Miscellen.
(Fortsetzung zu S. 415.) Von
0. Böhtlingk.
10.
Zu dem auf S. 413 dieses Bandes besprochenen Vexier-Sloka
teilt mir Th. Aufrecht eine interessante Variante mit, die er in
einer Handschrift gefunden hat. Sie lautet:
wrfY f^Ti^Ta v^'^TTftrwpr: i
^% 5wrf%"% 4fEr '^^i 3RBif^ ^^t: II
Wenn auch = ^pSfli Erhe sein sollte, würde man doch
an dem nachfolgenden , das hier gar Nichts zu thun hat, Anstoss
nehmen. Ich stehe demnach nicht an in Übereinstimmung mit dei-
anderen Redaktion f*!^^!*!!^ zu lesen. i^JlTf^I^
ergiebt aber wie das entsprechende "^«(1 keinen Sinn.
Mit der geringen Änderung ifqfll^^j für i^TTf*!^ erhalten wir
den erwarteten Sinn , und wenn wir den Avagraha fortlassen , was
nicht nur gestattet, sondem auch allgemeiner Brauch ist, so ist
auch das Rätsel hergestellt: f<l*nf^fi, woran man zunächst denkt,
ergiebt den falschen, ifq^nf^ri den richtigen Sinn.
Nun erhebt sich die Frage, wie verhalten sich die beiden
Fassungen, die in dem zweiten und dritten Päda doch wesentlich
verschieden sind, in Bezug auf das relative Alter zu einander?
Dass im zweiten Päda in der zuletzt angeführten Fassung unter
den unrechtmässigen , eigenmächtig auftretenden Erben nicht der
Dieb , wie in der anderen Fassung , sondern der Fürst an letzter
Stelle aufgeführt wird, scheint eine beabsichtigte Courtoisie zu sein,
also wohl auf späteren ürsprang zu deuten. Entschieden scheint
aber für das höhere Alter der früher mitgeteilten Fassung die hier
weniger geschickt zugespitzte Zweideutigkeit im dritten Päda zu
sprechen. Auch dass der abstrakte Dharma im dritteu Päda der
Variante nicht einfach als sq^: der vier Erben auftritt, sondem,
wohl um leichter erkennbar zu sein, als ^(%\ )**\ 1»^, dürfte vielleicht
als Anzeichen einer späteren Überarbeitung angesehen werden ; wohl
auch statt des natürlicheren TT'^^t.
11.
Das bei Pänini 3, 1, 42 überlieferte vedische f^'ISTTT^- (ein
periphrastischer Aorist) ist im PW. unter 1. t% gestellt worden.
Dieses hat wohl Jacobi in seinem scharfsinnigen , mich aber
nicht überzeugenden Artikel ,Über das periphrastische perfekt im
Sanskrit' in Kuhns Zeitschr. Bd. XXXV, S. 584 zu der Annahme
verleitet, dass f^9»<< 1*1, auf einen Perfektstamm zurückgehe. Dieses ist aber ein Irrtum : f^***ll1. gehört zu 2. , f^%f7I , entspricht
also genau den von einem Präsensstamm abgeleiteten Pormen TT-
f'TH^'i:, f^J^TH, t^'m'i: und ^^Hl., als ersten Teilen
des periphrastischen Perfekts. Nicht vom Präsensstamm, sondem
von der V/urzel gebildet ist fq^i li"^, was sehr aufftlllig ist. Eine
nur scheinbare Ausnahme macht f'W5T Sat. Br. 1, 6, 4, 1.
4, 1, 3, 1. f'J^nTT'^ ist nämlich nicht, wie allgemein ' angenommen
virird, auf mit t'T , sondern auf '^«J^ mit PlW^ = f^f^ zurück¬
zuführen; vgl. BKSGW. 44, 210. 49, 40. 134. Das Perfektum von
fii(^ lautet fsffW^.
Nun noch Einiges über die Jacobi'sche Erklärung des peri¬
phrastischen Perfekts. J. tritt der herkömmlichen Erklärung des
ersten auf üm ausgehenden Teiles als Acc. eines Nomen act. auf
W aus zweierlei Gründen entgegen: einmal, weil der Acc. in Ver¬
bindung mit und ^ Schwierigkeiten biete, und zweitens weil,
wie er meint, sich von dem betreffenden Verbalnomen ausser der
erstarrten Kasusform keine Spur sonst erhalten habe (S. 585 unten).
