• Keine Ergebnisse gefunden

Das taube Musikgenie

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Das taube Musikgenie"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

82 DIE PTA IN DER APOTHEKE | Mai 2014 | www.pta-aktuell.de

E

r gehört zu den welt- weit bekanntesten Deutschen und gilt als einer der größ- ten Komponisten aller Zeiten:

Ludwig van Beethoven. Nicht nur über seine Musik, auch über seine Krankheiten sind dicke Wälzer geschrieben worden.

In eine Bonner Musikerfami- lie hineingeboren (Taufdatum 17.12.1770), wurde er von sei- nem Vater Johann streng mu- sikalisch getrimmt, lernte Klavier, Orgel und Violine.

Und ähnlich wie bei Wolfgang Amadeus Mozart sorgte auch bei Beethoven der Vater dafür, dass der talentierte Sohn schon mit sieben Jahren 1778 in Köln sein erstes öffentliches Konzert gab. Erste eigene Kompositi- onen folgten; zweiter Hofor- ganist der Bonner Hofkapelle wurde er mit zwölf Jahren. Mit sechzehn reiste er zum Studium nach Wien, musste sein Ansin- nen aufgrund des Todes seiner Mutter aber begraben, da er zu- rück in Bonn sich als „Famili- enoberhaupt“ um seine beiden jüngeren Brüder und den al- koholkranken Vater kümmern musste. Von 1789 an studierte er an der Bonner Universität, verließ aber Bonn im Herbst 1793 ein zweites Mal Richtung Wien. Von dort kam er – bis auf gelegentliche Exkursionen und Badereisen – bis zu seinem Tod im März 1827 nicht mehr fort.

Früh einsetzende Schwer- hörigkeit In seiner Kindheit hat Beethoven mit Sicherheit die Pocken durchgemacht, wie eine Lebendmaske aus dem Jahr 1812, die Pockennarben am Kinn aufweist, zeigt. Dass er

Seit Ludwig van Beethoven am 26. März 1827 während eines Frühlings- gewitters starb, zehren Generationen von Schriftstellern, Fach-

und Laienmedizinern von der Tragödie des tauben Komponisten.

Das taube Musikgenie

© Georgios Kollidas / 123rf.com

PRAXIS KRANKHEITEN BERÜHMTER PERSÖNLICHKEITEN

(2)

83

DIE PTA IN DER APOTHEKE | Mai 2014 | www.pta-aktuell.de

kurzsichtig war, ist überliefert, wobei er ein Gegner von Brillen war und lieber eine Lorgnette benutzte.

Dauerpatient wurde Beetho- ven jedoch mit einem ande- ren fortschreitenden Leiden:

Er war bereits als 28-Jähriger schwerhörig. Völlig ertaubte er mit 48 Jahren – ein Dornen- weg für einen so hoch begabten Musiker. Die Probleme began- nen 1797 auf dem linken Ohr.

Hört man die 1798 zu Beginn seiner Schwerhörigkeit kom- ponierte, schwer klingende Klaviersonate D-Dur (op.

10) „largo e mesto“, so glaubt man, etwas von der Ahnung dieses schweren Weges in der Musik wiederzufinden. 1801, im Alter von 31 Jahren, schil- dert Beethoven seine Symp- tome: Schwerhörigkeit mit Hochtonverlust und Sprachver- ständlichkeitsverlust, quälende Ohrgeräusche, Verzerrungen und Überempfindlichkeit für Schall. In einem Brief an den Arzt und Bonner Jugendfreund Dr. Franz Gerhard Wegeler (1765 bis 1848) vom 29. Juni 1801 beschreibt Beethoven die dissonante Kognition von Men- schen und eigener Musik: „Der neidische Dämon hat meiner Gesundheit einen schlimmen Streich gespielt, nämlich mein

Gehör ist seit drei Jahren immer schwächer geworden. … nur meine Ohren, die sausen und brausen Tag und Nacht fort.

… Ich bringe mein Leben elend zu. Seit zwei Jahren meide ich alle Gesellschaften, weil es mir nicht möglich ist, den Leuten

zu sagen, ich bin taub. Hätte ich irgend ein anderes Fach so ging es noch eher, aber in mei- nem Fach ist es ein schreck- licher Zustand. … Die hohen Töne von Instrumenten und Singstimmen höre ich nicht, wenn ich etwas weit weg bin, auch die Bläser im Orchester nicht. Manchmal auch hör ich den Redenden, der leise spricht, kaum, ja, die Töne wohl, aber die Worte nicht, und doch, sobald jemand schreit, ist es mir unausstehlich.“ Beethoven war extrem unglücklich, resi- gniert, einsam („Wie ein Ver- bannter muss ich leben“) über seine chronisch-fortschreitende Schwerhörigkeit, versuchte sie vor der Öffentlichkeit jedoch möglichst geheimzuhalten – was verständlicherweise nur unzureichend gelang. Von etwa 1813 an verwendete Beethoven allerdings Hörrohre, um mit seiner Umgebung zu kommuni- zieren, ab 1818 ist der Gebrauch von „Konversationsheften“

nachzuweisen, worin die Ge- sprächspartner ihre Äußerun- gen notierten.

