Betriebsschließungs-Versicherung in der Pandemie aus Sicht des Versicherungsmaklers
Funk Versicherungsmakler GmbH Mathias Lenschow
Fachgespräch des Vereins zur Förderung der Versicherungswissenschaft
Früherkennung – War ein solches Szenario vorhersehbar?
Bericht zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz Bund 2012 (BT-Drs.
17/12051):
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Pandemie durch Virus „Modi-SARS“›
Grundannahme„Das Szenario beschreibt ein außergewöhnliches Seuchengeschehen, das auf der Verbreitung eines neuartigen Erregers basiert. „Modi-SARS“
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Ort des Auftretens/ Räumliche AusdehnungDas Ereignis tritt global auf (hauptsächlich Asien, Nordamerika, Europa) […]
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ZeitpunktDas Ereignis beginnt im Februar in Asien, wird dort allerdings erst einige Wochen später in seiner Dimension/Bedeutung erkannt. Im April tritt der erste identifizierte Modi-SARS-Fall in Deutschland auf.
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Auslösende EreignisseDer Erreger stammt aus Südostasien, wo der bei Wildtieren vorkommende Erreger über Märkte auf den Menschen übertragen wurde.
Nicht beschrieben
wurde die Möglichkeit
eines bundessweiten
Shut-Downs
Kalender
Die zentralen Problemfelder in der Betriebsschließungs-Versicherung
Die Prämieneinnahmen zur Betriebsschließungs-Versicherung liegen nach Annahmen aus Branchenkreisen deutschlandweit bei ca. 25 Mio. € p.a.
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Fehlerhafte Risikoabschätzung zu den Rahmenbedingungen der Deckung›
Zu sorgloser Umgang mit den Bedingungswerken auf Seiten der Versicherer›
Beispiellosigkeit des Shut-Down-Szenarios mit bereits realisierten drastischen Folgen für Industrie und Gewerbe einerseits und perspektivisch ebenfallseinschneidenden Folgen für die Versicherer
führen zu einer restriktiven Interpretation der unscharfen Bedingungswerke mit zahlreichen Fragestellungen.
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Ist Covid-19 mitversichert?›
Sind auch Schließungen versichert, die nicht auf einem Infektionsgeschehen innerhalb des versicherten Betriebes basieren?›
Liegt überhaupt eine Betriebsschließung im Sinne der Bedingungen vor?›
Sind Schäden in Zusammenhang mit einer Pandemie versichert?Es geht um viel Geld…
Maximal stehen nach Annahmen aus Branchenkreisen bis Weltweit ca. 18 Mrd. €
als Belastung (Deutschland ca. 1
Mrd. €) auf Seiten der Versicherer zur
Diskussion.
MEMO:
Ist Covid-19 mitversichert?
GDV-Musterbedingungen (2002- Stand 2004)
…..
Die Aufzählung ist nahezu deckungsgleich mit dem Katalog im InfSchG aus dem Jahr 2002.
AVB BS der Versicherer
AXA
Haftpflichtkasse Darmstadt HDI
Versicherungskammer Bayern
Allianz
R+V
Es fehlt: (s. Nr. 2)
Es fehlt: (im Sinne dieser Bedingungen)
Streitstand Mitversicherung Covid-19
Einige Versicherer verhandelten unter Beteiligung der von Vertretern der bayerischen Landesregierung und der bayerischen Gliederung der DEHOGA einen Kompromiss der als Kulanzlösung gelabelt und als
Bayerische Lösung bekannt wurde:
Aber: Die Lösung brachte mehr als ein neues Problem in die Diskussion ein….
Dynamischer oder statischer Verweis?
Intrinsisches Ausbruchsgeschehen…
Das heißt:
Im Zuge der Bayerischen Lösung wurde durch den Versicherer postuliert:
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Es besteht kein Versicherungsschutz›
Covid-19 ist nicht mitversichert und›
Deckung besteht aus Sicht des Versicherers nicht, soweit die Schließung keinen Bezug zu einer individuellen vom Betrieb ausgehenden Gefährdung aufweist.Auszug aus einem Ablehnungsschreiben eines Versicherers:
…
Intrinsisches Ausbruchsgeschehen…
Das Argument zu diesem Vortrag lässt sich aus den Bedingungen nicht einfach herauslesen.
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Maßgeblich für die Auslegung ist in erster Linie der Wortlaut der jeweiligen Klausel.›
Die vom Versicherer mit der Klausel verfolgten Zwecke sind dann bedeutsam, sofern sie in den AVB (zumindest unvollkommen) Ausdruck gefunden haben.›
Maßgeblich für die Auslegung sind die Verständnismöglichkeiten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses.Pandemieausschluss
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Einen direkten Ausschluss für pandemiebedingte Versicherungsfälle findet sich in den GDV-Musterbedingungen ebenso wenig wie in den abgeleiteten diesseits bekannten AVBBS der Versicherer.
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Dies schließt allerdings nicht aus, dass ein solcher Ausschluss in Besonderen Bedingungen einzelner Versicherer Eingang gefunden hat.Die Positionierung der Versicherer ist gleichwohl mehrheitlich:
Die staatlich angeordneten Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung können nicht zu Lasten der privaten Versicherungswirtschaft finanziell ausgeglichen werden. Pandemien seien damit nicht versicherbar.
Auszug aus einem Interview mit Oliver Bäte (Vorstandsvorsitzender Allianz SE):
Lieber ein Ende mit Schrecken als….
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Bei Versicherern die eine relativ geringe Anzahl von Verträgen zur Betriebsschließungs-Versicherung vorhalten sehen wir aktuell bereits eine einzelfallbezogene Vergleichsbereitschaft.›
Je größer das Portfolio des Versicherers zum Zeitpunkt des Shutdowns war, desto unbeweglicher ist die Verhandlungsposition des Versicherers.›
Heißt: Gerade die Versicherer mit den günstigsten Prämien und den weitreichendsten Bedingungswerken sind derzeit die zwangsläufig unflexibelsten Regulierer…Zitat aus einem Interview mit Herrn Oliver Bäte (Vorstandsvorsitzender der Allianz SE):
Perspektive des Versicherungsschutzes
Die Versicherer befinden sich in einem Entscheidungskonflikt:
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Deckungen werden wegen fehlendem Versicherungsschutz negiert, gleichzeitig aber sollen die Punkte die angeblich den Versicherungsschutz klar ausschließen geändert werden um Unklarheiten zu entfernen.›
Es zeichnet sich ab, dass alle Deckungen per Änderungskündigung auf neue Bedingungswerke um gestellt werden sollen („klarstellende Änderung“)Wesentliche Kernpunkte sind: