Machbarkeitsstudie zur Kopplung solarthermischer Nahwärme mit einem tiefen Geothermalen Energiespeicher (GtES) in Baden-Württemberg
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(2) Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung.................................................................................................................................................. 5 1.1 Geothermische Energiespeicher in Europa ................................................................................... 6 1.2 Geothermische Energiespeicher in Deutschland .......................................................................... 7 1.3 Zielsetzung dieses Forschungsvorhabens und Aufbau der Arbeit ................................................ 7 2 Erstellung eines strukturgeologischen 3D Untergrundmodells ............................................................. 10 2.1 Datengrundlage ........................................................................................................................... 10 2.2 Geologische Modellierung........................................................................................................... 11 2.3 Strukturgeologische Beschreibung der Freiburger Bucht ........................................................... 12 3 Aufbau des numerischen Modells .......................................................................................................... 14 3.1 Dimensionierung des numerischen Modells ............................................................................... 15 3.2 Modelldiskretisierung und Sensitivitätsanalyse .......................................................................... 16 3.3 Parametrisierung und Kalibrierung ............................................................................................. 16 3.4 Modellierungsszenarien .............................................................................................................. 19 4 Technisch‐ökonomische Bilanzierung des zyklischen Speicherbetriebs ................................................ 21 4.1 Druck‐ und Temperaturverhalten des Speichers bei unterschiedlichen Förderraten und Injektionstemperaturen .................................................................................................................... 22 4.1.1 Reservoirdruck ................................................................................................................ 22 4.1.2 Reservoirtemperatur ....................................................................................................... 24 4.2 Energetische Entzugsleistung des Speichers bei unterschiedlichen Förderraten und Injektionstemperaturen .................................................................................................................... 30 4.2.1 Installierte Leistung ......................................................................................................... 30 4.2.2 Energetische Bilanzierung & Speichereffizienz ............................................................... 34 4.2.3 Ökonomische Bilanzierung .............................................................................................. 39 4.3 Einfluss der Reservoirdurchlässigkeit auf die Wirtschaftlichkeit des Speicherbetriebs .............. 44 4.4 Einfluss der Länge der Filterstrecken im Aquifer auf den Speicherbetrieb ................................. 48 5 Szenario eines zyklischen Speicherbetriebs nach 2000 tägiger Primäraufladung ................................. 52 5.1 Druck‐ und Temperaturverhalten des Speichers bei unterschiedlichen Primäraufladungen ..... 52 5.1.1 Reservoirdruck ................................................................................................................ 52 5.1.2 Reservoirtemperatur ....................................................................................................... 55 5.2 Energetische Entzugsleistung des Speichers bei unterschiedlichen Primäraufladungen ........... 59 5.2.1 Installierte Leistung ......................................................................................................... 59 5.2.2 Energetische Bilanzierung & Speichereffizienz ............................................................... 61 3 .
(3) 5.2.3 Ökonomische Bilanzierung .............................................................................................. 64 6 Technisch‐ökonomische Bilanzierung eines Speichers auf der Basis realer Wärmebedarfs‐ und Wärmebereitstellungszahlen ................................................................................................................. 67 6.1 Modellierung am Beispiel einer Solar beheizten Modellkommune mit 1000 Haushalten ......... 67 6.2 Modellrechnungen mit realen Solarthermie Erträgen ................................................................ 75 7 Zusammenfassung und Ausblick ............................................................................................................ 83 Literaturverzeichnis ..................................................................................................................................... 90 Quellenverzeichnis Internet ........................................................................................................................ 91 Anhang ........................................................................................................................................................ 92 . . . 4 .
(4) 1 Einleitung Im Energieszenario Baden‐Württemberg 2050 vom Dezember 2011 zielt die Landesregierung Baden‐ Württemberg auf einen Ausbau des Anteils erneuerbaren Energien auf 80% am Gesamtenergieverbrauch bis zum Jahr 2050 (Schmidt et al., 2011). Voraussetzung dafür ist eine Reduzierung des Energieverbrauchs um 49% bezogen auf den Verbrauch 2010. Zudem müssen innovative Konzepte bei der Primärenergieversorgung entwickelt werden, um den Einsatz fossiler Energieträger zu begrenzen bzw. deutlich effizienter zu gestalten. Ein wesentliches Mittel zur Energieeinsparung ist hierbei die Steigerung der Energieeffizienz bei der Stromgewinnung, die Nutzung der Geothermie insbesondere zur Wärmeversorgung sowie die Speicherung von Wärme. Die Erhöhung des Anteils der Kraft‐Wärme‐Kopplung (KWK) kann die Effizienz der Stromerzeugung signifikant erhöhen. Deren Effizienz wird derzeit jedoch gemindert, da die produzierte Elektrizität und Wärme i.d.R. nicht in gleichem Ausmaß und zum selben Zeitpunkt nachgefragt werden, in dem diese anfallen. Die Überschussenergie für einen späteren Abruf zwischen zu speichern, stellt eine Möglichkeit dar, die Effizienz von KWK‐Anlagen zu steigern. Auf diese Weise kann die Wärme zu Zeiten, in denen z.B. weniger Heizwärme benötigt wird, in den Speicher als Überschusswärme eingelagert werden, und zu Zeiten mit erhöhtem Wärmebedarf (z.B. Winter) aus dem Speicher entnommen werden. Eine zyklische, saisonale Speicherbewirtschaftung kann sich somit positiv auf die Energieproduktion auswirken. Tiefe geothermische Energiespeicher (GtES) sind interessant zur temporären Speicherung von industrieller Prozesswäre oder überschüssiger Wärme aus Blockheiz‐, Gas‐ und Dampfturbinen‐Kraftwerken. Überschusswärme kann aber auch z.B. durch Solarthermiekraftwerke am Ort der unterirdischen Einspeicherung produziert werden. Als GtES werden gut durchlässige tiefe Grundwasserleiter (Aquifere) genutzt. Über Förder‐ und Entnahmebohrungen erfolgt die zyklische Einlagerung bzw. Entnahme von Wärme mit Wasser als Wärmeträger. Tiefe geothermische Energiespeicher lassen sich z.B. mit Solarthermie durch Einspeicherung von sommerlicher „Überschusswärme“ kombinieren. Auch die Kombination mit KWK‐Anlagen, bei denen im Sommer „Überschusswärme“ anfällt, sind potenzielle Nutzungsmöglichkeiten für GtES. Grundsätzlich können Aquifere in geringer Tiefe zusätzlich für Kühlzwecke genutzt werden. Die in den Sommermonaten „eingelagerte“ Wärme kann zu Bedarfszeiten, i.d.R. im Winter, aus dem GtES wieder entnommen, d.h. gefördert werden. Da die Fließgeschwindigkeiten in tiefen Grundwasserleitern sehr gering sind, entstehen nur geringe Verluste der eingelagerten Wärme. Auch steigt die Effizienz eines Aquiferspeichers mit zunehmender Betriebsdauer, da sich durch die Wärmeeinlagerung auch die Temperatur des Speichergesteins, d.h. des Gesamtspeichers, erhöht. Zudem lassen sich tiefe geothermische Energiespeicher gut mit Wärmepumpen kombinieren, so dass die in den Bedarfszeiten wieder entnommene Wärme nach Passage durch den Wärmetauscher auf einem konstanten Niveau gehalten werden kann. Somit bieten tiefe geothermische Energiespeicher optimale Voraussetzungen für den Betrieb eines Nah‐ oder Fernwärmenetzes zur Wärmeversorgung z.B. einzelner Gemeinden oder kommunaler Gebäude und Großinfrastrukturprojekten. . 5 .
