durch unser H a u s gingen, werden n o c h a n diese s o m m e r l i c h e n Stunden denken. U n t e r den L i n d e n stand V a t e r s W i r t - schaftswagen, stand V a t e r s Reitpferd ange- bunden, bis er m i t raschen Schritten a u s dem H a u s kam, um die Pflichten am Schreibtisch mit denen i m Betrieb z u tauschen. U n t e r den L i n d e n baute V a t e r s c h o n m i t seinen B r ü d e r n i n der S c h ü l e r z e i t e i n e Sprungschanze, um b e i besonders begehrenswerten M a h l z e i t e n — Kartoffelflinsen oder dergleichen — s c h n e l l m a l zwischendurch z u springen, damit das Wettessen wieder besser ginge. A u s den W i p - feln :1er L i n d e n gTüßten uns a n einem k l a r e n M ä r z a b e n d die ersten Stare u n d schwatzten i m Herbsc Scharen v o n K r a m m e t s v ö g e l n auf kurzer Rast ihres weiten Fluges. U n t e r d e n L i n d e n lauschten w i r auf das tausendfache

Summen der B i e n e n z u r B l ü t e z e i t . I n den J a h - ren, da w i r „ i m R e i c h " lebten, i n A u s b i l d u n g s - z e i t e n z u m B e i s p i e l , hatten w i r n i e g r ö ß e r e s H e i m w e h , a l s w e n n die L i n d e n b l ü h t e n . N i c h t nur i n G e d a n k e n a n die Tracht d e r B i e n e n . . . Es gab Jahre, da d i e ganze B l ü t e verregnete und es e i n e n sehr s p ü r b a r e n A u s f a l l i n d e r H o n i g e r n t e gab. Das tat uns dann l e i d für M u t - ters K a s s e . Es tat uns a u c h l e i d f ü r die v i e l e n Honigfreunde i n B e r l i n oder sonstwo, die J a h r für J a h r unsere H o n i g s e n d u n g e n bekamen.

A b e r es w a r n o c h etwas anderes: N i e genos- sen w i r so b e w u ß t u n d tief d i e Sommertage unserer H e i m a t a l s z u r Z e i t d e r L i n d e n b l ü t e , j a m a n f ü l l t e s i c h sozusagen i n s o l c h e n T a g e n mit S o m m e r g l ü c k . W e r denkt nicht mehr a n den Z a u b e r unserer S o m m e r n ä c h t e , w e n n die L i n d e n dufteten.

U n d w i e d e r sehe i c h auf meine L i n d e n . A n - ders s c h m ü c k t sie Rauhreif u n d Schnee h i e r - zulande. E s g e h ö r t das K l i r r e n des ostdeut-

Schnee und klirren- der Frost gehören zu unserer ost- preußischen Hei- mat. Auch diese alten Linden haben so manchen W i n -

tersturm daheim überdauert.

Auln.: S. Hoth

sehen Frostes, d i e ostdeutsche W i n t e r l u f t dazu.

U n t e r d e n L i n d e n geleiteten w i r unsere S ä r g e hinaus, u n d die alten B ä u m e breiteten ihre Ä s t e d a r ü b e r w i e ü b e r das spielende K i n d

— „ K o m m e n u n d G e h e n — w i r bleiben, bis auch uns der S c h ö p f e r die Z e i t setzt".

„ J a , w i r sahen auch L i n d e n sterben. U n t e r den a l t e n B ä u m e n brach i m Sturm oder unter der Schneelast s o manches M a l e i n B a u m z u - sammen. Das w a r jedes M a l e i n ganz beson- deres Ereignis. A b e r a m e i n d r u c k s v o l l s t e n e i n - m a l i n einer v o l l k o m m e n s t i l l e n N a c h t . E i n nicht z u beschreibender T o n des K r a c h e n s u n d dumpfen A u f s c h l a g e n s e r k l a n g . D a n n w a r w i e - der Totenstille. „ E i n e L i n d e " , das w a r uns a l l e n k l a r . A b e r w a r u m jetzt — so ohne G r u n d ? G o t t a l l e i n w e i ß es. E r zerbricht Leben, w a n n und w o er w i l l . E r braucht k e i n e n sichtbaren A n l a ß . E r k ü n d i g t seinen W i l l e n nicht v o r h e r a n . — U n d es geschieht z u seiner Stunde.

