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Vom Gauhaus zum Sitz der Tiroler Landesregierung

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Academic year: 2022

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Vom Gauhaus zum Sitz der Tiroler

Landesregierung

Die Geschichte des

Neuen Landhauses

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Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Leserinnen und Leser!

Das „Neue Landhaus“ ist heute ein Hort der Demokratie. Doch auch seine Entstehung in den 1930er Jahren und seine Nutzung als Sitz der nationalsozialistischen Verwaltung sind Teil unserer Geschichte. In diesem Bewusstsein um die Verantwortung für einen transparenten und offenen Umgang mit der Vergangen- heit haben renommierte Historikerinnen und Historiker im Auftrag der Tiroler Landesregierung die geschichtliche Veran- kerung des „Neuen Landhauses“ mit dem Nationalsozialismus in einem einjährigen Prozess analysiert und dokumentiert.

Darüber hinaus wurden umfangreiche Maßnahmen zur Infor- mation und Erinnerung ausgearbeitet und umgesetzt. Ziel ist es, ein allgemeines Bewusstsein in der breiten Bevölkerung hin- sichtlich der NS-Geschichte des Landhauses zu schaffen. Der vorliegende Folder bietet einen ersten Überblick.

Landesrat Johannes Tratter

Als Sitz des Landtages, der Landesregierung und der Landes- verwaltung sind die Amtsgebäude am Landhausplatz zwischen der Maria-Theresien-Straße und der Wilhelm-Greil-Straße ein zentraler Anlaufpunkt in der Landeshauptstadt. Während das „Alte Landhaus“ als eines der prunkvollsten Gebäude der Barockzeit auch zu den touristischen Highlights in Innsbruck zählt, ruft das „Neue Landhaus“ mit seinem Ursprung in der Zeit des Nationalsozialismus oft weniger positive Assoziatio- nen hervor. Daher war es wesentlich, die Planungs-, Bau- und Nutzungsgeschichte des Gebäudes aufzuarbeiten. Im Zuge eines öffentlichen Dialogs – unter anderem mit Gedenk- und Informationstafeln im und am Landhaus – wird die Bevölke- rung eingebunden und somit eine zeitgemäße Erinnerungskul- tur geschaffen.

Landesamtsdirektor Herbert Forster

Vorwort

Landesrat Johannes Tratter

Landesamtsdirektor Herbert Forster

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Noch im Juli 1938 wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben, für den acht Projekte eingereicht wurden. Zum Sieger kürte die Jury am 12. August den Entwurf der Architekten Walter und Ewald Guth, die wie alle anderen Bewerber Mitglieder der NSDAP waren. Beiden hatten bei Clemens Holzmeister, von dem sie stark beeinflusst wurden, in Wien studiert. Sie orien- tierten sich bei ihrer Umsetzung an bestehenden NS-Bauten und verstanden ihren Entwurf als „Abstraktion eines auffliegen- den Adlers“.

Auf Wunsch von Gauleiter Hofer, der die Raumkapazität er- höhen wollte, mussten die Gebrüder Guth bei gleichbleibender Gebäudehöhe ein fünftes Geschoss integrieren sowie einen Wirtschaftstrakt im Hofbereich miteinplanen. Die endgültige Überarbeitung der Entwürfe erfolgte durch Architekt Albert Bermoser von der Bauabteilung des Landes. Seine Adaptie- rungen führten zu einer stärkeren neoklassizistischen Ausrich- tung des Gebäudes: Insbesondere der Eingangsbereich wurde adaptiert, indem die fünf Durchgänge des Guth’schen Ent- wurfs einer dreigliedrigen Eingangssituation wichen. Bermoser scheint dabei von jüngst entstandenen NS-Bauten beeinflusst worden zu sein. Der ursprünglich eher nüchtern-funktionale Charakter trat nun zugunsten einer stärkeren Betonung der repräsentativen Aussage des Gebäudes in den Hintergrund, was durchaus im Sinne Hofers war.

Noch während die Entwürfe überarbeitet und die endgültigen

Planung und Errichtung

Da in dem in den Jahren 1725 bis 1728 nach Plänen von Georg Anton Gumpp errichteten barocken Tiroler Landhaus für die stetig wachsende Verwaltung der notwendige Raum fehlte, gab es bereits in der Monarchie Überlegungen hinsichtlich bau- licher Erweiterungen, jedoch verhinderte der Erste Weltkrieg die Umsetzung konkreter Planungen. Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage der Nachkriegszeit verfolgte man dieses Projekt nicht weiter. Erst Ende der 1920er Jahre wurden diese Pläne wieder aufgegriffen.