(5) 1.1 Geothermische Energiespeicher in Europa Weltweit existieren derzeit über 2800 Aquiferspeicher, die zusammen mehr als 2,5 TWh für Heiz‐ und Kühlzwecke zur Verfügung stellen. Allerdings handelt es sich bei 99% dieser Untergrundspeicher um Niedrig‐Temperatur‐Systeme mit Speichertemperaturen <25°C. Als saisonale Langzeitwärmespeicher sind geothermale Anlagen bereits im Gebrauch, beispielsweise als oberflächennahe Erdwärmesondenspeicher. Diese Speicher sind jedoch mit Speicherverlusten behaftet und benötigen zur Anhebung der Temperatur, zumindest in der saisonalen Endphase, eine Wärmepumpe (zusätzlicher Energiebedarf). Sie können zudem aus Grundwasserschutzgründen nicht überall realisiert werden. 85% aller Untergrundspeicher befinden sich in den Niederlanden und weitere 10% in Schweden, Dänemark und Belgien (Fleuchaus et al., 2017). In Deutschland gibt es derzeit nur drei Aquiferspeicher. Abb. 1 zeigt die Entwicklung der in den Niederlanden installierten Systeme im Verlauf der letzten 30 Jahre. Der Grund für diesen Zuwachs liegt ursprünglich eher in der Notwendigkeit, Gewächshäuser möglichst kostengünstig zu klimatisieren, als an staatlichen Fördermaßnahmen. Allerdings ist eine Voraussetzung hierfür eine geringe Grundwasserströmung, was in Deutschland für oberflächennahe Aquifere oft nicht gegeben ist. Zudem werden Aquiferspeicher auch in den Niederlanden auch aus Platzgründen in immer tieferen Anlagen erstellt. . Abb. 1: Entwicklung von oberflächennahen Aquiferspeichern in den Niederlanden. . Für eine langfristige, saisonale Wärmespeicherung wären möglichst verlustfreie Wärmespeicher vorteilhaft, deren Wärme auch direkt ‐ also ohne Wärmepumpen ‐ abgerufen werden kann. Weiterhin sind hohe Speicherkapazitäten mit zugleich großen Speicher‐ und Entnahmeleistungen nötig. Die erforderlichen großen Volumina sind bei oberflächennahen Speichern oft nicht gegeben. Tiefere Aquifer‐ speicher können diese Voraussetzungen weitgehend erfüllen. Hochtemperatur‐Aquiferspeicher (>90°C) sind im Gegensatz zu Niedertemperatur‐Speicher weltweit noch wenig erprobt. Zwar wurden Fließraten von 30 l/s und Temperaturen bis 100°C bereits erfolgreich realisiert, jedoch gibt es weltweit mit Beladungstemperaturen über 100°C noch wenig Erfahrung. Bei den Hochtemperaturspeichern in Neubrandenburg (s. Kapitel 1.2) und Utrecht (NL) werden 90°C heißes Wasser in den Untergrundspeicher eingelagert. In Zwammerdam (NL) waren es 88°C. Die Anlagen in den . 6 .
(6) Niederlanden haben gezeigt, dass die thermische Effizienz der tiefen Aquiferspeicher wesentlich stärker von der Charakteristik des Wärmebedarfs geprägt wird als von derjenigen des Speichers. . 1.2 Geothermische Energiespeicher in Deutschland Das deutsche Reichstagsgebäude verfügt über zwei Aquiferspeicher, einen Kälte‐ und einen Wärmespeicher. Der Kältespeicher liegt in 30‐60 m Tiefe und dient der Kühlung von Gebäuden. Der Wärmespeicher befindet sich in 300 m Tiefe; es handelt sich um einen soleführenden Sandstein‐Aquifer. In den Wärmespeicher wird die überwiegend in den Sommermonaten aus dem Blockheizkraftwerk (BHKW) anfallende Überschusswärme mit einer Temperatur von bis zu 70°C (im Mittel 55°C) und Injektionsraten bis 28 l/s eingelagert. Die Beladung des Speichers erfolgt stundenweise und ist somit atypisch. Die in den Sommermonaten eingelagerte Wärme beträgt pro Jahr 2.650 MWh. In den Wintermonaten erfolgt eine kontinuierliche Entladung des Wärmespeichers zur Deckung des Wärmedefizites aus dem BHKW. Die Fördertemperaturen liegen bei 65‐30°C bei entsprechend hohen Förder‐ wie Injektionsraten und gehen im Laufe des Entnahmezyklus zurück. Die pro Jahr entnommene Wärme liegt damit bei 2.050 MWh. Das Verhältnis von genutzter zu eingelagerter Wärme (Rückgewinnungskoeffizient) liegt damit bei 77%. Im Kältespeicher beträgt das Verhältnis zwischen genutzter und eingelagerter Kälte sogar 93% (Sanner et al., 2005). Der Wärmespeicher Neubrandenburg ist ein Hochtemperatur‐Aquiferspeicher. Hier wird saisonal 85‐90°C heiße Überschusswärme (ca. 20 MW) aus einem Heizkraftwerk in den Oberen Postera‐Sandstein in 1250 m Tiefe mit 28 l/s injiziert. Die ursprüngliche Reservoirtemperatur lag bei 55°C. Die Entnahmetemperatur liegt derzeit bei ca. 75°C. Bei der Anlage geht man nach mehrjährigem Betrieb von einem Rückgewinnungskoeffizienten von 72% aus. In Rostock ist ein Aquifer‐Wärmespeicher in eine solar unterstützte Nahwärmeversorgung eingebunden. Der Aquifer befindet sich in einer Tiefe von 30 m unter dem Gebäude und wird über zwei Brunnenbohrungen erschlossen. Der Speicher wird saisonal auf einem mittleren Temperaturniveau bis maximal 50°C betrieben. Im Sommer wird überschüssige Solarwärme von Kollektoren (Kollektorfläche: 1000 m²) eingespeichert. In der Heizperiode wird die eingespeicherte Wärme wieder gefördert und unterstützt, mit Hilfe einer Wärmepumpe, die Gebäudeheizung und die Warmwasserbereitung. Die gemessenen Speichernutzungsgrade liegen zwischen 55% und 70% (Schmidt und Müller‐Steinhagen 2005). . 1.3 Zielsetzung dieses Forschungsvorhabens und Aufbau der Arbeit Ziel dieses Verbundprojektes ist die Bewertung der technischen und ökonomischen Machbarkeit einer saisonalen Langzeitwärmespeicherung auf der Basis tiefer Aquifer‐Speicher in der Freiburger Bucht. Die Grundlage der Studie ist ein konzeptionelles System‐Layout für den Betrieb eines Aquiferspeichers, welches die Netzanschlüsse von Wärme‐ und Kältelieferanten beinhaltet (Abb. 2). Die Voraussetzung des Speicherbetriebs ist eine phasenverschobene Angebots‐ und Nachfragefunktion für Wärme. So liefert z.B. eine Solarthermieanlage als potenzieller Wärmelieferant im Sommer die meiste Energie, wohingegen im Winter die Nachfrage das Angebot übertrifft. Diese Überschusswärme kann im Sommer in einem tiefen Aquifer zwischengespeichert werden. Die Einspeicherung der Wärme erfolgt im Sommer, in dieser Studie über eine Dublette. Im Winter wird die Wärme aus dem Speicher entnommen und über ein . 7 .
(7) Fernwärmenetz zu den Kunden geliefert. Um dynamische Schwankungen bei der Wärmebereitstellung zu puffern, kann ein Kurzzeitspeicher (z.B. 3 Tage) den Energiefluss stabilisieren. . Abb. 2 Schematische Darstellung der Energieflüsse und eines möglichen Kraftwerk‐Layouts für den Betrieb eines Aquiferspeichers. . Ein erster Schwerpunkt der Studie lag auf der Bewertung der geologischen und geothermischen Untergrundverhältnisse im Raum Freiburg und dem Aufbau eines 3D Reservoirmodells. In Kapitel 2 werden die Eingangsdaten und die geologische Modellierung erläutert. Die für einen zyklischen Speicherbetrieb geeigneten Formationen werden beschrieben und im Kontext der strukturgeologischen Lagerungsverhältnisse in der Freiburger Bucht bewertet. Kapitel 3 dient der Beschreibung des numerischen Modells, welches auf der Basis des strukturgeologischen Untergrundmodells entwickelt wurde. Kapitel 3 gibt einen Überblick über die Dimensionierung, Diskretisierung, Parametrisierung und Kalibrierung des numerischen Models und beschreibt die durchgeführten Sensitivitätsanalysen. Auf dieser Grundlage wurden durch nummerische, thermisch‐ hydraulisch gekoppelte Modellierungen (TH‐Modellierungen) geothermische Erschließungs‐ und Realisierungskonzepte eines geothermischen Speichers erarbeitet und energetisch und ökonomisch bilanziert. Die TH‐Modellierungen verschiedener Betriebsweisen eines Aquiferspeichers wurden szenarienbasiert auf der Basis von theoretischen und realen Wärmebedarfs‐ und Wärmeproduktionszahlen durchgeführt. Folgende Einzelszenarien wurden betrachtet: . Kapitel 4 beinhaltet eine Detailstudie zur Quantifizierung der maximal möglichen Speicherleistungen, ‐energien und –effizienzen auf der Basis von zweiphasigen Speicher‐Heiz‐ Zyklen pro Jahr und konstanten Injektionstemperaturen und Volumenströmen. Die energetische 8 . .
(8) . . . . und ökonomische Bilanzierung erfolgte dabei für variierende Fließraten und Wärmeauskopplungen, um verschiedene Speicherbetriebsszenarien abzudecken. Kapitel 4.3 präsentiert eine weiterführende Detailstudie zum Einfluss der Reservoirpermeabilität auf das energetische Langzeitverhalten des Reservoirs und die Wirtschaftlichkeit des Speicherbetriebes. Kapitel 4.4 beschriebt eine Detailstudie über mögliche Bohrpfadgeometrien zur Erschließung des Reservoirs. In dieser Studie wird gezeigt, wie ein negativer Einfluss zu geringer Reservoir‐ permeabilitäten auf das energetische Langzeitverhalten und die Wirtschaftlichkeit des Speichers durch optimierte Bohrpfaddesigns kompensiert werden kann. In Kapitel 5 werden zwei unterschiedliche Speicherbetriebsweisen energetisch und ökonomisch verglichen. Diese Detailstudie untersucht das Langzeitverhalten der Temperatur und des Reservoirdruckes, sowie die Speicherleistungen, ‐energien und –effizienzen bei unterschiedlichen Zeitspannen der Primäraufladung des Speichers im ersten Jahr. In Kapitel 6 wird ein „Real‐Szenario“ eines zyklischen Aquiferspeicherbetriebes präsentiert. Es beruht auf dynamischen Wärmebereitstellungszahlen in Verbindung mit einem Solarthermie‐ anlage als Wärmequelle. . . . . 9 .
