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Archiv "Finanzierbare Fortschritte - nicht „Wolkenkuckucksheime“!" (20.05.1976)

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Die Information:

Bericht und Meinung

Dr. Hans Wolf Muschallik, Erster Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, bei der Eröffnung der Informations- veranstaltung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung am Vormittag des 10. Mai 1976 in Düsseldorf. Rechts:

Angesichts der fast hochsommerliehen Hitze dieses Frühlingstages hatten es sich die meisten Zuhörer etwas luftig gemacht

Finanzierbare Fortschritte -

nicht "Wolkenkuckucksheime"!

Informationsveranstaltung des Zentralinstituts

für die kassenärztliche Versorgung am 10. Mai 1976 in Düsseldorf

Sehr starkem Interesse bei Vertre- tern der Kassenärztlichen Vereini- gungen, bei Gästen aus Bundes- und Länderministerien ebenso wie bei den in großer Zahl erschiene- nen Berichterstattern und Kom- mentatoren für Hörfunk, Fernse- hen, Zeitschriften und Tageszeitun- gen (ungeachtet des um diese Zeit noch andauernden bundesweiten Streiks in der Druckindustrie) war bereits eine Informationsveranstal- tung am Vormittag des 10. Mai be- gegnet, zu der die Stiftung Zentral- institut für die kassenärztliche Ver- sorgung in der Bundesrepublik

Deutschland (Sitz Köln) nach Düssel- dorf eingeladen hatte. Zum Auftakt der Ärztetagswoche wurde hier in drei Referaten eine knapp gefaßte, gleichwohl äußerst eindrucksvolle Zwischenbilanz der Arbeit dieser noch jungen gemeinnützigen Ein- richtung vorgelegt, deren vornehm- lichsie Aufgabe es ist, neue Wege zur Sicherung und Steigerung der Effizienz ambulanter Gesundheits- versorgung der Bevölkerung durch freiberuflich niedergelassene Kas- senärzte zu erschließen.

..,. Dabei bemüht sich das Zentral- institut - nach dem Willen und der Initiative seiner Gründer, der Kas- senärztlichen Vereinigungen

"nicht etwa um medizinische ,Wol- kenkuckucksheime', sondern um gesicherte und gleichzeitig finan- zierbare Fortschritte auf dem Ge- biet der ambulanten Versorgung".

Dr. Hans Wolf Muschallik, der Er- ste Vorsitzende der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung, unter- strich diese Maxime, als er in sei- ner Eigenschaft als Vorsitzender des Stiftungskuratoriums die Infor- mationsveranstaltung eröffnete:

Das Institut fühle sich verpflichtet,

"bei allen seinen Arbeiten jeweils auch zu prüfen, wie es um die Fi- nanzierbarkeit des ,Wünschenswer- ten' im Rahmen der deutschen so- zialen Krankenversicherung be- stellt ist".

Um dem Inhalt der folgenden Refe- rate nicht vorzugreifen, hatte Mu- schallik nur einen skizzenhaft ge- zeichneten Rückblick an den Be- ginn seiner einführenden Worte ge- setzt. Wer objektiv das seit der

Gründung des Zentralinstituts (kurz vor der Jahreswende 1973/74) Erar- beitete werte, der werde zugeben müssen, daß zumindest nicht Un- bedeutendes bereits geleistet wor- den ist. Ob es sich dabei um die diffizile Auswertung der Ergebnisse der Früherkennungsmaßnahmen nach der Reichsversicherungsord- nung handelt, um die Erhebung über die Formen der freiberufli- chen ärztlichen Zusammenarbeit oder um Stufendiagnostik bei La- boruntersuchungen, ob man den

"Niederlassungsservice" mit Rat- schlägen für den an der Aufnahme einer Tätigkeit in freier Praxis in- teressierten Arzt betrachtet oder auch das Modellprojekt für eine mit Nutzen für Patienten und Arzt ver- bundene Einführung der elektroni- schen Datenverarbeitung in Teile der freien Praxis. "All dies sind nützliche Beiträge zu unserem Be- mühen um die Verbesserung der kassenärztlichen Versorgung", be- tonte Dr. Muschallik.

..,. "in diesem Sinne werte ich den Beitrag ganz besonders, den das Zentralinstitut zusammen mit eini- gen Kassenärztlichen Vereinigun- gen - als einzige Einrichtung in der Bundesrepublik - dazu leistet, daß die so überaus wichtige Tätig- keit des Allgemeinarztes im Ausbil- dungsgang zum Arzt überhaupt erst einmal Berücksichtigung ge- funden hat."

Die Feststellung, alle an der Arbeit dieser Institution mit besonderem DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 21 vom 20. Mai 1976 1423

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Die Information:

Bericht und Meinung

Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung

persönlichen Einsatz Beteiligten könnten wohl mit einem Gefühl der Befriedigung auf die bisher dort entfaltete Tätigkeit zurückblik- ken, verband Muschallik mit dem Hinweis, daß bei deren Planung und Durchführung die Internatio- nalität der medizinischen For- schung, des Meinungs- und Erfah- rungsaustausches über ihre Ergeb- nisse sowie ihre demographischen, ökonomischen, soziologischen und epidemiologischen Verflechtungen

— mit besonderem Schwergewicht auf den verschiedenen Sektoren der kassenärztlichen Versorgung

— selbstverständlich voll berück- sichtigt werden. International aner- kannte Wissenschaftler und For- scher haben sich zu einer engen Zusammenarbeit mit dem Zentral- institut, zu seiner tatkräftigen Un- terstützung mit ihren Erfahrungen bereit gefunden.

• „Diese internationale Zusam- menarbeit ist notwendig bei der Diskussion darüber, was an weite- ren Maßnahmen sinnvoll und mög- licherweise erfolgversprechend ist, wenn wir aus der Sackgasse her- auskommen wollen, in die wir ganz offensichtlich bei der sogenannten Früherkennungsuntersuchung bei Herz-Kreislauf-Risiken geraten sind."

• Beratungen über Planung und Verteilung der ökonomischen und personellen Ressourcen in der Me- dizin, die Erforschung soziologi- scher und sonstiger Einflüsse auf das Krankheitsgeschehen — dies seien, beispielhaft genannt, einige Gebiete, bei denen es für das Zen- tralinstitut gelte, mit Hilfe der inter- nationalen Experten daran mitzu- wirken, daß die kassenärztliche Versorgung mit dem jeweiligen Stand der gesicherten Erkenntnis- se Schritt hält und an der Gewin- nung weiteren Bodens führend mit- wirkt.

• Dr. Muschalliks Ausführungen mündeten in der Versicherung, das Zentralinstitut für die kassenärztli- che Versorgung sei für jede Zu- sammenarbeit auf allen Gebieten seiner eigenen Aktivität offen, ja

dankbar. „Das schließt alle ent- sprechenden Institutionen ein, gilt aber auch in besonderem Maße für entsprechende Einrichtungen an Universitäten, mit denen wir zur gegenseitigen Abstimmung und Er- gänzung der Tätigkeitsbereiche in Zusammenarbeit zu treten wün- schen. Jeder, der die Liste der bis- herigen Veröffentlichungen des Zentralinstituts liest, wird diesen unseren klaren Wunsch dokumen- tiert sehen."

Den Teilnehmern der Düsseldorfer Informationsveranstaltung lag in- des nicht nur eine Liste jener Ver- öffentlichungen vor. Ihnen hatte das Zentralinstitut neben dem Tä- tigkeitsbericht 1975 die drei ersten Bände der Schriftenreihe „Nieder- lassungsservice" (Arzt in freier Praxis; Formalitäten vor der Nieder- lassung; Standortwahl und Raum- beschaffung) sowie unter anderem eine Studie „Empfehlungen zur ra- tionellen Organisation von ärztli- chen Laborgemeinschaften" über- reichen können — pünktlich im Deutschen Ärzte-Verlag fertigge- stellt trotz aller außerordentlich großen Produktionserschwernisse durch den bundesweiten Streik im Druckgewerbe. Dieser Leistung des DÄV — der Geschäftsführer des Zentralinstituts, Dr. med. F. W.