Letzteres ist nicht ganz richtig, da z. B. jedem periphrastischen
Perfekt von einem Desiderativ ein ebenso gebildetes Nomen act.
auf ^ zur Seite steht oder doch nach den Regeln der Grammatik
von jedem Autor gebildet werden könnte. Das Perfekt vom Intensiv
von würde ^i\en\ ^fff sein, und ein Nomen act. ver¬
zeichnen Grammatiker und Lexikographen; neben ■*f«Ä finden
wir ein f. und neben 'fTIXt ^^iTT ein ^TRTT f. Neben
dem Perfekt vom Kausativ vermissen wir allerdings ein entsprechen-
<3es Nomen act. auf VJ , dafür finden wir neben dem Perfekt waf-
''IT vom Denominativ ^1^1 ein WT^T. Jacobi verwirft diese
Ableitung und fübrt ^*l<4l auf Wild zurück, offenbar in der
Meinung, dass er Patafijali zu P. 3, 3, 101 auf seiner Seite habe,
da dieser ^?IT mit dem Suffix bildet (S. 583 unten).
ist aber ein krt-Suffix, und unter «1 ist nicht das Substantiv
gemeint, sondem die zweisilbige Wurzel 352 der 10. Klasse.
Pat. leitet demnach ^TTT nicht vom Präsensstamm , sondern
direkt von der sogenannten Wurzel ^1 ab , was natürlich falsch
i.st')- Das Perfekt der Denominativa ^njfrafTf, '^^fTT,
|r«l^, -«(MtSinT, '«^«iftt u. s. w. würde "«Hillt^i •^'*\\ u. s. w.
lauten, und neben diesen bestehen die Nomina act. ^I^TTTIT u. s. w.
Das Pehlen eines entsprechenden Nomen act. zu vielen peri¬
phrastischen Perfektis und der Acc. in Verbindung mit und
^ bewogen also Jacobi, die Porm auf WT. nicht als Acc. eines
Nomen act. aüfzufassen, sondern als ein Absolutivum, das zunächst
wie in anderen nichtindogermanischen Sprachen ein unflektierter
Verbalstamm gewesen wäre und erst mit der Zeit, als nach Durch¬
dringen der Plexion unflektierte Stämme aus dem selbständigeu
Gebrauch verschwanden , entweder eine Kasusendung bekommen
hätte oder durch ein ad hoc gebildetes, d. h. etymologisch durch¬
sichtiges Verbalnomen in einen Kasus ersetzt worden wäre , es sei
z. B. aus ein \*\, hervorgegangen (S. 585 unten).
Mit dieser Auffassung vemiag ich mich nicht zu befreunden
und zwar aus dem Grunde, weil das periphrastische Perfekt eine
verhältnismässig junge Form ist, die zuerst im AV. und auch hier
nur einmal auftritt. .Sollte zu dieser Zeit, da die Flexion schon
vollkommen entwickelt war, ein fiexionsloser Verbalstamm noch in
Erinnerung gewesen sein, so dass nur eine Kasusendung anzutreten
brauchte um ihn lebensftlhig zu machen? Dieses Tempus hat
schwerlich eine langsame Entwickelung erfahren, ist vielmehr, wie
ich glaube , aus zu seiner Zeit vorhandenem und uns bekanntem
Sprachmaterial schnell zu Stande gekommen.
Schwierigkeit macht nur die Erklärung des Acc. in Verbindung
mit und Die Verwendung von und ^ ist bekanntlich
jünger als die von und erscheint, wenigstens die von ^W,,
1) Wie in "ä'e Gesellschaft von T^f^^^T. ^f^^^fil "'"^
4l4|^T kommt, ist mir oin Rätsel.
zunächst bei Kausativen, bei denen bis jetzt kein Nomen act. auf
"%[ nachgewiesen werden konnte. Wenn Formen' wie 1*1*4T*i nicht
als Accusative empfunden wurden, dann könnt* das Sprachgefühl
leicht auf Abwege geraten. Möglich auch, dass mit dem Wechsel
des Hilfsverbums eine Schattierung der Bedeutung eintrat, etwa eine
Bezeichnung der Dauer bei ^W.. Dürfte man nicht auch die nicht
seltene Verwechselung der Hilfszeitwörter hahen und sein zur Ver¬
gleichung herbeiziehen? Bei Jacobis Auffassung ist der Übergang
von ^iT zu '^(^ auch nicht recht verständlich.