(9) 2 Erstellung eines strukturgeologischen 3D Untergrundmodells 2.1 Datengrundlage Die Erhebung aller strukturgeologischen und geothermisch relevanten Daten im Raum Freiburg stellt die Grundlage der Machbarkeitsstudie dar. Für eine geothermische Potenzialabschätzung muss vor allem die Geometrie potentieller Reservoirkörper im Untergrund ausgewiesen und bewertet werden. Da für die gesamte Freiburger Bucht keine hochauflösenden Seismikschnitte vorliegen und da das Gebiet im Rahmen des INTERREG‐Projekts GeORG (GeORG‐Projektteam, 2013) strukturgeologisch nicht detailliert ausmodelliert wurde, stellen Tiefbohrungen und geoelektrische Tiefensondierungen (Homilius et al., 1991) die wichtigsten Grundlagen für die Erarbeitung eines räumlichen Untergrundmodells dar. Weiterhin wurden bereits vorliegende geologische Interpretationen, bestehend aus Vertikalschnitten und abgedeckten Karten, zur Konstruktion des Untergrundmodells herangezogen (z.B. Groschopf et al., 1996; Villinger, 1999; Jodocy & Stober, 2010). Da diese geologischen Schnitte größtenteils ebenfalls auf den mit großen Unsicherheiten behafteten Ergebnissen der geoelektrischen Tiefensondierungen von Homilius et al. (1991) beruhen, stellen sie die einzigen „harten“ Untergrunddaten dar. Das von uns aufgebaute 3D Untergrundmodell ist somit eine geologisch‐tektonische Neuinterpretation bestehender Interpretationen. Insgesamt wurden 2D Profilschnitte von ca. 380 km Länge neu georeferenziert und ins Modell eingepflegt (Abb. 3). . Abb. 3 Überblick über die verwendeten 2D Profilschnitte zum Aufbau des 3D Untergrundmodells der Freiburger Bucht zwischen Kaiserstuhl (Vordergrund) und dem Schwarzwald (Hintergrund). Das rote Quadrat zeigt die Größe des detaillierten Reservoirmodells. . Weitere Informationen zur Tiefenlage und Mächtigkeit der känozoischen und mesozoischen Einheiten liefern Tiefbohrungen. Im Gebiet der Freiburger Bucht (TK25 7912, 7913, 8012, 8013) wurden 47 Bohrungen mit Teufen größer 200 m abgeteuft. Deren Bohrprofile wurden zusammen mit weiteren 100 flachen Bohrungen vereinheitlicht und in das Modell eingebaut. Sie liefern gemessene Informationen zu den Tiefenlagen der mesozoischen Einheiten und über die Mächtigkeitsvariation der tertiären und quartären Grabenfüllung. Die niedergebrachte Thermalwasserbohrung Zähringen_TB9 (Freiburg Zähringen) stellt die einzige Tiefbohrung im Gebiet des Reservoirmodells dar, welche die gesamte Gesteinsabfolge bis zum kristallinen Grundgebirge durchteufte (Abb. 4). Die hier erbohrten Mächtigkeiten wurden als Referenzwerte für die Interpolation der mesozoischen Einheiten angesetzt. 10 .
(10) Abb. 4 Vereinfachtes Bohrprofil der Thermalwasserbohrung Zähringen_TB9 (links). Die gut durchlässigen Thermalwasserhorizonte im Oberen Muschelkalk und Buntsandstein wurden mit einer Mächtigkeit von 108 bzw. 140 m durchteuft (Durchlässigkeitsverteilung im Oberrheingraben nach STOBER & JODOCY, 2009). . . 2.2 Geologische Modellierung Zielsetzung dieses Arbeitspakets war die Erstellung eines großräumigen geologischen Untergrundmodells und die Definition möglicher Reservoirbereiche für eine hydrogeothermische Energienutzung im Freiburger Untergrund. Das hier erarbeite Untergrundmodell wurde mit dem 3D Modellierungsprogramm Petrel erstellt. Folgende Arbeitsschritte wurden durchgeführt: 1) Georeferenzierung und Visualisierung der geologischen Profilschnitte. 2) Georeferenzierung und Visualisierung abgedeckter Karten zur Tiefenlage und Mächtigkeit einzelner mesozoischer Einheiten sowie von regionalen Störungssystemen. 3) Einbau aller Bohrungen im Modellraum nach Vereinheitlichung der stratigraphischen Bohrprofile. 4) Aufbau eines regionalen Störungsmodells im Modellraum durch die Korrelation von Störungsspuren zwischen einzelnen Vertikalschnitten. Diese Korrelation ist mit Unsicherheiten behaftet, da sich die interpretierten strukturgeologischen Lagerungsverhältnisse zwischen einzelnen Vertikalschnitten z.T. deutlich unterscheiden, besonders bei Schnitten unterschiedlicher Autoren. Dies betrifft sowohl die Anzahl, Position und Geometrie einzelner Störungszonen als auch die Tiefenlage und Mächtigkeit stratigraphischer Einheiten. Auf der Basis strukturgeologisch plausibler Störungsverläufe wurden einzelne Vertikalschnitte neu interpretiert. 5) Festlegen (Picken) der Tiefenlage der mesozoischen Einheiten, der Tertiär‐ bzw. Quartärbasis (Top Mesozoikum). Extrapolation der Schichtgrenzen in die Tiefe anhand bekannter Residualmächtigkeiten in der Freiburger Bucht und anhand des Bohrprofils der Thermalwasserbohrung Zähringen_TB9. 6) Interpolation der stratigraphischen Einheiten mit „Fixpunkten“ an erbohrten Schichtgrenzen (Well Tops). 11 .
