• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Arbeitsrecht: Das Urlaubsrecht im Wandel" (19.09.2014)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Arbeitsrecht: Das Urlaubsrecht im Wandel" (19.09.2014)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

ARBEITSRECHT

Das Urlaubsrecht im Wandel

urlaubsansprüche bei dem Arbeitge- ber beantragt und zu Erholungszwe- cken nimmt. Nur ausnahmsweise gilt für den Fall der vorzeitigen Be- endigung des Arbeitsverhältnisses, dass der Erholungsanspruch in Geld abgegolten werden darf. Weiter geht das Gesetz davon aus, dass beste- hende Erholungsurlaubsansprüche verfallen, sofern sie nicht im laufen- den Kalenderjahr genommen wer- den. Nur ausnahmsweise ist eine Übertragung in das Folgejahr mög- lich, sofern eine entsprechende Ver- einbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zustande kommt oder aber wegen bestehender Ar- beitsunfähigkeit der Urlaub im lau- fenden Kalenderjahr nicht mehr genommen werden kann. Auch dies- bezüglich kann zugunsten der Ar- beitnehmer einzelarbeitsvertraglich oder aber durch Tarifverträge abge- wichen werden.

Über die zuvor dargestellte Ent- scheidung des EuGH hinausgehend, gab es in der jüngeren Vergangenheit wesentliche Änderungen in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu der Thematik Urlaub:

Nachdem das BAG davon ausge- gangen war, dass Erholungsurlaub im Fall des krankheitsbedingten Ausscheidens aus dem Arbeitsver- hältnis nicht finanziell abzugelten ist, kam es aufgrund eines Urteils turbedürftigkeit der Rechtsprechung

des BAG bejahte der EuGH den An- spruch der klagenden Witwe.

Die Entscheidung des EuGH macht deutlich, von welchem Wan- del das Arbeitsrecht im Bereich des Urlaubsrechts betroffen ist. Die anderslautende und zeitlich zuvor ergangene Entscheidung des BAG zu dieser Thematik (Urteil vom 20. September 2011, Az.: 9 AZR 416/10) ist damit Rechtsgeschichte.

Recht auf Erholung

Grundsätzlich richtet sich das Recht des Erholungsurlaubs in der Bundes- republik Deutschland nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Das Gesetz regelt Mindestbedingungen für Arbeitnehmer und ist insoweit unabdingbar. Nach dem Gesetz be- trägt der Mindesturlaubsanspruch 24 Werktage. In der Praxis können – da es sich lediglich um Mindestbedin- gungen handelt – Einzelarbeitsver- träge oder Tarifverträge für Arbeit- nehmer günstigere Regelungen vor- sehen. Beispielsweise finden sich solche aus der Sicht der Arbeitneh- mer günstigere Regelungen in § 27 des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäu- sern (TV-Ärzte VKA).

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass der Arbeitnehmer im laufenden Kalenderjahr bestehende Erholungs-

D

as Urlaubsrecht ist einem ste- tigen Wandel unterworfen.

Zuletzt ließ ein Urteil des Europäi- schen Gerichtshofes (EuGH, Az.:

C-118/13) aufhorchen: Unter Kon- terkarierung der bisherigen höchst- richterlichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) urteil- te der EuGH, dass nach dem Tod eines Arbeitnehmers dessen Rest - urlaub nicht verfällt, sondern den Erben in Form einer finanziellen Urlaubsabgeltung als Anspruch zu- steht. Dem Urteil zugrunde lag die Klage einer Witwe. Sie forderte von dem Arbeitgeber ihres im Jahr 2010 verstorbenen Ehemannes die Aus- zahlung von insgesamt 140,5 nicht genommenen Urlaubstagen ein. Der verstorbene Mann hatte den Urlaub, weil er von 2009 an bis zu seinem Tod mit Unterbrechungen arbeitsun- fähig war, nicht mehr nehmen kön- nen. Erstinstanzlich wurde die Klage unter Hinweis auf die bis dahin gel- tende Rechtsprechung des BAG ab- gewiesen. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm jedoch äußerte Zwei- fel, dass die bisherige Rechtspre- chung des BAG mit Artikel 7 der Europäischen Richtlinie über be- stimmte Aspekte der Arbeitszeitge- staltung (2003/88 EG) vereinbar sei.

