Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
AUSSPRACHE
In Tabelle 6 des genannten Artikels sind Paraneoplasien aufgelistet mit der Legende: „Paraneoplastische Syndrome bei Bronchialkarzinom, auf die der praktische Arzt achten sollte." Ohne jetzt auf die einzelnen erwähnten paraneoplastischen Syn- drome eingehen zu wollen, sollte bei einer solchen Auflistung eine gewis- se Wertung erfolgen.
Dies wäre in dem vorliegenden Arti- kel z. B. dadurch möglich gewesen, wenn die Autoren die lnzidenz der aufgeführten Syndrome in ihrem ausgedehnten Patientengut mit Bronchialkarzinomen im Verlaufe von ein oder zwei Jahren vorgenom- men hätten.
Die Tabelle sähe dann sicher anders aus, und vielleicht wäre neben ei- nem größeren Fortbildungseffekt auch die mangelnde Unterschei- dung zwischen Syndrom und Sym- ptom verständlich geworden.
Man sollte auch darauf hinweisen, daß die aufgezählten Syndrome eine Veränderung in der Symptomatik aufweisen, die durch den Tumor be- dingt ist: So fällt dem Arzt die Hyper- kalzämie in der Regel weniger durch Polyurie, Polydipsie, Inappetenz, Erbrechen, Obstipation, Verstim- mungen und Nierensteine auf als durch Somnolenz bis hin zum Koma, das gerade bei diesen Patienten oft falsch interpretiert wird, Aber auch hier (wie aber auch bei Hyperpig- mentation, Gynäkomastie usw.) soll- te man fragen, wie oft diese Sympto- me bei solchen Patienten mit Bron- chialkarzinomen gefunden worden sind. Einige dieser Symptome dürf- ten die wenigsten von uns in diesem Zusammenhang je gesehen haben.
Nicht richtig ist darüber hinaus die mitgegebene Symptomatik des Cushing-Syndroms bei Patienten mit Bronchialkarzinom. Diese Pa- tienten haben als paraneoplasti- sches Syndrom im Tumor eine Syn- these von ACTH-ähnlichen Pepti- den, die zu einer Stimulation der Ne- bennierenrinde und zur Erhöhung des Cortisols führen (1, 4). Die Sym- ptomatik dieser Form des Cushing- Syndroms („ektopisches ACTH-Syn- drom" genannt) entspricht jedoch fast nie (Ausnahme: benigne Tu- moren mit sehr langem Verlauf) der, die man beim üblichen Cushing- Syndrom findet.
Beim ektopischen ACTH-Syndrom sieht man in der Regel kein „Mond- gesicht, keine Stammfettsucht und keine Striae rubrae", sondern als Kardinalsymptome: Hypokaliämie, neu aufgetretener Diabetes mellitus, Ödeme, arterielle Hypertonie und Muskelatrophie (1).
Wenn man eine Aufteilung der soge- nannten paraneoplastischen Syn- drome nach Häufigkeit vornehmen würde, müßte das ektopische ACTH- Syndrom ganz oben stehen (2), denn praktisch alle Lungentumoren ent- halten ACTH-ähnliche Peptide (3, 4, 5). Nur gelangen diese in sehr unter- schiedlichem Ausmaß, zu unter- schiedlichen Episoden und in sehr unterschiedlichen Konzentrationen ins Blut, so daß die Klinik sehr va- riabel ist. Trotzdem ist das ektopi- sche ACTH-Syndrom beim Bron- chialkarzinom so häufig, daß beson- ders hier der Lehrsatz von Liddle (2) seine Gültigkeit hat: „If one sees hy- percortisolism, he should look for a tumor; if one sees a tumor, he should look for hypercortisolism."
Literatur
(1) Kley, H. K.: Das ektopische ACTH-Syndrom, Internist. Welt 3 (1980) 81-87 — (2) Liddle, G.
W.; Nicholson, W. E.; Island, D. P.; Orth, D.;
Abe, K.; Lowder, S. C.: Clinical and laboratory studies of ectopic humoral syndromes, Rec.