Es w a r i m O k t o b e r 1944: Tage h ö c h s t e r G e -

fähr, die niemand v o n uns v e r g i ß t . A u f unse- ren H ö f e n und i n unseren H ä u s e r n ein L e b e n u n d T r e i b e n w i e n i e z u v o r . Jeder R a u m m i t M i l i t ä r u n d F l ü c h t l i n g e n aus den G r e n z k r e i s e n belegt. D i e Anforderungen jener Tage drohten N e r v e n - u n d K ö r p e r k r ä f t e z u ü b e r s t e i g e n . T r u p p e n k a m e n und gingen. Es gab solche, die w i r m i t sehr besorgten A u g e n und mit guten W ü n s c h e n weiterziehen sahen, u n d es gab selche, die einen schlechten G e i s t m i t b r a c h - ten, einen T o n , der nicht z u uns und unserm L a n d p a ß t e und nicht z u dem Ernst der Stunde.

Es gab M e n s c h e n , die R i e s e n k r ä f t e und be- wundernswerte Bereitschaft aus s i c h heraus- holten, und so mancher H e i m a t l o s e fand n o c h e i n m a l d e n Schutz eines deutschen Daches und offene H e r z e n für seine N o t — b i s uns dann alle d i e L a n d s t r a ß e aufnahm. A b e r es gab auch M e n s c h e n , die der M a c h t des A l k o - hols nicht gewachsen waren, die s i c h treiben l i e ß e n v o n einem schlechten Geist.

A n e i n e m Sonntag, da besonders v i e l H ä ß - liches uns umgeben hatte, da es nirgends mehr Stille und A u s w e i c h e n gab, k a m p l ö t z - l i c h mitten zwischen den V i e l e n , die w o l l t e n und forderten und k l a g t e n und fragten, meine Schwester rasch z u m i r : „ K o m m , w i r gehen s c h n e l l e i n paar M i n u t e n z u unseren L i n d e n " . W i r gingen hinaus. M ä c h t i g tobte der Sturm durch die a l t e n B ä u m e . A b e r für unsere H e r - zen bedeutete dieses Brausen Stille — tiefe S t i l l e . Lange standen w i r d a .

„ I h r L i n d e n saht Gutes und H ä ß l i c h e s durch v i e l e hundert J a h r e . Ihr werdet v i e l l e i c h t n o c h v i e l L e i d und N o t unserer Z e i t m i t e r l e b e n . A b e r ihr werdet — g ä b e es G o t t — auch w i e - der unsere K i n d e r spielen sehen. V i e l l e i c h t s e i d i h r dem S c h ö p f e r n ä h e r als w i r M e n s c h e n , nehmt leichter aus seiner H a n d Sturm u n d S t i l l e , Schneelast u n d H i t z e , B l ü h e n u n d Z e r - brechen. E u c h fällt es v i e l l e i c h t leichter, S c h i r m u n d Schutz z u s e i n für alles Lebep, das E u c h sucht, u n d z u rauschen u n d z u schweigen ü b e r a l l e m Bösen, das i h r seht u n d das euch doch nicht b e r ü h r t . Ihr bleibt unver- ä n d e r t die alten L i n d e n . Laßt uns lernen v o n euch!" „ U n d g i b H e r r , d a ß w i r und unsre H ä u -

ser a u c h i m Strudel alles dessen, was uns um- gibt, bleiben, was w i r w a r e n — gibt, d a ß w i r auch i n Zukunft, i n allem, was d u uns vorbe- halten hast — bleiben, w i e d u uns schufst, a l s ein S t ü c k unserer Heimaterde."

Ilm iit Mttmmit im ptegeltol / Von Carla v. Bassewitz

T T m diese Zeit liegt unser liebes H e i m a t l a n d

^ tief i m Schnee begraben — m i t d i c k e n w e i ß e n M ü t z e n auf D ä c h e r n , Z a u n p f ä h l e n u n d Tannen, m i t zartem Reif auf D r ä h t e n und Z w e i - gen — m i t E i s s c h o l l e n auf den F l ü s s e n .

Die Chausseen w e r d e n m i t g r o ß e n Schnee- p f l ü g e n des K r e i s e s g e r ä u m t , jeder Besitzer m u ß seinen F e l d w e g mit Pferden „ d u r c h f a h r e n " u n d stellenweise mit d e r H a n d nachschaufeln. A u s B r ü c h e n u n d W ä l d e r n w i r d das gehauene H o l z und Strauch mit O c h s e n s c h l i t t e n g e r ü c k t , da die empfindlicheren e d e l e n Pferde es nicht mehr schaffen.