Das Tiroler Landhaus, das die Nationalsozialisten am 11. März 1938 in Besitz genommen hatten, besaß für sie als „wichtigste Insignie der Macht“ einen hohen Stellenwert. Daher war nicht nur der enorme „Raumhunger“ des stark angewachsenen Staats- und Parteiapparats für die Erweiterungspläne der neuen Führung verantwortlich, sondern auch der Wunsch, mit der Errichtung eines Regierungszentrums ein nach außen hin sicht- bares, steingewordenes Abbild der nationalsozialistischen Idee und Macht zu schaffen.

Die rasche Inangriffnahme und Umsetzung dieses Projekts soll- te unter entsprechender propagandistischer Begleitung nach den vergangenen Jahren des Stillstands den Aufbruch in eine neue Zeit symbolisieren und Gauleiter Franz Hofer als Mann der Tat inszenieren.

Erste Überlegungen

Wettbewerbsbeitrag von Walter und Ewald Guth

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Pläne fertiggestellt wurden, erfolgten die notwendigen be- hördlichen Schritte mit der Bauverhandlung am 12. September und der Ausstellung des Baubescheids am 22. November 1938 durch die Stadt Innsbruck; Abweichungen von der geltenden Bauordnung wurden dabei toleriert. Mit den Bauarbeiten, die bereits seit Oktober in vollem Gang waren, hatte man die Firma Hinteregger als Generalunternehmen beauftragt. Deren Inhaber, der Vorarlberger Gebhard Hinteregger, war illegaler Nationalsozialist und während des Ständestaates aus diesem Grund zeitweilig in Haft. Auch für die anderen Arbeiten kamen fast ausschließlich Betriebe zum Zug, die von Mitgliedern der NSDAP geführt wurden und während der Verbotszeit durch den Ausschluss von öffentlichen Aufträgen wirtschaftlichen Schaden erlitten hatten.

Erstaunlich schnell – der Spatenstich erfolgte im September 1938 – schritten die Bauarbeiten voran: Man arbeitete im Schichtbetrieb rund um die Uhr, sogar zwischen Weihnachten und Silvester. Dabei kam der schneearme Winter den knapp über 200 an der Baustelle tätigen Arbeitern sicher entgegen.

Der sich immer mehr verschärfende Arbeitskräftemangel zwang die Firma Hinteregger, neben Einheimischen auf Arbei- ter aus Italien und Bayern zurückzugreifen. Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter kamen hingegen nicht zum Einsatz, was dem Umstand geschuldet war, dass das Bauvorhaben noch vor Kriegsbeginn abgeschlossen werden konnte. Beim später vollendeten Wirtschaftstrakt kann dies nicht ausgeschlossen werden.

In Anwesenheit von Gauleiter Franz Hofer, Oberbürgermeister Egon Denz und weiterer NS-Funktionäre fand am 6. Mai 1939 die Firstfeier für das „Gauhaus“ statt. Bereits im August be- zogen die ersten Dienststellen ihre neuen Räumlichkeiten. Der Küchentrakt im Innenhof mit dem Gemeinschaftssaal, der als Kantine diente, wurde erst im Herbst 1941 fertiggestellt.

Zur Finanzierung des rund 2,5 Millionen Reichsmark teuren Bauvorhabens bediente sich Gauleiter Hofer der Enteignung kirchlichen Vermögens. So wurde das Collegium Canisianum des Jesuitenordens als „volks- und staatsfeindliches Vermögen“

eingezogen und Anfang 1942 um 1,5 Millionen Reichsmark ver- kauft, die zur Tilgung des aufgenommenen Kredits verwendet wurden.

Mit der gleichen Rücksichtslosigkeit ging das Regime bei der Erwerbung der im Zuge der Errichtung des Gauhauses und der Ausgestaltung des Regierungszentrums benötigten Immobilien vor. Sich dem „Wunsch“ des Gauleiters zu widersetzen, war nicht möglich und ratsam, allerdings wurden bei jenen Ob- jekten, die angekauft wurden, angemessene Entschädigungen bezahlt. Bei anderen Objekten, beispielsweise in der Meraner- straße, erfolgte die Kompensation durch die Überlassung von

„arisierten“ Wohnungen und Liegenschaften.

„Münchner Maurer“

bei der Arbeit

Gauleiter Franz Hofer und Bauunternehmer Gebhard Hinteregger bei der Firstfeier

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stand, was der ursprünglichen Intention zuwiderlief. Für feier- liche Veranstaltungen griff man auf den Festsaal im Alten Land- haus, den heutigen Landtagssitzungssaal zurück, meist fanden diese jedoch im großen Stadtsaal statt. Auch der Landhausplatz wurde der ihm zugedachten Funktion nicht gerecht und diente nur selten öffentlichen Veranstaltungen wie beispielsweise jener für die Opfer des Bombenangriffs vom 15. Dezember 1943 mit deren am Platz aufgebahrten Särgen. Massenveranstaltun- gen im Freien fanden meist am „Adolf-Hitler-Platz“ (Rennweg) vor dem Landestheater statt.

Im Rahmen einer auch für Innsbruck angedachten großzügigen städtebaulichen Umgestaltung samt Errichtung eines Gau- forums und der Anlage einer repräsentativen Nord-Süd-Achse mit Verlegung des Bahnhofs, die jedoch über das Entwurfs- stadium nicht hinauskamen, wurde der Landhauskomplex nicht miteinbezogen. Selbst die in diesem Areal geplante Ausgestaltung des Landhausplatzes zu einem großzügigen Aufmarschplatz mit südseitigem Abschluss durch das Haus der Bergsteiger fiel den beschränkten Ressourcen zum Opfer, die vor allem im Bereich der Neuschaffung von Wohnraum infolge der Südtirol-Option benötigt wurden.

Landhauserwei- terungsbau mit den südlich davon gelegenen, damals noch bestehenden Gebäuden Gemeinschaftssaal

(Wirtschaftstrakt) im

„Tiroler Heimatstil“

Das fertiggestellte Gauhaus, das nun die offizielle Bezeichnung

„Landhauserweiterungsbau“ trug, war für die Dienststellen der Partei vorgesehen, deren fast 400 Bedienstete nun die neuen und modernen Räumlichkeiten bezogen, während die staatli- che Verwaltung im historischen Landhaus verblieb. Zusammen mit der Gauselbstverwaltung diente der gesamte Gebäude- komplex rund 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als Arbeitsstätte. Die gemeinsame Unterbringung von staatlichen und Parteiorganen war ganz im Sinne Hofers, der eine mög- lichst enge Einheit von Partei und Staat anstrebte.

Die rund 250 Büros waren modern und funktional ausgestattet, allerdings mit 15 bis 18 m2 relativ klein. Lediglich das Arbeits- zimmer von Gauleiter Hofer (50 m2) im ersten Obergeschoß so- wie der benachbarte Sitzungssaal (136 m2) waren großzügiger bemessen und repräsentativer ausgestattet. Der künstlerischen Ausgestaltung des neu errichteten Gebäudes maß man wenig Bedeutung bei: In der Kanzlei Hofers und im großen Gemein- schaftssaal über dem Küchentrakt (2004 abgerissen) dominier- te der sogenannte „Tiroler Heimatstil“, der Sitzungssaal, der für größere Dienstbesprechungen genutzt wurde, zeigte sich mit seiner Eichenvertäfelung repräsentativer und folgte dem

„Reichskanzleistil“.

Die Nutzung in der Folgezeit macht deutlich, dass beim Land- hauserweiterungsbau die Funktion über der Repräsentation

Ausstattung und

Funktion

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der Aktion T4, der Vernichtung lebensunwerten Lebens, um nur einige von vielen Beispielen zu nennen. Auch wenn hinsicht- lich der Verantwortung und Beteiligung zwischen Führung und unteren Rängen deutlich differenziert werden muss, blieb wohl niemandem der Bediensteten gänzlich verschlossen, dass Un- recht geschah.

In den letzten Kriegstagen wurde deutlich, dass das Land- haus seine Rolle als Machtzentrum der nationalsozialistischen Herrschaft in Tirol verloren hatte. Gauleiter Hofer zog sich mit seinem Stab auf den Lachhof oberhalb von Volders zurück, wo er schließlich durch den amerikanischen Agenten Fred Mayer festgenommen wurde. Das weitgehend verlassene (Alte) Land- haus wurde von der österreichischen Widerstandsbewegung am 3. Mai 1945 gegen 14 Uhr kampflos in Besitz genommen.

