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Archiv "Montecatini Terme" (08.06.1984)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

BRIEFE AN DIE REDAKTION

Schlußwort

Aus zahlreichen Gesprä- chen mit Krebskranken müssen wir leider bestäti- gen, daß der von Dr. Wohl- fahrt geschilderte Leidens- weg einer Patientin kein Einzelfall ist. Es kann nicht von jedem Arzt erwartet werden, daß er das breite Spektrum der Diagnostik und Therapie beherrscht, wohl aber, daß er den Mut hat, seine fachlichen Gren- zen zu erkennen. Daß dies oft nicht geschieht, kann zum einen an dem All- machtsanspruch der Medi- zin liegen, aber auch an der objektiven Schwierig- keit, wirklich wachsam für die in der täglichen Praxis zwar seltener vorkommen- den, aber ernsthafteren Krankheitsfälle zu bleiben.

Dieses Problem scheint nur durch eine fachüber- greifende, offene und kon- kurrenzfreie Zusammenar- beit der Mediziner lösbar zu sein. Darauf sollte be- reits während des Studi- ums und der folgenden Ausbildung verstärkt Wert gelegt werden.

Die von Wohlfahrt ange- sprochene mangelnde Aufklärung der Patientin und ihres Ehemannes ist möglicherweise auf die Unsicherheit der diagnosti- zierenden und behandeln- den Ärzte zurückzuführen.

Mit anderen Worten — auch ein Resultat des Unvermö- gens, die eigenen Unzu- länglichkeiten zuzugeben.

Die Zuschrift sollte zum Anlaß genommen werden, nicht nur über die körper- lichen Folgen der Behand- lung, sondern auch über die damit einhergehenden psychischen Leiden der Patientin und ihres Ehe- mannes nachzudenken.

Dr. med. Jan Blumenstock Karlheinz Ortmann

Freie Universität Berlin Institut für Soziale Medizin Thieleallee 47

1000 Berlin 33

KASPAR HAUSER Zu dem Artikel „Kaspar Hau- ser und sein Schlüssel", von Dr. med. Günter Hesse in Heft 6/1984:

„Kind von Europa"

... Die Epilepsie-Theorie ist nur deswegen so unbe- friedigend, weil sie weder den Mordversuch 1829 noch den Mord 1833 erklä- ren kann. (Das neueste Gutachten zum Obduk- tionsprotokoll von Prof.

Schmidt, Heidelberg, Lei- ter des Instituts für Rechts- medizin, spricht eindeutig von Fremdeinwirkung, auf-

grund des Stichkanals und anderer Merkmale). ... Im übrigen hat keiner der be- handelnden Ärzte Hausers, und andere fachgebildete Augenzeugen, jemals auch nur eine Andeutung ge- macht, Kaspar Hauser könnte an der Epilepsie er- krankt sein.

Natürlich war Kaspar Hau- ser reizbar, nachdem er nach vielen Jahren absolu- ter Stille und Einsamkeit plötzlich einem nicht auf- hören wollenden Besu- cherstrom ausgesetzt war, der von früh bis spät an ihn heranredete und alles mögliche von ihm wissen

wollte. Hesse stützt seine These im wesentlichen auf die Devotionalien, die K.

Hauser bei sich trug, und deutet sie alle als Abwehr- zauber gegen Epilepsie.

Kein Zweifel, daß viele die- ser Mitbringsel gegen Krankheit oder böse Gei- ster gut sein können oder nach dem Verständnis der damaligen Zeit doch gut waren. Wie, wenn nun alle diese Dinge beigefügt wor- den sind, um die Entdek- ker des Knaben irre zu füh- ren? Bei dem Begleitbrief ist ganz sicher, daß er den Empfänger in die Irre füh- ren sollte. Er ist in einer pseudo-ungebildeten Dik- tion abgefaßt, so daß der Empfänger den Eindruck haben sollte, hier schreibt ein einfacher Mann aus dem Volk, der um Fürsorge für den armen Findling bit- tet.

Ganz abstrus ist aber nun die Hessesche Deutung der Hauserschen Herkunft.

Er möchte ihn nach Öster- reich verlegen, dort sei ein Kaspar H ... in Ratten- berg in Tirol geimpft wor- den. Als Beleg hat Herr Hesse ein Impfregister fo- tokopiert, aus dem nichts weiter hervorgeht, als daß in Rattenberg ein Mensch namens Kaspar geimpft wurde, dessen Nachname mit H. anfängt. Den Rest des Nachnamens hat Herr Hesse ausgestrichen mit der Begründung, es han- delt sich um eine noch le- bende Familie: Entweder heißt die Familie Hauser, denn alles andere wäre Unsinn, oder sie heißt nicht so, dann wäre das Aus- streichen zwar sinnvoll, im Sinne des Datenschutzes;

würde aber gerade nicht als Beleg dienen, daß der Nachname Hauser heißt.

Empfehlenswert, dem nun vielleicht gänzlich verwirr- ten Leser, ist das Buch von Johannes Mayer und Peter Todowsky: „Kaspar Hau- ser, das Kind von Europa", Verlag Urachhaus. Hier werden keine neuen Spe- kulationen angestellt, son-

Montecatini Terme

Der XVIII. Internationale Fortbildungskongreß der Bundesärztekammer und der Österreichischen Ärztekammer findet in Montecatini Terme statt vom

s. 17. bis zum 29. Juni 1984.

-bas Programm umfaßt Seminare aus den folgen- den Gebieten:

1. Kongreßwoche

HNO, Manuelle Medizin (I), Sonographie, Kreislauf

— Training — Sport, Schilddrüse, Rechtsmedizin, Balint, Dermatologie, Kinder- und Jugendpsychia- trie, Labor, Sportmedizin, Pädiatrie, Medizinge- schichte (einschl. medizinhistorischer Exkursion nach Pisa), Berufspolitik, Sportpraxis — Aktive Übungen.

2. Kongreßwoche

Pharmakologie, Gynäkologie/Familienplanung, Kardiologie, Autogenes Training, Angiologie, Ga- stroenterologie, Manuelle Medizin (II), Hämatolo- gie-Onkologie, Psychiatrie, Katastrophen- und Not- fallmedizin, Medizin und Kulturgeschichte.

Außerdem in beiden Wochen: Besichtigungen der Bädereinrichtungen mit praktischen Vorführungen der Thermaltherapie, Vorführungen wissenschaft- licher Filme.

Programm-Einzelheiten und Hotelliste fordern Sie bitte an beim

Kongreßbüro der Bundesärztekammer Postfach 41 02 20

5000 Köln 41

Telefon: (02 21) 38 03 96

Hotelreservationen und Einzahlungen der Teilnahmegebühr sind auch im örtlichen Kongreßbüro in Montecatini Terme noch möglich!

1830 (10) Heft 23 vom 8. Juni 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

BRIEFE AN DIE REDAKTION

dern das Leben Kaspar Hausers wird im „Bild"

durch das anschaubar ge- macht, was belegbar ist.

Ein Versuch, der in der um- fangreichen Kaspar-Hau- ser-Literatur bisher noch nicht unternommen wur- de. Natürlich ist die Frage nach Herkunft und Schick- sal des geheimnisvollen Nürnberger Findlings auch heute, 150 Jahre nach sei- ner Ermordung, auch mit diesem Buch noch nicht gelöst.

Es bleibt weiter die Frage, warum Kaspar Hauser in die Geschichte eingegan- gen ist, obwohl er keine hi- storischen Taten voll- bracht und kein künstleri- sches Werk hinterlassen hat. Warum erregte er schon zu Lebzeiten solche Aufmerksamkeit, daß sich nicht nur weite Volkskrei- se, sondern auch die regie- renden Häuser für ihn in- teressierten, ja, daß er bin- nen kurzem das „Kind von Europa" genannt wurde und die Forderung erho- ben wurde, Feuerbach müsse laut „vor ganz Euro- pa über ihn sprechen"? All diese Fragen werden von dem Hesseschen Lösungs- versuch nicht einmal be- rührt oder als „katathyme Legendenbildung" denun- ziert.

Dr. med. W. Knipping Hofgut Fischermühle 7463 Rosenfeld 1

HENRI DUNANT

Frage an jene Ärzte, die sich der Katastrophenmedizin ver- weigern:

Kriegstreiber?

War Henri Dunant Kriegs- treiber (und hat den Frie- densnobelpreis am Ende zu Unrecht erhalten?)

Prof. Dr. med. H. Fischer Heinlenstraße 28

7400 Tübingen

VERORDNUNGEN

Zu dem Artikel „Pillenstürmer machen Patienten unsicher und mißtrauisch" und „Ge- fährliche Folgen", in Heft 16/1984, Seite 1243 ff.:

Standesunwürdig

Es ist unwissenschaftlich und unstatthaft, Ergebnis- se einer Umfrage an einem unausgewählten Kollektiv nicht (allenfalls mit Ein- schränkung) durch Hoch- rechnung zu generalisie- ren, sondern auf die Ange- hörigen des Kollektivs zu personalisieren. Das Kol- lektiv wird dann nicht mehr als Beispiel allgemeinen Handelns angesehen, son- dern über seine Einzelper- sonen kriminalisiert. So wird falsches Handeln un- ter den Teppich gefegt.

Es ist die Methode des Ver- tuschens, die stets zum Gesichtsverlust des Betrof- fenen und zu neuem Halali gegen ihn führt. Sie ist standesunwürdig und nicht redlich. Sie setzt den, der sie anwendet, wie auch den, zu dessen Rechtferti- gung sie angewandt wird - das ist die Ärzteschaft - ins Unrecht. Sie nimmt einem die Möglichkeit, sich zu di- stanzieren und zu verteidi- gen. Wenn von 50 von der Zeitschrift „Stern" nach dem Zufallsprinzip befrag- ten Ärzten 37 (= etwa 70 Prozent) berufs- und stan- deswidrige Verschreibun- gen ausstellen, sind das von möglicherweise 50.000 Ärzten der in Frage kom- menden Fachgebiete etwa 35.000 Ärzte. Es zeugt von Schwachdenken, zu glau- ben, jemand würde vermu- ten, die vom Stern befrag- ten 37 Verschreiber seien die einzigen, die so han- deln und sie stünden nicht repräsentativ für 70 Pro- zent der anderen Ärzte.

Die Hochrechnung und da- durch ans Licht gekomme- nes Fehlhandeln anerken- nen, und dann entspre- chende Maßnahmen tref-

fen, heißt den Patienten stabilisieren. Er weiß dann, daß jemand hinter ihm steht. Nichts schafft so viel Anerkennung, als als freie Persönlichkeit falsches Handeln zuzugeben und daraus Konsequenzen zu ziehen. Nichts bringt Pa- tienten mehr auf, wie das Abstreiten und Wegdisku- tieren begangener Fehler.

Mit Recht wird das als Per- sönlichkeits- und Charak- terschwäche und als Un- wahrhaftigkeit angesehen.

Daß solche Grundlagen standeswürdigen Han- delns immer noch nicht in die Köpfe der Hierarchie eingegangen sind, ist be- denklich. Niemand wird doch wohl bestreiten, daß es in der Bundesrepublik mehr als eine halbe Million

Arzneimittelabhängiger und-Mißbraucher gibt und daß die Mehrzahl von ih- nen ihre Rolle nicht allein, sondern aus den Ver-

schreibungsmodalitäten behandelnder Ärzte gefun- den haben.

Sollten die Berufsverbän- de das noch nicht gewußt haben, ist es höchste Zeit, daß sie sich mit diesem Problem beschäftigen. Der Unterzeichnende ist gerne bereit, auszuhelfen und Adressen zur Fortbildung zu benennen.

Dr. med.

Hanswilhelm Beil Volksdorfer Damm 34 2000 Hamburg 67

Unsachliche Kritik

Minister Farthmann neigt dazu, ärztliche Tätigkeit unsachlich zu kritisieren und dadurch in der Öffent- lichkeit Unruhe zu stiften.

So hat er am 19. Dezember 1975 laut dpa (Die Welt, Nr.

196; 20. Dezember 1975) verkündet, daß in Nord- rhein-Westfalen ca. 20 Pro- zent der Drogensüchtigen infolge ärztlicher Ver- schreibungen süchtig ge- worden sind. - Aufgrund

BLÜTENLESE

Diffusion

Der Mensch ist nicht so, wie er ist; nur, wenn er lange so ist, wie er nicht ist, ist er schließlich so, wie er nicht ist,

eigener, über 12jähriger.

nervernärztlicher Erfah- rung in unmittelbarem Um- gang (Behandlung und Be- gutachtung) mit Fixern kann nur bestätigt werden, daß der Drogensüchtigkeit junger Leute eine Aus- weich- bzw. Fluchtreaktion bei schon Jahre vorher be- stehender Persönlichkeits- fehlhaltung, bzw. Fehlent- wicklung zugrunde liegt.

Sie ist heute - einschließ- lich der Ostblockländer - ein weltweites Problem.

Erfahrungsgemäß sind die Einstiegsdrogen in die Drogensucht Haschisch oder Alkohol. In letzter Zeit erfolgt der Beginn der Dro- gensucht oft schon unmit- telbar mit Heroin. Die sei- nerzeitigen Äußerungen von Minister Farthmann, daß eine unkritische ärzt- liche Verschreibungstätig- keit in ca. 20 Prozent der Fälle zur Drogensucht jun- ger Leute geführt haben soll, beruht entweder aul seiner Unkenntnis der Hin- tergrundsituation der Dro- gensüchtigkeit oder auf seiner Verwechslung von Ursache und Folgeerschei- nung: daß nämlich - vor Jahren noch erfolgreicher als heute - Drogensüchti- ge durch Vortäuschung akuter Krankheitserschei- nungen immer wieder ver- suchen, sich Medikamente auf ärztliche Verschrei- bung hin zu erschleichen.

ist nicht Ursache, sondern Folgeerscheinung der schon bestehenden Sucht.

Dr. Nikolaus Wolf Weimarer Straße 11 7809 Denzlingen

1832 (12) Heft 23 vom 8. Juni 1984 81. Jahrgang Ausgabe A

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