(11) 7) Qualitätskontrolle der Schichtlagen und Abgleich der Schichtausbisse im Bereich der Erosionsdiskordanz der Tertiär‐ bzw. Quartärbasis. 8) Berechnung des volumetrischen 3D Modells (Abb. 5). . Abb. 5 Volumetrisches Regionalmodell der Freiburger Bucht (dreifach überhöht). Deutlich erkennbar ist die Schollentektonik der Freiburger Hochscholle mit dem Zähringer Graben nahe der Schwarzwaldrandverwerfung im Osten und der Nimberg‐Horststruktur im Westen. . . 2.3 Strukturgeologische Beschreibung der Freiburger Bucht Das 3D Untergrundmodell beinhaltet die größten Störungszonen und die übergeordneten stratigraphischen Einheiten. Die Lagerungsverhältnisse verdeutlichen die intensive tektonische Gliederung des Untergrundes in der Freiburger Bucht. Der IPM Projektstandort in Freiburg liegt geologisch betrachtet innerhalb einer dem Schwarzwald vorgelagerten Vorbergzone, einer Zwischenscholle zwischen dem Schwarzwald im E und dem Oberrheingraben im W. Diese Hochscholle ist zwischen der Schwarzwald‐ und Rheingrabenrandverwerfung in mehrere kleine Graben‐ und Horstsysteme gegliedert. Strukturell betrachtet liegt der IPM‐Projektstandort in der Grabenstruktur von Zähringen. Er wird im W durch eine N‐ S bis NNW‐SSE streichende Horststruktur (Lehener Berg, Nimberg) und im E durch den kristallinen Grabenrand begrenzt. Der Graben öffnet sich nach Süden. Die NNE bis N‐S streichenden Störungen laufen nach Norden hin aufeinander zu, wodurch die Grabenbreite von ca. 4,5 km im S auf 3 km im N abnimmt. Der Vertikalversatz zum Grabenzentrum wird hierbei von gestaffelten Abschiebungen mit WNW‐ bzw. ESE‐ Einfallen aufgenommen. Dabei nehmen die Versatzraten nach S zu und nach N laufen einzelne Störungszonen komplett aus. Dies könnte darauf hindeuten, dass es sich hier um eine divergente Akkomodationszone handelt, über welche die höheren Vertikal‐ bzw. Extensionsbewegungen im S durch komplex strukturierte Abschiebungssegmente aufgenommen werden. In diesen Zonen können neben gestaffelten (en écholon) Abschiebungen auch größere schräge Transferstörungen oder verbindende 12 .
(12) Flexuren in den Teilschollen vorhanden sein. Hinweise auf solche Internstrukturen finden sich nicht in der Datengrundlage des 3D Modells, können aber dennoch nicht ausgeschlossen werden. Das Vorhandensein einer E‐W verlaufenden Störungszone südlich des IPM‐Standortes wurde bereits in den Arbeiten von Villinger (1999) und Groschopf et al. (1996) postuliert. Sowohl das Alter als auch die Länge und Geometrie dieser Struktur sind nicht beschrieben. Trotz der Unsicherheit wurde diese Struktur in unser Model eingearbeitet, da sie als hydraulische Randbedingung einen positiven oder negativen Einfluss auf die Grundwasserströmung im Reservoir haben könnte. Sie streicht bis zur Horststruktur im W und nimmt den asymmetrischen Vertikalversatz entlang des Zähringer Grabens auf. Innerhalb des Zähringer Grabens sind die mesozoischen und permischen Abfolgen abgesenkt. Die Vertikalversätze dieser Einheiten nehmen von N nach S zu, wobei die größten Abschiebungsraten im Bereich der ehemaligen Thermalwasserbohrung TB 9 zu finden sind. Für den IPM‐Projektstandort (ca. 250 m ü NN) wurden folgende Tiefenlagen berechnet: Top Mesozoikum ‐120 m; Top Muschelkalk ‐440 m, Top Buntsandstein – 620 m, Top Kristallin ‐855 m. Basierend auf den bekannten Tiefenlagen, Residualmächtigkeiten und Durchlässigkeiten der mesozoischen Einheiten kommen für die Realisierung eines tiefen geothermischen Speicher nur die Schichten des Oberen Muschelkalks und des Buntsandsteins in Frage. Beide Einheiten stellen im Oberrheingraben bedeutende hydrothermale Aquifere dar und wurden z.B. in Bruchsal (D) und Riehen (CH) für die Strom‐ und Wärmeproduktion erschlossen. Die interpolierten Tiefenlagen der geothermisch relevanten Zielhorizonte sind in Abb. 6 dargestellt. Für die nummerischen Simulationen der saisonalen Einspeicherung und Produktion von Wärme am Demonstrationsstandort Freiburg wird aufgrund der höheren Temperaturen und Mächtigkeiten im Folgenden nur der Buntsandstein berücksichtigt. . . 13 .
(13) Abb. 6 Tiefenlage (m u.NN) der beiden geothermisch relevanten Thermalwasserhorizonte: Oberer Muschelkalk (oben) und Oberer Buntsandstein (unten). Gut ersichtlich ist die Grabenstruktur von Zähringen, welche durch die parallel streichende Schwarzwaldrandverwerfung im E und eine Horststruktur im W (Lehender Berg, Nimberg) begrenzt wird. . . 3 Aufbau des numerischen Modells Für die Temperatur‐ und Grundwassermodellierungen des Demonstrationsstandortes wurde das geologische Untergrundmodell schrittweise in ein nummerisches 3D Modell überführt. Dieses Model liefert die Eingangsdaten für die anschließende geothermische Modellierung und die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Der Aufbau des numerischen Modells erfolgte in drei Schritten. . . In einem ersten Schritt wurde das stratigraphische Modell anhand bekannter lithologischer und hydraulischer Formationseigenschaften vereinfacht (Idealisierung), um die Anzahl der Vermaschungen (FE‐Vernetzung), und damit die Laufzeit der Modellierungen, zu optimieren. Diese Einheiten des konzeptionellen numerischen Modells wurden zusammen mit den relevanten Störungszonen und dem fiktiven Bohrpfad der Dublette vermascht (Diskretisierung). In einem zweiten Schritt wurden die Einzelelemente des numerischen Modells (Formationen, Störungen, Filterstrecke der Dublette) mit formationsspezifischen Angaben zum hydraulischen und thermischen Verhalten parametrisiert. Anschließend wurde der initiale, ungestörte thermische und hydraulische Zustand (steady state) der Freiburger Bucht modelliert. Er diente als Eingangsmodell für die transienten TH‐Modellierungen einer zyklischen Speicherbewirtschaftung. Die steady state Modellierung wurde anhand bekannter Temperatur‐ und Druckmesswerte kalibriert. . 14 .
(14) . In einem dritten Schritt wurde die Sensitivität des numerischen Modells getestet. Diese Analyse testet die Abhängigkeit der räumlichen und zeitlichen Diskretisierung des Modells auf die Ergebnisse der TH‐Modellierungen, um eine idealisierte Vermaschung der zusammenhängenden Teilstrukturen zu erlangen. Dieser Schritt ist notwendig, um die numerische Stabilität der Modellierung zu erhöhen und die Rechenzeit der Modellierungen zu optimieren. . . 3.1 Dimensionierung des numerischen Modells Das konzeptionelle numerische Modell beruht auf dem entwickelten strukturgeologischen Modell der Freiburger Bucht. Es beinhaltet den Zähringer Graben und wird im E und W durch Störungszonen begrenzt. Um die Anzahl der Vermaschungen im numerischen Modell zu optimieren, wurde das geologische Modell vereinfacht und in ein konzeptionelles 5‐Schichten‐Modell überführt (Abb. 7). Einheiten des Oberen und Mittleren Muschelkalks sowie der Buntsandstein repräsentieren potenzielle Reservoirhorizonte für die Injektion und Produktion von Thermalwasser. Beide Horizonte wurden als separate Einheiten in das numerische Modell übernommen. Auf eine weiterführende Unterteilung dieser Einheiten aufgrund ihrer lithologischen und faziellen Feingliederungen wurde verzichtet, um die Komplexität des numerischen Modells zu begrenzen. Räumlich getrennt werden beide Reservoirhorizonten durch den Unteren Muschelkalk und die Sulfatzone (Muschelkalksalinar). Die mergelig‐tonigen Abfolgen aus Evaporiten, Kalk‐, Dolomit‐ und Sandsteinen können als Grundwassergeringleiter eingestuft werden und stellen somit eine hydraulische inaktive Trennschicht (Intermediate Layer) zwischen beiden Reservoiren dar. Die Einheiten des Keupers, Juras, Tertiärs bzw. Quartärs werden zusammengefasst zur Top‐Einheit. Sie überlagert den Muschelkalk bis zur Geländeoberkante. Die mergelig‐tonigen Abfolgen des Keupers bilden als Grundwassergeringleiter eine hydraulische Abdichtung des Reservoirs zum Top hin. Die Einheiten des Rotliegenden und des kristallinen Grundgebirges wurden zusammengefasst zur Bottom‐Einheit. Sowohl die Mächtigkeit des Permokarbons als auch ihre lithologische und hydraulische Charakterisierung in der Freiburger Bucht ist mit hohen Unsicherheiten behaftet. Diese Einheit wird zusammen mit dem Kristallin im Folgenden als Grundwassergeringleiter eingestuft. . Abb. 7 NNE‐SSW Schnitt durch das numerische Modell mit der Position der Dublette. Das stratigraphische Profil (s. Abb. 4) wurde vereinfacht und für die numerische Modellierung in ein konzeptionelles 5‐Schichten‐Modell überführt. . Das numerische Modell hat ein NNE‐SSW Ausdehnung von ca. 2,5 km, eine ESE‐WNW‐Ausdehnung von ca. 2,2 km und Tiefe von 1,15 km (250 m bis ‐900 m ü.NN). Der Buntsandstein ist ca. 150 m mächtig wird 15 .
(15) im Modell zwischen ‐370 und ‐520 m von der Dublette durchteuft. Die Dublette hat am Top des Buntsandsteins einen horizontalen Abstand von 200 m und an der Basis von 500 m. Die Filterstrecke besitzt in diesem Ausbau eine Länge von ca. 210 m. . 3.2 Modelldiskretisierung und Sensitivitätsanalyse Die idealisierte Geometrie des numerischen Konzeptmodells wurde mit einem dreidimensionalen Berechnungsnetz diskretisiert. Für die Vermaschung der strukturgeologischen Elemente wurde das Programm MeshIt verwendet (Cacace & Blöcher, 2015). Das geologische Modell wurde in ein lokal verfeinertes FE‐Gitter aus Tetraedern überführt, wobei die Filterstrecken der Dublette 1D‐Polylinien, die Störungen 2D‐triangulierte Flächen und die Schichteinheiten volumetrische 3D‐Elemente repräsentieren. Die Wahl der optimalen FE‐Gittergröße wurde über eine Sensitivitätsanalyse bestimmt. Dabei wurde der Einfluss des Diskretisierungsgrades auf die Ergebnisse einer TH‐Benchmark‐Modellierung getestet, welche mit der Open‐Source Software OpenGeoSys (OGS) durchgeführt wurde (Kolditz et al., 2012). Die Sensitivitätsanalyse ermittelt als klassisches Optimierungsproblem die FE‐Gittergröße, für welche die Rechenlaufzeit der Modelldurchläufe minimiert wird und gleichzeitig die Konsistenz und Stabilität der Gleichungssysteme der numerischen Lösungsverfahren gewährleistet. Die Sensitivitätsanalyse erfolgte in drei Schritten: 1) Änderung der Gittergrößen der Schichteinheiten (16, 32, 64, 128 m) bei gleichbleibender Gittergröße des Bohrpfades (2 m) und konstantem Vermaschungsgradient. 2) Änderung der Gittergrößen des Bohrpfades (1, 2, 4, 8 m) bei gleichbleibender Gittergröße der Schichteinheiten (64 m) und konstantem Vermaschungsgradient. 3) Änderung des Vermaschungsgradienten zwischen konstanten Gittergrößen beim Bohrpfad und den Schichteinheiten. Die Ergebnisse der Sensitivitätsanalyse sind im Anhang beigelegt. Es zeigt sich, dass bei der gewählten Zeitdisketisierung die numerischen Modelle in OGS sehr stabil laufen. Ein signifikanter Einfluss, sowohl der gewählten räumlichen Diskretisierungen als auch der Vermaschungsgradienten, auf die Modellierungsergebnisse konnte nicht festgestellt werden. Abweichungen bei den Temperaturwerten schwanken lediglich um 0,01 ‐ 0,1 K. Abweichungen bei den Druckwerten liegen in der Größenordnung von 104 – 105 Pa. Die Änderungen in der räumlichen Temperatur‐ und Druckverteilung im Reservoir sind vernachlässigbar. Das numerische Modell wurde letztendlich mit folgenden Gittergrößen vermascht: Bohrpfad 2m, Reservoir 64 m, sonstige Schichteinheiten 128 m, Störungen 64 m. Damit besteht das Gesamtmodell aus ca. 200.000 FE‐Zellen. Die zeitliche Diskretisierung berücksichtigt gestaffelt ansteigende, diskrete Einzelzeitschritte zwischen 10‐3 und 106 s. Bei jeder Änderung der Pumpenaktivität (hydraulisch‐thermische Randbedingung) wurden die Zeitschritte auf den Anfangswert zurückgesetzt. . 3.3 Parametrisierung und Kalibrierung Die hydrogeologische und geothermische Parametrisierung des Untergrundmodells basierte auf Messdaten existierender Tiefbohrungen in der Freiburger Bucht und wurden im Bedarfsfall durch Messwerte des südlichen Oberrheingrabens ergänzt. Da die in diesem Bericht ausschließlich die Ergebnisse 16 .
