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Archiv "Gentechnologie: Politischer Autismus" (06.04.1989)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

A

ngeblich den Menschen und seine Umwelt bedro- hende „gentechnische Manipulationen" sind Hirnge- spinste. Das mußte einmal so deutlich gesagt werden. Profes- sor Dr. Wolfgang Forth, Phar- makologe und Toxikologe der Universität München, tat es An- fang März beim Internationalen Fortbildungskongreß der Bun- desärztekammer und der Öster- reichischen Ärztekammer in Badgastein. Aber seine Adressa- ten waren weniger seine ärzt- lichen Zuhörer, sondern eher die Politiker, deren Entschei- dungen über gentechnologische Entwicklungen, so Professor Forth, oft nur aus zu geringem Bildungsstand erklärlich sind.

Es gibt noch keine Möglich- keit, in den genetischen Code des Menschen einzugreifen; al- so: keine Eingriffe in mensch- liche Erbsubstanz, nichts, was unsere Art gefährden könnte.

Politischer Autismus indes ver- zögert die mögliche gentechni-

Gentechnologie

Politischer Autismus

sche Produktion lebenswichtiger Substanzen. Auf diesem Gebiet ist die Bundesrepublik hinter Ja- pan und den USA in Rückstand geraten. Ein Zeitverlust von rund fünf Jahren ist vor allem von den Bundesländern Hessen und Nordrhein-Westfalen zu verantworten.

Dabei ist die gentechnische Produktion keineswegs nur ein modernistischer Trend, sondern weltweit eine bittere Notwendig- keit, wie allein das Beispiel Insu- lin beweist. Ein Kilogramm tie- rischer Bauchspeicheldrüsen gibt ein Gramm Insulin her. Profes- sor Forth errechnete daraus al- lein für die Bundesrepublik

Deutschland einen Verbrauch von drei Millionen Kilo tieri- scher Bauchspeicheldrüsen, um den Jahresbedarf an Insulin zu decken. Aber nicht nur für die Industrieländer ist das Schlacht- vieh als Insulinquelle nicht mehr ausreichend. Auch in der Drit- ten Welt steigt mit verbesserten Lebensbedingungen der Bedarf, weil auch dort der Diabetes zu- nimmt. Ohne zusätzliche Res- sourcen wäre es in Zukunft nicht möglich, das Insulin für die Dia- betiker bereitzustellen.

So, wie der Diabetiker ein Verständnis für seine Krankheit entwickelt, um ihr richtig begeg- nen zu können, so müsse auch der Politiker sich in Fragen der Gentechnologie eine normale Bildung zulegen — so Professor Forths Schlußfolgerung —, um zu verstehen, worüber er entschei- det. Diese Forderung läßt sich ausdehnen auf Beamte, auf Journalisten — und Ärzte, die ih- re naturwissenschaftliche Aus- bildung verleugnen. rh

N

ach einem seit Anfang 1988 anhaltenden publi- zistischen Boom zum Thema „Pflegenotstand" in den 3070 Krankenhäusern hat jetzt die Deutsche Krankenhausge- sellschaft (DKG) die Flucht nach vorne angetreten. Unter dem Druck des abnehmenden Interesses auch Jugendlicher am Pflegedienst, aber eines zugleich steigenden Bedarfs an qualifi- zierten Pflegekräften, hat die DKG den Krankenhäusern jetzt ein ganzes Bündel von Maßnah- men zur Verbesserung der Ar- beitsbedingungen des Personals empfohlen.

Tatsache ist: Heute beträgt die durchschnittliche Berufsver- weildauer hoch qualifizierter Pflegekräfte, vor allem von Krankenschwestern, nur noch fünf bis sieben Jahre (mit abneh- mender Tendenz). Unter dem Gerede über den „Pflegenot- stand" hat auch die Attraktivität des Krankenhauses als Dauer- Arbeitsplatz gelitten. Ständige Überforderung veranlaßt viele

Krankenhäuser

Die Flucht nach vorne

Krankenpflegekräfte dazu, in andere Berufszweige zu wech- seln. Ohnehin datieren die Per- sonalanhaltszahlen auf längst überholten Parametern von an- no 1969. Dies alles mußte Rück- wirkungen auf das Berufsbild der Krankenpflege haben.

Parallel zu den Tarifver- handlungen im öffentlichen Dienst und nach Abschluß einer vom Bundesarbeitsministerium veranstalteten „Pflegekonfe- renz" (am 15. Dezember 1988) hat die Krankenhausgesellschaft nun die Krankenkassen aufge- fordert, auf der Grundlage eines zeitgemäßen Konzepts unver- züglich die gemeinsamen Emp- fehlungen zur Bemessung des

Personalbedarfs im pflegerischen Dienst zu vereinbaren (gemäß

§ 19 KHG). Es müßten, so die DKG, zunächst die Anhaltszah- len von 1969 durch Maßstäbe abgelöst werden, die den medizi- nischen Fortschritt und die er- brachten Leistungen berücksich- tigen (bei weiter reduzierter ta- riflicher Arbeitszeit).

Mit der Vorlage eines Ver- handlungskonzeptes an die Kas- sen hat die DKG am 7. März 1989 die in § 19 Abs. 2 des Kran- kenhaus-Finanzierungsgesetzes vorgesehene Jahresfrist in Gang gesetzt, bei deren möglichem Scheitern die Bundesregierung am Zuge wäre, um selbst per Rechtsverordnung Maßstäbe über die Personalbemessung zu erlassen (mit Zustimmung des Bundesrates).

Die mehr als 85 000 Klinik- ärzte, deren Planstellen eben- falls noch an den steinalten An- haltszahlen von 1969 gemessen werden, warten ebenfalls auf ein modernes verbindliches An- haltszahlenkonzept! HC

Dt. Ärztebl. 86, Heft 14, 6. April 1989 (1) A-909

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