Weitere Erkrankungen Ge- gen den Gehörschwund ließ er sich zudem alle möglichen lindernden Flüssigkeiten in die Ohren träufeln. Doch die

kaputten Ohren waren nicht Beethovens einziges Gesund- heitsproblem. 1823 litt er über dreieinhalb Monate an „Au- genweh“, wohl Folge einer lang dauernden Konjunktivitis.

Rheumatische Beschwerden kamen hinzu – und außerdem

litt er immer wieder unter Schnupfen, Asthma und Na- senbluten. Etwa dreißig Jahre lang und ungefähr gleichzeitig mit dem Gehörleiden traten bei Beethoven auch Koliken im Unterbauch sowie rezidi- vierende Diarrhöen auf. Seit 1825 wurden auch Blutungen aus der Speiseröhre (Ösopha- gusvarizen) beschrieben. Sämt-

liche Diäten, Medikamente oder Badekuren in Karlsbad, Franzensbrunn, Teplitz, Hei- ligenstadt und Co. zeigten nur einen vorübergehenden Erfolg bei den beschriebenen Leiden.

1810 schrieb Beethoven sogar über seine Suizidgedanken, ins-

besondere hervorgerufen durch sein Ohrenleiden.

Sein frühes Ableben mit 57 Jahren verdankte Ludwig van Beethoven aber in erster Linie seiner kaputten Leber – und sei- nen vielen Ärzten. Mindestens zehn Ärzte, oftmals sogar paral- lel, sowie einen heilkundlichen Geistlichen hatte er wegen sei- ner Erkrankungen konsultiert.

Helfen konnte ihm keiner.

Tod durch ärztlichen Kunst- fehler Beethovens letzte Krank- heitsphase begann im Dezem- ber 1826 mit einer Lungen- entzündung. Brechdurchfälle, Gelbsucht und nächtliche Er- stickungsanfälle folgten. Der Leib trieb unförmig auf. Vier Mal wurde Beethoven punk- tiert, wobei ihm die Ärzte nahe- zu 40 Liter Flüssigkeit abzapf- ten. Seine Sektion, die Beetho- ven selbst angeordnet hatte in seinem „Heiligenstädter Testa- ment“ 1802, mit dem Ziel, die Nachwelt möge die Ursache seiner Taubheit erforschen, be- wies, dass Ludwig van Beetho- ven letztlich an den Folgen einer Schrumpfleber (Leberzirrhose) im Leberkoma starb, nachdem mehrere Bauchpunktionen zur Behebung der starken Wasser- sucht (Aszites) vorausgegangen waren. ■

Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin / Journalistin VORSCHAU

In unserer Serie „Krank- heiten berühmter Persön- lichkeiten“ stellen wir Ihnen demnächst folgende Menschen vor:

+ Vincent van Gogh (Ohrensausen/Tinnitus, schizoaffektiv, bipolar]

+ Papst Johannes Paul II.

(Parkinson) + Sven Hannavald

(Burnout/psycholo- gische Krankheiten) + Evita

(Gebärmutterkrebs) + Sigmund Freud

(Gaumenkrebs) + Ludwig II (Hirnhautent-

zündung und Folgen) + Friedrich Nietzsche (pa-

ranoide Schizophrenie)

»Vier Mal wurde Beethoven punktiert, wobei ihm die Ärzte nahezu 40 Liter Flüssigkeit abzapften.«

, Weitere Informationen zu Syphilis und Vergiftungen finden Sie, wenn Sie diesen Artikel online unter www.pta-aktuell.de lesen!

WEBCODE: E5083

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Schmerz im tiefliegenden Mus- kelgewebe wahr, oft auch auf der Haut oder im Bereich der Gelenke, auch wenn diese selbst nicht betroffen sind.. Fast immer treten Schmerzen im

Damals hatte eine meiner Vorgängerinnen zusammen mit den Staats- und Regierungschefs aller Länder der Erde einen Aktionsplan „für die Menschen, den Pla- neten und den

Der neue Studiengang des Instituts Sekundarstufe I der PHBern ermöglicht Personen, die bereits über einen Bachelorabschluss einer Universität oder Fachhochschule in

Dass die Bundesregierung hierzu elegant schweigt, liegt auf der Hand – Frau Merkel, der Chefarchitektin des Euro- zonen-Umbauplans, nimmt eine Mehrheit der Deutschen ja offenbar

• Nahrungs- und Genussmittel werden nicht am Arbeitsplatz aufbewahrt oder verzehrt. • grundsätzliches Rauch-

Tourismus- und Regionalpolitik teilen aber noch ein weiteres «historisches» Pro- blem, welches in der Botschaft nicht ange- sprochen wird: Sie spielen im institutionel- len

Obwohl die meisten Versuchspersonen angaben, keine Vorurteile gegen Frauen in Führungspositionen zu haben, bekamen die Diskussionsleiterinnen im Experiment deutlich mehr

Zuletzt haben wir sehr schwierige Zeiten erlebt, nicht nur im privaten Umfeld, sondern auch in unserer therapeutischen Arbeit. Eines der prägendsten Phänomene der letzten Monate