U n d nicht zuletzt steigt i n uns a l l e n , die w i r unsere H ä u s e r u n d H ö f e i m O s t e n l i e ß e n , a m Pregel, a n der Deime, a n M e m e l u n d R u ß u n d an der A n g e r a p p — auch die E r i n n e r u n g auf a n unsere Schlittenfahrten zur K i r c h e .

A m P r e g e l liegt unser Haus, am P r e g e l liegt auch d i e K i r c h e . O b heute n o c h — das k a n n uns n i e m a n d ganz genau sagen. F ü r uns aber s i n d s i e — und s e i es auch n u r i n unseren H e r z e n . D a stehen s i e u n v e r r ü c k b a r fest, a l s k ö n n t e n w i r sie m i t H ä n d e n greifen . . .

In O s t p r e u ß e n , dem sparsamen und d u r c h die K r i e g e a l l e r J a h r h u n d e r t e z e r s t ö r t e n u n d i m m e r wieder z u r B l ü t e gekommenen Lande, w a r es Sitte, d a ß d i e W e i h n a c h t s b a u m l i c h t e r i n d e n K i r c h e n n u r zur C h r i s t v e s p e r und am A l t j a h r s - abend brannten. D a es i n H ä u s e r n m i t v i e l e n k l e i n e n K i n d e r n für die Bescherung zu s p ä t ge- w o r d e n w ä r e , w o l l t e m a n v o r h e r noch die w e i t e Fahrt zur C h r i s t v e s p e r machen, 6ahen w i r also nur einmal i m Jahr, z u Silvester, unsere ehr- w ü r d i g e alte O r d e n s k i r c h e b e i K e r z e n b e l e u c h - tung — w i e zur Z e i t i h r e r E r r i c h t u n g v o r fünf- hundert J a h r e n .

G r o ß e F a m i l i e n w u r d e n i n z w e i Schlitten ver- packt. A l l e K i n d e r hatten N a c k t p e l z c h e n a u * eigenen S c h a f l ä m m e r n a n . In a l l e n G r ö ß e n waren sie vorhanden, so d a ß immer das n ä c h s t e K i n d h i n e i n w u c h s , w e n n e i n ä l t e r e s z u g r o ß wurde. A u s m ä c h t i g e n F u ß s ä c k e n sahen n u r A r m e u n d Schultern hervor, dazu W o l l s c h a l s um N a s e u n d K i n n gewickelt, doppelt gestrickte

„ F a u s t k e s " s a ß e n a n den H ä n d e n — Hasenpelz- m ü t z e n mit O h r e n k l a p p e n auf dem K o p f was konnte d a n o c h passieren! K e i n e s w e g s war diese A u s r ü s t u n g i n unserem Lande l u x u - riös. J e d e r k l e i n e Besitzer und s e h r v i e l e L a n d - arbeiter h i e l t e n Schafe und trugen eigengewach- sene Pelze.

So versehen, i m K l a n g d e r verschiedenen S c h l i t t e n g l o c k e n , der g r o ß e n , tiefen der elter- l i c h e n „ F u h r e " und der h e l l e r e n z i e r l i c h e r e n des k l e i n e r e n S c h l i t t e n » , w e l c h e schon der ä l t e s t e J u n g e fahren m u ß t e , g i n g es zuerst i n der aus- gefahrenen Spur d e r baumbestandenen F e l d - wege auf die H ö h e a m Pregeltal z u . A n m a n - chen Stellen w a r e n die S c h n e e w ä l l e z u beiden Seiten noch e i n m a l so h o c h w i e Pferde u n d Fahrzeuge. W i r bewegten uns w i e i n einer tiefen S c h l u c h t v o n b l ä u l i c h e m Schnee, ü b e r uns das G i t t e r w e r k der k a h l e n Ä s t e gegen den d u n - k e l b l a u e n N a c h t h i m m e l .

Die Chaussee w a r vereist und spiegelglatt — w e n n die K r e i s v e r w a l t u n g auch noch so s c h n e l l für Sandstreuen sorgte. D a h i e ß es aufpassen.