Progr. Norm. Res 25 (1969) 283-314 — (3) Rat- cliff, J. G.; Knight, R. A.; Besser, G. M.; Landon, J.; Stansfield, G. A.: Tumor and plasma ACTH concentrations in patients with and without the ectopic ACTH syndrome, Clin. endocr. 1 (1972) 27-44 — (4) Rees, L. H.; Holdaway, I. M.;
Phenekos, C.; Besser, G. M.; Landon, J.: ACTH secretion and clinical investigation, in: Fran- chimont, P. (ed.): Some aspects of hy- pothalamic regulation of endocrine functions, Symp. Med. Hoechst 7, Schattauer, Stuttgart (1973) - (5) Rees, L. H.; Ratcliff, J. G.; Ectopic hormone production by non-endocrine tumours, Clin. endocr. 3 (1974) 263-299
Professor Dr. med. H. K. Kley Arzt für innere Medizin
Medizinische Klinik und Poliklinik der Universität Düsseldorf Moorenstraße 5
4000 Düsseldorf
Schlußwort
In einem Beitrag zur Nachsorge beim Bronchialkarzinom muß der Schwerpunkt in der Darstellung der Folgen der primären Therapie sowie der Symptome eines möglichen Re- zidivs liegen. Zusätzlich ist das Bronchialkarzinom durch eine Viel- falt paraneoplastischer Syndrome und Symptome gekennzeichnet. Sie stehen jedoch hinter der primären Symptomatik dieses Tumors deut- lich zurück. Aus diesem Grund war unter Berücksichtigung einer straf- fen und übersichtlichen Darstellung der Nachsorge beim Bronchialkarzi- nom eine ausreichende Würdigung der paraneoplastischen Syndrome leider nicht möglich. Mit der Erwäh- nung dieser in ihrer Pathophysiolo- gie außerordentlich interessanten Veränderungen in Form einer Tabel- le sollte lediglich das Interesse des Lesers für diesen Aspekt des Bron- chialkarzinoms geweckt werden.
Wir stimmen Herrn Kollegen Kley zu, daß unter den Paraneoplasien das ektopische ACTH-Syndrom führt.
Man findet bei der routinemäßigen Untersuchung häufig einen erhöh- ten ACTH-Spiegel im Serum der Pa- tienten. Die in den letzten Jahren zum Ausschluß von Metastasen im
Nachsorge
bei Bronchialkarzinom
Zum Beitrag von Professor Dr. med. Peter Drings, Dr. med. Helmut Lüllig, Dr. med. Hans-Georg Manke und Professor Dr. med. Vogt- Moykopf in Heft 10 (1982), Ausgabe A/B, Seite 39 bis 47
Ausgabe B DEUTSCHES ARZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 34 vom 27. August 1982 35
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AUSSPRACHE
Perimyokarditis
Zu dem Beitrag von Dr. med.
Wolfgang Schneider und Profes- sor Dr. med. Martin Kaltenbach
in Heft 12/1982, AusgabeA/B, Seite 33-44
In ihrem Beitrag wiesen Schneider und Kaltenbach zu Recht darauf hin, daß ein ätiologischer Nachweis ei- ner Perimyokarditis häufig nicht zu führen ist, in der Regel aber ein Virusinfekt der Symptomatik der Pa- tienten zugrunde liegen dürfte. Wäh- rend die klinische, virologische und elektrokardiographische Diagnostik von den Autoren präzise und aus- führlich beschrieben wurde, sind neuere immunologische Untersu- chungen zur Pathogenese von Peri- myokarditiden zu diesem aktuellen Thema leider nicht enthalten, da nur Literaturhinweise bis 1976 in der Übersichtsarbeit berücksichtigt wur- den. Untersuchungen über entzünd- liche Vorgänge unterschiedlichster Organe sind heute aber ohne eine Analyse immunologischer Effektor- mechanismen nicht mehr vor- stellbar.
Auch Myokard- und Perikardentzün- dungen machen hier keine Ausnah- me. Bei tierexperimentellen Coxsak- kie-B-Myokarditiden konnte dies Woodruf (1980) für zelluläre zytoto- xische Reaktionen, für die Viruskar- ditis des Menschen nach Coxsackie B-Infektionen, unsere immunologi- sche Arbeitsgruppe (Maisch et al., 1981, J. Immunol. Methods 44 [1981]
159-169; Med. Klinik 77 [1982]
114-118) nachweisen.