Schwartz, hob sie hervor, als er die Erläuterung des Tätigkeitsberichts 1975 einleitete —, galt ein lautstar- ker Sonderapplaus aller Zuhörer.

Sechs Schwerpunkte der Tätigkeit

Zum Problem der zunehmenden Kosten der Medizin und der gleich- zeitig knapper werdenden Mittel

konnte Dr. Schwartz einleitend ein aktuelles Beispiel geben. Das Zen- tralinstitut hat vorbereitend an der Erweiterung des gesetzlichen Früherkennungsprogramms mitge- wirkt, die soeben von dem dafür zuständigen Gremium der Ärzte und Krankenkassen beschlossen worden ist: Die Einführung einer zusätzlichen Untersuchung bei Kin- dern im dritten oder vierten Le- bensmonat sowie eines neuen

Suchtests auf Dickdarmkrebs. Al- lein dabei werden sich jährlich mehr als 200 000 Verdachtsfälle er- geben, die mit kostenaufwendigen Methoden abzuklären sein werden.

Dr. Schwartz ordnete die Tätigkeit des Zentralinstituts im Jahre 1975 nach sechs Schwerpunkten. Als er- sten hob er die Arbeiten an der Ra- tionalisierung ärztlicher Praxisfüh- rung und an der Förderung moder- ner Praxisformen (zum Beispiel La- borgemeinschaften und Praxisklini- ken) hervor. Dazu gehören die ra- tionelle Organisation des täglichen Praxisbetriebes ebenso wie die An- wendung modernster technischer Entwicklungen wie Mikrofilm, elek- tronische Datenverarbeitung und der Einsatz von Kleinrechnern in der Praxis.

Als Beispiel dafür, wie notwendig auch für den einzelnen Arzt ein stärkeres Kostenbewußtsein ist, er- wähnte Dr. Schwartz die Tatsache, daß es bei Röntgeneinrichtungen für Internisten Kaufpreisunterschie- de bis zu 60 000 DM gibt. Anders ausgedrückt: bei unzureichender Information über das Marktangebot kann der Arzt sich also leicht mit mehreren hundert DM monatlich unnötig belasten.

Ein anderer Schwerpunkt ist das Gebiet der Gesundheitsökonomie.

Hier erarbeitet das Zentralinstitut Kostenstrukturanalysen verschie- dener Praxistypen, internationale Vergleiche der Gesundheitskosten und Sammlungen von gesicherten und vergleichbaren Daten über Ko- sten und Nutzen im Gesundheits- wesen.

Aus dem Schwerpunktgebiet Prä- ventivmedizin stand im Berichts- jahr die Frage im Mittelpunkt, ob ein Programm zur Herz-Kreis-

lauf-Früherkennung eingeführt wer- den kann. Das Zentralinstitut er- stellte für das Bundesgesundheits- ministerium ein Gutachten, das al- lerdings noch wissenschaftliche Lücken aufweist. Ein bundeswei- tes Früherkennungsprogramm auf Herz-Kreislauf-Krankheiten würde die gesetzliche Krankenversiche-

1424 Heft 21 vom 20. Mai 1976 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Die Information:

Bericht und Meinung

Sie erläuterten Arbeitsschwerpunkte und Planungen des Zentralinstituts: Prof. Dr. med. Siegfried Häussler, Vorstandsvor- sitzender der Stiftung (mittleres Bild); Geschäftsführer Dr. med. F. W. Schwartz, der zum Tätigkeitsbericht 1975 sprach (Foto rechts); Dr. jur. Helmut Narr (Bild links), sein Thema: „Niederlassungsberatung als freiheitliches Instrument der Niederlas- sungssteuerung" Fotos (19): Bohnert-Neusch

rung jährlich mit weiteren 3,3 Mil- liarden DM belasten. Daraus leitete Dr. Schwartz die Frage ab, ob eine bessere und intensivere Gesund- heitserziehung der Bürger nicht die weitaus sinnvollere Investition darstellen würde.

Unterstützung der Lehrbeauftragten für Allgemeinmedizin

Professor Dr. Siegfried Häussler, im Jahre 1976 Vorstandsvorsitzender der Stiftung Zentralinstitut, behan- delte den Schwerpunkt Allgemein- medizin. Die Förderung der Allge- meinmedizin durch das Zentralin- stitut bezieht sich einmal auf die Ausbildungsphase angehender Ärzte, in der Entscheidungen über die spätere Berufsausübung fallen.

Seit dem Wintersemester 1974/75 unterstützt das Zentralinstitut finan- ziell sämtliche Lehrbeauftragten für Allgemeinmedizin an den deut- schen Universitäten (zur Zeit sind es 31).

Lehre und Forschung auf dem Ge- biet der Allgemeinmedizin hängen eng zusammen. In diesem Zusam- menhang ist neben der Unterstüt- zung von Forschungsvorhaben durch das Zentralinstitut eine di- daktische Begleituntersuchung der Unterrichtsveranstaltungen hervor-

zuheben, die man fast mit einer

„Qualitätskontrolle" vergleichen könnte.

Für die Weiterbildungsphase feh- len, so Häussler weiter, noch Ge- genstandskataloge. Gerade we- sentliche Merkmale der allgemein- ärztlichen Tätigkeit lassen sich weder in der Klinik noch beim indi- viduellen Praktiker systematisch lehren oder lernen. Dazu gehören etwa der erste Kontakt und der Um- gang mit den Patienten, der Um- gang mit Gesunden und die Gesun- denberatung, die Integration sozia- ler Hilfen für den Patienten, aber auch berufssoziale, arbeitsrechtli- che, organisatorische und gebüh- renrechtliche Fragen.

Dr. jur. Helmut Narr, Geschäftsfüh- rer der KV Süd-Württemberg, be- gann seine Ausführungen über

„Niederlassungsberatung als frei- heitliches Instrument der Nieder- lassungssteuerung" mit einem Rückblick auf Entwicklungen der letzten 15 Jahre, in denen sich das Zahlenverhältnis zwischen Allge- meinärzten und Fachärzten so ver- schoben hat, daß es heute das ei- gentliche Sicherstellungsproblem in der kassenärztlichen Versorgung darstelle. Ein Gefälle zwischen Stadt und Land, sagte Dr. Narr, werde es jedoch immer geben;

daran könnte auch eine Ablösung

der freien Kassenpraxis durch ir- gendwelche Institutionen nichts ändern.

In den letzten Jahren haben die Kassenärztlichen Vereinigungen Strukturanalysen der kassenärztli- chen Versorgung in ihren Berei- chen erarbeitet, die als Grundlage für jede Sicherstellungsplanung und für Bedarfsanalysen dienen können. Auf der gleichen Basis kann aber auch die Beratung des einzelnen niederlassungswilligen Arztes aufbauen. Hierfür hat das Zentralinstitut mit der Herausgabe einer Schriftenreihe unter dem Ti- tel „Niederlassungsservice" be- gonnen. Man will damit den nieder- lassungswilligen Arzt umfassend zu allen praktischen Fragen einer Nie- derlassung beraten, wobei jedoch eine solche Beratung so frühzeitig einsetzen muß, daß sie die Ent- scheidung für die Niederlassung begünstigt.

Als sechsten Schwerpunkt hatte Dr. Schwartz in seinem Referat zum Tätigkeitsbericht 1975 des Zentralinstituts die Bemühungen genannt, das Institut und seine Ar- beit in der ärztlichen und allgemei- nen Öffentlichkeit bekanntzuma- chen. Die große Besucherzahl bei dieser Informationsveranstaltung hat zweifellos hierzu einen wesent- lichen Beitrag geleistet. gb/Ste

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 21 vom 20. Mai 1976 1425

Referenzen

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