Z w a r w a r e n i n O s t p r e u ß e n i m W i n t e r alle Pferde o r d n u n g s g e m ä ß „ s c h a r f gemacht", d. h . Stollen in die Eisen geschraubt. Sie m u ß t e n aber fest am Z ü g e l gehalten w e r d e n u n d auch w i e d e r w e i c h „ w i e a m G u m m i b a n d " , damit sie nicht fielen.

N u r w e n i g e Fahrzeuge ü b e r h o l t e n u n s — meist auch „ K i r c h e n f u h r e n " aus d e r N a c h b a r - schaft, mehrere vermummte F u ß g ä n g e r m i t L a - ternen u n d d i c k e n S t ö c k e n wanderten a m Chausseerand dem g l e i c h e n Z i e l e zu. A u s den D ö r f e r n und H ö f e n i n der D u n k e l h e i t blitzte hie W e n n w i r d i e H ö h e erreicht hatten, öffnete sich das Pregeltal w e i t den B l i c k e n . L i n k s tief unten w a n d sich d u n k e l durch, das helle Schnee- h ü g e l f e l d d e r Ufer unser P r e g e l f l u ß i n einer Baumgruppe l a g etwas e r h ö h t die K i r c h e mit d e n schmalen erleuchteten Spitzbogenfen- stern — d a r ü b e r spannte s i c h weit, v o n keiner- lei Ä s t e n mehr verborgen, der H i m m e l v o l l e r Sterne!

B e r ü h m t e M a l e r haben solchen A n b l i c k oft i m Bilde festgehalten, w e i h n a c h t l i c h e n G l ü c k w ü n - schen diente er als V o r b i l d —- aber nichts ü b e r - trifft d i e G e w a l t und F e i e r l i c h k e i t dieses A n - b l i c k s i n der W i r k l i c h k e i t . U n d n u n fingen d i e beiden G l o c k e n der K i r c h e a n z u l ä u t e n . E s w a r e n z w e i G l o c k e n — trotz A r m u t und Spar- samkeit des v o n K r i e g e n heimgesuchten Landes

— z w e i ! D e r tiefe u n d der helle T o n s c h w a n g e n sich z u uns herauf durch d i e klare W i n t e r l u f t und s c h w o l l e n g e w a l t i g an, a l s w i r durch d a s S ä u l e n p o r t a l den d ä m m r i g e n R a u m betraten.-

Jedes K i n d hatte e i n K e r z c h e n mit, das m i t einem W a c h s t r o p f e n auf d e r Banklehne festge- klebt w u r d e und mit den L i c h t e r n an den beiden schlanken T a n n e n rechts und l i n k s v o m A l t a r und a n den a l t e r t ü m l i c h e n M e s s i n g l e u c h t e r n der W ä n d e die K i r c h e mit i h r e n geschnitzten S t ä n d e n und bunten F r e s k e n i n e i n weiches, far- biges Licht tauchte.

D a n n brausten M e i s t e r Bachs F u g e n v o n der O r g e l , w i r sangen die alten L i e d e r — die Pre- digt k a m und die L i t u r g i e , die w i r nirgend i n Deutschland wieder i n derselben Form g e h ö r t haben a l s b e i uns: „ . . . H e r r , erbarme D i c h , n i m m d i c h unser aller g n ä d i g an, rette und be- wahre uns, denn D e i n ist das R e i c h u n d d i e Kraft und die H e r r l i c h k e i t ! "

D a n n verflackerten d i e L i c h t c h e n auf d e n B ä n k e n u n d unter d e n K l ä n g e n der letzten Bachschen Fuge e n t l i e ß uns d i e eisenbeschla- gene T ü r ins Schneelicht d e r Silvesternacht.

— U n d w e n n D u uns das nicht wiedergeben wolltest, H e r r Gott, d a ß nach der H e i m k e h r aus der K i r c h e , zu der schon unsere V o r v ä t e r ge- h ö r t e n , e i n geliebtes altes Haus, w a r m und er- leuchtet, uns i n seine s c h ü t z e n d e n A r m e nimmt

so gib uns doch das wieder, was w i r mit der H e i m a t zusammen v e r l o r e n : geborgen und geliebt sein, A r b e i t , V e r a n t w o r t u n g u n d N o t - w e n d i g s e i n für v i e l e so d a ß w i r D i r a n einem solchen Silvesterabend einmal w i e d e r danken d ü r f e n für ein a u s g e f ü l l t e s , gesegnetes Leben, auch i n diesem Lande w i e i n der Heimat . . . Das Unsere w o l l e n w i r dazu tun!

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