Ein wesentliches pathogenetisches Prinzip der Virusmyokarditis dürften deshalb zytolytische Antikörper ge- gen das Myolemm (innere sarkolem- male Membran) sein, die mit viralen Determinanten kreuzreagieren kön- nen. Diese Antikörper treten bereits 2 bis 3 Wochen nach Beginn der Allgemeinsymptome bei viralen In- fekten auf und sind auch bei post- myokarditischen dilatativen Herzer- krankungen im Serum und in der Myokardbiopsie gebunden ans auto-
loge Herzmuskelgewebe nachweis- bar. Deshalb dürfte die sekundäre Immunpathogenese, z. B. nach vor- ausgegangenem Virusinfekt, das pa- thogenetische Prinzip zahlreicher Perirnyokarditiden sein.
Professor Dr. med. K. Kochsiek Dr. med. habil. B. Maisch Medizinische Universitätsklinik Würzburg
Luitpoldkrankenhaus Josef-Schneider-Straße 2
Schlu ßwort
Die Suche nach Antikörpern gegen Herzmuskelgewebe beziehungswei- se bestimmte Gewebsanteile kann auch bei Perikarditiden und Myokar- ditiden durchgeführt werden. Man hofft damit Hinweise auf pathogene- tische Mechanismen zu gewinnen.
Bislang ist jedoch der Wert dieser Untersuchungen für eine breite kli- nische Anwendung nicht eindeutig zu beurteilen. Während z. B. bei Pa- tienten mit typischer klinischer Sym- ptomatik und positiven virologi- schen Befunden (KBR) in der Mehr- zahl auch Autoantikörper gegen Herzmuskelgewebe, zum Teil jedoch in niedrigen Titerstufen gefunden werden, ist bei der großen Zahl der differentialdiagnostisch problemati- schen Fälle, bei denen virologische Untersuchungen keinen eindeutigen Befund ergaben, wesentlich seltener mit positiven Autoimmunphänome- nen zu rechnen. Bei fehlendem Nachweis einer Autoantikörperreak- tion ist die Diagnose Perimyokarditis nicht auszuschließen. Die klinisch wichtige Frage, nämlich die nach Spezifität und Sensitivität sowie Re- produzierbarkeit dieses diagnosti- schen Verfahrens, ist für die erwähn- ten immunologischen Tests noch nicht beantwortet.
Dr. med. Wolfgang Schneider Professor Dr. med.
Martin Kaltenbach
Zentrum der Inneren Medizin Abteilung für Kardiologie der Johann Wolfgang Goethe- Universität
Theodor-Stern-Kai 7 6000 Frankfurt am Main Retroperitonealraum vermehrt ein-
gesetzte Computertomographie die- ser Region ergibt oft den Befund einer Vergrößerung der Nebennie- ren. Wenn diese Veränderungen doppelseitig sind, ist mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß sie Ausdruck der Hyperplasie dieser Organe infolge einer ACTH- Produktion durch den Tumor sind.
Andere paraneoplastische Endokri- nopathien, wie das Hyperkalzämie- syndrom, die Gynäkomastie oder ei- ne Hyperpigmentierung sind we- sentlich seltener. Es sei besonders hervorgehoben, daß eine Hyperkalz- ämie zur Somnolenz führen kann.
Bei bekannten Tumorleiden wird dieses Symptom häufig falsch als Ausdruck einer Hirnmetastasierung interpretiert.
Die Auffassung von Herrn Kollegen Kley, daß die paraneoplastischen Endokrinopathien wegen des ra- schen Wachstums des malignen Tu- mors nicht immer dem typischen Krankheitsbild einer primären Endo- krinopathie gleichen, können wir be- stätigen.
Für die Autoren:
Professor Dr. med. Peter Drings Onkologische Sektion
Krankenhaus Rohrbach Amalienstraße 5 6900 Heidelberg 1
Berichtigung
Klinik der Kollagenosen
Auf der ersten Seite der Arbeit „Kli- nik der Kollagenosen" von Profes- sor Dr. med. Kordt Rehn, Heft 29/
1982, Ausgabe A und B, Seite 29, Ausgabe C, Seite 25, ist eine Fußno- te angebracht, die auf eine einfüh- rende Arbeit von Professor H. P.
Seelig hinweist. In dieser Fußnote ist die Jahreszahl falsch angegeben.
Die zitierte Arbeit ist in Heft 6/1981, Seite 231 ff., veröffentlicht. Wir bit- ten, diesen Fehler zu entschuldi- gen. DÄ
36 Heft 34 vom 27. August 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe B