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Bemerkungen zu der sabäischen Vertragsinschrift
Glaser 830 (1076).
Von Fr. Fraetorins.
Vgl. Glaser, Skizze der Geschichte Arabiens 1. Heft S. 87 f.;
Mordtmann, Himjarische Inschriften und Alterthümer S. 121f. ;
Winckler, Altorientalische Forschungen II, S. 186 ff.; D. H.
Müller, Epigraphische Denkmäler aus Abessinien S. 73ff.; Glaser,
Bemerkungen zur Geschichte Altabessiniens und zu einer sabäischen
Vertragsinschrift S. 20 ff.
Zu der in neuester Zeit mehrfach behandelten, gleichwohl an
manchen Stellen noch recht dunklen Vertragsinschrift möchte ich
hier einige Bemerkungen machen, die zum grösseren Theil freilich
auch nur Vermuthungen , ein endgültiges Verständniss des Textes
doch hier und da zu erreichen hotfen.
Die von Glaser und Mordtmann gegebene Deutung von aDinjJ
als Kapelle, Ort wohin man in Procession zieht oder
ähnl. scheint recht wahrscheinlich. Es würden auch äthiop. fl'fl
Hochzeit (vgl. AdTl^n — I^'fl'l-fi) und amhar.
"jTl/l^lO ein Fest feiern (Abbadie diet. 620) zu vergleichen
sein; s. auch Guidi, giorn. soc. asiat. ital. III. 16.5.
"OiSN Zl. 3 vielleicht von AV. (j«..c.; dann besser Pfähle als Pfeiler.
•;n:3': Zl. 5 u. 7 scheint hier specialisirten Sinn zu haben
= r:zii2 Hal. 485, 2, wofür zwei Zeilen später ebenfalls
bloss inrs?: (vgl. Bd. 37, 347 f.). So im Chamir mikän schlechthin
Kirche (Reinisch, Chamirsprache II, 78), ausgehend von speciali¬
sirten Ausdrücken wie C^'<\i (f^CjPf^ , «^'OJ .' V"A
u. a. m.
D"nr , das Zl. (! u. S beidemal nach + Dependenz steht,
halte ich für einen den Begritf der Gesammtheit verstärkenden
C.i ■ >
Zusatz (wie im Arabischen ,t«j>l nach JJ + Dependenz). Freytag
650 Praetorius, Bemerlc. zu der sab. Vertragsinschrift Glaser 830(1076).
5.
bringt äjf summa, totum, Universum. Falls die kürzere Recension
in der der Zl. 8 entsprechenden etwas verstümmelten Stelle kein
vorangehendes bn haben sollte, so würde das keineswegs gegen
meine Auffassmig geltend gemacht werden können. Bei dieser
Auffassung wird, wenigstens mit gi-osser Wahrscheinlichkeit, anzu¬
nehmen sein, dass dem m72m auf Zl. 8 schon früher ein m-Cn
vorangegangen ist, — so in der That bei Glaser an der zweiten
der oben angeführten Stellen.
Ueber die Bedeutung von ncD Zl. 7 kann man mancherlei
muthmassen (z. B. auch Yl'J^C iord, rivage Abbadie diet. 629),
schwerlich aber das was Hommel Bd. 44, 545 meint.
baj Zl. 8 u. 15 hat Winckler „vom schicken der gesandten'
verstanden, und Müller wie Glaser haben ihm beigepflichtet. Eine
Begründung dieser Uebersetzung deutet nur Müller kurz an : „ nobili
senden", „nobili, arab. J^^^J". Winckler's Uebersetzung ist un¬
zweifelhaft richtig : Ich begründe sie durch den Hinweis auf äthiop.
'MIA, 'l'lnA, 'l^'J-flA Gesandter. Die ursprünglich
allein berechtigte Form dürfte 't'*?'lA sein „Gesandtschaft', zu
einem im Aethiop. nicht mehr belegbaren, hier im Sabäischen vor¬
liegenden {flA gehörig. Von den beiden anderen Formen kommt
"l^^-flA ) soweit aus Dillmanns Lexieon zu ersehen, nur ganz ver¬
einzelt vor; 't''?flA aber gehört wohl schon ganz zu dem von
't'^QA denominirten 'l'*?AA').
In dera auf Zl. 8 unmittelbar angeschlossenen Verbum nba sehe
ich das gleichwurzlige äthiopische OJ't' Geschenke bringen
(vgl. Haupt, Prolegomena S. LI u. BASSpr. I, 162), so dass zu
übersetzen ist „weil Gesandte zu ihm schickte und Geschenke
brachte GDRT, der König von HabaSat«. Da nba ein Pi'el ist,
lautet der Infinitiv inba. Dieser scheint als solcher vorzuliegen
Glaser 862, 4 (= Mordtmann, Himjarische Inschriften und Alter¬
thümer S. 24); hier steht er das Perfektum fortführend: Meine
Bd. 42, 56 ff. dargelegte, von H. Derenbourg im Journ. asiat. VIII,
20, 158 angenommene, von Müller, Hommel, Mordtmann dagegen
aljgelehnte oder bezweifelte Ansicht über die consekutiven Infinitive
1) Dieses sabäisch-ätliiopische b23 dürfte zu hebr.-aramäischem b-'ain , 33''^:, ^^,30/, ^"^v assyr. bai gehören (vgl. BASSpr. I, 36 f.; Mordtmann
und Müller, Sabäische Denkmäler S. 34 a. E., dazu Bd. 24, 180). Im
Arabischen liegt die Grundwurzel in «Jb vor.
Praetorius, Bemerk, zu der sab. Vertragsinschrift Glaser 830(1076). 651
des Sabäischen glaube ich nicht zurückziehen zu müssen. — ZL 18
scheint nbn transitiv gebraucht : jem. mit Geschenken
schicken.
Was immer auch die genaue Bedeutung von "jdnnN "13S'3
Zl. 10 sein mag, so denke ich, dass dieser Ausdruck mit ■j-ilT
Zl. 12 einigermassen parallel sein wird.
nnm Zl. 10 ist unmöglich j^E>-t»i' ,wie ein Mann";
wird als Infinitiv, zur Noth als Perfektum aufzufassen sein.
Ich denke , auch das Sabäische wird „unregelmässige Verba"
gekannt haben, und zu diesen wird das Reflexiv "N'in"' Zl. 11 er
erhebt sich und das Causativ iNn'iin Zl. 17 u. 20 sie haben
erregt gehören. Denn beide Pormen werden schwerlich ganz
von einander zu trennen sein. Eine oder mehrere Unregelmässig¬
keiten sind jedenfalls anzunehmen , mag man nun an einen (se¬
kundären) Grundstamm Nirn (= CDl^A» ?V^A), oder an ein
aus 't'^V^'Ä zu erklärendes 'T'V^A denken.
n:72Ni DnJia Zl. 11 fasse ich als Gegensatz zu dem vorher¬
gehenden I73n7:bil3i i72mi , d. h. also , dass sie nicht nur Krieg
und Friedensschluss gegen Jedermann gemeinsam machen wollten,
sondem „dass sie auch in Heil und Sicherheit (Ruhe
ünd Frieden) Brüder sein wollten". Mordtmann hat ohne
Grund am Schluss seiner Bemerkungen zur 11. Zeile auf diese
Auffassung verzichtet. — Zu nnJT vgl. noch BASSpr. I, S. 41.
In Anbetracht der etwas gewaltsam scheinenden Etymologie
von np72 Zl. 15, die Mordtmann gegeben , wage ich an XiU zu
denken „Liebe" von Uw. , als Titel „ein Geliebter, Freund des
Fürsten". So auch bei H. Derenbourg, les monuments sabeens et
himyarites de la bibliothfeque nationale S. 11 ■O^'N mn nnpn
der zu den Freunden dieses Mannes (gehört). Die
Pluralbildung nach äthiopischer Weise, mit Beibehaltung des singu¬
larischen t femin. , wird bei dem kurzen Worte keinen Anstoss
erregen.
Grosse Schwierigkeiten macht der Schluss der Inschrift von
TiDTljn Zl. 16 an. Diese Schwierigkeiten schwinden beinah völlig,
wenn wir annehmen dürfen, dass TO'Jin = tyS^LiJ ist. Ich wage
diese Erklärung, obwohl mir bekannt, dass sich einmal ein freilich
wenig klares "iiO findet, WZKM II, 283, Z. 5. Ich übersetze
nunmehr: „Und zum Danke dafür, dass gemeinsame Sache machten
'Amm'anis ben S. und der Stamm Hauiän im Kriege den sie er¬
regten und in dem sie fochten wider ihre Herren, die Könige von
Saba, und dass sie mit Geschenken sandten den Sabbat ben 'Aliyän
4 5 *
652 Praetorius, Bemerk, zu der sab. Vertragsinschrift Glaser 830(1076).
nach Du Raidän, um sie zum Beistand zu veranlassen (oder ,um
sich beistehen zu lassen") für den Krieg gegen ihre Herren, die
Könige von Saba. Und es zogen aus die von den Stämmen um
mitzuhelfen mit ihnen in diesem Kriege den sie erregt hatten;
und sie überwältigten die vom Pelde und hieben ihre Hablat-
Pflanzungen um". Hierin liegt nun freilich für einen König von
Saba nichts weniger als ein Grund zum Danken vor, wohl aber
darin dass, vde weiter erzählt wird, der Peind schliesslich sich
doch dem Sabäerkönig unterworfen. Der Verfasser des Textes
berichtet eben in chronologischer Reihenfolge.
Ich halte Mordtmann's Bemerkung über die Einheitlichkeit
des Namens p-ili durch Müller a. a. 0. S. 19 nicht für widerlegt.
In seiner Uebersetzung von Zl. 18 lässt Müller das inschriftliche
n von p-iTi ohne Begründung fort. Dass der Name gelegentlich
in -T'I verkürzt werden konnte, ist damit keineswegs ausgeschlossen.
Mordtmann's Erklärang des Zl. 19 u. 20 als ^ wird
namentlich auf Grand der oben erwähnten Inschrift bei Derenbourg,
biblioth. nation. S. 11 kaum noch bezweifelt werden können. Der
Gegensatz zwischen pyuJN pn und ibpn pn entspricht viel¬
leicht dem Gegensatz zwischen obpn und Dnan auf Zl. 3 der
grossen Hadaqän-Inschrift. Die Beleuchtung übrigens , in der pn
ibpn in Winckler's Anmerkung zu Zl. 19 erscheint, wird vielleicht
etwas gemildert durch den Hinweis darauf, dass "J^P I £tl4*A
„Waffen" bedeutet.
nas Zl. 20 setze ich = c^r*, • Uebergang von
in Ä im Sabäischen auch sonst bekannt. Zur Umstellung in
gleichlautender Wurzel vgl. WZKM VIII, S. 253, Zl. 7 f. Sach¬
liche Parallelen in den assyrischen Inschiiften häufig.
Mit den Worten lanypD mnyai u. ff. Zl. 21 wird kurz der
Umschwung des Kriegsglücks und die Unterwerfung unter den
Sabäerkönig erzählt. Mordtmann's Erklärang von lanrn als „Pfand
leisten, Geiseln schicken" beanstande ich zunächst desshalb, weil
in dieser Bedeutung ein Reflexiv nicht sehr wahrscheinlich wäre,
sodann desshalb , weil man hier nach der ganzen Sachlage nicht
einen so schwächlichen, verlegenen, umschreibenden Ausdruck er¬
wartet, sondern einen kräftigeren, mehrsagenden, dem in der kürzeren
Recension folgenden p-iini:;! ähnlicheren. Wenn sab. a"^? und
min. anyo ungefähr soviel wie darbringen ist (Sab. Denkm.
S. 78; WZKM II, 8, VIII, 4), also auch dem assyr. sOrabu un¬
gefähr entspricht, so kann sab. a->;'n wohl soviel wie assyr. itrabu
eintreten, hineingehen sein. Ich möchte anyn prägnant
fassen im Sinne von (xXcLL j)
4 « *
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Das Grab des Cjrrus und die Inschriften von Murghäb.
Von F, H. Welssbach.
Wer von den Euinen des alten Persepolis aus am Polvär-
Flusse aufwärts geht, gelangt nach mehrstündiger Wanderung an
eine Stelle, wo sich das vorher enge Plussthal zu einer breiten
Ebene erweitert, die von ansehnlichen Bergen .umrahmt ist und
nach einem kleinen Dorfe an der Nordostseite gewöhnlich als Ebene
von Murghäb bezeichnet wird. An mehreren Stellen dieser Ebene
befinden sich Euinen, die seit Jahrhunderten das Interesse der
Eeisenden in Anspruch genommen haben. Betrachten wir zunächst
das Gebäude links (a) , das am besten erhalten ist. Auf einem
massiven Unterbau, der aus sieben fast quadratischen stufenförmig
über einander ruhenden Plattformen besteht, ruht ein steinernes
Häuschen mit doppelt geneigtem Dach. Eine kleine Thür führt
an der einen Schmalseite in das Innere. Die hauptsächlichsten
Masse sind die folgenden '):
Unterste Stufe: Länge 47'2"; Breite 43'9";
Oberste Stufe : ,26'; , 20';
Länge des Hauses: 21'; Breite 17'; Höhel8'2";
Länge des inneren Gemaches: 10'5"; , 7'6"; , 6'10":
Breite des Eingangs: 2'3"; Höhe 4'3";
Höhe des ganzen Baues vom Erdboden bis zum Dachfirst: 36'.
Das Innere ist jetzt völlig leer und von Rauch geschwärzt.
In dem Fussboden sind tiefe Löcher, welche darauf hindeuten, dass
etwas in demselben Befestigtes gewaltsam herausgerissen, oder dass
von einem Neugierigen mit der Hacke nach der nächsttieferen
Schicht gegraben worden ist. Von einer alten Inschrift findet sich
weder innen noch aussen an dem Gebäude eine Spur. Doch sind
möglicherweise zwei Leisten über dem Eingang bestimmt gewesen,
eine Tafel mit einer solchen aufzunehmen. Zu der untersten Stufe,
welche noch übermannshoch ist, führte an der Vorderseite eine
1) G. Curzon, Persia 2, 77 (London 1892). Die weiteren Angaben in Metern S. 654 sind M. Dieulafoy, L'art antique de la Perse Vol. 1 (Paris 1884) entnommen.
Bd. XLVm. 43