(16) der TH‐Modellierungen mit dem Buntsandstein als Nutzreservoir dargestellt werden, grenzen wir die detaillierte Beschreibung der Modelparametrisierung auf diese Formation ein. Die Bestimmung der Untergrundtemperatur im Untersuchungsgebiet basiert auf Temperaturmessdaten des südlichen Oberrheingrabens. SCHULZ & SCHELLSCHMIDT (1991) liefern für 75 Bohrungen korrigierte Untergrundtemperaturen, welche aus Fördertests, BHT‐Messungen (bottom hole temperature), Temperaturlogs und Wärmestromdichtemessungen ermittelt wurden. Für den südlichen Oberrheingraben ergibt sich bis 800 m Tiefe ein mittlerer Temperaturgradient von ca. 4,7 K/100 m (Abb. 8A). Ein Referenzwert im direkten Untersuchungsgebiet ist eine Temperaturmessung aus der ehemaligen Thermalwasserbohrung Zähringen_TB9, welche 1964 abgeteuft wurde. Trotz der relativ großen Tiefenlage des Buntsandsteins von 590 bis 730 m betrug die bei einem Fördertest aus dieser Gesteinsschicht ermittelte Wassertemperatur nur 32°C. Bei einer mittleren Tiefe des Buntsands von ca. 660 m ergibt sich ein geothermischer Gradient von ca. 3,3 K/100 m (Oberflächentemperatur 10°C). Eine auf der Bohrlochsohle in 843 m Tiefe bestimmter BHT‐Wert betrug 38°C. Der südlich von Freiburg für die Thermalwasserbohrung Mooswald_1 ermittelte Temperaturgradient liegt mit 4,9 k/100 m in der Nähe des Durchschnittswertes des südlichen Oberrheingrabens nach SCHULZ & SCHELLSCHMIDT (1991). Da nicht zweifelsfrei geklärt werden kann, wie die Messwerte in der Bohrung Zähringen_TB9 aufgenommen wurden und wo die Thermalwasserzutritte lagen, haben wir das numerische Modell auf den mittleren Temperaturgradienten des südlichen Oberrheingrabens kalibriert (Abb. 8A, B). Damit ergibt sich für die mittlere Tiefe des Buntsandsteins eine Reservoirtemperatur von 41,6 °C (‐450 m u.NN). . A . B . Abb. 8 A) Anzahl und Unsicherheit der Temperaturmesswerte im Buntsandstein des südlichen Oberrheingrabens nach SCHULZ & SCHELLSCHMIDT (1991). Die Temperaturmessung der Bohrung Zähringen_TB9 ist die einzige Referenzmessung im Buntsandstein in der Freiburger Bucht. B) Steady‐State Modellierung der Temperatur im numerischen Modell für den Tiefenbereich von 250 bis ‐900 m u.GOK. . Über die Gesteins‐ und Gebirgsdurchlässigkeiten im tieferen Untergrund (> 500 m) von Freiburg liegen nur wenige Daten vor. In der Bohrung Zähringen_TB9 wurden durch Pumpversuche Transmissivitäten (= Gebirgsdurchlässigkeit unter Berücksichtigung der Formationsmächtigkeit) von 9,6۰10‐4 m²/s für den Oberen Muschelkalk und 2,3۰10‐5 m²/s für den Buntsandstein ermittelt werden, was Durchlässigkeits‐ 17 .
(17) beiwerten (kf‐Wert) von 8,9۰10‐6 m/s für den Muschelkalk bzw. 1,6۰10‐7 m/s für den Buntsandstein entspricht. Für Festgesteine sind diese Durchlässigkeiten als „gut bis hoch“ einzustufen. Dennoch schwanken Angaben zu realisierten Fördermengen der Thermalwasserbohrungen Mooswald_1 und Zähringen_TB9 nur zwischen 8 und 10 l/s. Vergleichswerte für Gebirgsdurchlässigkeiten des tiefen Buntsandstein‐Aquifer liefern STOBER & JODOCY, (2009) und Stober & Bucher, (2014). Auf der Basis von 23 geohydraulisch auswertbaren Testdaten von 12 Bohrungen im gesamten Oberrheingraben wurden Durchlässigkeitsbeiwerte für den Buntsandstein ermittelt. Der Mittelwert der stark schwanken Messwerte beträgt 2,4۰10‐7 m/s, mit einer Standardabweichung im Bereich zwischen 4,0۰10‐9 und 1,5۰10‐5 m/s. Die daraus abgeleiteten Permeabilitäten (κ) sind in Abb. 9 dargestellt. Die in Abb. 9 dargestellt blaue Linie entspricht einer Permeabilität von 8,2۰10‐14 m² und repräsentiert die Durchlässigkeit des Buntsandsteinreservoirs im numerischen Modell. . Abb. 9 Permeabilität des Buntsandsteins im Oberrheingraben basierend auf der Auswertung hydraulischer Test in Tiefbohrungen (Daten: STOBER & JODOCY, 2009). Die Angaben sind als Gebirgsdurchlässigkeiten anzusehen. Die vertikale Linie entspricht einer Permeabilität von 8,2٠10‐14 m². Sie wird in unserem Modell als „best guess“ Parameter für die Reservoirdurchlässigkeit angenommen. . Ein Überblick über die wichtigsten Eingangsparameter des numerischen Modells ist in Tabelle 1 dargestellt. Die Permeabilität der Schichteinheiten Top, Bottom und Intermediate (Überdeckung, Basiseinheit, Zwischenhorizont) liegen um einen Faktor 100 unter der des Buntsandsteins. Da die Werte der Porosität und Permeabilität der Störungszonen deutlich über denjenigen des Reservoirs liegen, werden sie als hydraulisch aktiv betrachtet. Eine Porosität von 5% wird für die Reservoireinheiten angenommen. Die Bohrungen (Filterstrecken) wurden als diskrete 1D Elemente eingebaut und mit Volumen‐ und Durchlässigkeitsbeiwerten versehen. Die extrem hohe Permeabilität von 1٠10‐4 führt hier bei einer Injektion von Wasser zu einer unmittelbaren Druck‐ und Temperaturausbreitung entlang der Filterstrecke und gewährleistet damit eine gleichmäßige Anströmung der Formation. Die physikalischen Eigenschaften des Wassers werden dynamisch als Funktion des Druckes und der Temperatur berechnet. . . . 18 .
(18) Tabelle 1 Überblick über die wichtigsten Formations‐ und Fluidparameter des numerischen Modells. Die stratigraphischen Untergliederungen der Einheiten Top, Bottom und Intermediate sind in Abb. 7 dargestellt. Formations‐Parameter Dimension Porosität Permeabilität (isotrop) [m²] Dichte [kg/m³] Spez. Wärmekapazität [J/kg K] Wärmeleitfähigkeit [W/m K] . Muschelkalk . Buntsand‐ stein . Top, Bottom, Intermediate . Störung . Bohrung . 3 0,05 5,74E‐13 . 3 0,05 8,20E‐14 . 3 0,01 8,20E‐16 . 2 0,1 1,00E‐10 . 1 1 1,00E‐4 . 2680 675 2,0 . 2200 700 2,5 . 2600; 2700; 2680 675; 750; 675 2,1; 2,3; 2,0 . 2600 850 2,2 . 1000 4193,5 0,65 . Fluid‐Parameter Dichte [kg/m³] Viskosität [kg/m s] Spez. Wärmekapazität [J/kg K] Wärmeleitfähigkeit [W/m K] . F(T,P) F(T,P) 4193,5 0,65 . . 3.4 Modellierungsszenarien Das TH‐Model wird numerisch mit der Open‐Source Software OpenGeoSys (OGS) berechnet, einem Finite‐ Element‐Code zur Simulation von thermisch‐hydraulisch‐mechanisch‐chemisch (THMC) gekoppelten Prozessen in geklüftet‐porösen Medien (Kolditz et al., 2012). Die technisch‐ökonomische Bilanzierung eines zyklischen Speicherbetriebes erfolgt über szenarienbasierte Einzelmodelle. In diesen Einzelmodellen werden die Eingangsparameter je nach Fragestellung abgeändert, um zum einen verschieden Betriebsweisen des Speicherbetriebes abzubilden, und zum anderen um den Einfluss der Unsicherheiten in den hydrogeologischen Eingangsparametern zu quantifizieren. Das Referenzmodell für die Modellvergleiche beruht auf den „best guess“‐Eingangsparametern aus Tabelle 1 und berücksichtigt eine konstante Fließrate von 10 l/s und eine Temperaturspreizung von 30 K. Der Speicherbetrieb wird als zweiphasiger Prozess betrachtet, mit einer Speicher‐ und einer Heizphase. . . In der Speicherphase wird über die Bohrung BS‐Nord (s. Abb. 7) heißes Wasser in das Reservoir gepumpt. Das dafür nötige Wasser wird durch die Bohrung BS‐Süd aus dem Reservoir entnommen. Die Aufwärmung des Wassers kann z.B. über einen Wärmetauscher mit einer Vorlauftemperatur von 80‐90°C realisiert werden. Die Einspeisetemperatur während der Speicherphase wird an der BS‐Nord konstant auf 80°C gehalten. Die eingespeicherte Energiemenge hängt somit von der Vorlauftemperatur der BS‐Süd ab. In der Heizphase wird die Polarität der Dublette gedreht, d.h. die Injektionsbohrung wird zur Produktionsbohrung und v.v. Die eingespeicherte Energie wird dem Reservoir über die BS‐Nord entnommen. Da die Reinjektion des Wassers in der BS‐Süd unter konstanten Einspeisetemperaturen erfolgen soll, ist die geförderte Energiemenge nur von der Vorlauftemperatur der BS‐Nord abhängig. . Beide Phasen dauern je 175 Tage bei konstanten Förderraten. Zwischen beiden Phasen liegt jeweils eine 7,5 tägige Ruhephase ohne Pumpenaktivität. Ein Überblick über den Speicherbetrieb ist in Abb. 10 anhand der Reservoirdrücke dargestellt. 19 .
(19) Abb. 10 Druckverlauf im N‐S‐Schnitt durch den Aquifer am Ende einer 175d langen Speicherphase (rot) und Heizphase (blau) basierend auf einer Fließrate von 10 l/s. . Für diese Studie werden mehrere Speicherbetriebsszenarien simuliert: . . . . Kapitel 4 widmet sich der technisch‐ökonomischen Bilanzierung eines zyklischen Speicherbetriebs. auf der Basis des Referenzmodells. Mit 175d langen Speicher‐ und Heizphasen und konstanten Fließraten kann diese Studie als „Best Case Szenario“ betrachtet werden. In dieser Analyse werden für variable Fließmengen und Wärmeauskopplungen o die räumliche und zeitliche Druck‐ und Temperaturverteilung im Reservoir (Kapitel 4.1), o die energetische Entzugsleistung (Kapitel 4.2.1), o die Speichereffizienz (Kapitel 4.2.2), o und die Wirtschaftlichkeit des Speicherbetriebes berechnet (Kapitel 4.2.3). Der Einfluss der Reservoirpermeabilität auf diese Simulationsergebnisse wird in Kapitel 4.3 quantifiziert und mit Detailstudien zu möglichen Bohrpfadgeometrien und Erschließungs‐ konzepten des Reservoirs ergänzt (Kapitel 4.4). In Kapitel 5 wird der Spezialfall analysiert, in dem der zyklische Speicherbetrieb erst nach einer mehrjährigen, initialen Aufwärmung von 2000d stattfindet. Nach dieser Zeit verlaufen die einzelnen Speicher‐Heiz‐Zyklen vergleichbar zum Referenzmodell. Energetische und wirtschaftliche Vergleiche zum Referenzmodell zeigen Vor‐ und Nachteile dieses Speicherbetriebes auf. Kapitel 6 widmet sich der technisch‐ökonomischen Bilanzierung eines zyklischen Speicherbetriebs auf der Basis realer Wärmebedarfs‐ und –bereitstellungszahlen. Auf der Erzeugerseite wird stets eine Modellkommune bestehend aus 1000 Haushalten verwendet, deren Verbrauchszahlen von den Münchner Stadtwerken stammen. Die Erzeugerdaten sind jeweils Solarthermiefelder. In einer ersten Simulation stammen die Solarthermie‐Leistungsdaten aus einer Abschätzung mit Hilfe von Daten zur Globalstrahlung in Süddeutschland und angenommenen Wirkungsgraden. Zunächst wird anhand eines vereinfachten geologischen Modells des Freiburger Untergrundes eine Dublette mit zwei vertikalen 50 Meter langen Filterstrecken bei 500 Meter Abstand im 20 . .
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