12.
Hir. Grhy. 1, 5, 8 lesen wir: ^f^iT ^f^TWt-
^ET^ ^T^fTTfi?: ^ffl5)flT TT¥wrrare-
Der Schluss ^f^*l! «» u. s. w. bietet einige Schwierig¬
keiten und wird oben S. 425 f. von Caland besprochen. Er möchte
mit mir ^««IIW*!, lesen und dann noch ein ^rf»? einschalten; der
Schluss würde dann zu übersetzen sein: er führt ihn zu sich,
seinem (d. h. des Knaben) rechten Arme nach, d. h. wie 0. weiter
fortfährt, indem er den Knaben, der ihm ja bis jetzt den Rücken
zugekehrt hat, sich nach rechts, also mit der Sonne um, um¬
drehen lässt. Eine, wie mir scheint, sehr gezwungene Erklärung,
da der Text von keinem Umdrehen spricht. Auch möchte das
Kunststück dem Lehrer nicht gelingen, es sei denn, dass er die
Hände von den Schultern des Schülers zurückzöge. Darin hat C.
gewiss Recht, dass er, entgegen seinen Vorgängern, nicht <| y9*i.,
sondern den Schüler das Objekt zu 'aH«l«('^ sein lässt, worauf auch
der nachfolgende Spruch hinweist. Ich glaube, dass der über¬
lieferte Text richtig ist, ich übersetze: er führt ihn zu sich, zu
seinem rechten Arme. Auf diese Weise kommt der Schüler, der
bis dahin dem Lehrer den Rücken zuwandte, jetzt neben ihm und
zwar zu seiner Rechten zu stehen, so dass er ihm das Gesicht zu¬
wenden kann.
Ebenda nimmt Caland auch an TTT»!^ ^f^RPW IRf^^-
<R«rr^^f'W3^% Hir. Grhy. 1, 20, 2 Anstoss. Verbinden wir
mit Hcf^^^ und fassen dieses als Westen, so ist, wie ich
glaube, jede Schwierigkeit gehoben.
Bd. LII. 40
13.
Der in den rituellen Sütras gut bewanderte Caland bespricht
oben S. 426 den verdorbenen Spruch Pär. Grhy. 3, 7,1 '^ft. W[ u. s. w.
und konjiziert mit Glück '*3T^' st. TT^I , hat aber übersehen, dass
schon Hir. Grhy. 1, 14, 2 das Richtige bietet. Calands Konjektur
'VfW^ st. '^T^ ist aher verfehlt, da es eine solche Form gar nicht
giebt. Das richtige Imperfekt -flints «1, wäre hier nicht am Platz,
wohl aber der Aorist •«if«i'q#i_. Jedoch möchte ich hier kein neues
Verbum , mit dem verbunden werden müsste , einführen , da
f^<*«Hf»T das Objekt WT und die Ablative mit ^rf^ nicht ent¬
behren kann. Die zweHe Hälfte des Spruches ist in beiden Sütras
ganz verschieden. Gegen Calands Konjektur TT^t^ statt fT^Y^
liesse sich wie gegen ft^Jt^ nur einwenden, dass der Kasus be¬
fremdet; man erwartet ja Ablative.
14.
In den BKSGW. Bd. 48, S. 11 hatte ich von WRT in der
Stelle Pär. Grhy. 3, 15, 22 T iTfiT^^Tn
*iqfn gesagt, dass es zu ^ keine passende Ergänzung gebe, und
dass '^r^ hier auch Nichts zu thun habe. Aus diesen Worten
schliesst Caland oben S. 427, ich hätte nicht gewusst, dass das
enklitische Pronomen in der Prosa an zweiter Stelle stehe'). .Auch
bei einem andem Texte hätte ich diese Unkenntnis verraten, in¬
dem ich ihm brieflich mitgeteilt hätte , dass das Pronomen dort
nicht stehen könne. Da ich nach Calands Ansicht mit einer solchen
Äusserung mir mehr oder weniger eine Blösse gegeben hatte , so
war die Veröffentlichung und abfällige Besprechung derselben ohne
meine Erlaubnis eine Indiskretion. Dass ich in beiden Fällen aus
andern Gründen das enklitische Pronomen hier beanstandete,
brauche ich wohl kaum zu sagen.
Mit tji«a wusste ich, wie gesagt. Nichts anzufangen und kon¬
jizierte dafür, da WrtY ein Feminin verlangt, Nach Caland
soll die zu Wl passende Ergänzung ohne Zweifel ^fVlH i sein; auf
welche vorangehende Person das nach meiner Meinung ganz über¬
flüssige -«(«Sl hinweist, verschweigt er. Obgleich hier vom Geben
und Empfangen die Rede ist, so halte ich doch die Ergänzung für
1) Dieses brauchte Caland nicht mit sieben Zeilen füllenden Beispiele zu belegen; eine Verweisung auf Spoijers Syntax hätte genügt.
sehr unwahrscheinlich, da von ^fViuji im Vorhergehenden nicht
gesprochen wird, und da man nicht einsieht, weshalh der Autor
nicht dieses Wort, sondern das ganz unbestimmte hier verwendet
haben sollte. Aber auch meine Konjektur verwerfe ich jetzt, da
von ebensowenig wie von ^Hsnui gesagt werden kann, dass
sie und Wl^^ TrfJT^^T V{^fn. Ich vermute
jetzt *a*JI statt ^"rei'). Nun ist nach meinem Sprachgefühl auch
die Stellung von T verständlich, während, wenn richtig wäre,
f nach ^^nl stehen müsste. Wenn eine Schwester vom Bruder
Jemand zur Ehe gegeben wird, so geht sie dem Geber nicht ver¬
loren (dieser büsst dabei Nichts ein) und durch den Empfänger wird
sie als dessen Gattin Deutlicher brauche ich mich wohl
nicht auszudrücken. Dieses drastische Beispiel soll alles Geben und
Empfangen rechtfertigen und empfehlen. Hrn^^ffT erregt keinen
Anstoss, aber das nicht weit davon abliegende IT ffl ««^-^i würde
mir wegen ^^flt mehr zusagen.
Die zweite Stelle , an der ich nach Caland das enklitische
Pronomen verkannt haben soll, ist Hir. Grhy. 1, 13, 16 r)«)^
— ■'RTTfTTf^T. Ich hatte ihm brieflich mitgeteilt, dass
hier unmöglich stehen könne. Aus der Begründung meiner
Behauptung oben S. 84 wird man ersehen können, dass nicht ich
der Sünder war, dass nicht ich, sondem Caland der Beiehrang
bedurfte.
15.
Oben S. 462 sucht Hopkins meine Einwendungen gegen seine
Deutung von Brahmavarta in eben diesem Bande S. 89 fg. zu ent¬
kräften. Er macht mir zum Vorwurf, dass ich mehr Gewicht auf
die Etymologie von als auf die Bedeutungsentwickelung des
Wortes selbst gelegt hätte. Die Sache verhält sich aber anders:
Hopkins gelangt zu seinen Bedeutungen home, origin, birth-phice
nur auf etymologischem Wege, während ich ausdrücklich sage, dass
von den bekannten Bedeutungen des Wortes -^liq^ keine Brücke
zu den von Hopkins angegebenen Bedeutungen führe. Erst jetzt
bemerkt H., dass von ein Ort, an dem eine Menge Menschen dicht
zusammengedrängt wohnen, kein weiter Schritt zu home und origin
sei. Man beachte, dass die im PW. von mir gegebene Bedeutung schon
1) 4J ist vielleiclit eine Korrektor für sinnloses ^ |«<f , und dieses ein verschriebenes i<i4] | ,
«me übertragene, nur für w4t^ und iq^ bestimmte war.