Das Verfahren wurde ausgesetzt und die Rechtsfrage dem EuGH vorge- legt. Unter Hinweis auf die Korrek-

Im Fall des krankheitsbedingten Ausscheidens eines Mitarbeiters aus dem

Arbeitsverhältnis wird nach neuer Rechtsprechung eine Urlaubsabgeltung für einen Zeitraum von längstens 15 Monaten als rechtmäßig erachtet.

Foto: iStockphoto

2 Deutsches Ärzteblatt I Heft 38 I 19. September 2014

(2)

des EuGH im Jahr 2009 („Schultz- Hoff“) zu einem Rechtsprechungs- wandel in Deutschland. Der EuGH entschied, dass ein Arbeitnehmer seinen Anspruch auf bezahlten Jah- resurlaub nicht verliert, wenn er die- sen Urlaub aus Krankheitsgründen nicht antreten konnte. Vielmehr sei der nicht genommene Urlaub fi - nanziell abzugelten. Nationale Ge- setze, die diesem Grundsatz wider- sprechen, verstießen gegen die Ar- beitszeitrichtlinie. Es wurde der Grundsatz aufgestellt, dass einem Arbeitnehmer am Ende seines Ar- beitsverhältnisses ausnahmslos eine finanzielle Vergütung für Urlaub zu- stehe, soweit er diesen Urlaub krank- heitsbedingt nicht nehmen konnte.

In der Folge konnten Arbeitneh- mer, die über viele Jahre hinweg zur Arbeitsunfähigkeit erkrankt wa- ren, einen erheblichen Zahlungsbe- trag von den Arbeitgebern verlan- gen. Deshalb relativierte der EuGH Ende 2011 seine Rechtsprechung dahingehend, dass die Arbeitszeit- richtlinie nicht verlange, dass Ur- laub zeitlich unbegrenzt angesam- melt werden dürfe (Az.: C-214/10).

Ein Verfall des Urlaubsanspruches nach nationalem Recht sei dann zu- lässig, wenn der Übertragungszeit- raum den Bezugszeitraum deutlich übersteige. Unter Berücksichtigung dieser Entscheidung entspricht es nunmehr gefestigter Rechtspre- chung des BAG, dass im Fall des krankheitsbedingten Ausscheidens eines Mitarbeiters aus dem Arbeits- verhältnis eine Urlaubsabgeltung für einen Zeitraum von längstens 15 Monaten unter Berufung auf das BUrlG als rechtmäßig erachtet wird. Weitgehend sind entsprechen- de Tarifverträge unter Berücksichti- gung der Rechtsprechung angegli- chen worden.

Keine Altersdifferenzierung Auch in Zukunft dürfte die Thema- tik diskutiert werden, ob eine in ei- nem Tarifvertrag vorgesehene Diffe- renzierung der Urlaubsdauer nach dem Lebensalter als zulässig qualifi- ziert werden kann. Konkret geäußert hat sich das BAG in einer Entschei- dung vom 20. März 2012 (Az.: 9 AZR 529/10). Danach wird eine in einem Tarifvertrag vorgesehene Dif-

ferenzierung der Urlaubsdauer nach dem Lebensalter als Benachteili- gung jüngerer Beschäftigter qualifi- ziert. Es wird von einem Verstoß ge- gen das Verbot der Benachteiligung wegen des Alters ausgegangen. Im vorliegenden Fall erfülle die Ur- laubsstaffelung des Tarifvertrages nicht das – an sich legitime – Ziel, einem gesteigerten Erholungsbe- dürfnis älterer Menschen Rechnung zu tragen. Es lasse sich nicht begrün- den, warum Beschäftigte bereits ab dem 30. beziehungsweise 40. Le- bensjahr ein gesteigertes Erholungs- bedürfnis haben sollen. Die Ent- wicklung der Rechtsprechung bleibt insoweit abzuwarten.

Generell ist zu konstatieren, dass vor dem Hintergrund der zahl- reich erfolgten „Verwerfungen“ der Rechtsprechung des BAG, veran- lasst durch den EuGH, weitere Überraschungen folgen werden.

Zur Beurteilung der Rechtslage bleibt es mehr denn je erforderlich, insoweit Entwicklungen der Recht- sprechung zu beobachten.

„washabich.de“ ist der Name einer Internetseite, auf der Medizinstudie- rende medizinische Befunde in eine für Patienten leicht verständliche Sprache übersetzen. Am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) war dieser Ansatz nun erstmals Teil der ärztlichen Ausbildung im PJ-Un- terricht. An dem viermonatigen Kurs „Vertiefung patientengerechter Kommunikationskompetenz“, der Ende August zu Ende gegangen ist, nahmen 24 PJ-Studierende aus Hamburg im ersten Tertial ihres PJs teil.

Warum ist es wichtig, dass Medizinstudierende lernen, medizinische Befunde laienverständlich zu erklären?

Harendza: „Was hab‘ ich?“ fragen sich offenbar viele Menschen nach dem Arztbesuch. Anders ist es kaum erklärbar, dass seit 2011 auf der Webseite washabich.de fast 20 000 medizinische Befunde ehrenamtlich von Medizinstudierenden in laienverständliche Sprache übersetzt wur- den. Die während des Studiums mühsam angeeignete medizinische Fachsprache dient der raschen und präzisen Kommunikation unter Kol- leginnen und Kollegen aller Gesundheitsberufe. In Patientengesprächen ist es jedoch wichtig, sich laienverständlich auszudrücken. Nur wenn die Patientinnen und Patienten ihre Befunde und die Behandlungsmöglich- keiten verstehen, können sie auf Augenhöhe mit ihren Ärztinnen und Ärzten kommunizieren. Studien haben zudem gezeigt, dass ein besseres

Verständnis der eigenen Erkrankung mit einer höheren Therapietreue einher- geht. Im ärztlichen Alltag sind also Fachsprache und laienverständliche Sprache gefragt. Da kann es leicht vor- kommen, dass Fachwörter unbemerkt ins Patientengespräch rutschen. Vor 20 Jahren hat das im Unterricht kaum eine

Rolle gespielt. Inzwischen bieten die medizinischen Hochschulen Kom- munikationstrainings an, in denen die Studierenden Gespräche mit Schauspielpatientinnen und -patienten üben. Oft gibt es jedoch darüber hinaus keine Supervision von Patientengesprächen für die Studierenden.

Man geht davon aus, dass sie nach dem Training ausreichend gut kom- munizieren können. In dem Kurs, der am UKE mit Unterstützung des Förderfonds Lehre der Medizinischen Fakultät Hamburg in Kooperation mit der „Was hab’ ich?“ gGmbH durchgeführt wurde, zeigte sich, dass die Studierenden durch kontinuierliches, supervidiertes Übersetzen von Patientenbefunden ihre laienverständliche Kommunikation noch weiter verbessern konnten. Außerdem gaben sie an, dass sie im PJ seit der Teilnahme am Kurs stärker auf laienverständliche Sprache im Patienten-

kontakt achten. JF

FRAGE DER WOCHE AN . . .

Sigrid Harendza, Professorin für Innere Medizin/Ausbildungsforschung am UKE

Dr. Stephan Renners Kahlert & Padberg, Hamm

4 Deutsches Ärzteblatt I Heft 38 I 19. September 2014

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Wenn Sie gesund sind und arbeiten können, braucht der Arbeitgeber einen guten Grund oder Ihre Zustimmung, um Sie nach Hause zu schicken.. Hat er keinen guten Grund, haben Sie

- Überstellung darf nur unter Bedingungen vorgenommen werden, die eine Gefahr für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung durch die Überstellung selbst

S o, oder so ähnlich werden die tarifli- chen Belange der ArbeitnehmerInnen, die nach einem Tarifvertrag für den öffentli- chen Dienst beschäftigt sind und häufig un- ter dem

dem Arbeitszeitgesetz, ist aber auf Grund der Gesetzessystematik der § 7 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz und Artikel 3 der Arbeitszeitrichtlinie mit 13 Stunden zu be- messen. Insoweit

Verhaltensauffällige Kinder so lange in separaten Kleinklassen mit speziell ausgebildeten Lehrkräften gefördert werden, bis diese Kinder ihre Sozial- und

1) Um den Lehrkräften die Nutzung zu erleichtern, empfehlen wir kurzfristig Trainings für Lehrkräfte anzubieten mit dem Hinweise darauf, dass Lehrveranstaltungen dann auch von

-Ausgabe einer Kreditkarte [Mastercard Gold oder VISA Card Gold] für Kontoinhaber, Bevollmächtigte oder sonstige Dritte, -6 kostenfreie Bargeldauszahlungen am Geldautomaten

Bargeldauszahlung mit der Debitkarte an fremden Geldautomaten in Fremdwährung [SparkassenCard und Mastercard Basis/Visa Basis]. In Euro innerhalb der