Der sogleich eingesetzte Ordnungsausschuss unter Leitung von Karl Gruber nahm in den barocken Räumlichkeiten seine Arbeit auf; hier und nicht im Landhauserweiterungsbau sahen sie den Platz für die neue Führung.

Die am Abend kampflos in Innsbruck einrückenden ameri- kanischen Truppen hingegen richteten ihren Stützpunkt im Landhauserweiterungsbau ein, wo auch am 5. Mai 1945 im Sitzungssaal die Kapitulation der in Tirol operierenden Reste der 19. Deutschen Armee unter General Erich Brandenberger unterzeichnet wurde. Die damals getroffenen Weichenstellun- gen führten dazu, dass der von den Amerikanern am 22. Mai zum provisorischen Landeshauptmann bestellte Karl Gruber mit seinem Stab im Alten Landhaus seine Wirkungsstätte fand, während sich die amerikanische und später die französische Besatzungsmacht im Neuen Landhaus einquartierten.

Unterzeichnung der Kapitulation der 19.

Armee im heute noch erhaltenen Sitzungssaal

Machtzentrale der NS-Herrschaft

Aufbahrung der Opfer des Luftangriffs vom Dezember 1943 auf dem Landhaus- platz

Das Landhaus, ganz konkret der Landhauserweiterungsbau mit dem Regierungssitz von Gauleiter Franz Hofer, bildete das Zen- trum des NS-Staates im Gau Tirol-Vorarlberg; daran erinnern übrigens die beiden Wappen dieser Länder an der heutigen Ostfassade – der in der Mitte befindliche Reichsadler wurde nach der Befreiung 1945 entfernt. Hier in der Schaltzentrale des Unterdrückungsapparates fielen die Entscheidungen zur Planung und Ausführung der in den Jahren 1938 bis 1945 ver- übten Verfolgungen und Verbrechen, hier wurden diese Maß- nahmen angeordnet und bürokratisch „begleitet“. Im Landhaus wurde nicht gefoltert und gemordet, dies geschah an anderen Orten, beispielsweise in der Gestapo-Zentrale in der Herren- gasse oder im „Arbeitserziehungslager“ Reichenau.

Auch wenn die Hauptverantwortung dafür unzweifelhaft bei Franz Hofer und den Mittätern aus seiner unmittelbaren Um- gebung lag, so waren doch fast alle Dienststellen des Landhau- ses in irgendeiner Form an Verfolgungsmaßnahmen beteiligt, zumindest aber am Funktionieren des Repressionsapparates, beginnend mit der Entfernung und fallweisen Inhaftierung von Funktionären und Beamten des Ständestaats über die Enteig- nung von kirchlichem Besitz und die Arisierung von jüdischem Vermögen bis hin zur Einbindung in die Transporte im Rahmen

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1954 nur noch das halbe Neue Landhaus benötigte. Nach dem Abzug der Franzosen im Jahr 1955 konnte das Neue Landhaus endlich der Tiroler Landesregierung und -verwaltung vollstän- dig zur Verfügung gestellt werden.

Das „Gauhaus“ als steingewordene Verkörperung der natio- nalsozialistischen Herrschaft verschwand mit dem Ende des Krieges aus dem Fokus der politischen Eliten Tirols, was umso leichter fiel, da zunächst die Besatzungsmacht diese Räumlich- keiten in Besitz genommen hatte; die Tiroler Landesregierung hatte ihren Sitz im „unbelasteten“ Alten Landhaus.

Die französischen Behörden sahen sich als Besatzungsmacht auch in der Verantwortung, die Spuren und Relikte des Natio- nalsozialismus auszulöschen, um damit den Weg in eine demo- kratische Zukunft zu ebnen. So wurde am Neuen Landhaus die Abnahme des Reichsadlers an der Ostfassade und der Haken- kreuzelemente der Balkonbrüstungen veranlasst und die Tiroler Behörden angewiesen, alle anderen in den Amtsräumen noch befindlichen Dokumente, Bücher, Objekte etc. mit NS-Bezug zu entfernen.

In Bezug auf das „Gauhaus“, das für sie als Symbol der NS-Herr- schaft stand, planten die Franzosen mit der Errichtung eines Denkmals, das Gebäude von seiner belasteten Vergangenheit zu befreien. Allerdings wurde mit der Schaffung des Befrei- ungsdenkmals und der Anlage des großflächigen Platzes das Gegenteil erreicht. Die monumentale Architektur des Neuen Landhauses kam nun vollends zur Geltung, gleichzeitig griff das von Jean Pascoud entworfene Denkmal die ästhetischen Merkmale der Herrschaftsarchitektur des gegenüberliegenden NS-Baus auf. Die intendierte Sichtbarmachung des Gegensatzes von Freiheit und Diktatur, von Demokratie und Gewaltherr- schaft war – zumindest auf den ersten Blick – nicht erkennbar.

Die ersten Wochen nach der Befreiung müssen hinsichtlich der Verhältnisse im Landhauskomplex als schwierig bis chaotisch bezeichnet werden. Da Mangel an allem herrschte, kam es zu Diebstählen und Plünderungen: das notwendige Kanzlei- material für einen geordneten Verwaltungsbetrieb fehlte, die Raumnot war infolge des Platzbedarfs der amerikanischen Be- satzungsbehörde mehr als drückend. Letztere verschlimmerte sich noch mit der Übergabe der Besatzungsagenden von den USA auf Frankreich Anfang Juli, da im Landhauserweiterungs- bau die für die gesamte französische Zone zuständige Militär- regierung eingerichtet wurde und zusätzlich zu den von den Amerikanern bislang genutzten Räumlichkeiten weitere 120 Räume eingefordert wurden. Gleichzeitig verlangten kirchliche Institutionen die ihnen in der NS-Zeit geraubten Immobilien zurück, beispielsweise das Canisianum, in denen verschiedene Behörden untergebracht waren. Die Rückstellungen erfolgten – aufgrund der geschilderten Umstände verständlich – nicht nur in diesen Fällen schleppend.

Allmählich besserte sich die Situation: Die Kriegsschäden wur- den beseitigt, die materielle Ausstattung der Büros konnte Zug um Zug verbessert werden und die französische Besatzungs- macht reduzierte ihren Raumbedarf stetig, sodass sie im Juli

Sitz der

Besatzungsmächte

Beflaggung durch die französische Be- satzungsmacht

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Mit dem Ende der französischen Besatzung 1955 wurde das Neue Landhaus nun vollständig mit Dienststellen des Landes besiedelt; das ehemalige Büro von Gauleiter Franz Hofer diente fortan als Sitzungszimmer der Tiroler Landesregierung. Eine of- fene und transparente Auseinandersetzung mit dem Gebäude und seiner Geschichte blieb aus.

Erst mit der Neugestaltung des nun nach Landeshauptmann Eduard Wallnöfer (1963-1987) benannten Landhausplatzes in den Jahren 2008 bis 2010 fand eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit des Neuen Landhauses statt. Das realisierte Projekt versuchte durch die Einbindung des Denkmals in eine Hügellandschaft die monumentale Herrschaftsarchitektur des ehemaligen „Gauhauses“ zu überwinden und die Symmetrie zwischen beiden Baukörpern zu brechen.

Das als Gauhaus errichtete Neue Landhaus ist Zeugnis eines dunklen Abschnitts der Tiroler Geschichte – schon alleine aus diesem Grund ist die in der Vergangenheit immer wieder erho- bene Forderung nach Umgestaltung, ja sogar nach Abriss des Gebäudes, nicht angebracht. Man kann die eigene Geschichte nicht ungeschehen oder unsichtbar machen.

Die unbequeme Vergangenheit des Neuen Landhauses muss vielmehr Auftrag für unsere demokratisch legitimierte Regie- rung und Verwaltung sein, in diesem Gebäude zum Wohle des Landes Tirol und seiner Menschen zu wirken.

Aufbruch in die Gegenwart

Blick von der Maria- Theresien-Straße zum Landhaus, im Vordergrund Bombenruinen der damaligen Fugger- gasse, um 1948

Der Landhausplatz nach der Neugestal- tung 2008 bis 2010

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Amt der Tiroler Landesregierung Abteilung Tiroler Landesarchiv Michael-Gaismair-Straße 1 6020 Innsbruck

Telefon: 0512 508 3502 E-Mail: landesarchiv@tirol.gv.at

Text: Dr. Christoph Haidacher (basierend auf dem Forschungsbericht von Dr. Christian Mathies und Dr.in Hilde Strobl)

Bildnachweis: Innsbrucker Nachrichten; Na- tional Archives, Washington D.C.; Stadtarchiv Innsbruck; Tiroler Landesmuseen-Historische Sammlung; Günther Wett; Portraitfotos: Tanja Cammerlander, Maximilian Brandhuber

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