In meinem oben erwähnten Artikel schlage ich Sammelplatz vor
und glaube, dass diese Bedeutung an die sonst belegte von Wirbel
sich leicht anschliesst." Den Versuch Hopkins', auf etymologischem
Wege zu den Bedeutungen kome u. s. w. zu gelangen, hatte ich für
misslungen erklärt. Dass die vnchtigste Stütze Manus. 7, 82 Hopkins
missverstanden hatte , räumt er jetzt selbst ein. Jetzt legt er nur
noch auf die Erklärung zweier Seholiasten des Wortes W^T^^
Gewicht. Sie lautet: W^T WTt^ ^3^: MM^-d^lPd. Die letzten
Worte sollen bedeuten are perpetually bom, „for this is the natural
and, as I think, the only permissible meaning of these words".
bedeutet hervorkommen, entstehen, und von diesen Bedeutungen
bis geboren werden ist nur ein halber Schritt, den aber, soviel wir
wissen. Niemand, auch kein Dichter, gemacht hat. Ist es wohl
wahrscheinlich, dass zwei Seholiasten, die doch mit ihrer Erklärung
jedem Missverständnis vorbeugen wollten, ein jedenfalls eine andere
Deutung zulassendes Wort, und wie Hopkins selbst bemerkt, despite
the ordinary meaning of ä-vart, statt des nicht zu missverstehenden
^STTT^ verwendet hätten? Fassen wir dagegen in der
auch bei Manu belegten Bedeutung kehren dahin zurück, so ist
'W^ ^T- y^flqf^ treten dort immer wieder hervor eine zutrelfende
Erklärung. Hiermit glaube ich auch den beiden Scboliasten einen
Dienst erwiesen zu haben. Wenn ich in meinem Artikel nehmen
dort immer an Zahl zu übersetzte, so übersprang ich die zunächst
liegende Bedeutung, hatte aber in der Sache selbst nicht Unrecht
Ich schliesse meine Polemik gegen den gediegenen Kenner des
indischen Epos mit dem aufrichtigsten Danke für seine mir freund¬
lichst zugesandte, soeben angelangte Abhandlung „Parallel features
in the two Sanskrit Epics'"), die von grosser Tragweite ist und
viel zu denken giebt.
1) Sonderabdruek aus dem American Joumal of Philology, Vol. XIX, No. 2.
Buddhistische Studien').
Von Hermann Oldenberg.
Minayeff's Reeherches sur Bouddhisme, daneben das in
vielen Beziehungen an dieselben sich anschliessende Buch de la
Vallee Poussin's Bouddhisme, &,udes et matiriaux geben mir
Anlass, einige der Probleme, welche sich um die buddhistischen
Konzilien, die Entstehungsgeschichte des Kanon, das Verhältnis der
nördlichen und südlichen Überlieferung bewegen, erneuter Betrach¬
tung zu unterziehen. Teilweise werde ich mich mit der Kritik
von Auffassungen der genannten Forscher beschäftigen-) — dass
die Trauer um den Hingegangenen mir hierin keine Rückhaltung
auflegt, würde unzweifelhaft Minayeff's eigner Denkweise über das
Verhältnis persönlicher und sachlicher Rücksichten entsprechen —;
teilweise werde ich meinerseits positiv vorzugehen versuchen, in
mancher Beziehung, wie das nicht anders sein kann, in Richtungen,
welche den von Windisch („Mära und Buddha') in seinen ünter¬
suchungen über das Verhältnis der nördlichen und der südlichen
Tradition eingeschlagenen eng verwandt sind. Zum Scbluss gedenke
ich diesen Erörterungen , im Hinblick auf Jacobi's Aufsatz
ZDMG. LII, 1 ff., einige Bemerkungen zur emeuten Prüfung des
Verhältnisses der buddhistischen Nidänaformel und der Sämkhya-
philosophie anzuhängen.
I.
Indem ich zuvörderst an die Kritik von M in aye ff" s Auf¬
stellungen über die Konzilien herantrete, betrachte ich zunächst
eine Reihe von einzelnen Zügen der betreffenden Traditionen, in
Bezug auf welche mir die Auffassungen des genannten Gelehrten
als irrig erscheinen. Ich werde dann auf seine Ansicht von den
Konzilien und ihrem Verhältnis zur Entwicklung der kanonischen
Litteratur im Ganzen eingehen.
1) Siehe Inhaltsühersicht am Schluss.
2) Ich muss bemerlcen, dass ich dieser Kritik Minayeff's Bucli nur in der französischen Übersetzung zu Grunde legen kann. Sollte dies irgendwie zu Ungerechtigkeiten gegen den Verfasser geführt haben, werde ich für Berich¬
tigung aufrichtig dankbar sein.